Mars, Methan und das C-Wort

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Besser als Ulf von Rauchhaupt kann man es kaum formulieren: Das L-Wort ist zurück, seit man in Science die Sache mit dem Methan auf dem Mars lesen konnte. L wie Leben. Spannend, oder? Bevor wir uns aber ernsthaft den Spekulationen über methanbildende Marsmikroben hingeben können, müssen wir uns einem Thema widmen, das bisher eher in obskuren Nebensätzen abgehandelt wurde: Dem C-Wort. Chemie.   

Allen Rätseln, die der rote Planet seinen Erforschern aufgibt, liegt das große, umfassende Rätsel seiner Chemie zugrunde. Schlussfolgerungen auf der Basis irdischer Kenntnisse über Entstehung und Umwandlung von Mineralien erweisen sich auf dem Mars oft als trügerisch: Sulfate, vor Jahren als sicheres Zeichen eines früheren Sees gehandelt, entpuppten sich bei näherer Betrachtung als Produkt vulkanischer Vorgänge.

Auch in anderen Fällen beschleicht mich der Verdacht, dass ein beträchtlicher Anteil der Meldungen über mineralogische Indizien für Wasser auf dem Mars kaum anderes war als die selektive Wahrnehmung einer Spezies, die auf einem Wasserplaneten entstanden ist. In Wirklichkeit wissen wir nicht sehr viel über die Chemie des Mars und seiner Mineralien. Das wenige, was wir wissen, ist ungeheuer fremdartig.

Die Oberfläche des Mars scheint mit extrem oxidierenden Verbindungen wie Wasserstoffperoxid und Perchlorat versetzt zu sein, die durch elektrochemische Prozesse in den allgegenwärtigen Staubteufeln entstehen. 

Was an seiner Oberfläche allerdings in den nötigen Mengen fehlt, sind Carbonate. Und das ist ein wenig seltsam, denn wir können auf der Marsoberfläche die Spuren einer wärmeren Vergangenheit deutlich erkennen. Früher muss die Atmosphäre große Mengen Treibhausgase enthalten haben. Wo sind die hin? Bei Bad Astronomy gibt es eine nette Erklärung: Das Treibhausgas war nicht Kohlendioxid, sondern Schwefeldioxid. Die Seen des frühen Mars bestanden möglicherweise aus verdünnter Schwefliger Säure. Lecker. 

Eigentlich wissen wir nur, dass Methan auf der Erde aus Vulkanen kommt und ansonsten meist von freundlichen Mikroorganismen produziert wird. Über das Methan auf dem Mars wissen wir praktisch nichts. Es könnte ein fossiler Überrest vulkanischer Aktivität sein, es könnte durch anorganische Prozesse an irgendwelchen Mineralien entstehen oder gar durch Reaktionen mit Wasserstoff, den radioaktive Strahlung aus Wasser freigesetzt hat. 

Der Punkt ist: Wir wissen es nicht. Wir wissen zu wenig über die Chemie des Mars, um nur wegen einer kleinen Wolke Methan über seine Biologie zu spekulieren.

4 Kommentare

  1. L verkauft sich aber besser als C

    Tja, Lars. Da sprichst du wahre Worte gelassen aus. Aber C ist langweilig – denken zumindest viele. L dagegen, L ist sexy, L regt die Phantasie an und Journalisten müssen noch nicht mal großes Hintergrundwissen haben, um daraus was zu machen.

    Das Wortspiel mit dem Planeten, der nicht tot ist, war ja von der NASA bewusst doppeldeutig gewählt worden und ist von der PR-Warte her einfach genial.

  2. Komisch

    Ich finde es auch immer wieder seltsam. Da wird etwas entdeckt, man weiß nicht genau, worum es sich handelt und man geht direkt und ohne Skrupel vom unwahrscheinlichsten aller Fälle aus, nämlich Leben.

  3. leckere verdünnte Säure

    > Die Seen des frühen Mars bestanden möglicherweise aus verdünnter Schwefliger Säure. Lecker.

    Jetzt wissen wir endlich, weshalb Marswesen grün sind… 😉

    Die Begründung für die alle paar Jahre auftauchenden “Entdeckungen” angeblicher Lebensspuren auf unserem Nachbarplaneten ist überaus irdisch: Es müssen Finanzierungsengpässe geschlossen werden. Und da leistet L bessere Überzeugungsarbeit als C, B (Bildung), M (Menschenverstand), oder V (Vernunft).

  4. Verspäteter Kommentar

    > Eigentlich wissen wir nur, dass Methan
    > auf der Erde aus Vulkanen kommt und
    > ansonsten meist von freundlichen
    > Mikroorganismen produziert wird.

    Das habe ich letzten Monat bei einer Konferenz, bei der eine Menge Leute zugegen waren, die sich sehr gut mit Geologie auskennen, anders gehoert.

    Nach denen stammen über 90% des in der Eratmosphäre vorkommenden Methans aus biologischer Aktivität, groeßerem Tieren, Termiten, Faulgasen, Reisfeldern.

    Magmatische Vulkane selbst wurden explizit nicht als signifikante Quelle abititisch erzeugten Methans bezeichnet. Schlammvulkane dagegen schon. Aber da kommen zusammen nur etwa 9% des gesamten freigesetzten Methans zusammen.

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