Wer kriegt den Chemie-Nobelpreis 2022?

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Dieses Jahr kehre ich beim traditionellen Chemie-Nobelpreis-Raten zu zwei meiner langjährigen Favoriten zurück. Aus meiner Sicht wäre dieses Jahr mal wieder ein biochemisches Thema dran. Und zwar ein Thema, das 2018 quasi übersprungen wurde, als Arnold, Winter und Smith den Preis für gerichtetes evolutionäres Design von Enzymen bekamen. Aber wenn man wirklich mit Proteinen rumspielen will, dann kommt man um Proteinfaltung nicht herum.

Nicht zuletzt ist auf diesem Gebiet in den letzten paar Jahren auch echt wieder viel passiert, und zwar in Form von AlphaFold und so. Das sind Systeme, die immer besser vorhersagen, wie sich die langen Aminosäureketten der Polypeptide tatsächlich zum dreidimensionalen Protein zusammenlegen. Und natürlich gibt es auch in der Zelle eine ausgeklügelte Maschinerie, die dafür sorgt, dass jedes Enzym seine korrekte Form annimmt.

Deswegen setze ich beim Chemie-Nobelpreis dieses Jahr auf Franz-Ulrich Hartl und Arthur Horwich für ihre Untersuchungen über Proteinfaltung in der Zelle durch Hitzeschockproteine. Denen drücke ich schon seit 2010 die Daumen, und dieses Jahr sind sie auch bei der Chemistryworld-Umfrage ganz oben. Das dritte Drittel des Preises könnte dann an John Jumper gehen, den Entwickler von Alphafold. Das hätte auch etwas schön interdisziplinäres.

Auch ganz oben auf meiner Liste ist Omar Yaghi für die Metal-Organic Frameworks. Wobei ich persönlich denke, dass es da noch n bisschen dauert, einfach weil die MOFs grad vor dem ganz großen Durchbruch in den Alltag stehen. Kann mir vorstellen, dass man noch abwartet, zumal bei Yaghi auch nicht so der ganz große Zeitdruck da ist.

Wer’s auch verdient hat und auch bei vielen Tipps sowohl für Medizin als auch Chemie dieses Jahr ganz weit oben ist: Katalin Karikó. Die hat die mRNA-Technik entwickelt, auf der die Corona-Impfstoffe und vermutlich bald auch viele andere RNA-basierte Techniken wie Krebstherapien basieren. Es ist durchaus möglich, dass sie den Preis jetzt schon kriegt – vielleicht auch als sanfte Erinnerung, dass es Covid noch gibt und die Omikron-Auffrischung ne echt gute Idee wäre. Andererseits könnt man auch noch zwei, drei Jahre warten, bis die mRNA-Immunotherapien gegen Krebs tatsächlich auf den Markt kommen.

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