Blogwichteln 2009 – Regen ist nicht gleich Regen

BLOG: Fischblog

Wissenschaft für alle
Fischblog

Auch dieses Jahr fand natürlich wieder das traditionelle Advents-Blogwichteln statt. Nachdem der Gastgeber der letzten Jahre, Herr Hollemann, leider nicht mehr bloggt, hat dieses mal bei Frau Bhuti Gastgeberin gespielt und die Organisation übernommen. Für wen ich geschrieben habe, verrate ich natürlich nicht, die komplette Liste aller 35 teilnehmender Blogs gibt es hier. Viel Spaß beim Suchen.

Der heutige Wichtelbeitrag von Unbekannt befasst sich mit dem Thema Regen und Klima, über das ich gerade letzte Woche anderswo ausführlich geschrieben hatte. Insofern passt das ganz gut. Ich habe auch schon einen vagen Verdacht, wem ich das gute Stück verdanke, aber dazu später mehr…

Das Klima verändert sich nicht nur im fernen Regenwald (großer Wald) oder in Kopenhagen (Hauptstadt) – der anthropogene Klimawandel führt auch vor der eigenen Haustür zu bedeutenden Änderungen in der Art und Verteilung des Niederschlags:

1) Der Anteil advektiver Niederschläge nimmt zugunsten konvektiver Niederschläge ab (keine Angst, Erklärung folgt schnellen Fußes)

2) Tendenziell nimmt der Niederschlag im Winter zu und im Sommer ab.

3) Tendenziell überwiegt im Westen Deutschlands die Zunahme, im Osten die Abnahme (immer noch Regen, keine Pfunde)

Was bedeutet das für uns im Einzelnen? (Jetzt folgt die versprochene Erklärung)

Niederschlag entsteht grundsätzlich auf zwei Arten: advektiv und konvektiv (zwei sonst im normalen Sprachgebrauch verständlicherweise vernachlässigte Wörter) Beim advektiven Niederschlag gleiten warme Luftmassen auf kalte auf. Durch die Abkühlung an der Front und das Aufsteigen der warmen Luft sinkt die Aufnahmekapazität von Luft für Wasserdampf, sodass dieser als Niederschlag ausfällt. Advektiver Niederschlag ist beispielsweise Landregen, bei dem innerhalb eines langen Zeitraums großflächig und gleichmäßig Regen fällt. Nass ist natürlich beides.

Beim konvektiven Niederschlag steigen Luftpakete relativ vertikal auf.

Sie steigen umso weiter auf, desto wärmer die Luftpakete im Vergleich zur Umgebungstemperatur sind. Beim Aufstieg kühlen sich die Luftpakete ab und der enthaltene Wasserdampf fällt als Regen aus. Dieser Prozess ist nicht so großräumig wie der advektive Niederschlag, sodass innerhalb kurzer Zeit auf einem kleinen Raum sehr viel Regen fällt.

In der Summe mag durch advektiven und konvektiven Niederschlag gleich viel Regen fallen und doch ist es beispielsweise für die Flora ein himmelweiter Unterschied, wie der Regen fällt (bestätigten mir glaubhaft Pflanzen, mit denen ich gesprochen habe)  Regen ist eben nicht gleich Regen. Bei viel Regen innerhalb kurzer Zeit fließt das Wasser schnell an der Oberfläche ab.

Die Böden sind damit überfordert, die Wassermassen aufzunehmen. Bei weniger Regen innerhalb eines langen Zeitraums ist der Boden dazu in der Lage, sodass er Feuchtigkeit speichern und an die Pflanzen abgeben kann.

Fällt mehr Niederschlag innerhalb kurzer Zeit und weniger über einen längeren Zeitraum, so nimmt die Zahl der trockenen Tage zu. Starke Niederschläge einerseits und mehr trockene Tage führen zu extremen hydrologischen Ereignissen wie Überschwemmungen und Trockenheit.

Die Verstärkung der jahreszeitlichen Variation bleibt ebenfalls nicht folgenlos:
Durch die Abnahme des Niederschlags im Sommer sind besonders trockene Gebiete stark dürre- und waldbrandgefährdet. In Südeuropa ist bereits heute die Wasserknappheit im Sommer sehr kritisch. Diese Situation wird sich in Zukunft sogar verschärfen. Der vermehrte Niederschlag im Winter hingegen führt zu mehr Hochwasserereignissen. Diese Wassermengen können nicht für die Wasserversorgung nutzbar gemacht werden.

