Antarktischer Tourismus

BLOG: GEO-LOG

Die Welt im Blog
GEO-LOG

AntarktisDie Unterzeichnerstaaten des Antarktischen Vertrages verabschiedeten im vergangenen Jahr in Neu Delhi, Indien, neue Richtlinien für den Tourismus in der Antarktis, der seit mehreren Jahren starke Zuwächse verzeichnet. Das Ergebnis der Verhandlungen war ein voller Erfolg für die Bewahrung des anfälligen Ökosystems und es wurden Quoten und Obergrenzen für Besuchergruppen vereinbart. Kritiker befürchten dennoch, dass es zu einem weiteren Anstieg der Besucherzahlen in der Antarktis kommt und dies erhöhten Stress auf die empfindlichen Ökosysteme produziert. Dabei sind es doch gerade die Touristen und Anbieter, die ein erhöhtes Interesse an ausreichenden Schutzmaßnahmen für die ursprüngliche Landschaft haben. 

Entwicklung des Tourismus

Die Tourismusbranche in der Antarktis ist noch relativ jung und besitzt einen geringen Umfang. Die Zahlen der Touristen, die jedes Jahr in die Antarktis reisen, steigen stetig. So erhöhte sich die Gesamtbesucherzahl aus der Saison 2002/2003 bis zur Saison 2004/2005 von 17.500 auf ungefähr 30.000. Hauptbesucherregionen sind die Antarktische Halbinsel und das Ross-Meer. Der Fokus auf diese beiden Regionen ist bedingt durch die Erreichbarkeit dieser, da der Großteil an Touristen mit dem Schiff anreist und Infrastrukturen für weitere Verkehrsarten fehlen. Darüber hinaus ist der Tourismus nur im Antarktischen Sommer möglich, welcher einen Zeitraum von 5 Monaten umfasst.
Die Hauptaktivitäten der Touristen sind Exkursionen, Skifahren, Bergsteigen, Tauchen und Extremsportaktivitäten, wie z.B. Marathonläufe. Nach dem Erfolg der französischen Dokumentation „Die Reise der Pinguine“ ist auch das Interesse an den Pinguinbeständen stark angestiegen und viele Anbieter organisieren Touren zu deren Brutstätten.

Regeln und Gesetzesrahmen

Die Antarktis stellt eine Besonderheit dar, weder von einer einheimischen Bevölkerung bewohnt, noch von einer souveränen Regierung verwaltet. Ein internationales Regelwerk, welches 1959 entworfen wurde, und derzeit 46 Unterschriftsstaaten umfasst, dient als Rechtsgrundlage dieser Region. Der Antarktische Vertrag garantiert die wissenschaftliche Nutzung des empfindlichen Ökosystems und verbietet jegliche militärische oder ökonomische Aktivität durch Drittstaaten.
Das Protocol on Environmental Protection of the Antarctic Treaty, welches 1992 in Madrid entworfen und 1998 ratifiziert wurde enthielt erstmals ein Regelwerk, welches sich mit den Richtlinien des Tourismus befasste. Dieses Regelwerk galt als nicht ausreichend und Kritiker forderten Nachbesserungen, die 2007 in Neu Delhi verabschiedet wurden. Aus den Reihen der Reiseveranstalter gab es Lob, für die längst überfälligen strengeren Richtlinien.
Die meisten der Veranstalter unterliegen der IAATO (International Association of Tourist Operators) Selbstregulierung, welche 1991 von sieben Veranstaltern gegründet wurde und aktuell mehr als 80 % aller Veranstalter in sich vereint, die Reisen in die Antarktis anbieten. Diese Regeln waren zu einem Großteil strikter als die Richtlinien des Madrid Protokolls von 1992 und sah Maximalgrößen von Besuchsgruppen, Mindestabstand zu Brutstätten und der Schutz der heimischen Fauna und Flora vor. Die Selbstregulierung der IAATO war in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich und führte dazu, dass der Tourismus in den Ökosystemen nur wenig Spuren hinterließ.

