Lenovos Sprung an die Spitze

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In den vergangenen Jahren verbuchte der chinesische PC-Hersteller einen Erfolg nach dem anderen. Die globalen Marktanteile des Unternehmens stiegen seit 2001 von gerade einmal drei Prozent auf derzeit 12%. Hinter Dell (12,5%) und Hewlett-Packard (17,5%) sind die Chinesen somit global der drittgrößte Hersteller für Computer und Laptops.  Das kommende Geschäftsjahr könnte allerdings das wichtigste in der Geschichte der Firma werden, denn Lenovo setzt zum Sprung auf die Marktführerschaft an.

Expansionsstrategien

Seit der Unternehmensgründung bestand Lenovos Expansionsstrategie immer aus einer Kombination aus der Fertigung relativ günstiger Massenprodukte und dem Zukauf von Marktanteilen durch die Übernahme von Konkurrenten. Den Weg des Erfolges beschritt das Unternehmen, indem es eine dominierende Stellung auf dem chinesischen Heimatmarkt errang. Bereits in den 1990er Jahren war Lenovo der wichtigste PC-Hersteller auf dem chinesischen Markt und nahm zusätzliche eine gewichtige Marktposition in Südostasien ein. Mit der Übernahme des PC und Laptop Bereiches von IBM im Jahr 2005 wurde Lenovo über Nacht zum globalen Wettbewerber.
Das nächste Jahr könnte allerdings noch bedeutender für das Unternehmen werden. Die Unternehmensführung erarbeitet bereits Strategien, mit denen Lenovo zum globalen Marktführer im PC und Laptop Bereich aufsteigen könnte. Die Grundlage hierfür bildet die Übernahme der Medion AG im August in diesem Jahr. Der Konzern aus Essen, der hauptsächlich Aldi mit Produkten beliefert war nie dafür bekannt technologisch hochwertige Produkte herzustellen. Aber an den Produkten waren die Chinesen ohnehin nicht interessiert. Der Hauptgrund für die 629 Millionen Euro Übernahme war das exzellente Distributionsnetzwerk von Medion in Europa. Während Lenovos Europageschäft  hauptsächlich auf Geschäftskunden beruht, konzentriert sich Medion auf den Endkonsumenten. Der Medion Zukauf ist für das Geschäft von Lenovo daher eine sehr gute Ergänzung. In den kommenden Monaten wird es also wichtig für Lenovo die Geschäftsbereiche beider Unternehmen effizient zu verschmelzen.
Für die Umsetzung dessen ist den Chinesen ein weiter Coup gelungen. Vor ein paar Tagen wurde bekannt gegeben, dass Gianfranco Lanci zu Lenovo wechseln wird. Der frühere Geschäftsführer von Acer gilt als ein ausgewiesener Experte im Bereich der Marktexpansion relativ unbekannter Marken. Seine zukünftige Aufgabe wird es sein, das Europageschäft von Lenovo und Medion zu vereinen. Neben Larni wechseln auch einige Mitarbeiter von Acer zum chinesischen Konkurrenten. Wie groß dieser Erfolg für Lenovo ist, verdeutlichen die Gerüchte, dass auch Samsung und Dell den Italiener  verpflichten wollten.

Aber nicht nur Europa gilt als wichtiger Baustein für die kommenden Jahre. Das Unternehmen bereitet gerade die Marktausweitung in Indien vor. Der Subkontinent gilt als der am schnellst wachsende Markt für Elektronikprodukte. Während Lenovos Strategie in Europa hauptsächlich darin besteht Computer, Laptops und Unterhaltungselektronik an den Mann zu bringen, konzentriert sich der Konzern in Indien auf den Absatz von Tablet Computern.  Um den Konkurrenten Samsung und Apple in Indien Marktanteile abzunehmen, wird Lenovo in den nächsten Monaten massiv das Marketingbudget ausweiten. Laut einem Bericht des Wall Street Journals plant das Unternehmen den Marktanteil in den kommenden Monaten von derzeit 10,8% auf 17% auszuweiten.

Doch dies ist nicht das Ende von Lenovos Expansionsstrategie. Es bestehen Gerüchte, dass Hewlett-Packard in den kommenden Monaten sein schwächelndes PC-Geschäft verkaufen wird. Die Credit Suisse Group schätzt den Wert dieser Sparte auf etwa USD 12 Milliarden. Aufgrund der Höhe des Kaufpreises ist es sehr wahrscheinlich, dass es nicht viele Bieter geben wird. Lenovo ist aber aller Wahrscheinlichkeit nach einer davon. Gelingt den Chinesen diese Übernahme werden sie mit einem Schlag unangefochtener Marktführer.

Das Beispiel Lenovo verdeutlicht sehr eindrucksvoll, dass Unternehmen aus China mittlerweile in westlich dominierte Technologiebereiche eine Marktführerschaft anstreben. Lenovo ist dabei nur die Spitze des Eisberges. In den kommenden Jahren werden aller Wahrscheinlichkeit nach viele weitere chinesische Unternehmen den Weg Lenovos folgen. Sollte sich der chinesische Markt weiterhin mit einer solchen Geschwindigkeit wachsen, werden wohl noch weitere chinesische Wettbewerber den Sprung in den globalen Markt wagen.

