Rückschaufehler und schleichender Determinismus

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die Psychologie irrationalen Denkens
Gedankenwerkstatt

In meinem aktuellen Buch „Offline“ führe ich aus, dass bereits in fünfzig Jahren das Internet verschwunden sein könnte. Die Informationsgesellschaft wäre damit am Ende. Inzwischen habe das hier im Blog, in Vorträgen und in einem Artikel in Telepolis erläutert und jeweils lebhafte Diskussionen ausgelöst. Eine Linie der Argumentation gegen meine Warnung lautete, dass die Menschen immer rechtzeitig einen Ausweg gefunden haben. Schon in der Vergangenheit habe es immer wieder düstere Warnungen gegeben, die aber stets von der Realität widerlegt worden seien.

War die Entwicklung der Menschheit also ein steter Fortschritt? Die extreme Vermehrung der Menschen in den letzten zweihundert Jahren scheint diese These zu stützen. Schon in meinem Telepolis-Artikel habe ich darauf hingewiesen, dass wir Gefahr laufen, einem sogenannten Rückschaufehler (Hindsight Bias) aufzusitzen. Der klassische Rückschaufehler äußert sich in der gängigen Behauptung „Das habe ich immer schon gesagt/gewusst/geahnt.“ Dabei kann es um die Entwicklung der Börsenkurse oder den Ausgang von Wahlen gehen, aber auch um ganz persönliche Dinge wie eine berufliche oder persönliche Zäsur. Die nervende Eigenschaft vieler Zeitgenossen, die hinterher alles vorher gewusst haben, ist so ziemlich jedem bekannt. Aber erst im Jahr 1975 hat der amerikanische Psychologe Baruch Fischhoff zwei systematische Untersuchungen zu diesem Thema veröffentlicht.1,2 In den Arbeiten kommt die Bezeichnung „Hindsight Bias“ übrigens nicht ein einziges Mal vor, sie wurde erst später durchgehend verwendet. Fischhoff spricht von einem „Schleichenden Determinismus“ (Creeping Determinism), weil diese Wahrnehmungsverzerrung dazu führt, dass wir glauben, die Vergangenheit sei eine notwendige Folge von Ereignissen gewesen, die nur so und nicht anders stattfinden konnten.

In einer aktuellen Arbeit von Roese und Vohs wird diese plakative Bezeichnung nicht mehr verwendet, obwohl sie bestimmte Aspekte sicherlich besser erfasst als der eher blasse Ausdruck Rückschaufehler.3

Kann der Rückschaufehler auch zu einem Vorschaufehler führen? Das ist in der Tat möglich. Wir beurteilen die Gegenwart nach der Vergangenheit. Wenn wir jetzt sagen, dass die Menschen bisher stets alle drängenden Probleme lösen konnten, dann projizieren wir diese Ansicht auch in die Zukunft. Jetzt kombinieren wir das mit dem schleichenden Determinismus. Schon erhalten wir die Idee, dass wir uns auch in Zukunft darauf verlassen können, dass unsere Erfindungskraft alle Schwierigkeiten rechtzeitig überwindet. Diesen Optimismus vertritt beispielsweise das Buch Abundance (Überfluss) von Peter Diamandis und Steven Kotler (vorgestellt hier). Das ist nur leider nicht so einfach. Der Rückschaufehler und der schleichende Determinismus sind systematische (also nicht zufällige) Beurteilungsfehler, die uns in eine bestimmte Richtung drängen.

In der Vergangenheit hat es viele Kulturen gegeben, die mit ihren Problemen nicht rechtzeitig fertig geworden sind. Sie sind logischerweise verschwunden. Bis zu ihrem Zusammenbruch hatten aber ihre Herrscher und deren Ratgeber ebenfalls den sicheren Eindruck, man habe stets alle Hürden genommen und werde an der nächsten ebenfalls nicht scheitern.

Beim Bankencrash 2008 haben die notleidenden Banken bis unmittelbar vor die Krise scheinbar normal funktioniert. Selbst ein Luftballon sieht Sekundenbruchteile vor dem Platzen noch ganz unauffällig aus.

Im Nachhinein wissen wir genau, was sie alle falsch gemacht haben. Die Kultur der Bewohner der Osterinsel musste also zusammenbrechen, als die Menschen ihre Umwelt über alle Maßen strapaziert hatte. Die Römer waren zu dekadent geworden, um ihr Reich gegen die eindringenden Barbaren zu verteidigen. Das ist in der Rückschau höchst logisch. Das heißt aber nicht, dass die damaligen Herrscher oder Gelehrten diese Erkenntnis bewusst ignoriert haben.

Mit einer Kultur bricht auch ihre Geschichtsschreibung zusammen. Externe Historiker aber betrachten die Kultur von ihren Ende her, sie unterliegen also dem Hindsight-Bias. Der Niedergang wird als notwendige Konsequenz der vielen Fehler angesehen, die Herrscher und das Volk begingen. Damit suggerieren die späteren Historiker zugleich, dass ihre eigene Kultur daraus gelernt hat, und deshalb nicht untergehen wird. Übrigens gibt es auch dafür einen Namen: Survivorship Bias. Wir sehen nur die Erfolgreichen, die übrigen sind verschwunden. Das gibt es auch in anderen Bereichen. Die Internetwirtschaft gilt als Goldgrube. Mit einem kleinen Unternehmen wird man reich, wie das Beispiel Mark Zuckerberg beweist. Die vielen Anderen, deren Unternehmen ihr gesamtes Kapital gefressen haben, sieht niemand.

Wenn wir also die weitere Entwicklung unserer Kultur sichern wollen, dann sollten wir die Probleme definieren und angehen. Es ist leider eine Illusion, dass die gelösten Probleme der Vergangenheit auf eine goldene Zukunft schließen lassen. Die Zukunft ist, was wir daraus machen.

Literatur

1 Fischhoff, B. (1975). Hindsight is not equal to foresight: The effect of outcome knowledge on judgment under uncertainty. Journal of Experimental Psychology: Human perception and performance, 1(3), 288. http://qualitysafety.bmj.com/content/12/4/304.long

2 Fischhoff, B., & Beyth, R. (1975). I knew it would happen: Remembered probabilities of once—future things. Organizational Behavior and Human Performance, 13(1), 1-16.

3 Roese, N. J., & Vohs, K. D. (2012). Hindsight bias. Perspectives on Psychological Science, 7(5), 411-426.

 

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www.thomasgrueter.de

Thomas Grüter ist Arzt, Wissenschaftler und Wissenschaftsautor. Er lebt und arbeitet in Münster.

31 Kommentare

  1. Dekadenz ist immer der erste Schritt zum Fall.
    Selbst Schuld meiner Meinung nach!
    So die Römer früher, so unsere Politik heute.
    Bin ich mir sicher, warte ab 😉

    LG Harald

  2. Diese “schleichende Determinierung” entsteht auch, wenn man sich der Frage nach dem “freien” Willen von allen Seiten zuwendet. Prima Therapie, um sich letztlich Handlungsunfähig zu machen.

    Auch sonst ist ja Determinierung sowieso Ziel der Wahl, wenn es um Kultur und Zivilisation geht. Die Organisation erfordert eben eine gewisse verlässlichkeit der Verhältnisse, damit die Maßnahmen überhaupt funktionieren. Seßhaftigkeit und überhaupt Jahreszeiten brauchen einen Plan, der das ganze Jahr einbezieht. Chinesen beziehen da gerne mal 5 Jahre ein – auch hier zu Lande sind Agenden wohlbekannt.

