CO2-Kompensation bei Flugreisen

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Wer seine Flugreisen CO2-neutral machen möchte, kann eine Kompensationszahlung an eine Organisation leisten, die mit dem Spendengeld an anderer Stelle Maßnahmen zur CO2-Reduzierung durchführt.

Dabei ist wesentlich, wie die CO2-Emissionen der Flugreise berechnet werden. Ich bin einer, der immer nachrechnet. So auch hier. Ich habe mal die Probe aufs Exempel gemacht und bei atmosfair.de ausrechnen lassen, welche Emissionen ein Reisender mit einem Flug vonFrankfurt nach Venedig erzeugt. Das Ergebnis ist hier gezeigt. Sie können dort auch selbst Vergleichsrechnungen durchführen.

Berechnung der CO2-Emissionen für einen Linienflug von Frankfurt nach Venedig und zurück, Quelle: atmosfair.de
Berechnung der CO2-Emissionen für einen Linienflug von Frankfurt nach Venedig und zurück per Düsenflugzeug, Quelle: atmosfair.de

Also: Die “Klimawirkung”setzt sich aus der direkten CO2-Emission plus einem zweiten Wert zusammen. Dieser zweite Wert gibt eine äquivalente CO2-Emission an, die den Effekt von “Kondensstreifen, Ozonbildung usw.” angibt.

Die Berechnung dieses zweiten Werts nachzuprüfen ist wahrscheinlich ziemlich kompliziert – das stelle ich mal zurück und schaue mir erst einmal die eigentlichen CO2-Emissionen an, wie sie von atmosfair.de angegeben werden.

Wie viel Treibstoff verbraucht ein Flugzeug auf dieser Reise?

Die Distanz von Frankfurt nach Venedig ist knapp 600 km. In der Berechnung wurden für Hin- und Rückflug 1250 km angesetzt. Das lasse ich gelten.

Nun zum Verbrauch des Flugzeugs. Ich entnehme die Daten für die Berechnung hier.

Die maximale Abflugmasse (MTOW) für den A320-200 ist laut dieser Webseite 78000 kg, die Maximalmasse ohne Treibstoff, also mit maximaler Nuzlast, 62500 kg. Bei maximaler Beladung können also 15500 kg Treibstoff in die Tanks gefüllt werden. Die Reichweite mit maximaler Nutzlast beträgt 6100 km, also werden pro km im Schnitt 2.54 kg Treibstoff verbraucht.

Kerosin hat eine Dichte von 0.81 kg/Liter, also entspricht dieser Verbrauch 3.14 Liter pro km.

Bei Zweiklasseneinrichting hat die A320-200 150 Sitzplätze. Der Treibstoffverbrauch pro Passagier liegt somit bei 2.09 Liter pro 100 km. Auf der genannten Webseite wird ein Verbrauch von 19.1 g/Passagierkilometer genannt. Das wären 2.35 l/100 km pro Passagier, passt also recht gut zu meiner Berechnung. Selbst wenn das Flugzeug nur zu 75% besetzt sein sollte, liegt der Verbrauch immer noch bei rund 3 l/100 km/Passagier.

Bei einer Reisestrecke von 1250 kg ergeben sich selbst bei einem angenommenen Verbrauch von 3 l/100 km, also bei 25% freien Sitzplätzen, nur 37.5 Liter Treibstoffverbrauch pro Passagier.

Und wieviel Kohlendioxid wird ausgestoßen?

Beim Auto wird der magische Wert von 100 g Kohlendioxid pro Kilometer bei einem Verbrauch von weniger als etwa 4 Liter/100 km unterschritten. Demnach folgt aus einem Verbrauch von 3 Litern pro 100 km ein Kohlendioxidausstoß von etwa 75 Gramm pro Kilometer. Bei 1250 km Flugstrecke also etwa 94 kg. Das entspricht in etwa dem von atmosfair.de berechneten Wert von 104 kg.

