Chemie-Nobelpreis 2010: Die Kandidaten

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Update: Nobelpreis für die Palladium-Katalyse! Endlich! Heck, Negishi und Suzuki bekommen ihn.

Ist etwas schon wieder ein Jahr rum? Nächsten Mittwoch um viertel vor elf wird das Nobel-Komitee den diesjährigen Preisträger in Chemie benennen. Höchste Zeit, sich ein paar Gedanken zu machen und beim alljährlichen Preisträger-Raten mitzumachen.

Ich hatte ja schon letztes Jahr anklingen lassen, dass ich gerne jemanden aus dem Dunstkreis der Palladium-Katalyse geehrt sehen würde, also Suzuki, Sonogashira oder Heck. Angesichts der Bedeutung dieser Reaktionsklasse wäre es ziemlich absurd, wenn es dafür nicht irgendwann den einen oder anderen Nobelpreis gäbe. Allerdings habe ich inzwischen meine Zweifel, dass sie es werden, und damit bin ich nicht allein. Zu viele Leute, die man da übergehen würde.

Ganz oben auf fast allen Listen (u.a. bei ChemBark) stehen dieses Jahr Zare und/oder Moerner für ihre Beiträge zu Lasermethoden und Einzelmolekülspektroskopie. Die Technik hat sich seit ihrer Entwicklung in den Biowissenschaften ausgebreitet wie Läuse in einem Kindergarten und ist definitiv preisverdächtig. Gute Chancen haben auch Gray und Lippard, die im Wesentlichen die Bioanorganische Chemie erfunden haben, Gray mit seinen Elektronentransfers, Lippard mit den Metalloproteinen. Außerdem hab ich noch Victor Ambros auf dem Zettel, der die erste regulatorische RNA entdeckt hat.

Für unwahrscheinlich halte ich einen Chemie-Nobelpreis für Chambon und Kollegen, die für ihre Forschungen an Kernrezeptoren zu den Favoriten gezählt werden. Nach GFP und Ribosom reicht es jetzt erstmal für ne Weile mit Peptidzeugs, und der allgemeine Unmut über die Bio-Lastigkeit der letzten Preise dürfte auch am Nobel-Komiteee nicht vorbei gegangen sein. Ähnliches gilt für Horwich und Hartl, die für ihre Arbeit an Hitzeschockproteinen geehrt werden könnten. Vielleicht trifft man diese Leute ja beim Medizin-Preis wieder.

Als aussichtsreiche Außenseiter sehe ich Krzysztof Matyjaszewski, der zu den bemerkenswerten Entwicklungen in der Polymerchemie, speziell die “lebenden” und pseudo-lebenden (radikalischen) Polymerisationen, beigetragen hat. Und eigentlich wäre die Nanotechnik auch inzwischen reif für einen Preis, die Kandidaten hier sind Whitesides und/ oder Lieber. Martin Karplus würde ich auch nicht völlig abschreiben, schon weil die Theoretiker und Computer-Leute seit zehn Jahren leer aus gegangen sind.

Was sagt ihr?

15 Kommentare

  1. ganz klar:

    klaus deistung müsste den nobelpreis kriegen; nicht nur in chemie, sondern auch gleichzeitig in all den anderen fächern. Aber auch den prix pantheon! denn er ist der klügste, der super bescheid weiß auch mit den vielen aliens überall.

  2. Gerüchte

    Glaubt man manchen Gerüchten, dann wäre die Pd-Chemiker schon vor längerer Zeit ausgezeichnet worden. Doch ein wichtiger Protagonist, John Kenneth Stille verunglückte leider 1989 tödlich. Tsuji und Trost sind auch bedeutende Pd-Chemiker. Heck hat zwar die nach ihm benannte Reaktion entdeckt, doch das potential wurde u. a. von Larry E. Overman entdeckt. Ich denke das es zu viele bedeutende Pd-Chemiker, weshalb diese Preise noch mehr diskutiert als sonst zur Diskussion führen würden. #
    Ich hoffe jedenfalls, dass nicht schon wieder Biochemiker den Preis bekommen. Auch die anderen Teilgebiete der Chemie sind von großer Bedeutung.
    George Whitesides (cooler Freak) wurde auch schon in Verbindung mit der Supramolekularen Chemie genannt (Noblepreis an Lehn). Mein persönlicher Favorit ist Martin Karplus

  3. @Maulwurf

    Es dürfen halt nur drei Leute den Preis bekommen, und das würd bei Pd immer Gemecker geben. Andererseits hat Gemecker das Komitee noch nie abgehalten…

    Ich kann mir vorstellen, dass es Ambros wird, der hat vor zwei Jahren den Lasker-Preis gekriegt.