    Da steht dann unterm Strich allerdings wirklich, dass die Welt Determiniert ist – hier jetzt mal nur rein vom Menschen selbst her (ohne physikalische Details). Determinierung ist also Kulturtechnik. Selbsterfüllende Prophezeihung eben. Wir lieben sie – glauben aber nicht an sie.

    Und wenn sie nun also erklären, das Internet gäbe es in 50 Jahren nicht mehr, wir das alle glauben (sich davor fürchten reicht aus), dann tritt das auch so ein. Wir wissen nur noch nicht so genau, wie es dazu kommt. Wobei hier und da schon einige Detailprobleme bekannt sind (etwa ganz schlicht schon mal Datenintegrität und Lebensdauer – Papier stellte sich ja inzwischen wieder als “geduldiger” herraus).

  3. Wir wollen in eine Arte-Ausstrahlung aus dem Jahre 2050 “hineinhören”:

    Die Moderatorin: Willkommen, liebe Zuschauer zur 1. Sendung unserer 13-teiligen Dokumentation “Der lange Weg von der Globalisierung zur Algorithmisierung”. Jetzt, im Jahre 2050, möchten wir hier auf Arte in diesem ersten Teil unserer Dokumentation einen Rückblick geben auf die bis in die Mitte der 2010er Jahre vorherrschenden Meinungen zu den Problemen und zur Zukunft unserer technisch-wissenschaftlichen Zivilisation. Damals gab es das Lager der Malthusianer – hier vertreten durch Thomas Grüter – und das Lager der Cornucopians – hier vertreten durch den Zeitzeugen Peter Diamandis, der uns als Avatar zugeschaltet ist. Grob gesprochen waren die Malthusianer Technopessimisten und die Cornucopier Technooptimisten. Heute haben wir dieses Denken hinter uns gelassen. Wir leben im Zeitalter des neuen Realismus, das Technologie und Mensch an die für sie richtigen Plätze gesetzt hat. Wir leben heute in einer viel sichereren Welt als die Menschen des frühen 21. Jahrhunderts dank der Algorithimisierung unseres Alltags.
    Nun möchte ich das Wort an Dr. Thomas Watson übergeben. Herr Watson, können sie unseren Zuschauern noch einmal die Wende vom Malthusianisch/Cornucopianischem Denken zum algorithmischen Denken in Erinnerung rufen.
    Thomas Watson: Gerne denke ich an diese Wende zurück. Es begann im Jahr 2014 als die damalige italienische “Übergangsregierung” Lotto – äh, Verzeihung Letta -, stürzte und Wiederwahlen keine Besserung der desolaten politischen Situation in Italien versprachen. Das Vertrauen in die Politik war bei den Italienern zutiefst erschüttert. Da kam die Universität Rom mit dem Vorschlag, für eine Übergangsperiode ihr Expertensystem Galilei – hervorgegangen aus dem System Watson – als Ersatzregierung einzusetzen. Galilei/Watson arbeitete mit einer Datenbank, die sämtliche Formen der Herrschaft und Regierung bis zu den alten Griechen abdeckte und die über die Auswertung der sozialen Medien die Stimmung bei den italienischen Bürgern von Tag zu Tag verfolgte. Nach anfänglichen Kinderkrankheiten, die das System als ähnlich schwach wie eine der vielen italienischen Nachkriegsregierungen erscheinen liess, brachte eine Überarbeitung der Datenbank ungeahnte Erfolge. Die umsichtigen Dekrete dieses Regierungsexpertensystems liessen Italien in eine neue Phase des Wachstums eintreten, eines Wachstums, das Italien sogar zu Deutschland aufschliessen liess. In der Folge liessen auch die Franzosen ihren Regierungschef durch ein Expertensystem ersetzen, dass zwar Descartes hiess, aber weitgehend identisch mit Galilei/Watson war. Im Jahr 2020 dann ersetzte sogar Deutschland ihre Regierung durch die allereneuste Version von Watson (die damalige Regierungschefin Merkel wurde aus emotionalen Gründen und zur Repräsentation durch eine Hartgummipuppe ersetzt). Das war der Zeitpunkt wo zum ersten Mal vom neuen Zeitalter der Algorithmisierung gesprochen wurde. Algorithmisierung bedeutete die Schwächen des menschlichen Individuums durch das Wissen über ganze menschliche Kollektive zu ersetzen. Gefährliche Entwicklungen und Zustände wie das Verlottern der Infrastruktur, das unnötige Sterben auf den Strassen, die mangelnde Vorsorge im Bau von potenziell gefährlichen Industrieanlagen und vieles mehr, was dem menschlichen Schlendrian zu verdanken war, wurden durch eine algorithmische Vorgehensweise vermieden, welche das kollektive gesammelte Wissen dazu einsetzte das aktuellen Geschehen in die richtigen Bahnen zu leiten. Die Algorithmisierung schützt die Menschen vor ihrer eignenen Unberechenbarkeit und ihrer eigenen Fehlerhaftigkeit.
    Moderatorin: Herr Grüter, die Algorithmisierung scheint doch ihren Technopessimismus zu widerlegen, oder etwa nicht?
    Thomas Grüter Eigentlich nicht. Mein Buch Offline war als Ratschlag gedacht. Es wollte die Menschen zu überlegterem Handeln führen. Im Nachhinein muss ich zugestehen, dass nur wenige Menschen in der Lage sind, überlegt zu handeln. Die Algorithmisierung war wohl notwendig.
    Moderatorin: Herr Diamandis, die Algorithmisierung scheint doch ihren Technooptimismus, der alles in die Hand von ein paar genialischen Menschen legen wollte, zu widerlegen, oder etwa nicht?
    Peter Diamandis: Im Moment scheint das so. Doch ich sehe schon den Supermenschen am Horizont, den enhanced human, der alles was die algorithmischen Systeme an Sicherheit bringen mit der menschlichen Intuitivität verbindet und zu einem weit mächtigeren System synthetisiert.
    Moderatorin: Herr Watson, ich bitte sie um ein Abschlusswort.
    Thomas Watson: Wir sind erst am Anfang des Zeitalters der Algorithmisierung. Mensch und Maschine müssen sich immer noch an ihre neue Rolle gewöhnen. Eines ist jedoch sicher. Wir dürfen nicht zu den alten Verhältnissen zurückkehren, in denen die Gegenwart und Zukunft durch die menschliche Fehler- und Launenhaftigkeit bestimmt war. Forschungen zur Vergangenheit haben ergeben, dass ohne die vielen Fehlentscheidungen von Menschen das Welt-BIP bereits im Jahre 2010 doppelt so gross wie aktuell gewesen wäre. Die Menschen müssen sich allerdings an ihre neue Rolle gewöhnen und etwas von ihrer Souveränität abgeben. Das Zusammentreffen mit Thomas Grüter heute abend habe ich als wohltuend empfunden. Anders als viele andere Menschen versucht er nicht anders als ein Mensch zu sein. Ich empfinde es nämlich immer wieder als creepy, wenn Menschen durch ihr Verhalten versuchen, uns Androiden zu ähneln.