 

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Meine Name ist Stefan Ohm und ich bin Geograph. Vor meinem Studium habe ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker absolviert und danach bei Electronic Data Systems (EDS) als Lotus Notes Entwickler gearbeitet. Während meines Studiums in Hannover führte mich mein Weg zur Texas State University in San Marcos (USA) sowie zur University of Bristol (UK). Darüber hinaus absolvierte ich zwei Praktika bei NGO’s in Neu Delhi (Indien), mit dem Ziel Entwicklungsprozesse vor Ort genauer zu betrachten und damit ein besseres Verständnis über diese zu erhalten. Promoviert habe ich über den Strukturwandel im Perlflussdelta und Hongkong (China) an der Justus Liebig Universität in Gießen.

6 Kommentare

  1. HP streitet über Verkauf der PC Sparte

    So schnell kann es gehen. Gerade berichtet das Wall Street Journal (http://online.wsj.com/…04576584852598066360.html), dass der HP Aufsichtsrat prüft, ob der CEO Leo Apotheker entlassen werden soll. Dieser hatte die Ausgliederung der PC Sparte in den letzten Monaten stark vorangetrieben. Wird er entlassen, würde der Verkauf dieser wahrscheinlich nicht stattfinden. Es bleibt also spannend im PC Geschäft.

  2. There will be chinese brands

    Typischerweise dauert es viele Jahrzehnte bis ein Unternehmen zur Weltspitze in seiner Sparte vordringt. Fernöstliche Firmen wie Sony, Samsung, Acer existieren alle schon seit vielen Jahrzehnten. Lenovo jedoch wurde erst 1984 gegründet und setzt jetzt schon zum Sprung an die Spitze an. Das lässt einen Fragen ob so etwas auch in anderen Sektoren möglich ist.

    Im Autosektor wird es sicher etwas länger dauern, nimmt man die bisherige Entwicklung zum Masstab. Doch vielleicht schreiben die Chinesen auch in diesem Sektor die Geschichte um.

    There will be chinese brands, even in the US

  3. Erfolgreiche chinesische Marken

    @Martin Holzher

    Huawei und Haier sind da wahrscheinlich die nächsten Kandidaten. Beide besitzen auf dem chinesischen Markt bereits große Marktanteile. Aufgrund der Größe dieses Marktes, scheint genügend Kapital für diese Unternehmen vorhanden zu sein.

    Der chinesische Staat darf dabei auch nicht unterschätzt werden. Lenovo war ja eine Ausgründung aus der chinesischen Akademie der Wissenschaften. Ohne großzügige Kredite wäre Lenovo wahrscheinlich nicht so erfolgreich gewesen. Huawei werden ja auch sehr intensive Kontakte zum chinesischen Staat nachgesagt.

  4. Lenovo / Thinkpad/ThinkVision

    Lenovo ist mir hauptsächlich über ihre Thinkpad-Sparte ein Begriff, welche sie von IBM übernommen haben.
    Die Geräte erfreuen sich aufgrund ihrer Robustheit, die Lenovo nach der Übernahme nicht vernachlässigt hat, einiger Beliebtheit.

    Das Rechenzentrum hier an der Uni hat komplett auf die ThinkVision Desktopsysteme von Lenovo umgestellt.

    Von daher kann ich den Erfolg von Lenovo etwas nachvollziehen.

  5. Meg Withman neue HP Chefin

    Jetzt geht es aber schnell. Ich hätte mit dem Artikel vielleicht einen Tag warten sollen. Der HP Chefposten wurde neu besetzt. Neue Chefin ist Meg Withman, ehemals bei Ebay. In einem ersten Interview mit der NYT hat sie sich zur Hardware Sparte des Unternehmens bekannt. Allerdings hat sie in diesem Geschäft keinerlei Erfahrung, wie der Spiegel berichtet (http://www.spiegel.de/…men/0,1518,788045,00.html).

    Das wird die Konkurrenten Dell und Lenovo freuen. Die Zeit scheint günstig zu sein, um HP Marktanteile abzunehmen.

  6. Steigerung des Marktanteils

    “Die globalen Marktanteile des Unternehmens stiegen seit 2001 von gerade einmal drei Prozent auf derzeit 12%.”

    Das ist beeindruckend und spricht dafür, dass auch die Produktqualität nicht kaputt gespart wurde. Meinen letzten Thinkpad habe ich 2006 gekauft, kenne die Produkte also nicht mehr im aktuellen Zustand.

    Nichtsdestotroz darf man bei dieser Entwicklung nicht vergessen, dass in diesem Wachstum die Übernahme des PC-Geschäfts von IBM steckt. Deren Weltmarktanteil betrug bei der Übernahme 6% im Jahre 2005 (http://de.wikipedia.org/wiki/Lenovo). Produkte und Kundenstamm wurden also ohne eigene Entwicklungs- und Vertriebsarbeit eingekauft.

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