  4. Ich bin dieses Jahr ahnungslos

    Wird wohl nichts mit dem Hattrick, nachdem ich die letzten beiden Jahre richtig getippt hatte. Dieses Jahr fehlen mir irgendwie die Ideen für gute Kandidaten, die nicht schon seit Jahren immer wieder durchgekaut werden. Liegt vielleicht auch daran, dass ich auch der Meinung bin, dass der Chemiepreis an “richtige” Chemie geht, da kenn ich mich nicht so gut aus. Und der Medizin-Preis könnte mMn an ein sehr angewandtes medizinisches Thema gehen und weniger die Grundlagenforschung. Ebenfalls nicht so meins. Die Tendenz hat man ja auch bei den diesjährigen Lasker Awards sehen können.

  5. Da das Kommitee in dieser Dekade ihre Liebe für die Amerikaner wieder entdeckt hat (13 Preisträger in 10 Jahren), tippe ich willkürlich auf die Zare-Moerner Stanford Connection.

  6. George Whitesides wird definitiv irgendwann mal einen Nobelpreis bekommen. Er hat unheimlich viel geleistet und ist immerhin der meist zitierte Chemiker aller Zeiten. Er ist unheimlich sympathisch und erinnert mich ein bischen an Harald Schmidt. Ich bin ihm mal am MPI in Dortmund begegnet.

    Steve Lippard bin ich mal auf einer Konferenz in New York begegnet. Ich fand ihn menschlich ziemlich … schwierig, er ist aber ein herausragender Chemiker. Harry Gray würde ich es unbedingt gönnen. Ich habe ihn mal in Basel kennengelernt, am Ende seines Vortrags musste JEDER der Anwesenden eine Frage zu seinem Vortrag stellen, auch die Studenten. Cooler Typ und menschlich sehr angenehm!

    Mein Tipp ist also 1. Whitesides gefolgt von Lippard/Gray!

  7. @Alex

    Der letzte möglicherweise relevante Lasker-Award war tatsächlich der für Ambros, einer der Gründe weshalb ich ihn aufgenommen hab…

    @ Michael:
    Das Problem bei Whitesides ist, dass es bei ihm mehr ein Preis für das Lebenswerk wäre, und dazu muss er wohl noch ein bisschen älter werden. Aber verdient hat er ihn.

  8. @Lars: Da hst du wohl Recht mit Whitesides. Das Komitee müsste sich dann wohl einen Arbeitsbreich rauspicken, wie sie es letztes Jahr bei Szostak ja auch schon getan haben (s.u.).

    Ich hätte noch ein paar andere Kandidaten auf meiner Liste:
    Ron Breaker für die Entdeckung der Riboswitches (ist aber wohl noch zu früh)
    G.F. Joyce, L. Gold, A. E. Ellington und J. Szostak (der hat aber schon einen) für SELEX.

    Was ist mit Single Molecule (via FRET), ist auch ziemlich hip im moment?

  9. @Lars

    Was den Lasker Award angeht, würde ich mir ja eher für Baulcombe statt Ambrose den Nobelpreis wünschen, die Pflanzenleute werden eh viel zu oft übergangen.

  10. Chemie-Nobelpreis 2010: Die Kandidaten

    … im Bereich Nanotechnologie, Supramolekulare Chemie sehe ich neben Whitesides eher Stoddart/Heath insbesondere für den Bereich Molecular Computing.

  11. Richtiger Riecher

    Da hatten Sie aber nen richtig guten Riecher Herr Fischer. Hätte man nicht auch vier Wissenschaftler ehren können, also plus Sonogashira?

  12. @Uwe

    Sicher wäre das schön gewesen. Sonogashira, Stille (1989 gestorben), Trost, Buchwald und Hartwig,… wären weitere Namen

    Die “Richtlinien” für die vergabe des Nobelpreises lassen aber leider nur maximal 3 Personen zu.

    Mich hat Negishi überrascht, da die Sonogashira-Reaktion zumindest im akademischen Bereich allgegenwärtiger ist.

  13. Negishi ist die Überraschung

    Da werden wieder Diskussionen folgen: Vorallem um Negishi.
    Und mit Verlaub gesagt er ist ein A……..
    Hatte schon das “Vergnügen” mit ihm persönlich zu reden.
    Doch was solls, wenigstens waren es “richtige Chemiker”

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