Eine Reise zum Mittelpunkt der Erde mit Jules Verne

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Was die Steine erzählen und wie wir sie verstehen lernten
Geschichte der Geologie

Am 8. Februar 1828 wurde der Autor Jules-Gabriel Verne im französischen Nantes geboren. Bekannt wurde er mit fantastischen Reiseromanen in denen er Elemente der Science-Fiction einarbeitet. So durchqueren seine Helden die Ozeane in einem U-Boot das von einer unerschöpflichen Energiequelle angetrieben wird, fliegen zum Mond, umrunden die Welt in nur 80 Tagen und dringen schließlich in das unzugänglichste Reich der Erde ein, in das unbekannte Innere.

Die Entdeckung einer Kristallhöhle, aus “Reise zum Mittelpunkt der Erde” (1864).

Aus den erhaltenen Briefwechsel mit seinem Herausgeber wissen wir das Verne zwischen Januar bis August 1864 an “Reise zum Mittelpunkt der Erde” arbeitete. In der Erzählung gelingt es Professor Otto Lidenbrock zusammen mit seinen treuen Gefährten durch den Krater des Isländischen Snæfellsjökull tief ins Erdinnere vorzudringen. Verne nutzte dabei die herrschende geologische Theorie seiner Zeit aus. Frühe Geologen dachten das Vulkane durch Schlote direkt mit der Magmakammer und dem Erdinneren verbunden sind. Bei einer Eruption entleeren sich diese, der Vulkan erlöscht und zurück bleiben die Stollen und Schächte die als Zugang genutzt werden können. Heute wissen wir das solche Hohlräume weit zu instabil sind um tatsächlich stehen zu bleiben, besonders in großer Tiefe drückt das Gewicht der Erdkruste eventuell offene Gänge einfach zusammen.

Geologischer Schnitt durch den Ätna, aus August Sieberg “Einführung in die Erdbeben- und Vulkankunde Süditaliens” (1914). Der Schnitt zeigt große Verbindungstunnel und vulkanische Gänge zischen den einzelnen Magmenkammern an. Urheberrecht abgelaufen.

Viele Passagen, die die urzeitlichen Landschaften die unsere Helden durchqueren beschreiben, in “Reise zum Mittelpunkt der Erde” sind direkt aus dem Buch „Terre avant le déluge“ entnommen, das 1864 von Louis Figuier veröffentlicht wurde. So entdeckt die geologische Expedition während ihres Abstiegs Fossilien in der Reihenfolge wie sich auch tatsächlich in den Sedimentschichten gefunden werden. In den ältesten Schichten des Silurs (ein geologischer Zeitabschnitt der sich etwa von 443 zu 419 Millionen Jahre erstreckte) entdeckt Lidenbrock primitive Pflanzen wie “fucus” und Bärlappgewächse. Fucus ist allerdings ein Spurenfossilien, also eine Lebenspur eines unbekannten Organismus, was allerdings erst 1881 durch den Schwedischen Paläontologen Alfred Nathorst erkannt wurde. Schließlich entdecken sie urzeitliche Wälder und sogar lebende Saurier, wahrscheinlich das erste Mal das prähistorische Monster in einen Roman eine Rolle spielen.

Reise zum Mittelpunkt der Erde wurde 1959 verfilmt, kurioserweise wurde aus dem deutschen Geologen Otto Lidenbrock im Film der Schottische Oliver Lindenbrook und aus den Assistenten Alex wird Alec. Der Film sollte wohl einige historischen Tastachen widerspiegeln. So wurde die praktische Geologie im späten 19. Jahrhundert mehr von Britischen Geologen beeinflusst als von den Deutschen, die sich eher auf theoretische Aspekte konzentrierten.

Ist aber eine Reise zum Mittelpunkt der Erde, wie Verne sie sich vorstellte, überhaupt möglich? Schließlich gibt es heute U-Boote mit Nuklearantrieb, der Mensch hat den Mond betreten und auch eine Umrundung der Erde ist mittels Raumstation in wenigen Stunden möglich. Das tiefste bekannten Höhlensystem ist die Höhle von Kruber im Gagrinsky Gebirge, West-Kaukasus . Sie wurde bis auf eine Tiefe von 2.191m erforscht, reicht aber wahrscheinlich noch tiefer. Die tiefsten von Menschenhand gegrabene Stollen sind die TauTona und Savuka Goldminen in Südafrika, die 3.900m tief reichen.
Im Mai 1979 wurde in der ehemaligen Sowjetunion das geheime Projekt “SG-3” gestartet. Das Bohrprojekt sollte die Mohorovicic-Diskontinuität, der Übergangsbereich zwischen Erdkruste und Erdmantel in 15 bis 35 Kilometer Tiefe, erreichen. Im Jahre 1989 wurde das Projekt allerdings aufgegeben, das Gestein war so heiß und verformbar das der Bohrer steckenblieb, außerdem ging das Geld aus.  Bei einer erreichten Tiefe von 12.261m war vorläufig Schluss. Diese erreichte Teufe entspricht allerdings nicht mal 0,2% des Erdradius, also noch ein weiter Weg bis zum Mittelpunkt der Erde in 6.371 Kilometer Tiefe.

