Cassini: Neue Daten von Saturn und Titan

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Seit Juli 2004 ist die internationale Saturnmission Cassini-Huygens in einer Bahn um den Ringplaneten. Die Erforschung des Saturnsystems war ursprünglich auf 4 Jahre ausgelegt, wurde aber bereits zwei Mal verlängert, das erste Mal um zwei Jahre, bis 20120 und dann nochmals bis 2017. Dieser Missionsteil mit dem Namen “Solstice Mission” wird mit dem kontrollierten Absturz des Orbiters Cassini in der Saturnatmosphäre enden. Der europäische Missionsteil Huygens liegt bereits seit Januar 2005 auf dem Saturnmond Titan.

Der wissenschaftliche Ertrag der Mission Cassini-Huygens ist fantastisch und soll hier nicht im Detail besprochen werden. Allein das über den planetenähnlichen Mond Titan Gelernte würde schon diese Mission gerechtfertigt haben, finde ich. Mehr dazu hier.

Cassini-Huygens hat aber noch eine ganze Menge geliefert: neben der Flut an wissenschaftlichen Daten kann der ästhetische Wert des Bildmaterials nicht hoch genug bewertet werden. Selbst wenn man von der Wissenschaft nichts weiß – und umso mehr, je mehr man die dahinter stehende Wissenschaft kennt.

Hier einige neuere Beispiele:

PIA 14922, source: NASA/JPL-Caltech/Space Science InstituteAufnahme PIA14922, aus einer Entfernung von 778,000 km vom Saturnmond Titan, dessen Bahn einen Radius von 1.2 Millionen km hat. Die Cassini-Sonde, die zum Zeitpunkt der Aufnahme am 6. Mai 2012 gerade die Ringebene durchquerte, befand sich somit etwa 1.9 Millionen km über Saturn. Bemerkenswert – neben der kalten Schönheit des Bildes – ist die sichtbare Farbänderung der Saturnatmosphäre. Auf der Südhalbkugel zieht nun der Winter ein. Wahrscheinlich lässt aufgrund der reduzierten UV-Einstrahlung die Dunstbildung nach und gibt den Blick auf die darunterliegende Atmosphäre frei. Diese erscheint wegen der Rayleigh-Streuung und der Rotabsorption des Methananteils blau. Die Blaufärbung der Nordhalbkugel lässt dagegen deutlich nach, wie der Vergleich mit Bildmaterial aus der Zeit kurz nach der Ankunft demonstriert, weil dort nun der Sommer einzieht und deswegen mehr Dunst – oder vielmehr mehr ptotochemischer photochemischer Smog – gebildet wird. Quelle: NASA/JPL-Caltech/SSI

PIA14923, source NASA/JPL-CalTech/SSI

Aufnahme PIA14923 vom 16. Mai 2012 aus einem Abstand von 3 Millionen km vom Titan. Wie üblich handelt es sich um ein kalibriertes Kompositbild aus Einzelaufnahmen mit Farbfiltern. Der Anblick, der sich Ihnen darbieten würde, wenn Sie aus dem Fenster eines Raumschiffs in der Umlaufbahn um Saturn schauen könnten, wäre so wie in diesem Bild. Die Entdeckungen zum Titan haben sich in den letzten Jahren gehäuft. Von der von fließenden Kohlenwasserstoffen geformten Oberfläche über die Seenlandschaft, Karst-ähnliche Formationen, einen wahrscheinlichen flüssigen Wasserozean unter dem Eispanzer der Oberfläche bis hin einer erheblichen Dynamik der Atmosphäre (siehe nächstes Bild) – man fragt sich, womit dieser Bursche noch aufwarten wird. Quelle: NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute

PIA14920, source: NASA/JPL-Caltech/SSI

PIA14920 ist ein Komposit aus zehn Einzelaufnahmen von der Südpolregion des Saturnmonds Titan. Diese wurden über einen Zeitraum von neun Stunden am 26. und 27. Juni 2012 mit der Teleskopkamera und einem Blaufilter aus Entfernungen von knapp 500,000 km erstellt. Neun Stunden entspricht etwa der Rotationsperiode des in der Aufnahme sichtbaren Strudels – diese Rotatoinsperiode wäre damit deutlich kürzer als ein Titantag, der 16 Erdtage dauert. Es könnte sich bei dem Strudel um eine offene Konvektionszelle handeln.  Quelle: NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

7 Kommentare

  1. Missionsverlängerung

    Es ist – zum Glück – fast die Regel, dass Planeten, überhaupt viele Weltraummissionen mit Satelliten, verlängert werden – und das meist um mehrere Jahre. Hält sich scheinbar ganz gut das Material im freien Weltraum. Gibt ja auch kein Wetter und der Beschuss durch Mikrometeoriten hält sich wohl ebenfalls in Grenzen. Bleibt nur noch die Energieversorgung als harte Limite für die Missionsdauer. Missionen in den äusseren Teil des Sonnensystems sind ja was die Energieversorgung angeht nicht solar basiert, sie benutzen zwangsweise entweder Battterien oder aber RTG’s. Cassini benutzt in seinem Radioisotope Thermoelektrischen Generator das gleiche Radioisotop, nämlich Plutonium 238 das eine Halbwertszeit von 87 Jahren hat.

