Klimaschwankungen als Ursache für Konflikte

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In der Vergangenheit waren Klimaschwankungen häufig Auslöser für zahlreiche Konflikte und der Triebmotor für soziale Veränderungen. Dieses wiesen ZHANG und LEE (2007) anhand von Konflikten in China nach. Bei ihrer Analyse traten signifikante Zusammenhänge von Konflikthäufungen und Klimaschwankungen für die vergangenen 1500 Jahren auf. Während des Übergangs von Wärme- zu Kälteperioden zeigten sich höhere Konflikthäufigkeiten für China und für das pazifische Becken.

Klima der letzten 1300 Jahre und deren Auswirkungen

Vom 7. bis zum 18. Jahrhundert traten global zwei längere Klimaphasen auf. Zum einen die Mittelalterliche Warmphase, die den Zeitraum von 700 bis 1250, und die Kleine Eiszeit, welche den Zeitraum von 1350 bis 1800 umfasste. Das Klima in diesen Hauptphasen war allerdings nicht konstant und von kurzen Warm- und Kaltphasen geprägt. Der Übergang zwischen diesen Hauptphasen, welcher als 1300 A.D. Event bezeichnet wird, war geprägt von stark fallenden Temperaturen und einem Absinken des Meeresspiegels, da große Mengen Wasser in an den Polen gebunden wurden. Diese Klimaschwankung löste starke kulturelle Veränderungen in den untersuchten Gebieten Chinas und des pazifischen Beckens aus. Die Mittelalterliche Warmphase war vor allem durch starkes Bevölkerungswachstum und ausgeweitete Nahrungsmittelproduktion geprägt. Siedlungen entstanden in Höhenlagen, die zuvor nicht besiedelbar waren, und viele Kulturpflanzen dehnten sich nordwärts aus. So bestehen Berichte, dass z.B. der Weinbau bis nach Nordengland, in die Grafschaft York, vordrang. Ähnliche Auswirkungen sind global nachweisbar. Der Beginn der Kleinen Eiszeit im 14. Jahrhundert brachte einen radikalen Umschwung der Lebensbedingungen mit einer erhöhten Anzahl von Konflikten, wie ZHANG und LEE (2007) es für China und NUNN et. al. (2007) es für die Inseln im Pazifik nachgewiesen haben.
Besonders agrarisch geprägte Kulturen, die stark vom Klima abhängig waren, wurden von veränderten Durchschnittstemperaturen, Niederschlägen und Wachstumsperioden stark getroffen. Während des 1300 AD. Events, kam es zu einem schnellen Anwachsen von Kältetagen und somit zu geringeren Wachstumsperioden der Kulturpflanzen. Die Folge war ein starker Rückgang der Nahrungsmittelproduktion.
Nicht nur in China, sondern im gesamten pazifischen Raum kam es zu bedeutenden sozialen Umwälzungen infolge des 1300 A.D. Events. Für diese Zeit wurden gewaltige El Ninos nachgewiesen, die fatale Folgen für die Küsten Perus und Chiles, sowie für die pazifischen Inseln hatten. Siedlungen, die an den Küsten lagen, wurden innerhalb weniger Jahre ins Landesinnere verlegt oder aufgegeben, da Handelslinien nicht mehr bedient wurden. Unruhen und Kriege sind in den untersuchten Gebieten von den Fijis bis zu den Osterinseln nachzuweisen.

Erhöhte Konflikthäufigkeit während Kältephasen

Doch auch innerhalb der beiden Klimaphasen herrschten kürzere Wärme- und Kälteperioden. Neben veränderten Ernährungsgrundlagen, kam es, besonders während Kältephasen, zu  erhöhten Häufigkeiten von Konflikten innerhalb Chinas. Die Wissenschaftler definierten hierfür Kälte- und Wärmperioden und untersuchten innerhalb dieser das Auftreten von Konflikten. Wärmeperioden waren hierbei durch eine um 10 – 25% erhöhte Nahrungsmittelproduktion, gegenüber Kälteperioden, gekennzeichnet. Als Folge von Rückgängen in der Nahrungsmittelproduktion häuften sich Konflikte, besonders im Zeitraum von 10 bis 30 Jahren nach einsetzen einer Kälteperiode.
Zusätzlich zu einem verschärften Nahrungsmittelangebot, wanderten Bewohner aus nördlichen Regionen und Höhenlagen in die Tiefebenen des Südens ein. Die Migrationströme in China, waren maßgeblich von den Klimaschwankungen beeinflusst. So wiesen diese, während Wärmperioden nordwärts, und in Kälteperioden südwärts. Den Bau der Chinesischen Mauer und den Untergang der Ming Dynastie lassen sich mit der Häufung von Kältephasen in Verbindung bringen.

