Frequenzkamm einsatzbereit für astronomische Beobachtungen
BLOG: Galaxienentwicklung

Momentan erreichen die besten Spektrographen Messgenauigkeiten von etwa 20 Meter pro Sekunde. Damit ist es heutzutage möglich Planeten mit Jupiter oder Neptun-Masse um sonnenähnliche Sterne aufgrund ihrer Doppler-Bewegung durch spektroskopische Beobachtungen nachzuweisen. Um jedoch Exoplaneten mit Erdmasse um Sterne a la unserer Sonne zu finden sind Messgenauigkeiten von etwa 5 cm pro Sekunden (der Dopplerverschiebung) nötig. Aktuelle Spektrographen haben jedoch noch nicht die technischen Voraussetzungen (Kalibrationsmethoden) um dies zu erreichen. Genauso wenig ist es zur Zeit möglich die beschleunigte Expansion des Universums direkt in extragalaktischen Objekte wie Galaxien und Quasare nachzuweisen. Astronomem müssten die Rotverschiebung (~Geschwindigkeit mit der sich das extragalaktische Objekt aufgrund der Expansion des Universums von uns wegbewegt) über einen Zeitraum von um die 20 Jahre regelmässig messen. Die jährliche Veränderung der Fluchtgeschwindkeit beträgt weniger als 1 Zentimeter pro Sekunde. Dies sind nur zwei Anwendungen in denen Hochpräzisions-Spektrographen in Verbindung mit Teleskopen der nächsten Generation wie dem von der ESO geplannten 42-m E-ELT (European Extremely Large Telescope) von den Forschern weltweit benötigt werden.

Teammitglieder Til Steinmetz und Constanza Araujo-Hauck bereiten den Frequenzkamm im VTT (Vacuum Tower Telescope) Optiklabor auf Teneriffa für seinen Einsatz vor [3].
In dieser Woche berichtete ein internationales Forscherteam (bestehend aus Quanten- und Astrophysikern) um den deutschen Quantenphysiker Tilo Steinmetz über ein neues Kalibrationssystem mit dem die gewünschten Messgenauigkeiten in Zukunft erreicht werden sollen [1,2,3,4]. Die Wissenschaftler wendeten dabei die mit dem Physik Nobelpreis 2005 gewürdigte Frequenzkammtechnik an. Der dabei ausgezeichnete deutsche Nobelpreisträger Prof. Th. W. Hänsch ist auch Ko-Autor des im Wissenschafts-Magazin Science [1] veröffentlichten Artikels.

Diese Abbildung zeigt links oben schematisch das VTT Sonnenteleskop auf Teneriffa welches für diese Arbeit verwendet wurde. Die Überlagerung mit dem Frequenzkamm, der unten dargestellt ist, erfolgt mit Hilfe eines Strahlteilers. Gemeinsam werden beide Lichtquellen dem Spektrometer zugeführt (rechts dargestellt). Um den Frequenzkamm für diesen Zweck verwenden zu können, muss die Frequenzdifferenz der Spektrallinien soweit erhöht werden, dass sie vom Spektrometer aufgelöst werden können. Dies geschieht in einer "Fabry-Perot filter cavity" (Abbildung/Text übernommen von [1,4]).
Ihre ersten astronomischen Beobachtungen machten die Quanten- und Astrophysiker am 8. März mit dem VTT (Vacuum Tower Telescope) Sonnenteleskop. Beim beobachteten astronomischen Objekt handelte es sich um die Sonne. Die Forscher führten die Beobachtungen im nahen Infraroten bei 1,5 Mikrometer durch. Sie erreichten dabei eine beeindruckende Messgenauigkeit von 9 Meter pro Sekunde. Vereinfacht stellt man sich den Frequenzkamm als ein Lineal vor mit einer absoluten Skala. Mit einem so genannten Frequenzkammgenerator erzeugen die Physiker in dem zu messenden Wellenlängenbereich Spektrallinien mit gleichbleibenden Abstand ähnlich zu den Skalen für die Längenmessung auf einem Lineal. Diese Kalibration ist auch über einen Zeitraumen von einigen Dekaden exakt wiederholbar.


Bis zum nächsten Blog.
Euer Helmut Dannerbauer
Quellen:
[1]: Artikel in Science (Preprint)
[2]: Max-Planck-Institut für Quantenoptik Pressemitteilung, 5. September 2008
[3]: ESO Press Release 26/08, 5. September 2008
[4]: Zusatzmaterial auf deutsch und englisch
T. Steinmetz, T. Wilken, C. Araujo-Hauck, R. Holzwarth, T. W. Hansch, L. Pasquini, A. Manescau, S. D’Odorico, M. T. Murphy, T. Kentischer, W. Schmidt, T. Udem (2008). Laser Frequency Combs for Astronomical Observations Science, 321 (5894), 1335-1337 DOI: 10.1126/science.1161030