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BLOG: Formbar

Plasmen im Mittelpunkt
Formbar

Gestern vormittag hatten wir bei uns am Institut eine enorm gesteigerte Frauenquote, der Grund hierfür war der Girls’ Day. Was das ist, der Girls’ Day? Das ist ein Aktionstag, der einmal im Jahr stattfindet und Mädels die Möglichkeit geben soll, in technische und naturwissenschaftliche Berufe ‘reinzuschnuppern. Warum? Weil Mann in eben solchen Berufen eher selten Kolleginnen hat. Bei uns sah das so aus: 20 Mädchen von verschiedenen Gymnasien der Stufe 9 und 10 wollten den Vormittag über schauen, was man eigentlich so alles macht, am Intitut für Plasmaforschung.

Zunächst einmal haben die Mädels einen echten Professor zu Gesicht bekommen, der ihnen etwas darüber erzählt hat, was ein Plasma eigentlich ist, und was man damit alles tolles machen kann. Im Grunde also eine echte Vorlesung. Dann erfolgte eine Aufteilung in 3 Gruppen, um eine handlichere Gruppengröße zu haben. Den Vormittag über galt es dann drei Stationen zu durchlaufen.

Eine Station stellte unser Stellarator TJ-K dar. Leider konnten wir aufgrund von technischen Wartungsarbeiten dieses Experiment nicht betreiben, also war improvisieren angesagt. Die Idee war, den Mädels beizubringen, was man so alles braucht, um ein Plasma zu erhalten. Zunächst einmal Vakuum. Dazu haben wir ein Weckglas genommen, was unser Plasmagefäß darstellen sollte.

Stellt man dieses bei Normaldruck in eine Haushaltsmikrowelle, passiert erstmal nichts (nein, auch dann nicht, wenn man die Mikrowelle einschaltet). Dann haben wir das Weckglas evakuiert und erneut in die Haushaltsmikrowelle gestellt und siehe da, es zündet ein Plasma in dem Glas. Aha, haben die Mädels also gelernt, dass man einen Unterdruck und noch eine Energiequelle, wie die Mikrowelle, braucht. Genau wie an unserem Stellarator.

Plasma im Einweckglas
Plasma im Einweckglas; Bild: Alf Köhn, CC BY-SA

Dann haben wir die in dem Bild dargestellte Gasentladung gezündet. Dieser Plasmastrahl läßt sich sich nun wunderbar mit kleinen Permanentmagneten verformen, womit die Mädels dann hoffentlich gelernt haben, dass man mit Hilfe von Magneten das Plasma formen kann. Genau wie an unserem Stellarator.

Magneteinfluss
Einfluss eines Permanentmagneten auf ein Plasma; Bild: Alf Köhn, CC BY-SA

Dann gab’s noch ein paar Sonden zum anfassen und ein paar Programme zur Experimentsteuerung zum bedienen und fertig war die Station.

Eine weitere Station beschäftigte sich mit Lampen. Hier sollten die Mädels lernen, warum denn Gasentladungslampen “besser” sind als Glühlampen. Zum Anschauen gab es hier nicht nur verschiedenste Typen von Lampen, sondern auch Spektren, welche live beobachtet werden konnten.

Spektrum einer Gasentladungslampe
Spektrum einer Gasentladungslampe; Bild: Alf Köhn, CC BY-SA

Ein weiterer Punkt dieser Station war die immer sehr beliebte Wärmebildkamera, die eingesetzt wird, um zu schauen, an welchen Wandkomponenten eine eingestrahlte Mikrowelle (unerwünscht) viel Leistung deponiert. Wie so etwas ausschaut, genauergesagt, wie ich dabei ausschaue, kann man sehr schön in dem Bild erkennen.

Wärmestrahlung
Wärmestrahlung des Autors; Bild: Alf Köhn, CC BY-SA

Die dritte Station sollte den Mädels die Plasmatechnologie näher bringen. Dazu gab ersteinmal eine Menge toller Experimente zum bestaunen und anfassen und anschließend eine kleine Elektronenmikroskopie-Untersuchung – ein wichtiges Standardwerkzeug bei den Kollegen, um die Oberflächenbeschaffenheit nach der Wechselwirkung mit bestimmten Plasma zu untersuchen. Damit das ganze auch schön spannend für die Mädels ist, durften sie dann ihre eigenen Haare sowie einige Insekten sich einmal genauer anschauen.

Abschließend gab es dann noch eine Kleinigkeit zu essen ich glaube meine schwäbischen Kollegen würde das als Vesper bezeichnen. Um den Mädels die Form des klassischen Fusionsexperimentes einzuprägen, gab es die gereichten Donuts natürlich auch nicht ohne den entsprechenden Hinweis auf die Torus- oder eben Donutform.

