Abnehmen mit Wasser

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Dass Sport laut aktueller Forschungsergebnisse nicht dazu beiträgt, überflüssige Pfunde loszuwerden, hatte ich kürzlich andernorts ausgeführt. Dabei blieb allerdings die Frage offen, wie man denn nun wirklich abnimmt.  Die einschlägige Literatur ist voll mit Geheimtipps und Wundermitteln, aber im Grunde gibt es nur ein sicheres Rezept: Weniger essen.

Damit fangen die Probleme allerdings erst an, und egal welche Methode man wählt, sie erfordern alle ein erhebliches Maß an Willenskraft, und wer hat die schon? Dementsprechend vielfältig sind die Tricks und Kniffe, mit denen der eigene Appetit zumindest ein wenig überlistet werden soll. Forscher der Virginia Tech haben in der Zeitschrift Obesity eine entsprechende Untersuchung veröffentlicht, die sich einer sehr weit verbreiteten Strategie annimmt. Mit der Methode konnten die Forscher (genauer gesagt ihre Probanden) den Gewichtsverlust während einer Diät um fast die Hälfte steigern. Man braucht sich zur Abwechslung auch keine Sorgen zu machen, dass es sich um bloße Verkaufsförderung handelt, denn in diesem Fall ist das Wundermittel ganz einfach Wasser.

Neu ist die Idee nicht. Dass Wasser trinken beim Abnehmen hilft, gehört seit geraumer Zeit zum festen Repertoire vieler Abnehmratgeber. Unabhängige Belege für die Wirksamkeit sind bisher jedoch rar, lediglich epidemiologische Studien bestätigen, dass die Praxis die tägliche Energieaufnahme um etwa ein Zehntel verringert. Wie das zustande kommt und ob das zusätzliche Wasser bei jedem wirkt ist allerdings offen, zumal der Effekt in einigen anderen Studien überhaupt nicht auftrat. Vieles ist also noch unklar: Die Ursache kennt man genauso wenig wie das Ausmaß des Effekts, ob der Zeitpunkt einen Unterschied macht und ob nur bestimmte Personen davon profitieren.

Die vorliegende Arbeit von Daniel et al. präsentiert aufschlussreiche Befunde, die ein bisschen Licht auf all diese Fragen werfen. Zum einen ist da die Altersstruktur: In vorherigen Studien erwies sich das Verfahren vor allem bei jungen Erwachsenen als unzuverlässig, deswegen sind die Probanden hier alle etwas gesetzter, im Alter von 55 bis 75 Jahren, alle übergewichtig. Außerdem legten die Forscher die Arbeitshypothese zugrunde, dass die Wasseraufnahme am effektivsten zu den Mahlzeiten ist. Man weiß aus vorherigen Untersuchungen, dass Wasseraufnahme zu den Mahlzeiten das Sättigungsgefühl verstärkt. Die Annahme hier ist, dass die Leute schlicht schneller satt sind, wenn sie Wasser in den Magen bekommen. Deswegen gab es in der Studie vor jeder großen Mahlzeit einen halben Liter Wasser zu trinken. Essen durften die Testpersonen so viel sie wollten, allerdings war die Nahrung so zusammengestellt, dass auch normale Portionsgrößen deutlich unterkalorisch waren (ich habe da unwillkürlich zusammengerollte Taschentücher mit dünner Soße vor Augen). Die Kontrollgruppe bekam das gleiche, nur ohne zusätzliches Wasser. 12 Wochen lang. Knapp ein Sechstel der Teilnehmer (8/49) hat nicht durchgehalten.

Nach dieser Zeit hatte die Wasser-Gruppe im Schnitt über sechs Kilo verloren, die Kontrollgruppe nur vier. Ein recht eindeutiges Ergebnis, das bei näherer Betrachtung allerdings zumindest Fragen offen lässt. Obwohl das Gesamtgewicht in der Zusammenfassung so herausgestellt ist, tauchen die entsprechenden Zahlen in den Tabellen explizit nicht auf. Es gibt nur eine Grafik, in der dieser Parameter für beide Gruppen gegenübergestellt wird. Und das Konfidenzintervall sieht auch verdammt schmal aus. Die Versuchsgruppe hat außerdem losbedingt einen deutlich höheren Männeranteil als die Kontrollgruppe. Die Forscher haben diesem Umstand zwar nachträglich Rechnung getragen, problematisch ist der große Unterschied in der Gruppenzusammensetzung trotzdem, zumal man ihn leicht hätte vermeiden können. So haftet der Studie jedenfalls ein Hauch von Nachlässigkeit an.