    Faszinierend am Titan ist das dortige Wettergeschehen, welches an irdisches Wettter erinnert – nur sind die physikalischen Medien ganz andere, nämlich flüssige Kohlenwasserstoff (wohl Methan und Ethan ) als Seen mit Methanwolken als Ersatz für unsere Schäfchenwolken. Ganze Seen also aus Alkohol (Aethan). Eigentlich bietet dieser Titan eine ganz liebliche Umgebung und man könnte sich durchaus mit Alkoholseen als Ersatz für mit Wasser gefüllten Seen abfinden – nur muss man sich bei 179.5 °C doch recht warm anziehen.

  2. Missionsverlängerung Ergänzung

    Cassini benutzt in seinem Radioisotope thermoelectric generator das gleiche Radioisotop wie der Marsrover “Curiosity”

    Eine zweite Ergänzung und Korrektur: die Temperaturen liegen bei Minus 179.5 °C und damit nur 93 Grad über dem ab
    absoluten Nullpunkt, was sogar kälter ist als die meisten Erdmondnächte (Eine Erdmondnacht dauert 14 Erdtage während dem ein Punkt auf dem Mond nicht von der Sonne beschienen wird und dann sehr viel seiner Wärme in den Weltraum abstrahlt).

  3. @Martin Holzherr

    Batterien sind bei Raumfahrtmissionen, egal wohin, nur über kurzn Zeiträume einsetzbar. Beispielsweise bei einer atmosphärischen Eintrittssonde wie Huygens oder der Jupiter-Atmosphärensonde, die bei Galileo mitgeführt wurde.

    Alle anderen Raumsonden isn äußere Sonnensystem kommen in der Tat um eine nukleare Energieversorgung nicht herum, entweder per RTG, wobei man sich da durchaus noch Verbesserungen vorstellen kann, beispielsweise einen Stirling-Motor zur elektrischen Umwandlung anstatt der thermoelektrischen Elemente, oder kleine Kernspaltungsreaktoren, die speziell für den Einsatz im Weltraum entwickelt werden.

    Die ESA-Sonde Rosetta, die zu einem Kometen der Jupiter-Familie fliegt, erreicht am Aphel eine Sonnenentfernung, die nur etwa der des Jupiter entspricht, also fünf mal die Entfernung Sonne-Erde. Obwohl Rosetta riesige Solargeneratoren einer Fläche von 64 Quadratmeter mitführt, die mit besonderen “LILT”-Solarzellen (Low Intensity, Low Temperature) belegt sind, reicht die elektrische Energie in der sonnenfernsten region gerade mal zum Überleben. Wissenschaft kann man so nicht betreiben. Im Saturnsystem mit seiner hohen Staubkonzentration in der Ringebene sind ausladende Solargeneratoren ohnehin nicht einsetzbar.

  4. @Humph

    Sie sprechen ein sehr wichtiges Thema an. Große Volumina an wissenschaftlichen Daten zu erzeugen ist eine Sache, diese Daten zur Erde zu bekommeen aber eine ganz andere. Letzteres wird immer mehr zum Problem. Die bis jetzt praktizierte Lösung bestand darin, auf immer höhere Frequenzen zu setzen. Bei den ersten interplanetaren Raumsonden funkte man noch im S-Band, um 2 GHz, mittlerweile ist X-Band Standard, um 8 GHz.

    Da die Instrumente immer leistungsfähiger werden und die Kameras immer höhere Auflösungen erreichen – nicht nur im Consumer-Bereich, sondern auch bei Raumsonden, denn eine Kamera mit 1-Megapixel-Chip wir das Imaging Subsystem auf Cassini würde heute keiner mehr einbauen – stößt man auch mit dem X-band schon an Grenzen. Noch größere Schüsseln auf Erde und Raumsonde geht kaum.

    Man denkt einerseits an höhere Funkfrequenzen und st&oumlßt nun ins Ka-Band vor, also über 26 GHz. Problematisch ist da aber die wachsende Beeinträchtigung der Signalstärke durch das Wetter. Neue Raumsonden sind bereits oder werden mit Ka-Band-Transpondern zusätzlich zum X-Band ausgerüstet. Wie hoch die wirkliche Steigerung der Netto-Datenrate ausfällt, wird sich erst noch zeigen.

    Andererseits denkt man an gepulste-Laser-Datenübertragung.

    Die erste ESA-Mondsonde SMART-1, eigentlich ein Technologiedemonstrator, hatte 2003 bereits sowohl ein Experiment namens KATE zur Ka-Band-Datenübertragung an Bord. Ausserdem wurde unter Nutzung der Bordkamera AMIE ein Laser-Link-Experiment gemacht, wobei die Sonde von einem laser auf der Erde angestrahlt wurde. Problematisch bei der Laser-Übertragung ist ebenso wie beiom Ka-Band die Beeinträchtigung durch das Wetter. Eine grosse Sende-Empfangsstation im Orbit oder auf dem Mond würde Abhilfe schaffen.

  5. Cassini: Neue Daten von Saturn und Titan

    Bildtext unter Aufnahme PIA14922: “ptotochemischer Smog”? = protochemischer Smog?

    [Antwort: Vielen Dank für den Hinweis. Ist korrigiert. MK]

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