Polargebiete im Klimawandel – Was passiert, wenn die Dauerfrostgebiete der Arktis auftauen?

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Wenig ist über die arktischen und antarktischen Permafrostgebiete bekannt. Dabei prägen sie fast ein Viertel der weltweiten Landoberflächen. Noch weniger ist über die Reaktion dieser Gebiete auf den Klimawandel bekannt. Im Rahmen der Vortragsreihe über den Klimawandel der geographischen Gesellschaft zu Hannover berichtete Prof. Dr. Hans-Wolfgang Hubberten aus Potsdam am vergangenen Montag über eigene Forschungsergebnisse und mögliche Folgen des Klimawandels.  

Ausmaß und Dynamik des arktischen Permafrost

Obwohl die deutsche Permafrostforschung sehr aktiv in der Arktis vertreten ist, sind viele Prozesse dieses Systems noch relativ unerforscht. Laut Definition tritt Permafrost dort auf, wo in zwei oder mehr aufeinanderfolgenden Jahren negative Temperaturen herrschen. Permafrost kann dabei Tiefen von bis zu 1.000 Metern erreichen. Dabei unterliegt der Permafrost saisonalen Schwankungen, da im Sommer bodennahe Schichten auftauen. Diese saisonalen Prozesse formen polygonale Landschaften, die eine hohe Sensibilität aufweisen. Solche Landschaften sind aktuell in Sibirien, Kanada und auch in Nordeuropa zu finden. Laut Prof. Hubberten existiert in einigen dieser Regionen der Permafrost seit 2,5 Millionen Jahren. Diese Erkenntnis ist jedoch noch nicht vollends gesichert.

Die Reaktion des Permafrost auf den Klimawandel gilt als große Unbekannte, da bisher zu wenige Messungen und Forschungen vorliegen. Prof. Hubberten präsentierte Daten, die er im Rahmen von Forschungsreisen gewonnen hatte. Die Ausdehnung des Permafrosts ist ein Spiegelbild der atmosphärischen Zirkulation. Aufgrund der Erwärmung der Atmosphäre sind steigende Temperaturen im Permafrost zu beobachten und zu erwarten. Messreihen aus Jarkutsk (Sibirien) zeigen eine Erwärmung im langfristigen Mittel. Von 1965 bis 1998 stieg die durchschnittliche Temperatur im Permafrost von -11° auf -9°. Ähnliche Werte sind in zahlreichen anderen Regionen zu beobachten. Laut Prof. Hubberten ist eine Tendenz Richtung wärmeren Temperaturen zu erkennen.
Ein Auftauen des Permafrostes würde viele Landschaften nachhaltig verändern. In den Landschaften, in denen das Schmelzwasser nicht abfließen kann, drohen Versumpfungsprozesse. Im umgekehrten Fall droht ein dramatischer Wassermangel. In Schweden und im Tibetplateau sind in diesem Zusammenhang schwindende Seen zu beobachten; mit negativen Folgen für die vorhandenen Ökosysteme.

Treibhausgase aus dem Permafrost?

Spätestens seit dem Erfolgsroman „Der Schwarm“ von Frank Schätzing ist die Emission von Treibhausgasen in Form von Methan im medialen Echo zu beobachten. Diese Forschung ist jedoch noch relativ jung und abschließende Bemerkungen und Modelle sind nur schwer zu erstellen und bisher nicht vorhanden. Prof. Hubberten verwies auf die geringen Messstationen, die diese Prozesse untersuchen. Darüberhinaus findet ein Großteil der Permafrostforschung im polaren Sommer statt. Ganzjährige Beobachtungen sind sowohl sehr teuer als auch technisch und logistisch überaus anspruchsvoll.
Darüberhinaus ist das Ausmaß der Methanvorkommen im Permafrost noch nicht ausreichend erforscht. Jegliche Äußerungen über diese Vorkommen sind, laut Prof. Hubberten, reine Spekulation. Erschwert wird die Forschung in Sibirien zudem durch die russische Regierung, die Vorkommen von Gaslagerstätten als „geheim“ klassifiziert.
Bei weiter steigenden Temperaturen ist zu vermuten, dass große Permafrostgebiete instabil werden und es zu Austritten dieser Treibhausgasen kommt.

Insgesamt war der Vortrag von Prof. Hubberten sehr lehrreich und spannend, da er eigene Forschungsergebnisse vorstellte und dabei kritisch betrachtete. Der nächste Vortrag der Reihe findet am 17.11. statt. Das Thema lautet dann: „Das Klima in Mitteleuropa: gestern, heute, morgen?“

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Meine Name ist Stefan Ohm und ich bin Geograph. Vor meinem Studium habe ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker absolviert und danach bei Electronic Data Systems (EDS) als Lotus Notes Entwickler gearbeitet. Während meines Studiums in Hannover führte mich mein Weg zur Texas State University in San Marcos (USA) sowie zur University of Bristol (UK). Darüber hinaus absolvierte ich zwei Praktika bei NGO’s in Neu Delhi (Indien), mit dem Ziel Entwicklungsprozesse vor Ort genauer zu betrachten und damit ein besseres Verständnis über diese zu erhalten. Promoviert habe ich über den Strukturwandel im Perlflussdelta und Hongkong (China) an der Justus Liebig Universität in Gießen.

5 Kommentare


  1. Ich hätte erstmal die naheliegende Vermutung, dass mit Verschwinden des arktischen Meereis und der Eiswüsten die dortige Bioproduktionen angekurbelt wird und damit eine leistungsfähige CO2-Senke entsteht.

  2. @adenosine

    Diese Vermutung hat Prof. Hubberten auch geäußert. Dieser Effekt ist auch teilweise in den Sommermonaten zu beobachten. Gerade dann, wenn die obere Permafrostschicht auftaut und die Bioproduktion ansteigt. Allgemeingültig scheint dies aber nicht zu sein, da sich dort mehrere Prozesse überlagern, die noch nicht bekannt sind. Weitere Forschung ist notwendig.

  3. “polygonale Landschaft”

    Können sie mir diesen Begriff erklären? Google half mir da leider auch nicht weiter. Allerdings fand er ein paar nette hinweise zu Gemälden und MP3s zu diesem Thema. 😉

  4. @Alex

    Damit sind Landschaften gemeint, die überwiegend vom Permafrost geprägt wurden. Aus der Luft lassen sich polygonale Strukturen identifizieren. Diese Landschaften entstehen, wenn der Permafrost saisonal auftaut. Das Auftauen kann Risse von mehreren hundert Metern in den Permafrost reißen. Diese Risse füllen sich mit Schmelzwasser, das gefriert. Über einen langen Zeitraum entstehen so riesige Eiskerne im Boden. Durch diese wird der Boden auseinander gedrückt.

    In Natur sieht das folgendermaßen aus:

    http://www.biology-blog.com/…r-conservation.html

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