Doch diese Verzerrungen allein können Gewichtsverlust und die Unterschiede bei BMI (-2,6/-1,9) und Körperfettanteil (-3,4%/-2,1%) zwischen den beiden Gruppen nicht erklären. Das Ergebnis zeigt, dass zusätzliche Aufnahme von Wasser zumindest älteren, übergewichtigen Menschen tatsächlich beim Abnehmen hilft. Es ist zumindest wahrscheinlich, dass die Vorfüllung des Magens dazu führt, dass die Probanden während der Mahlzeiten weniger Energie aufnehmen, genauso wie das zusätzliche Wasser den Konsum anderer, meist kalorienreicherer Getränke reduzieren dürfte. Leider haben die Wissenschaftler die Kalorienaufnahme nur nachträglich erfragt anstatt sie exakt mitzuprotokollieren, so dass die ganzen schönen Energiedaten aus Tabelle 3 des Papers effektiv wertlos sind. Das erkennen die Forscher immerhin an und empfehlen weitere Studien.

Ausschließen kann man immerhin, dass der zusätzliche Gewichtsverlust ein rein psychologisches Phänomen ist, ausgelöst durch Selbstbeobachtung.[1] Wasser trinken ist demnach bei älteren Leuten ein probates Mittel zur Unterstützung einer Diät, zumal diese Altersgruppe insgesamt sowieso weniger Flüssigkeit zu sich nimmt als sie eigentlich sollte.
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[1] Dieses Problem tritt oft in Untersuchungen zur Gewichtsreduktion auf, wenn aus finanziellen (oder auch anderen) Gründen keine Kontrollgruppe vorhanden ist: Schon wer bei einer Diät sorgfältig mitschreibt, was er isst und trinkt, hat deutlich größere Erfolgschancen.

Dennis, E., Dengo, A., Comber, D., Flack, K., Savla, J., Davy, K., & Davy, B. (2009). Water Consumption Increases Weight Loss During a Hypocaloric Diet Intervention in Middle-aged and Older Adults Obesity DOI: 10.1038/oby.2009.235

11 Kommentare

  1. Meine Mutter hat vor einiger Zeit einmal versucht auf diese Art abzunehmen, inspiriert von Pfarrer Sebastian Kneipp (1821–1897). Der empfahl ja seinerzeit zu jeder vollen Stunde 250ml Wasser mit einigen Spritzern Zitrone zu trinken. Da sich durch die kontinuierliche leichte Füllung des Magens ,das Hungergefühl deutlich reduzieren lasse. Leider aber konnte der Körper meiner Mutter das Wasser nicht lange halten und so konnte sie kaum mehr das Haus verlassen, da es jedesmal eine “Tour de Toilette” wurde.

  2. Die grundsätzliche Idee ist ja nicht schlecht, nur die Ausführung war vielleicht ein bisschen übertrieben. Außerdem ist der Kern der Methode ja immer noch, dass man weniger isst als man verbraucht.

  3. Wasser fördert die Stoffwechselaktivität

    Hallo,

    damit der Stoffwechsel optimal funktionieren kann, muss eine ausreichende Wasserzufuhr gewährleistet sein. Deshalb hätten vorher alle Probanden diesbezüglich nach dem Flüssigkeitskonsum befragt werden müssen. So wäre das Forschungsergebnis genauer ausgefallen.

    Beim Abnehmen gibt es zahlreichen Strategien, deswegen sollte für jeden ein individuelles Schlankheitskonzept erstellt werden. Ohne Individualität ist das Vorhaben Gewichtsreduktion schon im Vorfeld zum scheitern verurteilt.

    Für das Abnehmen bedarf es keiner Geheimtipps. Einfach unter dem persönlichen Kalorienbedarf bleiben (negative Energiebilanz) und schon purzeln die Pfunde.

    Gruß Mario

  4. Hallo Lars,

    ich habe deinen Artikel gelesen und habe dann versucht die Studie von Daniel et al. zu recherchieren. Leider wurde ich nicht fündig.

