Die
Grand Nation ist nicht nur im Fussball sondern auch in der Astrophysik ein Schwergewicht. Das Institut
CEA-Irfu, eines der wichtigsten astrophysikalischen Institute Frankreichs, befindet sich etwa 30 km südlich von Paris in Saclay und ist an zwei von drei Instrumenten von Herschel,
PACS (Photometer Detector Array and Spectrometer) und
SPIRE (Spectral and Photometric Imaging Receiver), beteiligt. Zusammen decken beide Instrumente einen Wellenlängenbereich von 60 bis 700 mikrometer im Infraroten ab. Zu
PACS steuerte
CEA vor allem die Detektoren für die Kamera bei. Diese Detektorelemente nennen sich Bolometer und messen vereinfach gesagt, die abgebende Energie der auf den Detektoren ankommenden Photonen.
CEA ist weltweit führend in dieser Technologie. Es ist auch erwähnenswert, dass das
CEA schon beim Vorgänger von Herschel,
ISO (Infrared Space Observatory) tatkräftig beteiligt war und zwar als PI-Institut (
PI: Principal Investigator) unter der Leitung der späteren
ESO Direktorin (1999-2007) und
IAU (Internationl Astronomical Union) Präsidentin (2006-2009), Frau Dr. Catherine Cesarsky. Auch beim sehnsüchtig erwarteten Nachfolger vom
HST (Hubble Space Telescope), dem
JWST (James Webb Space Telescope), ist das
CEA-IRFU mit involviert.
In meinem Arbeitsgebiet, der Erforschung von Galaxien mit intensiver Sternentstehung, den sogenannten Infrarotgalaxien, spielt die Gruppe
Kosmologie und Galaxienentwicklung, in der ich am
CEA-Irfu (Commisariat à l’Énergie Atomique-Institut de recherche sur les lois fondamentales de l’Univers) unter der Leitung von
David Elbaz forsche, eine weltweit führende Rolle. Dieser französische Astrophysiker, der kürzlich mit der Entdeckung eines "nackten Quasars" auch in Deutschland zum Beispiel im
Spiegel für Schlagzeilen sorgte, leitet ein Beobachtungsprogramm extrem tiefen Aufnahmen von den sogenannten
GOODS Feldern, (siehe auch
Post von
Carolin Liefke über Deep Surveys bei KosmoLogs) an denen ich auch arbeite werde.
Meine franzosischen Kollegen sind bezüglich Herschel nicht nur an wissenschaftlicher Front aktiv. Das
CEA betreibt zusammen mit dem
CNRS und
CNES (
CNRS:Centre de la national recherche scientifique;
CNES:Centre national d’études spatiales), den französischen Äquivalenten von
DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) und
DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt), betreiben eine
Herschel gewidmete Webpage. Diese Seite kann ich wärmstens empfehlen – auch wenn sie in französisch ist! Hier findet man nicht nur faszinierende Aufnahmen von Herschel sondern auch Videos, in denen französische Astrophysiker ihre Herschel Projekte vorstellen, aber auch die Instrumente von Herschel erklären. Die Videos dreht der französische Filmemacher
Pierre-Francois Diko. Er arbeitet seit etwa zwei Jahren auf freiberuflicher Basis für das
CEA. Der Filmemacher begleitet die
CEA-Astrophysiker immer wieder bei ihrer Arbeit, auch auf Dienstreisen wie zum Beispiel vergangene Woche als wir auf der Herschel Konferenz in Noordweijk waren, wo die ersten Herschel Ergebnisse vorgestellt wurden.
Dass die Öffentlichkeitsarbeit einen hohen Stellenwert geniesst, zeigte sich auch im vergangenen Jahr aus Anlass des Jahres der Astronomie. Zum Beispiel konnten Reisende der Nahverkehslinie
RER B an den Wänden der Station
Luxembourg in Paris riesige und zugleich faszinierende astronomische Aufnahmen bestaunen. Das
IAP (Institut d’astrophysique de Paris
) leitete diese aus sechs Bildern bestehende
Ausstellung, die ein echter Blickfang war, siehe auch Abbildung 2.
Abbildung 2: Aufnahme in der RER Station Luxembourg von J. Mouette/IAP.
Noch ein Wort zur Stellensituation. Wie in Deutschland auch wäre es ohne Drittmittel gar nicht möglich die Datenflut wie von einem Projekt in der Dimension von Herschel annähernd zu bewältigen. Wissenschaftler am CEA mit festen Stellen werden entweder direkt von CEA oder vom CNRS (dem französischen Äquivalent zur DFG) bezahlt. Jedes Jahr schreibt zum Beispiel die CNRS feste Stellen in der Astrophysik für ganz Frankreich aus – im vergangenen Jahr etwa ein Dutzend. Diese Stellen sind personenbezogen, was bedeutet, dass Wissenschaftler die eine CNRS-Stelle haben sich das Institut (in Absprache) aussuchen können und der Institutswechsel innerhalb Frankreichs ist erlaubt ohne die Stelle zu verlieren. Im Vergleich zu Deutschland haben ich den Eindruck, dass es in Frankreich "einfacher" ist eine Festanstellung als Astrophysiker zu bekommen. Dies liegt auch sicherlich daran, dass das Zahlenverhältnis zwischen Doktoranden, Postdocs und Festangestellten ausgewogener zu sein scheint.
Abschliessend ist zu sagen, dass die französische astronomische Gemeinschaft sehr zufrieden mit Herschel ist und erwartungsfroh in die Zukunft dieses Weltraumobservatoriums schaut. Im Gegensatz dazu sind die Hoffungen auf ein gutes Abschneiden der ‘Les Bleus’ eher gedaempft.
Bis zum nächsten Blog,
Euer Helmut Dannerbauer
Merci pour ton reportage!
Salut Helmut!
Danke für Deinen interessanten Artikel. Auch in meinem Bereich, der Infrarot-Interferometrie, ist Frankreich sehr aktiv beteiligt bzw. in vielen Projekten führend. Ich habe den Eindruck, dass es in Frankreich mehr Stellen für die wissenschaftliche Unterstützung von Projekten, z.B. Software-Entwicklung gibt. So gibt es für uns Interferometer z.B. das Jean-Marie Mariotti Centre (jmmc.fr), das Tools zur Vorbereitung und Auswertung interferometrischer Beobachtungen erstellt.
Viele Grüße aus dem ESO-Gästehaus Santiago…
Leo