Gedanken zum Jahresausklang: War Arthur C Clarke ein Zeitreisender?
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Ich habe in letzter Zeit etwas Muße zum Nachdenken. Insbesondere ein Gedanke lässt mich nicht los. Wie ist es nur möglich, dass Arthur C. Clarke derart lebensnah und anschaulich von der Lebensart und der Technik in ferner Zukunft berichten kann, dass man beim Lesen unwillkürlich nickt: “Ah ja, so wird das gemacht werden …”?
Nach langem Hin und Her und intensivem Quellenstudium bin ich unter Anwendung der Methode eines anderen bekannten englischen Arthur zur einzig möglichen Lösung gekommen. Arthur Conan Doyle schrieb nämlich:
When you have eliminated the impossible, whatever remains, however improbable, must be the truth.
Die einzige verbleibende Erklärung nach der Eliminierung des Unmöglichen ist die, dass Arthur C Clarke deswegen so prägnante Beschreibungen liefern konnte, weil er sich das, was er beschrieb, nicht einfach nur ausgedacht hat. Er muss es selbst erlebt haben. Er ist nämlich ein Zeitreisender. Ein Wissenschaftler aus der Zukunft, der das aus historischer Sicht ausgesprochen interessante zwanzigste Jahrhundert studierte.
Wer eine abgefahrene Theorie formuliert, muss sich Antworten auf die zu erwartende Kritik und die Gegenfragen überlegen.
Was ist denn mit Clarkes Tod am 19. März 2008? Ach, der war natürlich inszeniert. Clarke hatte in seinen Büchern eindeutig zu viel von der Technik der Zukunft ausgeplaudert. Jeder, der auch nur einen Science-Fiction-Roman zum Thema Zeitreisen gelesen hat, weiß um die Gefahr, in die Geschichte einzugreifen, dadurch die Zukunft zu verändern und vielleicht sogar ein Paradox zu erzeugen. Wer so unbefangen von Dingen redet, die die Menschheit erst noch mühsam erfinden muss, der handelt reichlich achtlos. Da ist es normal, dass er zurückbeordert wurde, bevor wirklicher Schaden angerichtet wird. Das einfache Verschwinden einer so prominenten Persönlichkeit hätte allerdings jede Menge unerwünschte Aufmerksamkeit erregt. Daher brauchte man schon diesen “Tod”.
Und wieso sind Clarke in seinem Œuvre so viele Fehler unterlaufen? Das ist eine wirklich gute Frage. In seinem Gesamtwerk strotzt es vor Detailpunkten, die sich hinterher als grobe Schnitzer herausstellten (die aber die überragende Qualität seines Werks zu keiner Zeit in Frage stellen). Dieses Thema böte schon Stoff für einen eigenen Artikel. Man denke nur an die folgende Behauptung in “The Sands of Mars” (1951):
[…] There are no mountains on Mars […]
Grandioser kann man schon gar nicht falsch liegen. Wie kann jemanden aus der Zukunft so einen kapitalen Bock schießen? Das wussten ja schon die Leute im späten 20sten Jahrhundert besser. Ganz einfach: Solche vorgeblichen Schnitzer sind reine Ablenkungsmanöver, der Versuch, achtlos ausgeplauschtes Zukunftswissen durch absichtlich gestreute Unwahrheiten zu relativieren und dadurch einen möglichen Schaden für die Zukunft abzuwenden. Wahrscheinlich ließ Clarke immer genau dann absichtlich ein paar solche Klopfer los, wenn ihm seine Vorgesetzten aus der Zukunft mitteilten, er solle den Ball mal etwas flacher halten. Die Clarkesche Hinhaltetaktik ging ja auch über 50 Jahre lang gut – bis 2008 dann schließlich jemandem der Geduldsfaden riss.
Geneigter Leser, Sie sehen, meine Theorie ist plausibel, meine Argumentation schlüssig.
Eine Passage in “Rendezvous with Rama” (1972) fiel mir bei meinem Quellenstudium besonders auf. Dort beschreibt Clarke einen Entscheidungsprozess einer wissenschaftlichen Kommission im Jahre 2131 (was zumindest schon mal einen Hinweis auf Clarkes temporale Herkunft liefert). Solche Kommissionen entschieden früher, entscheiden heute und werden offenbar auch noch in der absehbaren Zukunft entscheiden, welche wissenschaftlichen Projekte finanziert und werden und welche nicht.