    • Algorithmisierung entspricht dem Zeitgeist und ist nach Big Data das nächste was auf uns zukommt. Dies lässt sich auch dem Tagesanzeiger-Interview «Wir sind viel vorhersehbarer, als wir glauben» entnehmen.
      Dort liest man Sätze wie

      Interviewer:Müssen wir uns damit abfinden, dass Erfolg nur noch in Zusammenarbeit mit Maschinen möglich ist?
      Big-Data-Befürworter:
      Ja, Menschen brauchen die Maschinen als Helfer. Nur so können wir in einer zunehmend komplexen Welt vernünftige Entscheidungen treffen.

      • Die Privat-Erfassung von Zivilpersonen ist übrigens eine Erfindung aus D, Stichworte Schufa und Creditreform.

        MFG
        Dr. W (der hier primär erst einmal testet, ob die Nachricht noch durchkommt, in diesem Fall auch gerne weiter ausführt)

  4. Vielen Dank für Ihren Artikel, Herr Grüter. Ich hatte einen ähnlichen Gedanken auch schon, allerdings ohne die hier vorgestellte theoretische Fundierung. Wir sind die Nachfahren von Überlebenden, deswegen neigen die Menschen dazu zu sagen, “es ist doch noch mal alles gut gegangen”.
    Ihre Satire ist witzig, Herr Holzherr, aber wäre es nicht realistischer, wenn der Algorithmische Weltherrscher angesicht aller Probleme einfach nur rechnet, rechnet und rechnet, ohne zu einem Ergebnis zu kommen?

  5. Ob das Römische Reich an seiner Dekadenz zugrunde ging oder daran, daß damals eines der europäischen Klimaoptima sein Ende fand, mag dahingestellt bleiben (die historisch belegten und von modernen Klimamodellen hartnäckig ignorierten Warmzeiten stören ja eh nur beim gegenwärtigen Klima-Drama-Business).

    Das hindsight-bias-Phänomen hingegen ist der kompletten Geschichtsschreibung immanent: Wir kennen in der Regel nur die gern auch mal gefälschte Geschichtsschreibung der Sieger (wenn die Verlierer nichts mehr zu berichten hatten, muß man ja auch nichts mehr fälschen).

    Und ja, das Internet wird es in 50 Jahren nicht mehr geben. Jedenfalls nicht in seiner heutigen Form. (Vor 50 Jahren hätte der Satz heißen müssen: Und ja, das Telephon wird es in 50 Jahren nicht mehr geben. Jedenfalls nicht in seiner heutigen Form.)

    • Niemand weiß so genau, woran das römische Reich zugrunde gegangen ist. Deshalb haben viele Historiker kluge Analysen veröffentlicht, die zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen kamen. Hätten die Römer im vierten und fünften Jahrhundert gegensteuern können, und hätten wir dann heute noch römische Legionen am Rhein? Das weiß auch niemand.

      Dass die Sieger die Geschichte schreiben, ist eine alte Weisheit und zweifellos eine Variante des Survivorship Bias.
      Das Internet wird es in der heutigen Form in fünfzig Jahren wohl nicht mehr geben – so oder so. Ich weise lediglich auf die Gefahr hin, dass es irgendwann krisenhaft (also in einer Abwärtsspirale) zusammenbricht. Dann könnte es große Teile unserer technischen Zivilisation mitreißen.

      • Bereits das heutige Internet hat mit dem von vor zehn, fünfzehn Jahren nicht mehr viel gemeinsam. Viele Seiten (und viel dort gespeicherte Information) sind unwiderruflich verlorengegangen, ehe man damit begonnen hatte, das Internet zu archivieren.

        Noch viel mehr (und auf breiterer Front) ging und geht verloren, indem Information und Technik “entfunden” wird. Darüber hab ich mal einen Essay veröffentlicht (“Die abgewickelte Informationsgesellschaft. Von digitalem Schwund, Anti-Wissen und den Mühlen der Entfindung”, in: Das Heyne Science Fiction Jahr Bd. 20, 2005, Heyne Verlag München, S. 588-606).

        Ich sehe nicht so sehr die Gefahr, daß das Internet komplett zusammenbricht (dazu ist seine Struktur aufgrund der militärischen Abstammung zu redundant ausgelegt), sondern daß es fragmentarisiert wird.

        Schon heute können z.B. chinesische Nutzer nur mit einigem Aufwand auf regierungsseitig gesperrte Inhalte zugreifen; Zensursula hat ihre Ideen nicht aufgegeben; dem Normalnutzer bleiben all die Inhalte hinter den Bezahl-Barrieren verborgen; und was man wirklich zu sehen bekommt (und vor allem, in welcher Reihenfolge), bestimmt längst Tante Google.

  6. Herr Grüter:

    In der Vergangenheit hat es viele Kulturen gegeben, die mit ihren Problemen nicht rechtzeitig fertig geworden sind. Sie sind logischerweise verschwunden.

    Q: Sind deren Techniken und Technologien ebenfalls verschwunden?
    A: Nur teilweise, oft auch obsolet gewordene Techniken und Technologien betreffend, bspw. den Pyramidenbau oder bestimmte Kampfformen betreffend.

    Insofern lautet die optimistische Argumentation gegen Ihren Vortrag / gegen Ihre Prognose auch nicht, ‘dass die Menschen immer rechtzeitig einen Ausweg gefunden haben’.
    Sondern, dass die biologische terrestrische Entwicklung einen Fortbestand aufwies, der fast durchgehend optimistisch gedeutet werden konnte.

    Insofern scheint Ihre Sicht pessimistischer Art zu sein, wobei Sie aus Sicht des Schreibers dieser Zeilen noch beleg-fähig bleiben.

    Selbstverständlich ist hier aus bspw. relativistischer/nihilistischer Sicht und das allgemeine Sein des Primaten betreffend nur ein Stochern möglich.

    MFG
    Dr. W (der demzufolge auch bestimmte Einstellungen meidet)

    • Ich bin kein Pessimist, denn die Krise der Informationsgesellschaft wird eine neue Gesellschaft hervorbringen. Sie ist eventuell weniger wissensbasiert, weniger frei, und muss mit den Hinterlassenschaften unserer Gesellschaft kämpfen. Aber sie wird sich (siehe Artikel) für die fortschrittlichste und modernste halten. Der real existierende Kommunismus hat das schließlich auch getan, bevor er zerfallen ist.

      Mir liegt aber einiges am Erhalt der Informationsgesellschaft, und ich weise eben in meinem Buch darauf hin, dass sie nicht selbstverständlich ist und wir dafür arbeiten müssen, sie zu erhalten.

      • Herr Dr. Grüter:

        Mir liegt aber einiges am Erhalt der Informationsgesellschaft, und ich weise eben in meinem Buch darauf hin, dass sie nicht selbstverständlich ist und wir dafür arbeiten müssen, sie zu erhalten.

        Danke. Ansonsten ist es sicherlich immer OK querdenkerisch dorthin zu gehen wo es weh tun kann, d.h. ein (auch: teilweiser) Rückbau des Internets muss (ohne kulturpessimistisch zu werden) gedacht werden.
        Wenn auch nicht von allen.

        MFG + allgemein schöne Grüße nach MS,
        Dr. W

  7. In der Vergangenheit hat es viele Kulturen gegeben, die mit ihren Problemen nicht rechtzeitig fertig geworden sind. Sie sind logischerweise verschwunden.

