Gefiederte Dinosaurier – bunt und kuschelig
BLOG: Fischblog
Neue Funde aus China zeigen, dass die Federn der Vogelartigen Dinosaurier von Anfang an farbig waren. Anhand kleiner Pigmentkörnchen in den Strukturen lassen sich Federn an Dinosaurierfossilien nicht nur eindeutig identifizieren, sondern auch ihre Farben erkennen.
Dass nicht alle Dinosaurier klassische Reptilienhaut trugen, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Die aktuelle chinesische Rekonstruktion eines Dinosauriers mit fellbedecktem Schwanz und Ringelmuster, erschienen gerade in Nature, wirft alledings alles woran man sich gerade gewöhnt hatte, schon wieder über den Haufen. Vergesst Jurassic Park – viele Dinos waren wahrscheinlich bepelzt und farbig gemustert.
Im Gegensatz zu den weitgehend spekulativen Rekonstruktionen in Museen und Büchern gibt es in diesem Fall sogar für die Farben handfeste Belege. Zhang und Coautoren konnten nämlich zeigen, dass die Federn (beziehungsweise in vielen Fällen haarförmige Proto-Federn) nach exakt dem gleichen Prinzip gefärbt waren wie es bei modernen Vögeln und in den Haaren von Säugetieren geschieht: Durch Einlagerung von Melanosomen.
Melanosomen sind kleine, mit dem Farbstoff Melanin gefüllte Organellen, die in der Feder (und im Haar von Säugetieren) verteilt sind. Moderne Vögel besitzen zwei Typen von Melanosomen, die sich in Form, Inhalt und Farbe unterscheiden. Einerseits solche, die schwarzes Eumelanin enthalten, und zum anderen Körnchen des rötlichen Phäomelanins. Beide Sorten haben eine recht charakteristische Form. Die Eumelanin-Körnchen sind länglich mit abgerundeten Enden, während das Phäomelanin in abgeflachten Kügelchen vorliegt.
Melanosomen. Quelle: Nature
Mit Hilfe dieser Farbstrukturen, die offensichtlich die Versteinerung gut überleben, haben Paläontologen jetzt die ersten Gefiederfarben entschlüsseln können. Die Fossilien stammen aus der fossilführenden Jehol-Formation in Nordostchina, dank deren Fossilien die Abstammungslinie der modernen Vögel und die Entwicklung der ersten Federn aufgeklärt wurden. In diesen Fossilien haben die Forscher nun auch die Spuren von 120 Millionen Jahre alten Federpigmenten gefunden. Und zwar nicht zu knapp.
Die Melanosomen der Dinosaurier tauchen nicht nur in klassischen Federn (mit Fahne) auf, sondern interessanterweise auch in umstrittenen Hautfilamenten, die von einigen Paläontologen als Federn gedeutet werden, von anderen dagegen als Kollagenfilamente, die erst durch Verwesung freigesetzt wurden. Die Filamente hat man inzwischen bei vielen Verschiedenen Dinosaurierarten gefunden, so dass zumindest die Möglichkeit besteht, dass dieser Pelz zur Grundausstattung aller Dinosaurier gehörte. Die Entdeckung der Melanosomen in diesen Strukturen zeigt jedenfalls – wenn sie der Überprüfung standhält – dass Proto-Federn der einen oder anderen Sorte unter Dinosauriern recht verbreitet waren.
Dass es sich tatsächlich um Melanosomen handelt und nicht um Bakterien oder Mineralien, schließen die Autoren aus Aussehen und Lage der Körnchen. Sie bilden geordnete Schichten innerhalb der Feder selbst und genau in den Teilen der Feder, die auch bei modernen Vögeln Melanosomen enthalten. Tatsächlich scheinen die Melanosomen der Hauptgrund zu sein, weshalb überhaupt so viele Federn erhalten sind. Melanine sind recht stabil gegen biologischen und chemischen Zerfall, stabiler jedenfalls als das Keratin der Feder selbst: Teile der Feder, die bei normalen Vögeln kein Melanin einlagern, sind meist nicht erhalten.
Tatsächlich zeichnen die Melanosomen bei einigen Dinosauriern deutlich erkennbare Muster nach. Der kleine Fleischfresser Sinosauropteryx zum Beispiel hatte offenbar breite Streifen Phäomelanin-haltiger Federn auf dem Schwanz, die in der künstlerischen Rekonstruktion ein niedliches orangerotes Ringelmuster ergeben. Bei anderen Arten wie Confuciusornis und Sinornithosaurus fanden die Wissenschaftler beide Melaninarten in unterschiedlicher Verteilung und Dichte, teils sogar innerhalb einzelner Federn, was auf deutlich komplexere Muster hindeutet.