Eine ganzjährig zuverlässige Wasserversorgung wird zudem dadurch erschwert, dass durch die zunehmenden Temperaturen Niederschlag häufiger als Regen und seltener als Schnee fällt. Außerdem schmilzt Schnee durch höhere Temperaturen schneller. Im Winter und im Frühjahr erhöht sich daher der Abfluss (viel Wasser, noch mehr Wasser, Hochwassergefahr), im Sommer verringert er sich, obwohl in diesem Zeitraum der Wasserbedarf am höchsten ist.

Was bedeutet diese Entwicklung für Deutschland? Nun, im Westen werden wir verstärkt mit Hochwassern zu kämpfen haben, während im Osten Gebiete immer trockener werden. Vielleicht werden wir zukünftig auch mit so massiven Waldbränden zu kämpfen haben wie in Griechenland, Australien oder Kalifornien. Klima beeinflusst also nicht nur Regenwald, sondern auch Schwarzwald… Schwarzsehen muss man jedoch nicht, nur grün handeln…

7 Kommentare

  1. Oha!

    Ein Qualitätsblogwichtel! Ok, das sind sie ja alle, aber da war wohl entweder eine Menge Recherche oder eine Menge Grunlage da, je suis impressed.

  2. Hier mal eine Zusammenstellung über die Häufigkeitsentwicklung der Extremniederschläge (jeweils das >99%-Perzentil) der frei verfügbaren DWD-Stations-Tagesniederschläge sowie der Summe aller Stationen:

    http://img197.imageshack.us/…mescount1956200.png

    Ich habe als Startjahr der Auswertung 1956 gewählt, weil ich da von einer durchgehend modernen Instrumentierung ausgehe, weil ab diesem Zeitpunkt bei diesen Stationen kaum Überwachungslücken auftraten (Ausnahme Potsdam mit ~ 5% Ausfällen) und weil da der industrielle Nachkriegsboom in vollem Umfang einsetzte, dem letztlich unsere Klimaveränderungen zugeschrieben werden.

    Die wenigen statistisch signifikanten Zusammenhänge, die vereinzelt auftreten, sind als Zufallsresultat erklärbar – zB sollten 100 simulierte Zufallszeitreihen im Schnitt etwa 5 Zeitreihen mit einem signifikanten Trend (p

  3. (Hups, da gab’s wohl gerade einen Hänger mit den Ungleichzeichen im Text; also nochmal vollständig:)

    Hier mal eine Zusammenstellung über die Häufigkeitsentwicklung der Extremniederschläge (jeweils das >99%-Perzentil) der frei verfügbaren DWD-Stations-Tagesniederschläge sowie der Summe aller Stationen:

    http://img197.imageshack.us/…mescount1956200.png

    Ich habe als Startjahr 1956 gewählt, weil ich da von einer durchgehend modernen Instrumentierung ausgehe, weil ab diesem Zeitpunkt bei diesen Stationen kaum Überwachungslücken auftraten (Ausnahme Potsdam mit ~ 5% Ausfällen) und weil da der industrielle Nachkriegsboom in vollem Umfang einsetzte, dem letztlich unsere Klimaveränderungen zugeschrieben werden.

    Die wenigen statistisch signifikanten Zusammenhänge, die vereinzelt auftreten, sind als Zufallsresultat erklärbar – zB sollten 100 simulierte Zufallszeitreihen im Schnitt etwa 5 Zeitreihen mit einem signifikanten Trend (p <0.05) produzieren.

    Mein Fazit: Ein genereller Trend hin zu vermehrten Extremniederschlägen ist anhand dieser Daten in Deutschland innerhalb der letzten 50 Jahre nicht nachzuweisen.

  4. Nach dem jüngsten Kommentar in meinem…

    … eigenen Blog habe ich mittlerweile einen Verdacht, um wen es sich handeln könnte. Aber sicher bin ich mir nun leider auch wieder nicht.

Schreibe einen Kommentar