Piraterie in Südostasien

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Letztes Wochenende fand an der Universität Hannover das Treffen des Arbeitskreises Südostasien der Deutschen Gesellschaft für Geographie (DGfG) statt. Es gab sehr interessante Beiträge über die aktuellen Forschungsthemen in dieser Region, mit den Schwerpunkten Risikoforschung, Migration und städtischer Entwicklung. Dr. Georg Mischuk, vom Amt für Geoinformationswesen der Bundeswehr in Euskirchen, hielt einen recht interessanten Vortrag über die geographischen Aspekte der Piraterie in Südostasien, dem eine angeregte Diskussion folgte.

Definition

Laut Dr. Mischuk wird von Piraterie gesprochen, wenn ein Boot oder Schiff illegal betreten wird und die Absicht der Bereicherung oder eines Diebstahls vorliegt. International bestehen hinsichtlich des genauen Tatbestandes unterschiedliche Definitionen, einerseits vom Internationalen Meeresbüro (IMB) und andererseits von der UNCLOS, einer Organisation der Vereinten Nationen. Den Definitionen ist gemeinsam, dass Piraterie als low intensity Konflikt gewertet wird, der von Schiff zu Schiff wirkt.
In den Medien werden Piraten häufig als Terroristen bezeichnet, laut Dr. Mischuk besteht jedoch der entscheidende Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen, dass Piraten ökonomisch und Terroristen politisch motiviert sind. Während seiner Forschung erhielt Dr. Mischuk hinsichtlich einer Zusammenarbeit von Piraten und lokalen Terroristengruppen keinerlei Hinweise. Auch darüber, ob das jeweilige Militär von Indonesien oder Malaysia an den Überfällen beteiligt ist, konnte Dr. Mischuk nicht bestätigen oder ausräumen.

Räumliche Konzentration

Ein geographisches Ballungsgebiet der Piraterie in Südostasien, ist die Straße von Malakka (vgl. Abb. 1), der Indonesien, Malaysia und Singapur angrenzen. Diese Meeresstraße ist mit jährlich 50.000 Schiffen eine der meist befahrensten Schifffahrtslinien der Welt. Aufgrund der hohen Anzahl von Schiffen, bestehen Sicherheitsvorschriften, dass diese eine Höchstgeschwindigkeit von 10 Knoten (18,52 km/h) bei der Durchfahrt der Strasse nicht überschreiten dürfen. Dieser Umstand erleichtert es den Piraten, sich den Schiffen zu nähern und diese zu überfallen. Die Überfälle konzentrieren sich vor allem auf Schiffe, die in Malaysischem Gewässer fahren. Der Grund für diese Tatsache ist, dass nach einem Überfall die Piraten die Seegrenze zu Indonesien überqueren, um sich der Verfolgung durch die Malaysische Polizei zu entziehen. Aufgrund schlechter Zusammenarbeit beider Staaten, ist eine Verfolgung der Piraten oft nicht möglich, oder wird durch die Bürokratie erschwert. Malaysische Polizisten müssen für die Überquerung der Seegrenze zu Indonesien erst einen Antrag stellen. Bis dieser von den indonesischen Behörden bearbeitet wird, können durchaus Tage vergehen. Eine Verfolgung der Piraten ist dann nicht mehr möglich. 

 Strasse von Malakka 

Abb. 1: Strasse von Malakka (Quelle: www.SteinbergRecherche.com)

Ausblick

Seit 1998 hat die Anzahl der Piratenüberfälle in der Strasse von Malakka und in Südostasien stark zugenommen. Weitere Gebiete, in denen die Piraten tätig sind, ist das Südchinesische Meer und das Seegebiet nördlich von Borneo. Allerdings ist dieses Phänomen noch weitgehend unerforscht und die Dunkelziffer der Vorfälle ist nicht abzuschätzen, da Überfälle nicht immer gemeldet werden. Das Eskalationspotential der Piraterie, schätzt Dr. Mischuk als sehr hoch ein. Aufgrund der geographischen Gegebenheiten in der Straße von Malakka, kann das Entern eines großen Containerschiffes, mit anschließendem Unfall, zu einer Sperrung dieser wichtigen Schifffahrtslinie führen, welches den Seehandel in dieser Region für Tage oder Wochen zum Erliegen bringen kann. Grenzübergreifende Lösungen zwischen Indonesien, Singapur und Malaysia sind dringend erforderlich und in Zukunft zu intensivieren.

In der abschließenden Diskussion kam die Frage nach der Identität der Piraten auf. Laut Dr. Mischuk ist diese unbekannt. Er verwies jedoch darauf, dass die Piraten über sehr hohe maritime Kenntnisse verfügen. Besonders die Orientierung auf den überfallenen Schiffen zeugt davon, dass es sich um Experten handeln muss. Kontakte zum indonesischen Militär, konnte Dr. Mischuk zwar nicht bestätigen, wollte diese aber auch nicht ausschließen.

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Meine Name ist Stefan Ohm und ich bin Geograph. Vor meinem Studium habe ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker absolviert und danach bei Electronic Data Systems (EDS) als Lotus Notes Entwickler gearbeitet. Während meines Studiums in Hannover führte mich mein Weg zur Texas State University in San Marcos (USA) sowie zur University of Bristol (UK). Darüber hinaus absolvierte ich zwei Praktika bei NGO’s in Neu Delhi (Indien), mit dem Ziel Entwicklungsprozesse vor Ort genauer zu betrachten und damit ein besseres Verständnis über diese zu erhalten. Promoviert habe ich über den Strukturwandel im Perlflussdelta und Hongkong (China) an der Justus Liebig Universität in Gießen.

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