Für jeden was dabei: Die beliebtesten Paper im September

BLOG: Exo-Planetar

Meteorite, Planeten, Sternenstaub (und was sonst so runterfällt)
Exo-Planetar

Meine Güte, schon wieder ein Monat durch. Und zwar der September, und hier die beliebteren (weil aus der Spitzengruppe gepickten) Veröffentlichungen aus dem Gebiet der Planetologie, wie immer basierend auf Cosmochemistry Papers.

Die Moskauer Kollegen Svetsov und Shuvalov modellieren in Water delivery to the Moon by asteroidal and cometary Impacts (erscheinen in Planetary & Space Science, hier für lau ein rezenter Tagungsabstrakt), wie viel Wasser eigentlich auf einem Planeten hängen bleibt, wenn ein feuchter Himmelskörper einschlägt. Irgendwo muss das Wasser auf einem Planeten ja herkommen. Zwar war das Ausgangsmaterial wohl schon recht wasserhaltig, aber es ist fraglich, ob (oder wieviel) Wasser die gewalttätige Wachstumsphase überstanden hat. Gerade die Hitze in großen Kollisionen im Spätstadium (z.B. Mondbildung durch Kollision) sollten (könnten?) zu einem Wasserverlust geführt haben. Also wäre eine spätere Lieferung des Wassers über Impakte von Kometen und Asteroiden vielleicht nötig (siehe auch die Diskussion über das Wasser auf Kometen).

Hier aber geht es erst mal nur um den Mond, aber auf dem scheint es doch auch Wasser zu geben. Wie viel, ist etwas umstritten (siehe hier), aber irgendwo muss es ja herkommen.

Modellieren hat in diese Zusammenhang nichts mit einem Laufsteg zu tun. Die Kollegen simulierten das Ganze mit einem Computermodell unter Nutzung der zahlreichen Messergebnisse aus Forschung. Ein interessantes Ergebnis der Studie (hätte es nicht gedacht): bei Einschlagsgeschwindigkeiten unter 10 Km/s würden wasserhaltige Tonminerale (wie in kohligen Chondriten) nur zum Teil ihr Wasser verlieren. Also könnte da einiges an feuchtem, meteoritischem Material herumliegen. Das hat auch interessante Konsequenzen für Asteroiden, im Gürtel liegen die Geschwindigkeiten um die 5 Km/s, und gerade auf Vesta scheint einiges an chondritischem Material herum zu liegen. Das Fazit ist, dass so durchaus viel Wasser auf den Mond gelangt sein könnte.

 

Um die Isotope des Kalziums geht es in The calcium isotope systematics of Mars von Tomas Magna samt Kollegen (Prag und Münster), erschienen in Earth and Planetary Science Letters.  Leider keine Abstrakts oder so verfügbar. Wieso Kalzium-Isotope, und dazu noch auf dem Mars ? Unter anderem, weil die des Kalziums bisher in der Planetologie noch nicht so groß berücksichtigt wurden, obwohl Kalzium in vielen dominierenden Mineralen vorkommt. Gemessen wurden also 44Ca und 40Ca von über 20 Marsmeteoriten. Der für den Marsmantel berechnete Wert ist fast identisch mit dem der Erde. Interessant sind aber die Schwankungen der Isotopenverhältnisse innerhalb der verschiedenen Typen and Marsmeteoriten. Im Falle der Chassignite, ähnlich den irdischen Duniten (fast nur aus Olivin bestehendem Gestein) werden die Variationen auf die Bildung von Sekundärmineralen zurück geführt –  also Minerale, die unter Einwirkung von Wasser entstanden.

Falls man irgendwelche irdischen Verwitterungserscheinungen ausschließen kann, könnten die Karbonate auf längere wässrige Phasen auf dem Mars hindeuten, also prima ins Gesamtbild passen. Auch die Shergottite und Nakhlite, zwei weitere Gruppen, weisen Schwankungen auf. Diese werden mit Abwesenheit von großflächigen tektonischen Prozessen, bei denen Material und damit Isotopenwerte durchmischt werden, interpretiert, also keine größere Plattentektonik auf dem roten Planeten nach diesem Modell.  Auch ein interessantes Ergebnis. Aber halt basierend auf den Isotopen eines einzigen Elementes, für ein Gesamtbild sind natürlich dann die anderen Elemente nötig.

 

Noch mehr (stabile) Isotope, dieses Mal Eisen. Und zwar in The earliest Lunar Magma Ocean differentiation recorded in Fe isotopes  von Kun Wang (Havard, da machen die nicht nur Rechtswissenschaften) und Kollegen. Erschienen in Earth and Planetary Science Letters, und hier ganz umsonst als LPSC-Tagungsabstrakt. Wenn es um Isotopie geht, so sind sich Erde und Mond recht ähnlich, zumindest im Vergleich zu den Abweichungen anderer beprobter Himmelskörper. Eisen gehört zu den Elementen, die deutlich aus der Reihe tanzen, weshalb die Kollegen ihre Massenspektrometer auf  die Isotope 56Fe und 54Fe angesetzt haben, und zwar in Mondmeteoriten und Apollo-Proben (ja, an denen wird nach wie vor fleißig geforscht). Die Studie kommt zu dem Schluss, dass bei entsprechender Gewichtung der Ergebnisse der verschiedenen lunaren Gesteine sehr wohl eine Eisen-Isotopie wie die der Erde herauskommen würde. Das müsste dann mit den verschiedenen Modellen der Mondentstehung (große Kollision) verkuddelt werden. Denn die Abweichung der Isotopien wurde als mögliches Ergebnis des großen Impakts interpretiert. Also genug Stoff für die Modellierer.