Ein nicht-finanziertes Projekt ist tot. Das war so, das ist so, das wird immer so sein.
Es geht um eine vorgeschlagene Raumsondenmission. Der Kommissionsvorsitzende interessiert sich prinzipiell nicht für Raumsonden. Für gar keine, und deswegen konsequenterweise auch nicht für diese spezielle. Wenn irgend möglich, will er sie killen. Das sagt er aber nicht öffentlich; er ist ja nicht blöd. So etwas muss man geschickter einfädeln. Deswegen redet er gar nicht direkt über diese Raumsonde, sondern unterstützt wortgewaltig ein anderes vorgeschlagenes Projekt: Ein Interferometer auf dem Mond, mit dem ein für alle Mal eine gewisse kosmologische Theorie belegt werden soll. Er weiß, wenn das Interferometer angenommen wird, ist automatisch das Raumsondenprojekt tot, denn im aktuellen Budget – die übrigen Mittel sind bereits zugewiesen – ist nur noch für eins der beiden Projekte Knete da.
Eigentlich sollte diese Strategie problemlos funktionieren. Das von ihm gepriesene Interferometer-Projekt, das ihm eigentlich auch egal ist, müsste es schaffen, damit hat er der verhassten Raumsonde den Garaus gemacht. Ganz elegant, ohne selbst als Gegner dieses Projekts in Erscheinung getreten zu sein.
Dummerweise ist dem Vorsitzenden ein schwerer (und absolut vermeidbarer) taktischer Fehler unterlaufen. Drei Mitglieder der Kommission sind zwar auch nicht besonders an der Raumsonde interessiert. Sie sind dafür aber erbitterte Gegner der kosmologischen Theorie, für die das vorgeschobene Alternativprojekt des Interferometers auf dem Mond Belege liefern soll. Der Vorsitzende hätte gut daran getan, nicht ausgerechnet auf diesem Argument herumzureiten. Aber nun ist es zu spät, denn diese drei stimmen gegen das Interferometer, und damit ist die Raumsondenmission durch.
Dumm gelaufen.
Es trägt erheblich zu Clarkes Glaubwürdigkeit bei, dass er gar nicht versucht, seine eigene Epoche gegenüber uns Lesern aus seiner Vergangenheit zu beschönigen. Im Gegenteil, er gibt sogar unumwunden zu, dass selbst im zweiundzwanzigsten Jahrhundert immer noch kein Weg gefunden wurde, alte und konservative Wissenschaftler lange nach Überschreiten ihres Haltbarkeitsdatums von wichtigen administrativen Funktionen fernzuhalten. Es ist einerseits deprimierend, dass dieser Aspekt des wissenschaftlichen Prozesses uns alle überdauern wird und vielleicht sogar unausrottbar ist. Andererseits kann es nützlich sein, zu wissen, welche Hoffnungen Illusionen bleiben werden.
Ich wünsche allen ein frohes und gesundes neues Jahr, auch Sir Arthur, wo und vor allem wann auch immer er jetzt sein mag.
Wir können nur über uns selbst schreiben
Genau das ist mir beim Lesen von A.C. Clarkes Zukunftsromanen auch aufgefallen. Die Zukunft, die er beschreibt, mag zeitlich noch so fern sein, die Menschen sind die gleichen wie wir sie kennen – und werden sogar etwa gleich alt wie heute.
Tatsächlich ist das eine Art Tabu oder eben das wirklich Undenkbare. Dass nämlich zukünftige Generationen ganz anders denken, vielleicht sich sogar biologisch von uns unterscheiden könnten.
Seine Zukunftsromane sind eigentlich klassische Abenteuerromane, die sich oft durch technisch-wissenschaftliche Extrapolationen bestehender technischer Möglichkeiten auszeichnen. Doch seine Haltung bleibt die eines technikverzauberten, ewig junggebliebenen Abenteurers, der an die Zukunft als Ort der Verheissungen glaubt, wozu sein Ausspruch passt: Jede genügend weit entwickelte Technologie ist nicht mehr von Zauberei zu unterscheiden.
Fazit:
– Die Technik, nicht der Mensch, verheisst uns Zauberei.