Einfluss des Tourismus

Die Veranstalter von Antarktisreisen befinden sich dennoch in einem Zielkonflikt, denn einerseits wächst der Wunsch die Antarktis als Urlaubsort zu nutzen und somit das ökonomische Interesse, und andererseits verlangen Touristen eine unberührte Landschaft. Je weiter Anreiseinfrastrukturen, in Form von Häfen und Flughäfen, jedoch ausgebaut werden, desto größer ist die Erreichbarkeit der Region und somit die Besucherzahlen.
Kritiker befürchten, dass größere Besucherströme besonders das Brutverhalten von Pinguinen und Zugvögeln stören, denn obwohl eine IAATO Richtlinie einen Mindestabstand von 5 Metern zu brütenden Vögeln vorsieht, werden dennoch Vögel aufgeschreckt und Jungtiere zurückgelassen. Eine Untersuchungen aus dem Jahr 2002, ob sich durch den Anstieg der Touristenzahlen der Bestand von Zugvögeln verringert hat, kam zu keinem eindeutigen Ergebnis. Weitere Untersuchungen sind nötig.
Darüber hinaus ist mit einer anhaltenden Verschmutzung des Ökosystems zu rechnen, sollten die Zahlen auf dem hohen Niveau bleiben oder weiter steigen, denn in der Vergangenheit kam es häufig zu Unfällen, da Besucherschiffe nicht ausreichend ausgerüstet waren, um in antarktischen Gewässern zu operieren. Der Austritt von Öl und Chemikalien verursachte dabei große Schäden. Wie empfindlich Elemente des antarktischen Ökosystems sind, zeigt das Beispiel von einheimischen Moosarten, die einmal niedergetreten, Jahre benötigen, um sich wieder aufzurichten.

Ein Ausblick

Ein nachhaltiger Tourismus scheint nur möglich, wenn der Erhalt der Antarktis allen Akteuren wichtig ist und es zu Regulierungen der Zahlen und der Aktivitäten kommt.
Die Richtlinien der IAATO und des Antarktischen Vertrages bieten eine gute Grundlage, damit die Antarktis weiterhin ein unberührtes Ökosystem bleibt. Touristen können beim Schutz eine wichtige Rolle einnehmen, denn gerade die einzigartige Landschaft ist die größtmöglichste Attraktion.
Massentourismus, mit Schiffskapazitäten von 1000 Besuchern, wie in der Vergangenheit, sind seit diesem Jahr nicht mehr möglich, allerdings wird sich zeigen, ob die neuen Richtlinien ausreichen, oder ob das Vertragswerk nachgebessert werden muss.

Quellen

AMELUNG und LAMERS, 2006: Scenario Development for Antarctic Tourism: Exploring the Uncertainties, in Polarforschung 75(2-3), 133 – 139, 2005
HAASE, D., 2006: Too much Pressure on Thin Ice? Antarctic Tourism and Regulatory Considerations, in Polarforschung 75 (1), 21 – 27, 2005

Internet

1.    Reuters: Tourist numbers pose green worries in Antarctica
2.    The Impact of Visitors
3.    National Geographic: Is Rise in Tourism Helping Antarctica or Hurting It?
4.    Umweltbundesamt: Schutz der Antarktis

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

www.geographieblog.de

Meine Name ist Stefan Ohm und ich bin Geograph. Vor meinem Studium habe ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker absolviert und danach bei Electronic Data Systems (EDS) als Lotus Notes Entwickler gearbeitet. Während meines Studiums in Hannover führte mich mein Weg zur Texas State University in San Marcos (USA) sowie zur University of Bristol (UK). Darüber hinaus absolvierte ich zwei Praktika bei NGO’s in Neu Delhi (Indien), mit dem Ziel Entwicklungsprozesse vor Ort genauer zu betrachten und damit ein besseres Verständnis über diese zu erhalten. Promoviert habe ich über den Strukturwandel im Perlflussdelta und Hongkong (China) an der Justus Liebig Universität in Gießen.

2 Kommentare

  1. “Massentourismus, mit Schiffskapazitäten von 1000 Besuchern, wie in der Vergangenheit, sind seit diesem Jahr nicht mehr möglich”

    Na wenigstens etwas, es wurde schon reagiert. Hoffentlich nimmt das Ganze nun einen günstigeren Verlauf. Vergnügen kann doch nicht so wichtig sein, daß man deshalb den Lebensraum anderer zerstört oder schädigt.

  2. Die Interessante Fragen

    dabei sind ja erstens, ob sich die Vertragspartner daran halten bzw. ob die Einhaltung überhaupt überwacht werden kann, und zweitens ob die getroffenen Vorschriften überhaupt ausreichen. Du erwähntest ja schon die Bedenken der Kritiker.

    Ich persönlich befürchte ja, dass hier die “Kapazität” des Ökosystems gar nicht Grundlage der Vereinbarung ist, sondern vielmehr die Bedürfnisse der Tourismusindustrie. Vergleichbares passiert ja seit Jahren in der Fischereiwirtschaft: Es gibt zwar Fangquoten, aber die orientieren sich an den Bedürfnissen der Industrie und nicht an Prinzipien der Nachhaltigkeit.

Schreibe einen Kommentar