Erstaunlicherweise scheint selbst bei Zhang und Coautoren das alte Bild von den eintönig grün-braunen Dinos nachzuwirken, denn ihrer Meinung impliziert das Vorhandensein von schwarzem Eumelanin und braunem Phäomelanin, dass die entsprechenden Dinos schwarz-braun gemustert gewesen sein müssten. Doch dabei lassen sie ein weiteres wichtiges Phänomen außer Acht, das modernen Gefiedern ihre Farbenpracht verleiht: Die Strukturfarben.
In vielen modernen Vögeln ist speziell das Eumelanin nur die schwarze Grundierung für eine ganze Reihe von farbgebenden Mechanismen, die von eingelagerten Carotinoiden (das Grün der Sittiche ist eine Mischfarbe aus gelben Carotinoiden und dem dunklen Eumelanin-Hintergrund) bis hin zu Streu- und Brecheffekten an Federstrukturen (die schillernden Schwanzfedern des Pfaus, im Detail nachzulesen in diesem Paper) reichen und sich leider bei der Versteinerung wohl nur schwer nachweisen lassen.
Es ist jedenfalls nicht einzusehen, weshalb Dinos diese Strukturfarben nicht gehabt haben sollten. Allerdings gehe ich davon aus, dass immerhin die farbliche Rekonstruktion von Sinosauropteryx im Wesentlichen korrekt ist – Phäomelanin ist kein guter Hintergrund für brilliante Struktureffekte, und eine Quelle für farbverändernde Pflanzenstoffe ist bei einem Fleischfresser auch nicht in Sicht.
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Zhang, F., Kearns, S., Orr, P., Benton, M., Zhou, Z., Johnson, D., Xu, X., & Wang, X. (2010). Fossilized melanosomes and the colour of Cretaceous dinosaurs and birds Nature DOI: 10.1038/nature08740
Da Sitze ich nun schon seit 9 Uhr in der Uni und habe jetzt erst was neues gelernt. Damit ist der Tag gerettet 🙂
Is’ ja auch kein Wunder…
…wenn du die ganze Zeit im Internet rumsurfst. :-p
Das ist eine sehr coole Studie. Auch wenn für die Wissenschaftskommunikation die Farbmuster das wesentlich hervorzuhebende Ergebnis sind, ist nicht für die Biologie viel wichtiger dass Proto-Federn weit verbreitet waren? Immerhin hat man so einen plausiblen Weg zu den Vögeln, und die Proto-Federn müssen ja einem anderen Zweck gedient haben als dem Fliegen.
Gerade deswegen sind auch die Farbmuster ja so spannend. Offenbar sind die Melanosomen ein wichtiger Bestandteil selbst der primitivsten Federn – und das heißt, die Farbmuster müssen irgendwie mit dem ursprünglichen Zweck der Federn in Verbindung stehen. Die große Frage ist halt, ob es eher um Kommunikation oder um Tarnung geht, und da könnten die Muster natürlich einen Hinweis geben.
Vor dem Hintergrund ist es natürlich wahnsinnig schade, dass die Strukturfarben wohl für immer verloren sind.
@Lars
Wunderschöner Artikel, danke! *Liest-begeistert-zum-zweiten-Mal*
Ergänzend möchte ich nur anmerken, dass außer Tarnung oder Kommunikation auch die Balz (die Du wahrscheinlich unter Kommunikation subsumiert hast!?) für das Entstehen farbiger Gefieder in Frage käme, später vielleicht auch Wärmeregulation und noch später Flug.
Hey, wie wäre es mal mit einer Dino-Reihe im Fischblog! Ich würde mich dafür mit weiteren Venus-Statuetten revanchieren! 🙂
Beste Grüße!
Ja.
Der ganze Signalkram, Balz, Territorialverhalten etc ist alles unter Kommunikation. Ich denke das wird man nie so genau auseinanderpfriemeln können.
Das mit den Venusstatuetten ist n Deal. Ich würd eh gerne mehr allgemeine Religionswissenschaft von dir lesen. Schon um mal das Missverständnis aus der Welt zu schaffen, du seist Theologe. Du wärst überrascht wie oft ich das irgendwelchen Leuten erklären muss. ^^
Spannende Studie
Schon kurios, wie eine einzige Studie das gewohnte Bild vom “farblosen” Dino über den Haufen werfen kann. Bin mal gespannt wie lange es dauert, bis die Erkenntnisse den Weg in die populärwissenschaftliche Literatur und ins Infotainment finden…
“die in der künstlerischen Rekonstruktion ein niedliches orangerotes Ringelmuster ergeben.”
Da musst ich echt lachen als ich das las. Ich glaub ich such mal nach einem Dinosaurierstrickmuster und rekonstruiere die Farbgebung dann mal künstlerisch.
Wie immer ein schöner Artikel.
Cooler Artikel. Habe im Naturkundemuseum bei uns neulich auch ein Velociraptor Modell gesehen, das genau solche Federn hatte und auch eine ähnliche Farbe. Früher sahen die Darstellungen schon sehr anders aus (siehe die alten Jurrasic park Filme) aber nach den Entdeckungen in China scheint sich das geändert zu haben.