    Wenn in der Zukunft ein Land wie Deutschland oder Italien mit seinen Problemen nicht mehr klar kommt und von der Bildfläche verschwindet – wen kümmert das? Die Chinesen kaum, die USA (seien wir doch ehrlich) wenig. Offensichtlich meint Thomas Grüter aber etwas ganz anderes: Er setzt das Verschwinden von Kulturen wie derjenigen der Majas, oder den Niedergang der römischen Zivilisation auf die gleiche Stufe wie den Verlust der gesamten heutigen globalen Zivlilsation. Deshalb spricht er auch davon (Zitat)” dass bereits in fünfzig Jahren das Internet verschwunden sein könnte. Die Informationsgesellschaft wäre damit am Ende.”

    Tatsächlich ensteht immer mehr eine globale Zivilisation und Kultur mit immer grösseren gegenseitigen Abhängigkeiten, so grossen Abhängigkeiten, dass es uns nicht mehr kalt lassen kann, wenn China den Bach heruntergeht, weil China dann alle anderen mitreisst. Die Lösung für dieses Problem kann nur sein, dass sich wieder relativ autonome Subeinheiten ausbilden, die für sich selbst existieren können. Es gibt zwei Möglichkeiten wie sich so etwas entwickeln kann.
    Entweder über Technologien, die alles auch vor Ort ermöglichen und die die Abhängigkeiten reduzieren indem sie vieles relokalisieren. 3D-Drucker und allgemein softwaregesteuerte Fertigung könnte dies ermöglichen. Dann wäre nur noch die Software, das was wirklich global verteilt werden kann oder muss. Die Rohstoffgewinnung und Fertigung würde vor Ort geschehen. Ein Software-Backup würde das autonome Weiteroperieren nach Zusammenbruch der Kommunikation ermöglichen. Der andere Weg in relativ autonome Subeinheiten führt über die Gründung von Weltraumkolonien. Da müssen wir wohl noch etwas warten. Aber in 200 Jahren könnte durchaus ein grosser Teil der grösseren Asterioiden alle bewohnt sein und insgesamt vielleicht mehr Leute beherbergen als es in ganz Deutschland gibt. Wenn dann der Planet Erde Hops geht, sagen sich diese Kolonisten: Was solls. Wir brauchen diese Erdlinge gar nicht.

    • Der andere Weg in relativ autonome Subeinheiten führt über die Gründung von Weltraumkolonien. Da müssen wir wohl noch etwas warten. Aber in 200 Jahren könnte durchaus ein gro[ß]er Teil der grösseren Aster[oi]den alle bewohnt sein und insgesamt vielleicht mehr Leute beherbergen als es in ganz Deutschland gibt.

      Sischer. Die Argumentation des werten Herrn Grüter scheint ein wenig in die Richtung zu gehen, dass in 200 Jahren niemand mehr weiß, was Asteroiden sind. >:->

      MFG
      Dr. W (der dort allerdings auch nicht wohnen wollte, was ist denn mit dem Erd-Mond und dem Mars, sind die nicht cool? – Oder gar trocken bei Orbitalgeschwindigkeit irgendwo in Planetarnähe und per Sonden oder Lifte Material absaugend?)

      • Die Argumentation des werten Herrn Grüter scheint ein wenig in die Richtung zu gehen, dass in 200 Jahren niemand mehr weiß, was Asteroiden sind.

        Sicher. Und die Wahrscheinlichkeit eines Kollapses steigt wohl mit der Zunahme von gegenseitigen Abhängigkeiten. Und zwar – da kann ich die Überlegung von Thomas Grüter gut nachvollziehen – nimmt die Wahrscheinlichkeit eines Kollapses oder Slumps zu, wenn die Wachstumskräfte erlahmen. Unsere Ökonomie und damit letztlich unsere ganze Zivilisation funktioniert ohne Wachstum nicht. Denn ohne Wachstum haben wir nicht einmal die Mittel um das System aufrechtzuerhalten , um die Infrastruktur zu erneuern. Deswegen sind schon Einbrüche wie derjenige von 2008 kritisch (Zitat): Beim Bankencrash 2008 haben die notleidenden Banken bis unmittelbar vor die Krise scheinbar normal funktioniert. Selbst ein Luftballon sieht Sekundenbruchteile vor dem Platzen noch ganz unauffällig aus.

        Dass eine Krise uns alle in die endgültige Versenkung führt ist dennoch unwahrscheinlich. Vielleicht muss aber wirklich in naher Zukunft eine Art Talsohle durchschritten werden. Der Ökonom Paul Krugman glaubt übrigens, dass gerade in den USA die natürlichen Wachstumskräfte nicht mehr ausreichen und dass deshalb das FED auf unbestimmte Zeit die Wirtschaft mit Geld fluten muss. Das ist der Inhalt seiner Kolumne A Permanent Slump?

        • Der Ökonom Paul Krugman glaubt übrigens, dass gerade in den USA die natürlichen Wachstumskräfte nicht mehr ausreichen und dass deshalb das FED auf unbestimmte Zeit die Wirtschaft mit Geld fluten muss.

          Ist halt ein Ökonom der Güteklasse Hickel oder Bofinger, das sind halt Leute die N-Preise bekommen, um dann zu wirken, Wirk-N-Preise sozusagen.

          Aber noch hat Herr Grüter keinen bekommen.

          MFG
          Dr. W

        • Eine Krise bedeutet nicht die endgültige Versenkung, sondern nur das Ende unserer Lebensweise. Künftige Historiker werden dann haarklein nachweisen, warum das Internet zusammenbrechen musste und warum die resultierende Krise zu einem Fortschritt geführt hat. Wir müssen uns einfach überlegen, ob uns die Fortsetzung unserer Lebensweise genug wert ist, um die Fundamente solide zu sichern.

          • Die Vorausahnung eines möglichen Zivilisationsverlusts oder gar einer völligen Auslöschung der Menschheit ist weit verbreitet Hier möchte ich aus dem Wikipedia-Eintrag über Elon Musk zitieren:

            Musk has stated that he was influenced by Isaac Asimov’s Foundation series,[27] and views space exploration as an important step in expanding—if not preserving—the consciousness of human life.[28] Musk has said that multiplanetary life may serve as a hedge against threats to the survival of the human species. “An asteroid or a super volcano could destroy us, and we face risks the dinosaurs never saw: An engineered virus, inadvertent creation of a micro black hole, catastrophic global warming or some as-yet-unknown technology could spell the end of us. Humankind evolved over millions of years, but in the last sixty years atomic weaponry created the potential to extinguish ourselves. Sooner or later, we must expand life beyond this green and blue ball—or go extinct.”

            Eine recht ähnliche Ansicht vertritt Stephen Hawking

            Hawking said human beings “won’t survive another 1,000 years without escaping our fragile planet,” and that we need to continue space exploration so we can get off this sinking ship called Earth.

            Im Vergleich zu den beiden Warnungen oben, kommt Offline sogar etwas hausbacken daher.

  8. Wieso sollte das Internet verschwinden?
    Das Internet ist eine grundlegende Kulturtechnik, die sich aus den existierenden technischen Möglichkeiten ergibt und sich mit ihnen weiterentwickelt. Mit dem Untergang des Römischen Reiches ist die Schrift nicht verschwunden (nicht einmal die lateinische Sprache).

