Irans Fusionsforschungsprogramm

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Plasmen im Mittelpunkt
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Nach fast 10 Jahren wurden im Juli letzten Jahres die gegen Iran verhängten Sanktionen weitestgehend aufgehoben. Das hat nicht nur wirtschaftliche Folgen sondern wirkt sich auch auf die Wissenschaft aus. Ein Punkt stellt dabei die Fusionsforschung dar, die Iran mit Finanzkraft und internationaler Unterstützung voran treiben will.

Auslöser für die Sanktionen war 2006 ein Streit über die Nuklearaktivitäten Irans. Die sogenannten E3/EU+3 Staaten (China, Deutschland, Russland, Frankreich, Großbritannien, USA) verhängten Sanktionen gegen das Land welches in einigen Bereichen praktisch von der politischen Landkarte verschwand. Irans Fusionsforschungsprogramm, was in den 1970er gestartet worden war, konnte nun nicht mehr auf internationale Kooperationen setzen um ihre Experimente beispielsweise mit Diagnostiken auszurüsten – ein ansonsten üblicher Prozess. Vielfach war nicht einmal mehr das Publizieren in internationalen Journals möglich, da die Sanktionen einen Peer Review Prozess verhinderten.

Am 14. Juli 2015 wurde mit dem “Joint Comprehensive Plan of Action” (hier
zum nachlesen) nicht nur das Ende der Sanktionen von den genannten Staaten beschlossen sondern u.a. ganz explizit auch der Beginn einer Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Fusionsforschung. Im Gegenzug sichert Iran zu, ca. zwei Drittel seiner Uran-Anreicherungszentrifugen zu vernichten.

Dieses Jahr hat eine Delegation der IAEA, die Internationale Atomenergiebehörde, auf Einladung der iranischen Atomenergieorganisation (AEOI) hin das iranische Fusionsforschungsprogramm begutachtet. Im Iran werden momentan drei kleine Tokamaks betrieben, die mit einer Grundausstattung an Diagnostiken und Heizungen versehen sind – durch eine geplante Finanzspritze und mit Hilfe internationaler Partner soll dies ausgebaut werden. Erfreulich war laut IAEA-Delegationsmitglied Prof. F. Wagner, dass es eine große Anzahl Studenten mit Schwerpunkt Plasmaphysik gäbe (und damit reichlich Potential für künftige Zusammenarbeiten).

Iran würde auch gerne zu ITER beitragen, in welchem Rahmen das geschehen könnte muss die ITER-Organisation prüfen. Vermutlich geht es dabei eher um langfristige Pläne, aber ein weiterer Finanzpartner wird den ITER-Organisatoren sicherlich nicht unwillkommen sein. Irans Rolle könnte zunächst so aussehen, dass die Experimente nach und nach besser ausgerüstet werden und die Ausbildung der iranischen Studenten somit praxisnäher und relevanter werden würde. Das an kleinen Experimenten gewonnene Wissen ist generell oft von breiterer dafür weniger vertiefender Natur – ein idealer Ausgangspunkt wenn es dann weiter in die großen, internationalen Labors geht.

Abschließend kann ich dem interessierten Leser noch die letzte Folge des Audio-Podcasts Alternativlos von Frank und Fefe ans Herz legen, dort erklären Prof. Thomas Klinger, Leiter von Wendelstein W7-X und einer seiner Post-Docs, Dr. Adrian von Stechow, sachlich und klar das Projekt und beantworten auch die kritischen Fragen der beiden Interviewer.

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Alf Köhn-Seemann hat in Kiel Physik studiert und in Stuttgart über Mikrowellenheizung von Plasmen promoviert. Von 2010 bis 2015 war er dort als Post-Doc tätig. Nach mehreren Forschungsaufenthalten im englisch-sprachigen Raum, arbeitet er von 2015 bis Ende 2017 am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching. Seit Ende 2017 forscht und lehrt Alf Köhn-Seemann wieder an der Uni Stuttgart.

4 Kommentare

  1. Von internationaler Zusammenarbeit ausgeschlossen zu sein kann schon ein hartes Los sein – auch wenn es anzahlmässig meist nur wenige Personen in einem sanktionierten Land trifft.
    Globalisierung hat den Aufstieg Chinas ermöglicht und wird nun denjenigen Indiens ermöglichen (Indien war übrigens bis vor kurzem ebenfalls von vielen internationalen Nuklearaktivitäten ausgeschlossen). Das CERN oder der ITER wären ohne internationale Zusammenarbeit nicht denkbar. Zudem profitiert fast jede neue Technologie in fast jedem Bereich von der Globalisierung. Nicht nur Solarpanel- und Windturbinentechnologie entwickelt sich einem globalen Markt schneller, auch supraleitende REBCO-Magneten wie sie – unter anderem – für die Fusionsforschung verwendet werden, entwickeln sich in einem globalen Forschungsumfeld und Markt schneller.

    Vor diesem Hintergrund finde ich es schwer nachvollziehbar, dass Länder den Weg in die Isolation wählen oder sich linke und rechte Parteien, Bewegungen und Präsidentenapsiranten wie Trump im Namen der heimischen Bevölkerung gegen Globalisierung und internationale Zusammenarbeit wenden. In Zukunft braucht es mehr internationale Zusammenarbeit und nicht weniger.

    • Ein, in meiner Meinung, wahres Plädoyer für mehr internationale Zusammenarbeit, das ich voll uns ganz unterstütze.

  2. Abschließend kann ich dem interessierten Leser noch die letzte Folge des Audio-Podcasts Alternativlos von Frank und Fefe ans Herz legen, dort erklären Prof. Thomas Klinger, Leiter von Wendelstein W7-X und einer seiner Post-Docs, Dr. Adrian von Stechow, sachlich und klar das Projekt und beantworten auch die kritischen Fragen der beiden Interviewer.

    Hier erkennt der Schreiber dieser Zeilen zuvörderst Antizionismus bis Antisemitismus, vgl. :
    -> https://alternativlos.org/36/
    -> http://blog.fefe.de/?ts=abf9ffbc
    -> http://www.timesofisrael.com/op-ed-calls-on-israel-to-nuke-germany-iran/

    Felix von Leitner (“Fefe”) ist womöglich nicht so der “Bringer”, er darf im wissenschaftsnahen WebLog-Wesen auch gerne draußen bleiben.


    Insgesamt, vielleicht könnte dies auch allgemein klar sein, suchen Staaten wie Iran, Ruhollah Musawi Chomeini sei an dieser Stelle im Post Mortem gegrüsst, natürlich schon nach Maßnahmen, die bestimmte Maßgaben bedingen, um sich des Judenstaates zu entledigen.
    Auch die Verwendung von Massenvernichtungsmitteln, MSM und so
    Derartige Konzepte sind u.a. hier belegt und allgemein nachvollziehbar:
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/D%C4%81r_al-Harb
    -> http://usahm.info/Dokumente/Hamasdeu.htm

    MFG
    Dr. Webbbaer (kein Jude, auch Ulrich Sahm nicht nahestehend, sondern “einfach nur so” ergänzend)

    • Fefe kann man ja viel vorwerfen, aber das ist ein Vorwurf mit dem man wirklich vorsichtig sein sollte (und den ich hier auch nicht diskutieren werde). Im übrigen geht es bei dem Podcast weniger um die Ausführungen Fefes oder Franks (die beiden Interviewer) sondern vor allem um die Erklärungen von Prof. Thomas Klinger, die wirklich sehr gut sind. (Fefe und Frank stellen im wesentlichen Fragen.)

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