– Über ganz andere Menschen in der Zukunft lässt sich nicht schreiben. Dem ganz anderen entspricht deshalb der Ausserirdische
Zum Thema des ewig Menschlichen hier ein Zitat aus einem ganz anderen Bereich, nämlich dem Buch Du musst dein Leben ändern von Peter Sloterdijk: Während der letzten vierzigtausend Jahre der Humanevolution bestand die Standardreaktion auf das Auffälligwerden von zusäztlicher Unwahrscheinlichkeit, soweit man sieht, in bedingungsloser Abwehr. …. Kulturen als solchen liegt durchwegs der Grundwiderspruch zwischen der ererbten neophilen Einstellung von homo sapiens und der zunächst unvermeidlich neophoben Verfassung der Regelapparate zugrunde.
Der Mann musste weg…
Ist schon o.k., dass ihn sein Chef abberufen hat. Man könnte zwar argumentieren, dass er tatsächlich nicht viel Schaden angerichtet hat. Eigentlich wurde nur sein Fingerzeig mit den geostationären Satelliten wirklich aufgenommen. Aber was kam dabei rum? Wurde der Vorschlag gewinnbringend eingesetzt? Keine Spur. Die Menschen verwenden die Dinger überwiegend zur Bespaßung und zur Verbreitung sinnlosen Informationsmülls. Nicht gerade ein kultureller Fortschritt.
Ich fürchte somit, ACC wird sich wegen Ressourcenverschwendung verantworten müssen. Sein Boss wird ihn fragen: „Wo, bitte, sollen wir jetzt mit dem Wachtposten auf dem Mond hin? Kein Schwein will ihn suchen! Was ist mit dem Ozean unter dem Mond Europa? Da liegt er nun still und starr und keiner will hin. Und Rama? Eine ganze Hohlwelt für alle und die Leute denken nur an eine töricht grinsenden Fernsehfamilie die sich ein Buttersurrogat aufs Brot schmiert. All das ist an den Menschen verschwendet. Warten wir also lieber auf die wirklich intelligenten Lebewesen des Planeten Erde. Die Ameisen, die Mäuse, die Delphine”.
@Astra: T.M.A. 1
Die Lokation des Wachpostens auf dem Mond haben wir doch bereits gefunden – wir machen nur nix mit unserem Wissen. Der Hinweis Clarkes darf allerdings nicht ganz wörtlich genommen werden. Er sprach von einer magnetischen Quelle im Krater Tycho. In Wirklichkeit ist es eine Gammastrahlenquelle im Krater Kopernikus.
Mehr dazu im hier verlinkten Paper. Insbesondere Fig. 3 ist sehr aufschlußreich. Wie deutlich soll der Fingerzeig denn noch sein?
Yamashita et al: Precise Observations of Uranium, Thorium and Potassium on the Moon by Selene GRS, 40th LPSC, 2009
Gefunden wurde sie bereits von einigen Jahren mit dem Gammastrahlenspektrometer auf der japanischen Mondsonde Kaguya-Selene.
Jetzt kann es sich ja nur noch um Jahrhunderte handeln, bis wir hinfliegen und genauer nachforschen, was es damit auf sich hat.
Am großen Meister lag’s nun wahrlich nicht. Er hat uns ja wirklich deutlich gesagt, wo der Hase im Pfeffer liegt. Was sollte er denn sonst noch alles machen? Uns vielleicht eine genaue Karte der Lokation liefern? Ehrlich … mit seinem verklausulierten Hinweis hatte er sich doch schon weit genug aus dem Fenster gelehnt.
Wie der Lateiner sagt: “Qui habet aures audiendi, audiat”
Mountains on Mars
Eigentlich hat Clark damit keinen kapitalen Bock geschossen. Er hat sich nur etwas vertan. In seiner Zeit gibt es nämlich keine Berge mehr auf den Mars. Die Berge sind nämlich Rohstoffe, die alle fleißig abgebaut wurden. Das schöne Landschaftsbild auf der Erde wollte man nicht zerstören und redpeace konnte sich nicht durchsetzen, deshalb ist der Mars jetzt eben. Nun ja, ich soll Euch noch schöne Grüße von Arur (so lautet sein eigentlicher Name) bestellen. Ihm geht es soweit gut. Nach der Frischzellenkur ist er ins 23. Jahrhundert geschickt worden.
Zeitreisende Politiker
Seit geraumer Zeit hege ich schon den Verdacht, dass einige unserer Politiker Zeitreisende sind. Allerdings scheinen sie nicht wie Sir Arthur aus der Zukunft, sondern wohl eher aus der Vergangenheit zu kommen…
Gut geschrieben …
Gut geschrieben…