Vergleich Flugzeug-Auto

Angenommen, der von atmosfair.de angegebene Wert für die äquivalente Kohlendioxidemission von 116 kg trifft zu, dann entsprecht die Summe von 220 kg dem Ausstoß eines Autos mit einem Verbrauch von etwa 8.8 l/100 km. Wenn man einen großen Wagen fährt, dessen Verbrauch auf der Autobahn deutlich über diesem Wert liegt, und wenn man allein unterwegs ist, dann kann tatsächlich immer noch eine Flugreise weniger klimaschädlich sein.

Das gilt vor allem dann, wenn die Flugreise nicht mit einem Jet durchgeführt wird, sondern mit einem sparsameren Propellerturbinenflugzeug. Wähle ich beispielsweise bei den Eingaben für die Berechnung auf atmosfair.de anstatt der Airbus A320 das Propellerturbinenflugzeug ATR-42, dann beschränkt sich laut atmosfair.de der klimarelevante Kohlendioxidausstoß auf 96 kg. Wesentlich ist da nicht der Treibstoffverbrauch an sich, sondern die Flughöhe.

Berechnung der CO2-Emissionen für einen Linienflug von Frankfurt nach Venedig und zurück mit Propellerturbnenflugzeug, Quelle: atmosfair.de
Berechnung der CO2-Emissionen für einen Linienflug von Frankfurt nach Venedig und zurück per Propellerturbinenflugzeug, Quelle: atmosfair.de

Angenommen, diese Zahlen treffen zu: Um diesen Ausstoß bei einer Autofahrt zu unterbieten, dürfte Ihr Auto bei Autobahnfahrt nicht mehr als 4 Liter pro 100 km und Fahrzeuginsasse verbrauchen. Wenn man allein reist, ist das kaum zu schaffen. Mein Toyota Yaris Hybrid schafft das nicht. Aber auch wenn zwei Menschen im Auto sitzen, dürfte der Verbrauch nicht 8 Liter pro 100 km überschreiten – eine Menge heute gängiger Autos verbrauchen mehr.

Bei Verkehrsflugzeugen ist es zudem so, dass der Verbrauch von einer Modellgeneration zur nächsten deutlich sinkt: um 15% oder mehr. Damit meine ich wohlgemerkt den tatsächlich erreichten Verbrauch pro Fluggast und Kilometer! Nicht wie bei den Verbrauchsdaten von Autos üblich irgendwelche Fantasiewerte ohne Bezug zur Realität.

Bei den in Deutschland zugelassenen, mit Benzin oder Diesel betriebenen Privatautos sieht man dagegen keinen solchen Effekt, im Gegenteil. Da wird der Effizienzgewinn in der Motorentwicklung schon seit Jahren von der stetig wachsenden Motorleistung und und Fahrzeugmasse aufgefressen.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

5 Kommentare

  1. Was sich immer wieder und bei allen motorisierten Verkehrsmitteln zeigt, ist der Anstieg der Umweltfreundlichkeit, wenn die Verkehrsmittel gemeinsam und möglichst voll besetzt erfolgt. Demnach ist die Fortbewegung im Reisebus die umweltfreundlichste Art des Reisens (je nach Strecke etc. um die 1l pro 100km/Passagier, kann auch weniger sein). Das Bundesumweltamt hat übrigens andere Daten, möglicherweise wegen einer erweiterten Umweltbilanz. Die Angaben zu Flugzeugen wurden aus einem nicht genau beschriebenen Grund einfach verdoppelt. https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/emissionsdaten?sprungmarke=verkehrsmittelvergleich_personenverkehr#verkehrsmittelvergleich_personenverkehr

    • Der Wert des “Emission Weighting Factor” von 2 ähnelt dem auf atmosfair.de angewendeten Berechnungsverfahren, wo die zusätzlichen klimawirksamen Effekte sogar stärker ins Gewicht fallen als der eigentliche CO2-Ausstoß. atmosfair.de unterscheidet da aber auch noch zwischen hoch fliegenden und niedrig fliegenden Flugzeugen.