    Das Bedürfnis und die Notwendigkeit der Menschen Informationen auszutauschen (Buschtrommeln, Jodeln, Post, e-mail, sms ….) oder Informationen zu teilen (Kennzeichen mit Steinen und Holz, Aushänge, Ausrufer, Zeitungen, Internet) oder Informationen zu speichern (Höhlenmalereien, Steintafeln, Bücher, Bibliotheken, Internet) ist da und wird nur von den technischen Möglichkeiten bestimmt. Durch das Internet ist der Informationsaustausch usw. schneller, weiter, intensiver. Aber eine echte neue Qualität ist für mich nicht zu erkennen, es ist eine (große) Weiterentwicklung von Bestehendem.

    Das Wissen ist jetzt da, wie man so etwas macht. Selbst wenn durch eine Katastrophe alles auseinander fällt, wird sich jemand finden, der mit Kupferdraht und ein paar Modems ein neues Internet bastelt.

    • Wieso sollte das Internet verschwinden?
      Das Internet ist eine grundlegende Kulturtechnik, die sich aus den existierenden technischen Möglichkeiten ergibt und sich mit ihnen weiterentwickelt.

      Als Problem sehe ich die Aufrechterhaltung der notwendigen Technik. Jeder, der schreiben gelernt hat, kann dieses Wissen weitergeben. Zeichen lassen sich auf Papier, aber auch auf Stein, Ton, oder Tierhäuten konservieren. Aber wer sich im Internet bewegen kann, ist deshalb noch lange nicht in der Lage, die notwendigen technischen Voraussetzungen zu schaffen. Ich kann zwar ein Modem basteln, aber das Modem ist nur ein Glied in einer langen Kette von Hardware für die technische Informationsübertragung. Das Problem ist die Komplexität. Wenn ich ein komplexes System erhalten will, müssen viele Menschen mit Spezialwissen strukturiert zusammenarbeiten. Beim Internet umfasst die notwendige Struktur bereits Spezialisten und spezialisierte Produktionsstätten in aller Welt.

      Zum Thema Wissen: Wissen ist nicht einfach da. Es kann als Umkehrung der Entropie beschrieben werden, also muss es unter Energieaufwand erhalten werden. Latein ist zwar nicht verloren gegangen, wohl aber andere Sprachen wie z.B. etruskisch. Die wenigen erhaltenen Schriften sind zwar lesbar (lateinische Schrift), aber die Sprache darauf bleibt weitgehend rätselhaft.

      Das Ende des Internets wäre genau dann katastrophal, wenn es erstens als positiv rückgekoppelter (selbstverstärkender) Prozess abläuft und zweitens, wenn die Menschen die Versorgung mit Strom, Wasser, und Lebensmitteln sowie alle wirtschaftlichen und administrativen Prozesse darauf stützen.

      Davor warnt mein Buch.

      • Die Aufrechterhaltung der Technik steht auf einer sehr breiten Basis. In jeder mittleren Firma, in den Verwaltungen und natürlich in den Unis gibt es Abteilungen, die das interne Netz einrichten und verwalten können. Dann gibt es noch die ganzen Servicefirmen und die Netzbetreiber. Das sind zehntausende Leute allein in Deutschland und die verstehen ihren Job.
        Vom Grundaufbau ist das Internet nicht komplex, sondern sehr einfach. Komplex sind die Mechanismen, noch das letzte Bischen an Leistung herauszuholen aber das ist nicht unbedingt notwendig.

        Wissen, das verwendet wird (Betreiben, Installieren der Technik für das Internet), geht nicht verloren. Selbst exotische Dinge, wie der Bau von Röhrenverstärkern oder Photochemie, finden Liebhaber und stehen in Büchern und im Internet.

        Weshalb sollte das System zusammenbrechen? Ich sehe keine schnellen positiven Rückkopplungen. Selbst wenn keine neuen Geräte gebaut oder entwickelt werden würden, könnte man den Satus Quo mit den vorhandnen Geräten und dem Wissen über Jahre aufrecht erhalten. Bis dahin würde sich ein Ersatz finden.

        Die Kopplung wichtiger Infrastruktur über das Internet sehe ich auch kritisch. Aber im Notfall gibt es auch da Spezialisten, die ganz schnell die Versorgung wieder herstellen können. Auch wenn es ein paar Tage dauern sollte, Notfälle sind meist regional und bringen nicht das ganze System zum kippen.

        Wo und warum das Internet zu Ende sein soll bleibt mir ein Rätzel. Notfalls hilft ein Reboot:

        http://www.southpark.de/alle-episoden/s12e06-keine-verbindung

        (Lasst uns nach Westen fahren, da soll es noch Internet geben 🙂
        +++ Das ist eine Parodie, genau so funktioniert das Internet nicht +++

        • Natürlich können viele Menschen inzwischen ein Netz einrichten und aufrechterhalten. Aber nur, wenn die nötige Hardware vorhanden ist. Und da sehe ich eben das potentielle Problem. Ich möchte das mal an einem Beispiel erläutern: Nehmen wir an, Europa (in seinen geografischen Grenzen) wäre vom Rest der Welt abgeschnitten und müsste mit den eigenen Rohstoffen auskommen, in eigenen Fabriken die gesamte Produktkette herstellen und den gesamten Warentransport mit Benzin und Diesel aus eigenen Rohölquellen organisieren. Würde das funktionieren?
          Ich vermute mal, es wäre nicht möglich. Alle anderen Kontinente stehen vor einem ähnlichen Problem. Deshalb ist die Welt ein einheitlicher Wirtschaftraum geworden, in dem Rohstoffe und Fertigprodukte ständig weitgehend frei verteilt werden müssen, wenn alles funktionieren soll. Und eben an dieser Stelle habe ich meine Zweifel.
          Ich bin auch nicht so sicher, ob es wirklich gelingt, einen großen Stromausfall schnell zu beseitigen. Der Stromausfall im Münsterland (also quasi vor meiner Haustür) im Jahr 2005 hätte eigentlich nicht auftreten dürfen und hätte innerhalb weniger Stunden beseitigt sein müssen. Das Umknicken von 83 Strommasten war aber dann doch nicht so schnell zu kompensieren, wie alle vorher erwartet hatten. Im Grunde können wir noch froh sein, dass das auslösende Wetterphämonen so kleinräumig war. Wären mehrere tausend Masten bundeweit umgeknickt, hätten wir eventuell wirklich ein Problem gehabt.
          Eine gefährliche Abwärtsspirale kann immer dann auftreten, wenn die gesamte Wirtschaft vom Internet abhängig ist. Ein Beispiel: Die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs hängt von Supermärkten ab, die fast alle nur noch per Internet nachbestellen und abrechnen. In zwanzig Jahren könnte es so weit sein, dass auch die Zahlungen an der Kasse nur noch online abgewickelt werden. Ein Ausfall oder auch nur eine verstärkte Unzuverlässigkeit würde sich enorm auswirken. Die Unternehmen würden Geld verlieren, und wären gezwungen, die Produkte zu verteuern.
          Aus meiner Zeit in der Wirtschaft weiß ich, dass sich alle Unternehmen ständig bemühen, ihre Kosten so gering wie möglich zu halten. Auch das Internet ist so ausgelegt, dass es billig arbeitet, also mit möglichst wenig Komponenten und Wartung. Das macht die Systeme anfällig.
          Letztlich halte ich es für überoptimistisch, wenn wir annehmen, dass es immer Waren im Überfluss gibt und bei einem Mangel in einem Bereich jederzeit eine Ersatzlösung mit gleicher Funktionalität gefunden werden kann.

