Chemie-Nobelpreis 2017 – wer wird’s?

Dann will ich also mal wieder der Tradition folgen und meine Nobelpreis-Tipps in den Ring werfen. In der Physik wäre das mal wieder einfach, da würde niemand auch nur einen Hosenknopf dagegen wetten, dass es die Gravitationswellen werden. In der Chemie dagegen gibt es keine brandheißen Entdeckungen, die als offensichtliche Favoriten ins Rennen gehen.

Gut, das stimmt nicht ganz. Alle gehen davon aus, dass sehr bald ein Nobelpreis für CRISPR/Cas9 verliehen wird, vermutlich an Jennifer Doudna, Emmanuelle Charpentier und Feng Zhang. Die Methode ist jetzt schon eine der bedeutendsten Entdeckungen der letzten Jahrzehnte.

Es würde mich aber doch etwas überraschen, wenn das schon jetzt passieren würde. Das ganze juristische Theater rund um CRISPR/Cas9 ist noch sehr präsent, und die Diskussionen um angebliche Off-Target-Effekte steht auch noch im Raum. Vor allem spricht überhaupt nichts dagegen, noch zwei, drei Jahre zu warten: Anders als bei anderen anstehenden Preisen muss man nicht fürchten, dass die Leute bis dahin wegsterben.

Womit wir bei einem langjährigen heißen Kandidaten wären: John B. Goodenough. Der hat zusammen mit Stanley Whittingham die Grundlagen für die modernen Li-Ionen-Akkus gelegt und ist inzwischen 95 Jahre alt. Was den praktischen Nutzen für die Menschheit angeht, ist das auf jeden Fall einer der Spitzenreiter unter den Entdeckungen der letzten Jahre.

Auf Platz drei meiner Liste ist eine weitere Revolution, von der aber viel weniger Leute etwas mitbekommen haben als von den beiden prominenten Themen oben: Direkte, gezielte C-H-Funktionalisierung. In den letzten Jahren ist mir das Thema praktisch wöchentlich begegnet, einen Einblick gibt es zum Beispiel hier. Das ist eine der wenigen Entdeckungen, für die man tatsächlich die Lehrbücher umschreiben müsste: Ungefähr drei Viertel der bisherigen organischen Chemie bestehen aus Tricks, die man sich ausdenken musste, weil man bisher C-H-Bindungen eben nicht direkt funktionalisieren konnte. Laut Citation Laureates sind die hauptverdächtigen Forscher  John Bercaw, Robert Bergman und Georgiy B. Shul’pin.

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