Johann Jakob Scheuchzers Forschung über Fossilien

Am 2. August 1672 wird in Zürich der Naturwissenschaftler und Historiker Johann Jacob Scheuchzer geboren. Als Sprössling einer angesehenen Gelehrtenfamilie studiert er standesgemäß Medizin. Nach Abschluss seiner Studien findet er 1695 eine Anstellung als Stadtarzt von Zürich und Verwalter des lokalen Naturalienkabinetts und Kunstkammer. Scheuchzer naturwissenschaftliche Interessen galten hauptsächlich der Erd- und Gesteinskunde, der Biologie und Botanik.

Scheuchzer ist heutzutage vor allem wegen der falschen Beschreibung eines fossilen Riesensalamanders als „betrübtes Beingerüst von einem armen Sünder“, der während er biblischen Flut ertrunken war, bekannt. Tatsächlich reichen seine Forschungen zu Fossilien aber viel weiter. Er hatte in Zürich Zugriff auf eine der umfassendsten Fossiliensammlungen seiner Zeit.

Scheuchzer nimmt zunächst wie viele Gelehrte seiner Zeit an, dass Fossilien in der Erde heranwachsen und Ergebnisse einer “formgebenden Kraft” sind, und nur zufällig Tieren und Pflanzen gleichen. Diese Einstellung änderte sich in 1704, nachdem er Essay toward a Natural History of the Earth (1692) des Britischen Gelehrten J. Woodward übersetzt. In England wurden Fossilien – besonders Muscheln – bereits als Reste von ehemals lebendigen Tieren gedeutet. In 1709 veröffentlicht er Herbarium diluvianum, ein ausführlicher Katalog über Pflanzenfossilen. In seinem „Herbarium der Flut“ erklärt er Fossilien als Reste von Pflanzen, die während der biblischen Flut verschüttet, im noch weichen Sediment eingebettet wurden und im Laufe der Zeit versteinerten. Noahs Flut war es auch, die die Gesteinsschichten aufgeworfen und verfaltet hat, so dass Fossilien nun auch auf den höchsten Gipfeln der Alpen gefunden werden. Durch den Vergleich wenn moderne Pflanzenarten blühen oder Früchte bilden, glaubt er sogar, mittels seiner Pflanzenfossilien den Zeitpunkt und Jahreszeit der Flut bestimmen zu können. Auch wenn die Erklärung der Fossilien als Reste der Sündflut falsch ist, so ist Scheuchzers Erklärung der Fossilisation ein wichtiger Schritt um Versteinerungen als Zeugen vergangenen Lebens zu deuten.

Er unterscheidet auch bereits zwischen Pflanzenfossilien und Mineralien-Dendriten. Letztere sind anorganische Gebilde, die er als Pseudophyta bezeichnet. Für seine Zeit ist das eine außerordentliche Erkenntnis. Noch um 1879 werden diese Pseudofossilien von einigen Autoren als “Urpflanzen” beschrieben.

Dendriten im einem Quarzkristall, aus Scheuchzers Reiseführer der Alpen “Itinera alpina” (1702-1711).

Veröffentlicht von

David Bressan ist freiberuflicher Geologe hauptsächlich in oder, wenn wieder mal ein Tunnel gegraben wird unter den Alpen unterwegs. Während des Studiums der Erdwissenschaften in Innsbruck, bei dem es auch um Gletscherschwankungen in den vergangen Jahrhunderten ging, kam das Interesse für Geschichte dazu. Hobbymäßig begann er daher über die Geschichte der Geologie zu bloggen.

1 Kommentar

  1. Wenn man Dendriten betrachtet, dann haben sie tatsächlich Ähnlichkeit mit Pflanzen. Dass sie keine sind, beweist, dass die “Naturkräfte” in der belebten Natur und in der unbelebten Natur ähnlich sind.
    Die Auskristallisation von Eisensalzen in Gestein kann man phänomenologisch mit dem Wachstum von Pflanzen in der Luft vergleichen. Jedesmal wächst ein “Medium” in ein anderes hinein.

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