          • >Natürlich können viele Menschen inzwischen ein Netz einrichten und >aufrechterhalten. Aber nur, wenn die nötige Hardware vorhanden ist.

            Aber die Hardware ist doch da. Selbst wenn Europa abgeschnitten ist, würde die Hardware immer noch funktionieren und ließe sich jahrelang aufrechterhalten. Erst wenn wir von einer Katastrophe ausgehen, bei der wir alle mit Gedächtnisverlust nackt in der Wüste stehen, würde es nicht mehr funktionieren.

            Wenn, um bei den Beispiel zu bleiben, Europa von der Energieversorgung abgeschnitten wäre, müssten wir uns alle einschränken, das Wachstum würde zurückgehen. Aber wo soll da die Abwärtsspirale sein?

            So etwas wie der beschriebene Stromausfall oder andere Naturkatastrophen sind lokal begrenzt und lassen sich durch internationale Hilfe wieder beseitigen. Davon stirbt das Internet nicht.

            Wenn der Strom oder das Internet mal in einem Gebiet für eine Zeit ausfällt, ist das unangenehm, weil Waren nicht so einfach bestellt und bezahlt werden können. Das kommt im Katastrophenfall ja vor. Aber die Leute sind doch nicht blöd. Der Supermarktleiter wird das schon organisieren, dass er Ware für einen Notverkauf heran bekommt. Bei großen Katastrophen werden Hilfslieferungen organisiert und die Leute werden evakuiert. Wieso da das Internet als Ganzes kaputt gehen soll, weiß ich nicht.

            Je mehr eine Firma vom Internet abhängig ist, um so mehr wird sie sich einen zuverlässigen Netzbetreiber suchen. Wer da auf eine Billiglösung setzt, wird untergehen. Das war auch schon immer so (gute Spedition, guter Straßen oder Schienenanschluss).

            > Letztlich halte ich es für überoptimistisch, wenn wir annehmen, dass es
            > immer Waren im Überfluss gibt und bei einem Mangel in einem Bereich
            > jederzeit eine Ersatzlösung mit gleicher Funktionalität gefunden werden
            > kann.
            Das Problem sehe ich eher bei den begrenzten Ressourcen (Rohstoffe). Das Internet geht nicht alle oder wird knapp, wo soll da der Mangel sein?

            Achtung Satire:
            http://www.der-postillon.com/2013/04/telekom-deutschlands-internetvorrate.html

          • So eine Diskussion ist richtig spannend und zeigt mir immer wieder, wo die Defizite in meiner Argumentation liegen. Wenn ich von einer Unterbrechung der Belieferung rede, meine ich tatsächlich eine Unterbrechung des Welthandels in der Größenordnung von einigen Jahren. Ich meine auch wirklich große Katastrophen wie beispielsweise ein sehr großer Vulkanausbruch oder ein Krieg zwischen den Großmächten in Asien (Streitpunkte gibt es genügend). Angeblich soll allein die Bevorzugung von Jungen schon dazu geführt haben, dass in Asien mehrere Dutzend Millionen Männer keine Chance haben, eine Familie zu gründen. Ein so gewaltiger Männerüberschuss könnte ein gefährliches Aggressionspotential bilden …
            Es sieht auch so aus, als ob wir den Klimawandel nicht mehr stoppen können. Die Berichte aus Warschau von der Klimakonferenz lassen nichts gutes vermuten. Manche Klimaforscher vermuten, dass damit eine zunehmende Destabilisierung des Klimas verbunden ist. Mehrere aufeinanderfolgende Missernten (Missernte heißt nicht Ernteausfall, schon eine Reduktion um 20% reicht aus) könnten zu einer weltweiten Hungerkatastrophe führen. Die Vorräte an Grundnahrungsmitteln reichen leider nur für einige Monate, und wären nach der zweiten Missernte bereits verbraucht. Der sogenannte ökologische Fussabdruck der Menschheit ist deutlich zu groß. Die Menschen verbrauchen also mehr Ressourcen, als nachwachsen können (die genaue Zahl ist dabei eher unwichtig). Die Tendenz ist steigend. Irgendwann wird das zu einer jahrelangen sehr großen Krise führen.
            Aber vielleicht liege ich auch falsch. Würde mich freuen.

  9. Wir sehen das potenzielle Verhängnis nicht, weil wir im Jetzt “hängen”
    Thomas Grüters “Offline” urteilt aus einer höheren Warte ähnlich wie ein Philosoph der Antike sich selbst als jemanden sah, der das Treiben auf dem Marktplatz aus einer “Flugzeugperspektive” überblickte und darum Probleme erkannte, die die Menschen mitten im Treiben gar nicht realisierten.
    Dieses Bild passt gut auf vieles was wir tun. Wir sind mitten drin und können uns einen Blick von oben vermeintlich gar nicht leisten. Wir sind schlicht zu beschäftigt. Wie oben Andreas Herzog schon erwähnte, ist das Internet heute eine ständige Baustelle. Es verändert sich von Monat zu Monat, von Jahr zu Jahr. Und zwar weil es Interessen gibt, dieses Internet am Laufen zu halten, weil das Internet bereits eine Buisnessplatform ist. Für Störungen von Internet-Komponenten wie sie z.B. durch Denial-of-Service-Attacken auf Server auftreten werden deshalb nur schon aus Eigeninteressen Lösungen gesucht. Überhaupt werden aktuelle Probleme sehr schnell aufgegriffen, wie der Artikel Internet Engineers Plan a Fully Encrypted Internet zeigt. Doch es gibt nur wenige Ingenieure, die sich um das System als Ganzes kümmern und tatsächlich ist das System als Ganzes sehr komplex und durch diese Komplexität auch verwundbar. Weil wir aber Störungen des Ganzen kaum je erleben und bis jetzt immer alles glatt gelaufen ist, schliessen wir daraus, dass auch weiterhin alles gut kommen wird. Das wäre der von Thomas Grüter erwähnte Vorschaufehler.

