Doch nicht besser als die NASA!

BLOG: Galaxienentwicklung

Spurensuche im jungen Universum
Galaxienentwicklung

Dienstagabend sah ich einen Fernsehbeitrag über eine angebliche Sensationsmeldung: junger, deutscher Schüler berechnet die Bahn des Asteroiden Apophis wesentlich genauer als die NASA – mit dem Zugeständnis der NASA. Während des Beitrags wunderte ich mich schon, dass ich bisher noch nichts von diesen Berechnungen gehört hatte – ich lese aber ja auch nicht die Bild, in der diese Meldung als erstes erschien.

Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein 13-jähriger Schüler, der sicherlich nicht über die nötigen Daten, Computerprogramme und Methoden verfügt wie NASA Wissenschaftler, die NASA Bahnberechnungen verbessern konnte. Ich hatte einfach auch natürliche  Zweifel, ob diese Meldung tatsächlich stimmte und von den beteiligten Journalisten auch korrekt recherchiert wurde.

Der Grund für das große mediale Echo, die diese Meldung auslöste, war das der Gymnasiast Nico Marquardt die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags des Asteroiden Apophis auf die Erde im April 2029 – um einen Faktor 100 genauer – auf 1:450 korrigierte, im Vergleich dazu gab die NASA eine Wahrscheinlichkeit von 1:45.000 an. In den Berechnungen des Jung-Forschers floss die Hypothese mit ein, dass der Asteroid mit geostationären Satelliten kollidieren und somit auf die Erde abgelenkt werden könnte.

In den vergangenen Tagen stellte sich nun heraus, dass die Berechnungen des Schülers doch nicht besser waren als die der NASA – siehe zum Beispiel Beiträge in Spiegel Online und bei ZDF heute Online. In diesen Beiträgen werden erwähnt beziehungsweise melden sich auch meine beiden Bloggerkollegen Markus Landgraf und Michael Khan zu Wort. Auch die NASA distanzierte sich mit einer Pressemitteilung in den letzten Tagen davon dem Schüler Recht gegeben zu haben.

Vielleicht möchten sich meine  beiden Bloggerkollegen Markus Landgraf und Michael Khan in kosmologs auch zu Wort melden, um über ihre persönlichen Erfahrungen zu berichten und ihre Meinungen zu diesem Medienereignis zu äußern. Dies wäre sicherlich sehr aufschlussreich.

Es befremdete mich sehr, dass bei dieser Meldung die beteiligten Journalisten nicht besser recherchiert haben, sondern anscheinend einfach nur die Sensationsmeldung im Sinn hatten – auch wenn es vielleicht Zweifel bei Ihnen gab.  Ich hoffe sehr, dass der Schüler Nico Marquardt die Sache gut verdaut und sich nicht von seinem Forschungsdrang abbringen lässt.

 

Bis zum nächsten Blog,

Euer Helmut Dannerbauer

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Veröffentlicht von

Der promovierte Astrophysiker Helmut Dannerbauer – wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg – fokussiert sich in seinem Blog auf die Erforschung von Galaxien und deren Entwicklung im jungen Universum.

6 Kommentare

  1. tu quoque, Brute

    im Tagesspiegel erschien ein Beitrag, der mir schon auf den ersten Blick zu denken gab: http://www.tagesspiegel.de/2512033

    Bereits ohne Lektüre des Artikels, allein durch Anschauen des Bildes, erschien mir die Geschichte suspekt, denn

    a) das abgebildete Fernrohr ist ein Museumsstück, das für die Forschung nicht mehr genutzt wird und steht in Potsdam, d.h. einer Stadt in Mitteleuropa mit Dauerschlechtwetter… – aber schön, es wird ja nur als Zeiger benutzt, schreiben sie.

    So richtig seltsam wird’s dann nach der Lektüre…

    b) spätestens aus der Story selbst muss jedem klar sein, dass für die angepriesene Arbeit des Jungen kein Fernrohr, sondern ein Computer nötig ist.
    c) Der Text widerspricht sich also selbst (“er kam, sah durchs Fernrohr…” vs. “er berechnete genauer…”: seit wann berechnet man man mit Fernrohren?) und dem Bild (siehe b)).

    d) Der Text liest sich nett, aber doch sehr astronomie-laienhaft (Klischee: ‘Astronomie, das war doch das mit dem Fernrohr?’) und polemisch (letzter Satz!).

    d) Die genannten Zahlen gaben mir stark zu denken. Ich wollte mich demnächst in Ruhe an die Recherche machen und ein bißchen rechnen – na, das brauche ich nun nicht mehr. 🙂 Manchmal lohnt wohl aussitzen doch.

  2. und die wichtigsten Fragen an die Story

    und: Sollte der Junge tatsächlich ein Vielkörperproblem besser berechnen können als die NASA? und falls ja: Wie lange hat er seinen Heimcomputer mit Daten gefüttert und wie lange dann rechnen lassen?

  3. Es wäre so einfach gewesen …

    Was an der bizarren Angelegenheit am meisten erschreckt ist, dass ganz wenig Recherchieren genügte, um die Berichte als Unfug zu entlarven: Man musste nur auf der NEO-Risiko-Seite nach dem Stand der Impaktwahrscheinlichkeit von Apophis schauen, die sich nicht verändert hatte. Und dass der Asteroid niemals mit einem geostationären Satelliten kollidieren konnte, war auf einer anderen leicht zu findenden NASA-Seite klar zu lesen gewesen …

  4. Kommentar in den Science Blogs

    Die Diskussion zu diesem Artikel in den Science Blogs ist in diesem Zusammenhang von Belang. Durch scrollen nach unten kommt man zum Kommentar von Frank Spahn von der Uni Potsdam. Es kommt mir nicht so vor, als seien die neuen Versuche des Urhebers dieser ganzen Geschichte, alles auf die Presse zu schieben, vollkommen wahrheitsgetreu. Professor Spahn stellt das etwas differenzierter dar:

    Weltuntergang Wahrscheinlicher:

  5. @Daniel Fischer

    Danke für den Link, sehr interessant. Da bin ja mal gespannt, was dann rauskommt…

    Helmut

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