Cassini-Missionsende morgen

BLOG: Go for Launch

Raumfahrt aus der Froschperspektive
Go for Launch

Das bevorstehende Cassini-Missionsende wird von der NASA mit gebührendem Aufwand gefeiert, und wie es sich gehört, wurde im Vorfeld bereits ausführliches Material online gestellt. Da aber kein Journalist, der mit mir gesprochen hat, imstande war, das Press-Kit zu finden:

Hier ist der Link zum Press-Kit zum Cassini-Missionsende (PDF)

Über die Jahre habe ich auch so Manches zum Thema Cassini-Huygens gebloggt:

Für die ganz eiligen:

Am Freitag, dem 15.9.2017, um 03:14 Ostküstenzeit (09:14 MESZ) wird die Raumsonde Cassini so geschwenkt, dass ihre Hauptantenne Richtung Erde zeigt. Die Direktübertragung der Daten beginnt. Das Signal trifft 83 Minuten später auf der Erde ein, also ab 10:37 MESZ. Wer das Ganze von hier aus mitverfolgen will, muss also noch nicht einmal früh aufstehen.

Ab 12:30 MESZ (dazugehöriges Signal wird um 13:53 MESZ empfangen) beginnt der atmosphärische Eintritt. Ab jetzt müssen die Lageregelungstriebwerke sich dem Drehmoment durch atmosphärische  Kräfte entgegen stemmen, damit die Hauptantenne zur Erde gerichtet bleibt. Es wird damit gerechnet, dass die Triebwerke aufgrund der rapide zunehmenden Gasdichte, mit der Cassini auf ihrem letzten Weg konfrontiert sein wird, nur etwa eine Minute lang die Oberhand behalten. Gegen 13:54 MESZ würde somit das Signal abreißen. Wann das aber in der Realität passiert, wird man morgen sehen.

Der Rest ist Schweigen.

Und nun ein Exkurs, unabhängig vom Cassini-Missionsende

Dieser Blogartikel wäre hier eigentlich schon zuende, aber damit er nicht gar zu kurz wird, erlaube ich mir einen kleinen Exkurs zu einem ganz anderen Thema, das mit Cassini-Huygens- Saturn oder auch nur Weltraumforschung gar nichts zu tun hat.

Ich ärgere mich mit schöner Regelmäßigkeit über die Geringschätzung, die manueller Arbeit und denen, die sie ausführen, hierlande entgegengebracht wird. Diese Geringschätzung schlug mir gestern wieder einmal entgegen, und zwar diesmal in der Kolumne von Margarete Stokowski auf SPON. Die Autorin schreibt dort:

“Die richtigen Scheißjobs machen Männer. Das Beispiel, das die These stützen soll, ist hier immer (immmerrrrrr!) der Müllmann. Es gibt zwar tatsächlich wenige Müllfrauen in Deutschland. Aber wie anders ist die Tätigkeit eines Müllmanns als die einer Putzfrau,[…]”

Ich will mich gar nicht zum Thema des Artikels und der Argumentation äußern. Dazu habe ich eine Meinung und jeder Leser auch, aber diese Diskussion möchte ich in meinem Blog nicht führen. Es geht mir dediziert um die rhetorische Frage: “wie anders ist die Tätigkeit eines Müllmanns als die einer Putzfrau?”

Erstaunlich, dass das überhaupt diskutiert werden muss. Ich denke, die Antwort kann da offensichtlich nur lauten: Die Tätigkeit eines Müllmanns unterscheidet sich erheblich von der einer Putzfrau oder eines Putzmanns.

Der Müllmann ist stundenlang draußen beschäftigt, ohne wirklichen Schutz vor den Wetterunbilden. Bei klirrender Kälte genau so wie bei sengender Hitze, bei Regen und Schnee genauso wie bei brennender Sonne. Die Putzfrau/der Putzmann dagegen ist in aller Regel in einem beheizten Gebäude tätig.