  2. Ja, Fliegen wäre umweltfreundlicher als Autofahren – wenn man denn mit dem Auto überhaupt so grosse Strecken zurücklegen würde! Wer auf den Bahamas Ferien machen will oder wer kurz New York besuchen will, kann das nur mit dem Flugzeug machen und nicht mit dem Auto. Gäbe es keine Flugzeuge würden Deutsche allenfalls in Italien und anderen Nachbarländern Ferien machen.
    In der NZZ liest man dazu: Jeder Schweizer fliegt im Jahr fast 9000 Kilometer 9000 km pro Jahr also bei 25’000 km insgesamt, die pro Jahr und Person zurückgelegt werden. Hier muss man noch berücksichtigen, dass der Flugverkehr weltweit pro Jahr um 6% zunimmt. Das heisst: In 20 Jahren werden die meisten Europäer wesentlich mehr und grössere Strecken fliegen als heute, wenn es ungebremst mit dem Fliegen weitergeht.

    Fazit: Fliegen ist pro Personenkilometer gerechnet umweltfreundlich. Mit Fliegen ist man aber auch schnell mal ein paar tausend Kilometer unterwegs – etwas was ohne Fliegen gar nicht möglich wäre!

  3. Zusätzlich zu diesem Thema, und teilweise unabhängig davon, zeige ich hier noch eine ältere Abschätzung des Energieverbrauchs:
    Die Verwendung von Energiesparlampen kompensiert keinen Flug in den Urlaub.
    5.000 Kilometer hin und zurück sind zusammen 10.000 Kilometer.
    4,5 Liter oder 4 Kilogramm Kerosin pro 100 Kilometer und Fluggast.
    400 Kilogramm Kerosin pro 10.000 Kilometer und Fluggast.
    45.000.000 Joule pro Kilogramm Kerosin.
    18.000.000.000 Joule pro 400 Kilogramm Kerosin.
    31.557.600 Sekunden hat ein Jahr.
    570 Watt oder Joule pro Sekunde kontinuierlicher Energieverbrauch ein ganzes Jahr lang.
    Damit könnte man ziemlich viele altmodische Glühbirnen permanent betreiben.
    Aus 400 Kilogramm Kerosin könnte man viele Plastikbeutel und Plastikflaschen herstellen, täglich mehr als ein Kilogramm.
    Plastikbeutel und Plastikflaschen haben nach ihrer Verwendung aber immer noch ungefähr den selben Heizwert wie vorher.

  4. … und jetzt rechnen wir das ganze nochmal nach für einen Kleinwagen mit 1 liter Hubraum. Sowas hatte ich bisher in den Schattierungen “Nissan Micra”, “VW Lupo”, “Suzuki Wagorn R+”, “Opel Agila”, “Chevrolet Matiz” und “Toyota Aygo”. Jeder davon hat so um die 6l Super auf 100km verbraucht – der Aygo sogar mit eingeschalteter Kliamanlage, sonst reichem ihm sogar 5,5l – der Chevy fuhr meistens mit LPG, davon dann 8l/100km. Für den Weg zum Kunden ist das mehr als ein Platz in Flugzeug, Zug oder Bus, aber für den Weg zum Kunden ist das Auto oft alternativlos. Für Urlaubsreisen wird der Kleinwagen vollgeladen bis unter’s Dach, hinten 2 Kinder rein, meine Frau und ich wechseln uns beim Fahren ab, das Auto ist nicht ganz so schnell, wie wenn ich alleine unterwegs bin, verbraucht aber auch nicht mehr, und wir können die 6 Liter durch 4 teilen. Schon sind wir doch wieder günstiger als jedes Flugzeug.

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