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Alf Köhn-Seemann hat in Kiel Physik studiert und in Stuttgart über Mikrowellenheizung von Plasmen promoviert. Von 2010 bis 2015 war er dort als Post-Doc tätig. Nach mehreren Forschungsaufenthalten im englisch-sprachigen Raum, arbeitet er von 2015 bis Ende 2017 am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching. Seit Ende 2017 forscht und lehrt Alf Köhn-Seemann wieder an der Uni Stuttgart.

8 Kommentare

  1. Das habt Ihr aber schön gemacht …

    … da möchte man doch glatt einmal Mädel der Stufe 9 oder 10 sein. Vermutlich habt Ihr nachhaltig ein Wissensvakuum gefüllt und für immer zum Leuchten gebracht.
    Übrigens: “Ein Vakuum ist ein mit ausgepumpter Luft gefüllter Raum” (falls Ihr je in Nöte geraten solltet, was denn in so einem Vakuum am Leuchten ist).

  2. “[…]Zunächst einmal haben die Mädels einen echten Professor zu Gesicht bekommen […]” Gibt es auch unechte? 😉 *scherz*

    Die Idee vom Girl’s day finde ich nicht schlecht. Vor Jahren habe ich mal eine Doku gesehen, deren Fazit war, daß die Naturwissenschaften getrenntgeschlechtlich unterrichtet werden sollten, weil Mädels angeblich anders lernen als Jungs. Mich wunderte damals, daß man es nur auf die Naturwissenschaften bezogen betrachtete. Müßte es dann nicht im Umkehrschluß auch Fächer geben, in denen Jungs i.d.R. schlechter sind? Abgesehen vom Turnen im Sportunterricht? Wie sieht es denn da mit der Förderung aus?

    Übrigens waren am Anfang meines Biologiestudiums DEUTLICH mehr Frauen als Herren in den Vorlesungen vertreten, was bei so manchem Herren zu einem seeligen Dauergrinsen führte, weil sie umgeben von so vielen Frauen plötzlich zum “Hahn im Korb” wurden. 😀

  3. @ Ziegler

    Die meisten Mädels in “freier Wildbahn” wissen, daß es nicht böse gemeint ist und lassen sich das gefallen – außer wenn man es bei der ASTA mach so wie ich ;-). Im Fernsehen sieht das schon anders aus.

  4. Und was machen die Jungs?

    Lieber Herr Köhn,
    es ist sehr schön, dass Sie junge Menschen an die Wissenschaft heranführen. In diesem Land gibt es viel zu wenig akademischen Nachwuchs.
    Haben Sie die Mädchen mal gefragt, ob sich die Jungs beim gleichzeitigen berufsorientierten Besuch von Altenheimen und Frisuersalons sowie Blumengeschäften auch fühlen, als ob Ihnen die Zukunft zu Füßen liegt? Der Besuch der Seite neue-wege-fuer-jungs.de macht deutlich, dass der Girls Days eine steuerfinanzierte Diskriminierung der Jungen ist. Jungs sollen in Branchen gestossen werden, aus denen die Mädchen grad von den Feministinnen heraus geholt werden. Schade, dass Sie dies so mitmachen. Vielleicht können Sie ja nächstes Jahr auch Jungen einladen?

  5. @Nordlicht

    Die Diskussion, inwieweit das jetzt eine Diskriminierung der Jungen darstellt, führen wir natürlich auch vor jedem Girls’ Day erneut.
    Wir sehen es aber eher so, dass wir möglichst vielen Schüler die Möglichkeit geben wollen, einen Einblick in die akademische Welt zu erlangen.
    Auch außerhalb des Girls’ Day bieten sich für interessierte Schüler zahlreiche Möglichkeiten, einmal bei uns ‘reinzuschnuppern. So nehmen wir beispielsweise auch am BOGY-Programm teil, in dessen Rahmen Gymnasial-Schüler (und nur sehr selten Gymnasial-Schülerinnen) eine Woche lang bei uns “mitlaufen” können. Zudem stehen wir auch keinem Schüler im Wege, der ein freiwilliges Praktikum bei uns machen möchte, was gelegentlich während der Schulferien vorkommt. Diese ganzen Aktionen ziehen allerdings meist nur Jungen an unser Institut. Vielleicht brauchen die Mädchen einfach eine kleine Zusatzmotivation, um nicht schräg von ihren Mitschülern angeschaut zu werden? Und wenn der Girls’ Day das schafft, ist das doch OK.

  6. Mädel vs. Mädchen

    Bei der Anrede mit “Mädels” gab es keinen Widerspruch oder schiefe Blicke.
    Aber vielleicht ist ja jemand so freundlich und erklärt einem Norddeutschen, wie mir, einmal den genauen Unterschied zwischen Mädel und Mädchen…?

  7. @Alf Köhn: da gibt es keinen Unterschied, glaube ich. Der Ton spielt die Melodie.

    @Günter M. Ziegler: Soso, ein “echter” Professor? Haben Sie denn ein Echtheitszertifikat mit Seriennummer? 😉

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