Der Müllmann muss im Rahmen seiner täglichen Arbeit Hunderte voller Mülltonnen von bis zu 240 Litern Volumen und einem entsprechenden Gewicht, wenn gefüllt, zum Straßenrand wuchten bzw. schwere Container schieben. Die Putzfrau/der Putzmann ist in aller Regel keinen solchen extremen körperlichen Belastungen ausgesetzt.

Der Müllmann muss auf einem Standbrett außen am Müllwagen mitfahren und sich dabei an Handgriffen festhalten, er muss auf der Straße, oft auch im Straßenverkehr, auf- und abspringen und ist deswegen einer erhöhten Unfallgefahr ausgesetzt. Putzfrauen/Putzmänner setzen sich in aller Regel keinen solchen Gefahren aus.

Damit will ich keineswegs zum Ausdruck bringen, dass der Job einer Putzfrau oder eines Putzmannes keine nennenswerten Belastungen mit sich bringt. Aber es wäre einfach absurd, behaupten zu wollen, die viel härteren Arbeitsbedingungen für den Job eines Müllmanns seien eigentlich gar nicht anders als die von Putzpersonal. Wer das sagt, der wischt die harten Arbeitsbedingungen bei der Müllabfuhr einfach weg – und stellt so das Offensichtliche schlicht in Abrede.

Das ist eindeutig eine Form der Geringschätzung, vielleicht sogar die zynischste.

 

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

7 Kommentare

  1. Regelmäßiges SPON- oder SPIEGEL-Lesen kann die Gesundheit gefährden und man sollte es sich nicht unbedacht antun.

    Die Arbeitsplätze der Müllmänner sind so unterschiedlich wie die Sterne am Himmel es sind. Beim täglichen Laufen auf dem Dorf begegnete mir heute morgen ein Fahrer des Entsorgungsbetriebs, der ganz entspannt am Lenker saß, freundlich grüßte und gemächlich die Straßen abfuhr, wobei er mittels eines hydraulischen Greifers die Mülltonnen entleerte. Eine Putzfrau mit Führerschein kann dieselbe Aufgabe bewältigen.

  2. also ich habe sowohl bei der bsr, als auch als putzmann gearbeitet und ich habe einen führerschein. ich kann absolut versichern, dass ich die großen entsorgungsfahrzeuge nicht einen meter vorwärts bewegen kann. das sind nämlich computer auf mehreren rädern für die man eine extra ausbildung braucht. und ja, es gibt natürlich fahrer die ihren job entspannt machen können und es gibt auch putzkräfte die ihren job zeitweise entspannt machen können. ich habe aber die erfahrung gemacht, dass beides eher selten ist. die “müllmänner” und “müllfrauen” müssen in der regel, genau wie die “putzfrauen” und “putzmänner”, ackern bis sie umfallen. das ist die gemeinsamtkeit. bei allem anderen ist michael khan auf der richtigen spur.

  3. Ich habe es mir selbst als Frau schon abgewöhnt, solche Artikel zu lesen. (Schon gar und erst recht auf SpOn.) Es geht mir unglaublich auf den Zeiger, dass es bei “Männlein gegen Weiblein” offenbar keine Seite dauerhaft schafft, sich selbst ins rechte Licht zu rücken, ohne die andere irgendwie herabzuwürdigen.

    Volle Zustimmung zur obigen Analyse jenes Dummfugs. Die Putzfrau möchte ich sehen, die den Job eines Müllmanns von heute auf morgen übernehmen kann und dauerhaft problemlos durchhält.

    Aber mal was anderes: Glückwunsch zu Huygens & Cassini an alle Beteiligten! Das war bzw. ist eine großartige Mission!

    • Zu 100% kann man in der Wissenschaft sowieso grundsätzlich nie etwas ausschließen.

      Zur Huygens-Sonde: Die fiel in die Kategorie II und musste nicht sterilisiert werden – und war es deswegen auch nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass noch Sporen in irgendwelchen einigermaßen von UV-Einstrahlung geschützten Winkeln überlebt haben, dürfte hoch sein.

  4. Hallo Michael,

    wegen der Redundanz hat Cassini zwei Haupttriebwerke gehabt. Kam es während der Mission jemals vor, dass das zweite gezündet werden musste?

    Danke und Grüße

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