    Was ich fand, war die Studie von Dennis et al. 2009 aus dem von dir zitierten Journal Obesity. Wie dem auch sei, dein Fazit aus der Studie von Daniel et al., dass Wasser trinken vor dem Essen ältere Menschen zwischen 55 und 75 Jahren beim Abnehmen unterstützt, und dass die Wirkung von Wasser mehr ist als ein psychologischer Effekt, finde ich nicht schlüssig. Deine Angaben zu der Studie und den Ergebnissen deuten meines Erachtens viel stärker darauf hin, dass Wasser trinken vor dem Essen eine Diät stärker durch psychologische als durch physiologische Effekte unterstützt. Ellrot zum Beispiel hat da mehr zu bieten (Ernährungs-Umschau, 50, 340-343, 2003). Er untersuchte den Eintritt des Sättigungsgefühls mit dem Suppen-Teller-Experiment. Mit seinen Ergebnissen konnte er zeigen, dass das Sättigungsgefühl durch äußere Reize beeinflusst wird, und Menschen unterschiedlich auf diese äußeren Reize „programmiert“ sind. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass Menschen, die früher satt sind, ihr Sättigungsgefühl einfach besser wahrnehmen. Wasser trinken allein, ist dafür eventuell hilfreich, weil es den Magen füllt und ihn dehnt. Die Dehnungsreize stimulieren dann das Sättigungsgefühl. Das ist bekannt. Wenn Wasser trinken hilfreich zum Abnehmen sein kann, dann dadurch, ist meine Meinung.

    Zur Studie von Daniel et al. will ich noch anmerken, dass bei einer so hohe Drop-Out Quote optisch betrachtet nur ein schmales CI zu erwarten ist. Dass der Vergleich der beiden Gruppen dann zu einem signifikanten Unterschied führte, ist für mich kein Wunder. Hätte man intent-to-treat beide Gruppen miteinander verglichen, wäre vermutlich kein Unterschied aufgetreten. Das hätte gezeigt, dass Wasser trinken nur denjenigen beim Abnehmen unterstützt, dessen Sättigungsgefühl a) optisch durch die Flüssigkeitsmenge beeinflusst ist und b) physisch auf die Magendehnung reagiert. Die Hypothese, dass Wasser als Lebensmittel einen physiologischen Effekt zur Senkung des BMI-Wertes oder der Körperfettmasse hat, scheint mir bisher noch sehr weit hergeholt. Davon können mich die von dir angegebenen Differenzen der BMI-Werte und der relativen Körperfettmasse aus der Studie nicht überzeugen. Wo wir auch schon wieder zurück beim Thema Verzerrung wären und, und, und.

    Also mein Fazit zum Abnehmen mit Wasser ist: Es fehlen gute Studien, die zeigen, dass es Sinn macht über den physiologischen Beitrag von Wasser zum Abnehmen nachzudenken.

  5. Missverständlich

    Hallo Gerhard,

    du hast natürlich Recht. Mein letzter Absatz über den psychologischen Effekt ist einfach missverständlich formuliert. Man kann natürlich einen psychologischen Effekt auf der Basis dieser Erkenntnisse nicht ausschließen.

    Man kann aber davon ausgehen, dass der Erfolg tatsächlich etwas mit der Wasseraufnahme zu tun hat und nicht allein mit der Tatsache, dass es sich um eine Studie zur Gewichtsreduktion handelt. Letzteres ist ein Effekt, der in Studien ohne Kontrollgruppen bisher nicht ausgeschlossen werden konnte.

  6. Also mir hat allein die Umstellung von Limo beim Mittagessen zu Mineralwasser + Zitrone sehr geholfen. Zusätzlich fahre ich viel mit dem Fahrrad und trinke dabei entweder ausreichend Wasser, oder irgendwas isotonisches.

  7. @Drahtesel

    Das ist kaum verwunderlich, wenn man bedenkt, wieviel Zucker man sich allein durch diese Umstellung erspart. Es gibt ne ganze Menge so kleiner Maßnahmen, die in der Summe viel bringen.

  8. kalorienarme Rezepte

    Da ich in letzter Zeit leider 8 Kilogramm zugenohmen habe, würde ich jetzt gerne wieder abnehmen. Dabei will ich gesund essen und außerdem noch Fitnesssport machen. Ich würde mich freuen, wenn mir jemand einige leckere Rezepte zum kochen von gesundem Essen geben könnte.

  9. Wasser vor dem Essen trinken!

    Hallo Leute

    Also ich trinke vor jeder Mahlzeit 0,5 Liter Wasser! Hat meiner Meinung nach 2 Gründe…

    1. Ich stelle sicher, dass ich täglich mind. 2 Liter Wasser täglich trinke

    2. Ich bin schneller satt 🙂

    Lg beni

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