Das ist neu: stabile Ethermetallate aus bimetallischen Zinkverbindungen

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Es kommt nicht allzu häufig vor, dass Science einem Chemie-Paper einen eigenen Kommentar widmet. Umso mehr, wenn es sich dabei um klassische Synthesechemie mit unscheinbaren kleinen Molekülen handelt. Was wir in der letzten Ausgabe lesen konnten ist allerdings auch ein echter Durchbruch mit weitreichenden Folgen. Forscher haben ein zentrales Hindernis für eine der bedeutendsten chemischen Reaktionen überhaupt überwunden und der organischen Chemie den Weg zu zigtausenden neuen Synthesen geebnet. Hintergrund ist eine einfache Säure-Base-Reaktion.
Allerdings geht es hier um extrem schwache Säuren, erheblich schwächer als zum Beispiel Essig. Bei ihnen muss eine Kohlenstoff-Wasserstoff-Bindung gespalten werden, was einerseits sehr schwer ist, andererseits allerdings auch ausgesprochen wichtig für die chemische Synthese. Denn auf diese Weise kann maneine normalerweise wenig reaktionsfreudige Verbindung aktivieren: Das entstehende negativ geladene Kohlenstoffatom kann dann zum Beispiel mit einem Halogenalkan reagieren, und es entsteht eine neue Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung.

So stellt man aus billigen kleinen Molekülen wie Ethylpropionat teure große Moleküle wie Taxol her. Mit solchen neuen Bindungen zwischen zwei Kohlenstoffatomen machen alleine deutsche Firmen jährlich etwa 100 Milliarden Euro Umsatz.

Konkret geht das so: Um zum Beispiel von einem substituierten Aromaten das sauerste Wasserstoffatom abzuspalten, setzt man eine sehr starke Base ein, wie t-BuLi. Das reagiert mit dem Wasserstoff zum Isobutan, und das Lithium lagert sich an das übrigbleibende Kohlenstoffatom an. Das bezeichnet man als Metallierung, und mit dem Produkt kann man die schönsten Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen knüpfen.
Das funktioniert allerdings nicht immer. Bei einigen Stoffen wird die Reaktivität des metallierten Zwischenproduktes zum Problem. Es reagiert mit sich selbst und dabei entsteht alles mögliche, nur nicht das was man haben will. Das betrifft unter anderem zyklische Ether, die nun leider in fast allen interessanten Stoffen vorkommen. Die haben die unerfreuliche Angewohnheit, sich in kleine Stücke zu zerlegen, wenn man sie metalliert. Dies ist das Problem, mit dem sich Kennedy und Kollegen beschäftigt haben.


Der untere Ring ist
das metallierte
Tetrahydrofuran

Die Lösung scheint zu sein, den metallierten Ether in ein größeres Molekül einzubauen und es so zu stabilisieren. Dazu verwendeten sie eine komplexe Base, die als Metalle Natrium und Zink und noch ein paar andere Hilfsmoleküle enthält. Auch hier wird ein Wasserstoff entfernt und durch ein Metall, hier Zink, ersetzt. Zusätzlich aber bilden die Hilfsmoleküle und das Natrium zusammen mit der Zink-Kohlenstoffgruppe einen  weiteren Ring, der mit dem instabilen Ring des Ethers zusammenhängt und offenbar verhindert, dass er sich zersetzt.

 


Dreidimensionales Modell des bimetallischen Komplexes. Die Orientierung des Modells entspricht der Skizze. Gelb: Natrium, silber: Zink, violett: Silizium.Grün: Koordinative Bindung.

Das Produkt ist so stabil, dass es sich bequem aus der Lösung isolieren und ausführlich untersuchen lässt. Im Gegensatz zu vielen anderen metallierten Verbindungen. Offen ist derzeit, wie das im Detail funktioniert, insbesondere die Rolle des Natriums. Unterbindet tatsächlich die Ringstruktur eine eventuelle Umlagerung, oder stabilisiert allein das Zink dank seiner höheren Elektronegativität das metallierte Produkt? In diesem Fall wäre der Natrium-Ring nur für die Metallierungsreaktion selbst wichtig. Es wäre mal interessant zu wissen, wie das Produkt reagiert, wenn man einen Kronenether zusetzt.

Kennedy, A., Klett, J., Mulvey, R., & Wright, D. (2009). Synergic Sedation of Sensitive Anions: Alkali-Mediated Zincation of Cyclic Ethers and Ethene Science, 326 (5953), 706-708 DOI: 10.1126/science.1178165

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