Anak Krakatau: Wie ein Vulkan eine Art aussterben lassen könnte

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Am späten Abend des 22. Dezember 2018 überrollte eine bis zu 3 Meter hohe Flutwelle die Küstenregionen der Sundastraße, bis zu 430 Menschen wurden dabei getötet. Da kein Erdbeben vorher gespürt worden war, ging man rasch davon aus, dass es sich um einen durch einen Bergrutsch ausgelösten Tsunami handeln könnte. Tatsächlich zeigten später RADAR- und Satellitenaufnahmen, dass ein großer Teil des Vulkankegels des Anak Krakatau – mitten in der Sundastraße gelegen – fehlte. Meerwasser kann nun bis zum Vulkanschlot vordringen, wo das kalte Wasser auf überhitztes Gestein trifft, es kommt daher zu kräftigen Dampfexplosionen die den Krater immer mehr freisprengen und die phreatomagmatischen Eruptionen noch verstärken. Anak Krakatau ist durch den Bergrutsch und den Explosionen von 338 Meter auf 110 Meter Höhe geschrumpft. Die Ausbrüche destabilisieren auch die Reste der Vulkaninsel. Am 5. Januar 2019 wurden zwei neue Risse entdeckt, die einen Hangrutsch mit einem geschätzten Volumen von 67 Millionen Kubikmeter verursachen könnten. Der Hangrutsch vom 22. Dezember betrug ungefähr 99 Millionen Kubikmeter. Tierschützer fürchten das ein neuerlicher Ausbruch des Anak Krakatau und Tsunami neben Zerstörung und Leid auch eine stark gefährdete Tierart ausrotten könnte.

Anak Krakatau am 17.und 30. Dezember 2018. Planet Labs, Inc.

Das Indonesische Java Nashorn (Rhinoceros s. sondaicus) ist eine in Asien beheimatete Nashornart mit nur einem Horn. Es ist nahe mit dem Panzernashorn (Rhinoceros unicornis) verwandt und der seltenste Vertreter der Nashörner und somit eines der seltensten Großsäugetiere. Früher weit verbreitet von Indien bis Indonesien, führte Wilderei und Zerstörung des Lebensraumes zu einem Zusammenbruch der Population. Die Art ist heute nur noch im westlichsten Zipfel der Insel Java, im Nationalpark der Ujung-Kulon-Halbinsel, mit etwa 40 bis möglicherweise knapp 60 Individuen anzutreffen. Die Nashörner halten sich zumeist entlang der Küste auf.

Ein um 1895 erlegtes Java-Nashorn.
Historisches und rezentes Verbreitungsgebiet des Java Nashorns.

Beim Tsunami im Dezember wurden Gebäude und Schiffe der Parkverwaltung beschädigt und zwei Parkwächter getötet. Ein größerer Tsunami könnte theoretisch auch das Überleben der Art gefährden. Der gewaltige Ausbruch des Krakatau, Vorläufer des heutigen Anak Krakatau, im August 1883 verursachte eine 15 bis 20 Meter hohe Flutwelle. Die Halbinsel von Ujung Kulon ist überwiegend flach, der Tsunami überflutete daher damals weite Bereiche der Küste. Ein ähnlicher Tsunami würde heute wahrscheinlich große Teile des Lebensraumes des Java Nashorns zerstören und einen großen Teil der verbleibenden Population töten.

Durch den 1883 Ausbruch überflutete Bereiche der Sundastraße.

Um das Überleben der Art zu sichern wäre es daher günstig wenn es mehrere Populationen gäbe. Schon seit längerem ist geplant einige Individuen an andere Orte in Indonesien anzusiedeln. Die Tiere stellen hohe Ansprüche an ihrem Lebensraum, so muss genügend Vegetation und Wasser vorhanden sein. Bisher wurde nur ein Naturreservat im Westen von Java gefunden, dass diese Ansprüche genügen könnte. Allerdings scheiterte die Umsiedlung bisher an der Bürokratie.

Das ein Vulkanausbruch eine Art ausrotten könnte ist nicht ganz abwegig. Die Martinique-Bisamratte (Megalomys desmarestii) wurde 1654 von der Karibikinsel Martinique beschrieben. Bis 1890 war die Art relativ häufig, aber Jagd und Zerstörung des Lebensraumes führte zu einer raschen Abnahme der Population. Um 1900 lebte eine Restpopulation entlang der Hänge des Mount Pelèe. Im April 1902 erwachte der schlafende Vulkan, der schließlich am 8. Mai in eine der heftigsten Eruptionen des zwanzigsten Jahrhunderts explodierte. Pyroklastische Ströme töteten mehr als 20.000 Menschen in der Küstenstadt von St. Pierre die vollständig zerstört wurde. Entlang der Hänge des Mount Pelée überlebte nichts. Spätere Expeditionen fanden keine Spuren mehr von Megalomys desmarestii, der Ausbruch war wahrscheinlich der letzte Akt im Aussterben dieser Art.

Martinique-Bisamratte (Megalomys desmarestii), eines der wenigen Exponate die es von dieser ausgestorbenen Art noch gibt. French Museum of Natural History, Paris

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David Bressan ist freiberuflicher Geologe hauptsächlich in oder, wenn wieder mal ein Tunnel gegraben wird unter den Alpen unterwegs. Während des Studiums der Erdwissenschaften in Innsbruck, bei dem es auch um Gletscherschwankungen in den vergangen Jahrhunderten ging, kam das Interesse für Geschichte dazu. Hobbymäßig begann er daher über die Geschichte der Geologie zu bloggen.

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