Astronomen stehen auf 3D
BLOG: Galaxienentwicklung

Vor einigen Wochen fand zwischen dem 10. bis 13. Juni 2008 auf dem Forschungsgelände in Garching bei München ein Kongress unter dem Titel „Gas and Stars in Galaxies – A Multi-Wavelength 3D Perspective“ statt. Etwa 150 Wissenschaftler aus der ganzen Welt, darunter auch einige Kollegen vom Max-Planck-Institut für Astronomie aus Heidelberg so wie auch ich, nahmen an dieser Tagung teil. Es ging dabei um astronomische Beobachtungen in drei Dimensionen. Diese Konferenz organisierten Astronomen der ESO in Garching mit Unterstützung des europäischen Netzwerks „RadioNet“.

Wissenschaftler stellten neueste Forschungsergebnisse auf dem Gebiet von Galaxien und Quasaren sowohl im lokalem als auch im jungem Universum vor. Darüber hinaus erfuhren die Konferenzteilnehmer mehr über im Moment verwendete als auch zukünftige Instrumente wie zum Beispiel das Großprojekt ALMA (Abbildung links), ein sich im Bau befindliches Millimeter-Interferometer (siehe auch den Blogbeitrag von Leonard Burtscher). Das die Forschungsergebnisse aus allen Bereichen des elektromagnetischen Spektrum stammten, bereichert dieses Treffen führender Wissenschaftler auf diesem Gebiet sehr. Den Veranstalter gelang es sehr gut eine breite Palette von Themen bezüglichen Astronomie in 3 Dimensionen zusammenzustellen.

Während der vier Tage hörten wir insgesamt um die 75 Vorträge, die durchweg sehr lehrreich waren. Übersichtsvorträge von 25 Minuten wechselten sich mit Vorstellungen von Forschungsergebnisse von 15 Minuten ab. Des weiteren gab es so genannte Kurzvorträge von fünf Minuten die anstatt von Postern gehalten wurden. Einige Astronomen stellten auch Simulationen und Modellen zu Beobachtungen vor.

Die 3D Spektroskopie kann unter anderem folgende Themengebiete in der extragalaktischen Astronomie abdecken: (1) interstellares Medium in verschmelzenden bzw. wechselwirkenden Galaxien; (2) Füllung von Aktiven Galaktischen Kernen (Schwarze Löcher) mit Treibstoff; (3) Rotationseigenschaften des Gases und der Sterne von lokalen als auch weit entfernten Galaxien und Quasaren.


Geschwindigkeitsfeldern von Quasaren (in der Mitte jedes Bildkästchens) bei Rotverschiebung z=4.1 (Abbildung oben) und z=4.4 (Abbildung unten). Die Beobachtungen führten die Wissenschaftler mit dem Radiointerferometer VLA (Very Large Array) durch. In jeder Abbildung zeigt ein Bildchen die Verteilung des Gases Kohlenmonoxid (CO) bei einer bestimmten Geschwindigkeit. Von links nach rechts ist der Unterschied pro Bildchen 40 km pro Sekunde. Die obere Abbildung zeigt einen so genannenten Einsteinring – das Licht des Quasars bei z=4.1 wird durch eine Gravitationslense so abgelenkt, dass ein Einsteinring entsteht, siehe auch zu Gravitationslinsen und Einsteinringe meinen Blogbeitrag "67 natürliche Teleskope in COSMOS entdeckt". Die beiden Abbildungen stammen aus dem Vortrag von Fabian Walter (MPIA) und sind von Riechers, Walter et al. 2007 und 2008 veröffentlich worden.
Im Falle der Bestimmung von Rotationsgeschwindigkeit des Gases ist es möglich die dynamische Masse dieser Galaxien abzuleiten und mit der stellaren Masse zu vergleichen. Zur dynamischen Masse trägt ja auch die dunkle Materie bei.
Sehr gut gefiel mir auch eine Reihe von Vorträgen von Forschern die sich mit Werkzeugen und Software beschäftigen, die zur Analyse von astronomischen Daten verwendet werden. Dabei stach ein Vortrag vom Krebsforscher Professor Neb Duric von der Wayne State Universität, der am Barbara Ann Karmanos Krebsforschungsinstitut und Klinik in Detroit arbeitet, hervor. Interessanterweise war er vorher jedoch Astronomie-Professor an der Universität in New Mexico. Er schrieb auch ein extragalaktischen Lehr- und Fachbuch ("Advanced Astrophysics"). September 2004 wechselte er von der astronomischen in die medizinische Forschung und ist seitdem in der Krebsforschung tätig. Um Tumore zu entdecken verwendet sein Forschungsteam Analysetechniken die ähnlich zu denen der 3D-Astronomie sind. Bei der Tomographie gewinnt man dreidimensionale Datensätze (Höhe, Breite, Tiefe) des menschlichen Körpers. In der 3D-Astronomie sind die Datensätze ja auch dreidimensional. Aber auch Experten der Bildverarbeitung und -darstellung kamen zu Wort und gaben neue Denkanstöße. Dabei beeindruckte mich ein Vortrag von Chris Fluke von der Swinburne University of Technology, Australien. Er zeigte, dass es seit dem letzten Jahr auch möglich ist 3-dimensionale Daten in PDF Files darzustellen und es auch seit kurzem Displays gibt um die Daten in 3D – natürlich mit einer 3D-Brille – anzuschauen..
Abbildungen aus der Medizin und Astronomie. Ist klar welche Abbildungen entweder aus der Astronomie oder Medizin stammen? – aus dem Vortrag von Neb Duric.

Die Konferenz endete mit einer sehr schönen Zusammenfassung des am Observatorium Paris-Meudon (OBSPM) arbeitenden amerikanischen Astronomen Matt Lehnert. In einer halben Stunde gelang es ihm sehr gut die wichtigsten Ergebnisse aber auch neu aufkommende Fragestellungen dieser Konferenz zu besprechen. Abschließend ist zu sagen, dass diese Konferenz ein voller Erfolg sowohl für die Konferenzteilnehmer als auch für die Veranstalter war.
Bis zum nächsten Blog,
Euer Helmut Dannerbauer
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