    Der Vorschaufehler wäre fatal, wenn sich im System schwerwiegende Schwachstellen befänden, die durch eine aussergewöhnliche Situation ihre fatale Wirkung entfalten könnten. Das Nachwärmeproblem von AKW’s ist ein Beispiel für eine Schwäche, die sich fatal auswirken kann. Wirklich fatal, wäre das Nachwärmeproblem aber nur, wenn es keine Alternativen zu AKW’s mit dem Nachwärmeproblem gäbe. Ebenso wäre unsere Internetabhängigkeit fatal, wenn sie auf wenigen Systemkomponenten beruhen würde, für die es keine Alternativen gibt oder für die aus Nachlässigkeit keine Alternativen entwickelt wurden. Und genau hier ist mir Thomas Grüter zu pessimistisch. Praktisch für alle Technologien, die für das Internet wichtig sind, gibt es vielfältige Lösungen, wenn es auch teilweise schwierig wäre von einem Jahr aufs andere auf eine Alternative umzusteigen. Nehmen wir die Glasfaserkabel, welche den Hauptteil des Internetverkehrs physisch bewältigen. Eine Alternative zu Glasfaserkabeln ist die Übertragung per Satellit. Allerdings ist die Übertragungskapazität von Satelliten viel kleiner als die von Glasfaserkabeln. Würden gleichzeitig mehrere transatlantische Glasfaserkabel ausfallen wäre ein wichtiger Teil des Internetverkehrs schwer gestört und im schlimmsten Fall vielleicht auf Jahre hinaus. Doch auch per Satellit liessen sich viel mehr Daten übertragen, wenn die Kommunikation über Satelliten nicht per Radiowellen sondern optisch erfolgen würde. Das funktioniert heute nur darum nicht, weil Licht durch Wolken verschluckt wird. Doch gerade jetzt entwickelt eine Firma photovoltaisch versorgte Stratosphärenflugzeuge, die für Monate über den Wolken kreuzen können. Damit könnte man eine optische Satellitenkommunikation realisieren (das Flugzeug wurde nach unten per Radiowellen kommunizieren und nach oben zum Satelliten hin optisch) womit eine vollwertige Alternative zu Glasfaserkabeln realisiert wäre. Das ist nur ein Beispiel von vielen, das zeigt, dass sich heute Kommunikations- und IT-Technologien stark entwickeln und nicht nur in eine Richtung sondern in viele Richtungen, womit viele Alternativen entstehen.

    • Praktisch für alle Technologien, die für das Internet wichtig sind, gibt es vielfältige Lösungen

      Alle diese Lösungen stehen und fallen mit einem materiellen Überfluss, der aber für die Zukunft nicht immer vorausgesetzt werden kann. Auch der menschliche Erfindergeist hat durchaus Grenzen. Ich bin dem Link nachgegangen, den Sie für den Bericht über die unbemannte Stratosphärenflugzeuge gesetzt haben. Er stammt aus dem Jahr 2007. Bis 2009 wollte die Firma die Entwicklung abgeschlossen haben, um dann in die Massenproduktion zu gehen. Bis heute, also Ende 2013, ist davon aber nichts zu sehen. Trotzdem taucht im Internet immer wieder die Idee solcher Flugzeuge als absoluter kommerzieller Renner auf, fast immer mit einer Vorlaufzeit von drei Jahren. Auch für 2011 habe ich eine solche Bewertung gefunden. Demnach soll sich ab 2014 ein gigantischer Markt dafür auftun. Inzwischen habe ich viele solcher Vorhersagen für die goldene Zukunft erstaunlichr Ideen gefunden. Die meisten liegen falsch.

      Wenn wir uns wirklich darauf verlassen wollen, dass uns in einer Krise rechtzeitig etwas einfällt, könnten wir das Wettrennen verlieren.

      • Inzwischen habe ich viele solcher Vorhersagen für die goldene Zukunft erstaunlichr Ideen gefunden. Die meisten liegen falsch.

        Das ist richtig: Viele grundlegend neue Technikideen versagen zuerst trotz vielen neu gegründeten Firmen. Doch das ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass es immer wieder jemand versucht. Ein gutes Beispiel ist die Entwicklung des Fracking als Methode um Shale-Gas und Ölschiefer zu fördern. Diese Idee wurde sowohl in staatlichen R&D-Programmen als auch von Privatfirmen seit 1974/1976 systematisch verfolgt. Erst 1999 hat sich die heutige Form des Fracking etabliert. Seitdem haben die USA einen ungeahnten Boom in der Förderung von Shale-Gas und Shale-Oil erlebt.
        Doch die IEA schätzt, dass in den USA das Shale-Oil Fracking bereits in den 2020er Jahren ihren Höhepunkt überschreiten wird. Das heisst tatsächlich, dass man sich nie ausruhen kann. Energie muss später auf andere Weise gewonnen werden, beispielweise mit erneuerbaren Energien. Und wiederum unterschätzen die meisten den Aufwand und den Zeitbedarf bis eine vorwiegend erneurbar basierte Energieversorgung wirklich funktioniert. Man darf nicht nachlassen.

        Ganz ähnliches gilt für die Internt-Infrastruktur. Wie gross die dortigen R&D-Anstrengungen wirklich sind, kann ich nicht überschauen wegen der Komplexität und der Vielzahl der Komponenten. Gefühlsmässig würde ich sagen, dass viele versuchen in diesen lukrativen Markt neue Ideen einzubringen.

  10. Nette Überlegung Herr Grüter. Den schleichenden Determinismus kann man auch umgekehrt mit Karl Popper lesen und zu einem vergleichbaren Ergebnis kommen. Freihändig zitiert: begrenzte Daten (der Vergangenheit) sind ungeeignet auf potenziell unbegrenzte Menge von Ereignissen (der Zukunft) zu schließen. Deshalb ist auch ein Blick in die Zukunft nicht möglich, Prognose oft genug näher an Scharlatanerie und Selbstdarstellung als an begründetem Schätzen.
    Das könnte man jetzt als Angriff auf Ihr Buch verstehen, so meine ich das aber nicht, denn Sie werden schwerlich behaupten Zukunftsschau zu betreiben – Ihr Buch habe ich nicht gelesen.
    Ich ziele auf das Unbekannte, auf Unwissen und Unsicherheit und ich ziele auf die Unfähigkeit unserer Spezies die Allgegenwart dieser Phänomene auszuhalten. Man könnte sich sehr gut auf den Standpunkt stellen, diese wären Normalzustände und entsprechend nicht der Rede wert. In gewisser weise sind sie es auch nicht, aber eher aufgrund menschlicher Verdrängungsleistung denn ihrer Selbstverständlichkeit.
    Offensichtlich brauchen wir Erklärungen, seien sie noch so holprig, unzureichend oder überstürzt, und ebenso brauchen wir wohl Zukunftsentwürfe, die unserer Gewohnheit plausibel erscheinen, wie unzureichend und abwegig die Annahme ist, wir könnten aus der Vergangenheit auf die Zukunft schließen möchte ich an zwei Beispielen anführen:
    1. Beispiel: Jemand springt aus 1000 m Höhe ab. Ohne Fallschrim. Nach 999 m Fall denkt sich unser Springer den Satz: bisher ist ja auch nichts passiert.
    2. Beispiel: immerwieder erschreckt mich die Naivität der Menschen, die der Ansicht sind, ihnen könnte irgendein Unbill nicht zustoßen, wo es reihenweise ihre Nachbarn trifft, sei es Unfall, Krankheit oder Arbeitslosigkeit, und dann sind sie nicht nur überrascht, sondern in ihren Grundfesten erschüttert, geradezu traumatisiert, obwohl es eigentlich nur eine Frage der Zeit ist, statistisch betrachtet, also ein Wahrscheinlichkeitsproblem.

  11. Na, auf jeden Fall hat das Buchthema einen Nerv getroffen und viele zum Nachdenken gebracht. Ich habe es mir schon zu Weihnachten gewünscht und freue mich – falls unsere Zivilisation bis dahin hält – auf spannende Lektüre. 🙂

  12. Offline passt gut zum malthusianischen Weltbild wie wir es von den Büchern Grenzen des Wachstums und The Population Bomb kennen. Auch das Peak Oil-Denken und die Story von der Tragedy of the Commons passt dazu.