Zusammenfassung

Wie sich zeigte, wurden besonders die Übergänge von Wärme- zu Kälteperioden von sozialen Unruhen bis hin zu Kriegen begleitet. Die bedeutendsten Gründe waren der Bevölkerungsdruck, aufgrund verringerter Nahrungsmittelproduktion und Migrationströme. Für China und den pazifischen Raum lassen sich signifikante Zusammenhänge von Konflikthäufigkeit und Kälteperioden nachweisen. Während Wärmeperioden wurden dagegen weniger Konflikte beobachtet. In diesen Phasen wuchs die Bevölkerung an, da die landwirtschaftliche Produktion ausgeweitet wurde.

Quellen
ZHANG und LEE, 2007: Climate Change and War Frequency in Eastern China over the last Millenium. Human Ecol 35, S.403-414.
NUNN, CARSON, THOMAS, ULM und ROWLAND, 2007: Times of Plenty, Times of Less: Last Millenium Societal Disruption in the Pacific Basin, Hum Ecol 35, S.385-404
ALLEY, R., 2000:The two Mile Time Machine: Ice cores, abrupt climate change, and our future, Princeton University Press, Princeton and Oxford, S. 3-13

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Meine Name ist Stefan Ohm und ich bin Geograph. Vor meinem Studium habe ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker absolviert und danach bei Electronic Data Systems (EDS) als Lotus Notes Entwickler gearbeitet. Während meines Studiums in Hannover führte mich mein Weg zur Texas State University in San Marcos (USA) sowie zur University of Bristol (UK). Darüber hinaus absolvierte ich zwei Praktika bei NGO’s in Neu Delhi (Indien), mit dem Ziel Entwicklungsprozesse vor Ort genauer zu betrachten und damit ein besseres Verständnis über diese zu erhalten. Promoviert habe ich über den Strukturwandel im Perlflussdelta und Hongkong (China) an der Justus Liebig Universität in Gießen.

7 Kommentare

  1. Klima und Ereignis

    Ein sehr schöner Beitrag. Ein ähnlicher sehr informativer Beitrag dazu habe ich neulich im DFunk gehört. Diesen gibt es als Text hier oder als Tondatei hier.
    Für Historiker sind aus der Perspektive der Makrogeschichte sicher im Großen und Ganzen die Argumente richtig. Im kleinen Maßstab jedoch, auf der Ebene der Mikrogeschichte taugen sie so gut wie nichts, außer sie haben den legitimatorischen Aspekt der äußeren Determiniertheit. Das Verhältnis beider Ebenen läßt sich in etwa mit dem Sternensystem und der Astronomie bezeichnen. Der Blick ins Weltall zeigt uns zwar eine gewisse Ordnung. Über die Vorgänge auf den einzelnen Planeten kann er uns aber sogut wie nichts berichten…

  2. Wo könnte denn das Klimaoptimum für den Menschen positioniert sein? Ist es bereits die derzeitige Temperatur, oder sollte sie noch höher liegen?

  3. @adenosine

    Dies ist bestimmt eine Frage, die nur schwer zu beantworten ist. Ich habe mal eine einfache Übersicht gesucht: Bodennahe nordhemisphärische Temperaturkurve der letzten 11.000 Jahre. Es zeigt sich schon, dass es genau in den Warmphasen zu kulturellen Sprüngen kam. Allerdings gilt dies, wie Olim devona bereits erwähnte, nur für die Makrogeschichte. Insgesamt denke ich, dass es keine ideale Temperatur für den Menschen gibt. Die Nahrungsmittelproduktion muss nur ausreichend sein.

  4. @Stefan

    Das würde ja bedeuten, dass wenn jemand aus der Zukunft auf unsere Zeit blickt, wir uns in solch einem Klimaoptimum befinden. Es stellt sich aktuell nur die Frage, wo die Obergrenze dieses Klimaoptimums liegt. Der zukünftig Wissenschaftler wird dann wahrscheinlich die Häufigkeit von Konflikten innerhalb dieser extremen Warmphasen untersuchen. Und ich mag jetzt prognostizieren, dass es zwischen zu warm und dem Auftreten von Konflikten auch signifikante Korrelationen bestehen.

  5. Besteht auch dieser Zusammenhang auch in Europa? In die mittelalterliche Kaltphase würden ja der 30 jährige Krieg, die Französische Revolution etc. passen. Allerdings setzte genau in der kleinen Eiszeit die Industrielle Revolution ein und es kam zu sozialen Veränderungen und einem starken Bevölkerungswachstum. Bedingt natürlich durch die Erfindung von Hygienemitteln und technischen Hilfsmitteln in der Landwirtschaft. Von daher würde das Argument mit der ausgeweiteten Nahrungsmittelproduktion ja auch passen.

  6. @ Olim devona

    Vielen Dank. Freut mich, dass dir der Artikel gefällt. Der Link ist auch sehr interessant. Vor allem der Teil über den Sudan ist erschreckend.

    “Der Sudan ist der erste Fall, für den ein direkter Zusammenhang zwischen Klimawandel und Kriegsgewalt als sicher gilt.”

    Wahrscheinlich reagiert deshalb die Staatengemeinschaft so zögerlich, da eine Lösung des Konflikts wohl unmöglich ist.

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