Die Kristallhöhle von Naica, die im Jahr 2000 im Untergrund von Mexiko entdeckt wurde. Wikipedia/Alexander Van Driessche

Eine geradezu fantastische Lösung um das Erdinnere zu erforschen hat sich der neuseeländischer Planetologe David J. Stevenson ausgemalt. Er schlägt vor eine Sonde mittels ein paar hunderttausend Tonnen flüssigen Eisens zum äußeren Rand des Erdkerns zu schicken. Man müsste nur eine Erdspalte mit dem Metall füllen, die Sonde darin versenken und die Schwerkraft würde den Rest erledigen. Das Gewicht der Eisenmasse würde sie durch die Erdkruste drücken und auch durch den Erdmantel, der vorwiegend aus weniger dichten Gestein besteht. Erst beim Erdkern, der auch aus Metall besteht, wäre der Dichteunterschied zu gering und die Eisenmasse würde steckenbleiben. Das Ganze, so Stevenson, würde nicht mal eine Woche brauchen um die 3.200 Kilometer bis zum Rand des Erdkerns zurückzulegen. Einziger Hacken an der Sache, noch gibt es keine Sonde die die nötigen Temperaturen und Druck aushalten könnte und auch die Finanzierung eines solchen Projekts steht zurzeit noch in den Sternen.

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David Bressan ist freiberuflicher Geologe hauptsächlich in oder, wenn wieder mal ein Tunnel gegraben wird unter den Alpen unterwegs. Während des Studiums der Erdwissenschaften in Innsbruck, bei dem es auch um Gletscherschwankungen in den vergangen Jahrhunderten ging, kam das Interesse für Geschichte dazu. Hobbymäßig begann er daher über die Geschichte der Geologie zu bloggen.

8 Kommentare

  1. Jules Verne war ein Visionär. Fast alle seine Bücher sind von der Wirklichkeit eingeholt worden. Sein Roman über eine schwimmende Stadt wird ja durch die vielen Kreuzfahrtschiffe übertroffen. Nur die Reise zum Mittelpunkt der Erde bleibt Fiktion.

  2. Biosenf,

    danke für den Link.
    Ich würde es einmal mit einem sehr starken Laser probieren, der ständig ein etwa 1 mm² Loch bestrahlt.
    Man müsste mal ausrechnen, wie lange man dann braucht.

  3. Robert,

    das Problem bei einem kleinen Laserloch ist folgendes:
    du erhitzt Mantelmaterial bis es die Aggregatzustände ändert,
    sprich: erst flüssig, später gasförmig…
    Das gasförmige Material muss nun aber durch das “Bohrloch”
    nach oben entweichen (behindert dadurch den Laserstrahl) und wird
    bei Kontakt mit einer entsprechend kälteren Bohrlochwand auskondensieren…
    Also kurz gefasst: Je tiefer, desto uneffektiver
    Des Weiteren ist in tieferen Schichten die Bohrlochwand nicht mehr stabil, weil
    Drücke und Temperaturen das Gestein fließfähig machen und das Bohrloch kollabieren würde..
    Man sollte Jules Verne als “Kindheitsträumer der Wissenschaft” in Erinnerung behalten – weil man damals vieles nicht wusste konnte man noch glauben/träumen…

  4. Prian Purche,
    Danke für die geistvolle Antwort. Da wir schon bei Jules Verne sind,
    habe ich mich dazu hinreißen lassen, auch mal zu spekulieren.
    Bei einer Bohrlochtiefe von 6,37 Milliarden mm ergibt das eine Materialmenge von etwa 6 Milliarden mm³, das sind etwa 6 m³ “Erde”. Bei einer Dichte von etwa 5 hätten wir dann nur 30 t Erdaushub. Mit einem einzigen LKW könnten wir dann diesen Aushub abtransportieren.
    Was ihren Einwand mit dem Abtransport aus dem Bohrloch betrifft, da machen wir einfach eine zweite Bohrung. Für die Kühlung des Bohrloches sollen sich andere den Kopf zerbrechen.

  5. David J.Stevenson’s augenzwinkernd gemeinte Idee einer in flüssigem Eisen eingebetteten Sonde, die zum Erdkern hinuntersinkt hätte auch ein Kommunikationsproblem: Wie soll Information zurückgeschickt werden? Mit akustischen Wellen scheinbar.

    Ein Problem wären die Temperaturen: Hafnium-Karbid mit einem Schmelzpunkt von 3900 Grad Celsius würde zwar noch der Temperatur an der Mantel-Erdkerngrenze von 3500 Celsius widerstehen, allerdings würde das kaum etwas nützen, denn es gibt keine Sensoren und keine Computerschaltkreise, die mitmachen würden und damit gäbe es auch nichts zurückzusenden. Dieses Problem besteht sogar bei den gemässigten Temperaturen von 464° Celsius auf der Venusoberfläche. Ein geplanter Venuslander würde mit einem Kühlaggregat die Temperatur der Elektronik unter 300° Celsius halten.
    Wie oben erwähnt würde kein Material den hohen Temperaturen des Erdkerns widerstehen, denn die Temperatur an der Mantel-Erdkerngrenze beträgt 3500 Celsius, das

  6. Danke für die Anmerkungen, sehr interessant. Kurioserweise wird in “The Core” tastächlich ein Laser verwendet um das Loch zu bohren.. und die Sonde besteht aus Unobtanium (wahrscheinlich auf Pandora abgebaut 😉 )

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