    Alle diese Weltbilder verbindet die Angst vor einem zivilsatorischen Rückfall durch falsche Planung und umweltschädigende Technologie. Implizit steckt die Annahme hinter diesen Visionen, eine Menschheit, die sich klug gegenüber der Umwelt verhalte und die geplant handle, habe nichts zu befürchten.

    Existenzielle Risiken schiessen wie Pilze aus dem Boden
    Der Philosoph Nick Bostrom sieht das völlig anders: Die technologische Entwicklung kann seiner Ansicht nach nicht nur die Umwelt gefährden und zu Ressourcenerschöpfung führen. Nein, viele technologische Entwicklungen schaffen existenzielle Risiken für die Menschheit. Risiken, die es in der Menschheitsgeschichte noch überhaupt nie gab. Das grösste Risiko ist gemäss Nick Bostrom nicht der Verlust unserer technischen Fähigkeiten, sondern vielmehr, dass wir unser fortgeschrittenes Wissen und die dazugehörige Technologie beabsichtigt oder unbeabsichtigt zur Auslöschung der Menschheit nutzen oder dass wir sonstwie unsere Zukunftsaussichten durch falschen Technologieeinsatz vermurksen.

    Bostrom sieht durch den Menschen geschaffene existenzielle Risiken für die ganze Menschheit. Risiken mit denen die Menschheit nicht mit dem “Versuch und Irrtum”-Ansatz begegnen kann, denn einen zweiten Versuch hat die Menschheit eventuell gar nicht mehr.

    Bostrom klassifiziert existenzielle Risiken in
    – Bangs: Auslöschung der Menschheit durch Unfall oder bewusste Zerstörung (durch Nanotech, Atomkrieg, übergriffige AI, Doomsday-Virus, AIDS-ähnliche natürliche Krankheit, Asteroiden-/Kometen-Einschlag, Runaway Globale Erwärmung)
    – Crunches: Das menschliche Entwicklungspotenzial wird dauerhaft vermindert (Ressourcenerschöpfung, Ökokollaps, Greenpeacisierung stoppt Technologieentwicklung, Genetische Dekadenz, Technischer Stillstand aus anderen (z.B. ökonomischen) Gründen,
    – Shrieks: Dystopische Entwicklung (Weltherrschaftsübernahme durch upgeloadetes menschl. Hirn oder AI, globales totalitäeres Weltregime)
    – Whimpers: Langsam fortschreitende *Dehumanisierung* (Extraterrestier übernehmen die Herrschaft zunehmend, jede Generation ist dümmer und kränker als die Vorhergehende)

    Existenzielle Risiken und Potenzgesetze
    Stärken aufeinanderfolgender Erdbeben, Wortfrequenzen, Opferanzahlen bei Terroranschlägen und vieles mehr folgen einer exponentiellen Verteilung. Dies bedeutet, dass extrem starke Erdbeben nur selten vorkommen und nur wenige Terroranschläge so viele Opfer fordern wie der Anschlag auf das World Trade Center. Doch über sehr lange Zeit gemessen muss man auch mit sehr starken Erdbeben rechnen oder mit Terroranschlägen, die sehr viele Opfer fordern.
    Diese Gesetzmässigkeit gilt auch für Atomwaffenzwischenfälle oder für Folgen einer unbeabsichtigen oder beabsichtigen Freisetzung gefährlicher Organismen (Viren z.B.) oder die Folgen bösartig eingesetzter Nanotechnologie.
    Mit anderen Worten: Mit jeder neuen potenziell gefährlichen Technologie, die überall auf der Erde von sehr vielen Menschen eingesetzt werden kann, führen wir neue Ereignisse ein, die einem Potzengesetz folgen, was bedeuet, dass auf viele kleine und harmlose Zwischenfälle unweigerlich auch ein paar massive, viele Menschen betreffende Zwischenfälle folgen. Mit der Potenzierung solcher potenziell gefährlichen Technologien wird es immer wahrscheinlicher, dass wirklich etwas geschieht, das bedrohlich ist für die Existenz der Menschheit.

    Es gibt zwei Ansätze um dem zu begegnen. Beide sollten parallel verfolgt werden angesichts der existenziellen Bedrohung.
    1) Wir erkennen gefährliche Technologien und entschärfen sie
    2) Wir schaffen mehrere Heimstätten für die Menschheit, so dass selbst die Zerstörung einer Heimstätte -z.B. der Erde – nicht die ganze Menscheit zerstört.

  13. Auch hier passt “Der Schwarze Schwan” von Nassim Taleb sehr gut dazu … wo es noch weiterführende Erklärungen für unsere “verblendete” Rückschau gibt.

    Jeder weiß, dass wir mehr Vorbeugung als Behandlung brauchen, doch kaum jemand belohnt Vorbeugungsmaßnahmen. Wir glorifizieren jene, deren Namen in die Geschichtsbücher eingegangen sind, auf Kosten derjenigen, über die unsere Bücher schweigen. S. 9.

    Wir machen uns spät Sorgen – ex post. Das ist der einzige Grund dafür, dass wir den Schwarzen Schwan nicht verstehen können: Wir halten naive Beobachtungen aus der Vergangenheit fälschlich für etwas, was definitiv oder repräsentativ für die Zukunft ist. S. 63.

    Keine Beweise für die Möglichkeit großer Ereignisse != Beweis für keine möglichen Schwarzen Schwäne! Diese Verwechslung nenne ich die Roundtrip -Verzerrung, da die Aussagen in Wirklichkeit nicht austauschbar sind. S. 75.

    Die narrative Verzerrung ist Ausdruck unserer eingeschränkten Fähigkeit, Reihen von Fakten zu betrachten, ohne eine Erklärung in sie hineinzuweben oder, was dasselbe bedeutet, gewaltsam eine logische Verknüpfung, einen Beziehungspfeil, zwischen ihnen herzustellen. Erklärungen binden Fakten zusammen. Sie sorgen dafür, dass wir uns viel leichter an sie erinnern können, dass sie mehr Sinn ergeben. Diese Neigung kann uns aber in die Irre führen, wenn sie unseren Eindruck, dass wir verstehen, verstärken. S. 89.

    Dass wir uns nicht an die wahre Folge der Ereignisse erinnern können, sondern nur an eine rekonstruierte, lässt die Geschichte im Rückblick viel erklärbarer aussehen, als sie tatsächlich war – oder ist. S. 97.

    Durch stumme Zeugnisse verbergen die Ereignisse ihre Zufälligkeit, insbesondere die Zufälligkeit vom Typ des Schwarzen Schwans. S. 133.

    Der Psychologe Daniel Kahneman hat uns Beweise dafür geliefert, dass wir Risiken im Allgemeinen nicht aus Kühnheit eingehen, sondern aus Unwissenheit und aus Blindheit für die Wahrscheinlichkeit. Wir neigen bei unseren Zukunftsprojektionen dazu, Ausreißer und ungünstige Ergebnisse nicht zu beachten. Eins möchte ich aber ganz klar sagen: Dass wir durch Zufall hierhergekommen sind, bedeutet nicht, dass wir weiter die gleichen Risiken eingehen sollten. S. 150.

    Der entscheidende Punkt ist weniger, dass wir dazu neigen, falsche Vorhersagen über unser zukünftiges Glück zu machen, sondern vielmehr, dass wir nicht rekursiv aus früheren Erfahrungen lernen. S. 241.