 

Zwei Paper beschäftigen sich mit der Raman-Spektroskopie. Wie schon in einem früheren Beitrag gesagt, handelt es sich dabei um eine über die letzten 10-15 Jahre sehr beliebt gewordene analytische Technik. Ein optischer Laser bestrahlt die Probe mit einer räumlichen Auflösung von so etwa einem tausendstel Millimeter. Die Moleküle im Material fangen an zu schwingen, was zu einer Frequenzverschiebung des wieder abgestrahlten Lichtes führt. Trägt man das Signal gegen die Wellenlänge auf, bekommt man eine zackelige Linie, ein Spektrum. Je nach Struktur eines Materials – hier halt Minerale – bekommt man eine typisches Spektrum (ja, ist etwas vereinfacht).  Auf was also haben die Kollegen diese Technik losgelassen?

Pittarello et al. aus Belgien haben in Screening and classification of ordinary chondrites by Raman spectroscopy (erschienen in Meteoritics & Planetary Science, hier ein Tagungs-Abstrakt für lau) sich um etwas grundlegendes gekümmert, nämlich die Klassifikation von Meteoriten. Das hört sich jetzt vielleicht erst mal nicht so spektakulär an. Nur sind von den zehntausenden gefundenen Meteoriten viele noch gar nicht richtig klassifiziert. Da wäre eine flotte Technik nützlich. Und Raman-Spektroskopie käme da gerade recht – man braucht keine aufwendige Probenpräparation, und die Ramangeräte sind auch nicht so teuer. Im Vergleich zumindest, eine Elektronenstrahlmikrosonde, die in der Regel für die Klassifizierung verwendet wird, schlägt mit weit über 1 Million Euronen zu buche, die Ausstattung für Sauerstoffisotope ist insgesamt auch nicht viel billiger. Brauchbare Ramangeräte gibt es schon ab so etwa 40000 Euro. Im Paper geht es aber nur um die genauere Klassifizierung der gewöhnlichen Chondrite, also schon Detailarbeit. Aber das ist schon mal etwas, man kann zumindest die typischsten Meteorite einigermaßen (vor-)sortieren.

Dann eine Gruppe von gleich um die Ecke aus den Niederlanden, Verkaaik et al. Raman Spectroscopic Techniques for Planetary Exploration: Detecting Microorganisms through Minerals. Erschienen ist das Ganze in Astrobiology, und leider findet sich nix zum Thema von den Leuten, was allgemeiner zugänglich wäre. Der Titel sagt es schon, hier wird diskutiert, die Technik vor Ort zu nutzen. Trotz ihrer Nützlichkeit waren bisher nämlich keine Raman-Spektrometer auf Landern und Rovern im Einsatz, es dauert eine Weile, bis ‘neue’ Techniken weltraumtauglich sind. Immerhin, für ExoMars ist einer geplant (jetzt muss nur noch das Ding fliegen…). Also eine Gelegenheit, im Labor auszutesten, was geht.

Hier ging es um die Möglichkeit, dass potentielle Marsbazillen (oder Lebensformen generell) nicht direkt an der Oberfläche, sondern unter einer dünnen Mineralschicht verborgen sein könnten. Der Arbeitsgruppe gelang es, mit dem Laser des Raman-Gerätes Messungen von extremophilen Bakterien durch immerhin bis zu 20 Millimeter dicke Salzschichten zu Messen, nicht schlecht.

 

Fazit: Thematisch bunt gemischt, aber hier ist natürlich ein Bias (meine Auswahl)  drinnen. Aber Isotopie ist nach wie vor das Thema. Von den Journals auch recht breit gestreut, Meteoritics & Planetary Science und Planetary & Space Science sind eher ‘kleinere’ Blätter. Earth and Planetary Science Letters dagegen ist schon höher in der Hackordnung.

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Mein Interesse an Planetologie und Raumforschung begann schon recht früh. Entweder mit der Apollo/Sojus Mission 1975. Spätestens aber mit dem Start der Voyager-Sonden 1977, ich erinnere mich noch wie ich mir mein Leben in der fernen Zukunft des Jahres 1989 vorzustellen versuchte, wenn eine der Sonden an Neptun vorbeifliegen würde. Studiert habe ich dann Mineralogie in Tübingen (gibt es nicht mehr als eigenständiges Studienfach). Anstatt meinen Kommilitonen in die gängigen Richtungen wie Keramikforschung zu folgen, nahm ich meinen Mut zusammen und organisierte eine Diplomarbeit über Isotopenanalysen von Impaktgestein aus dem Nördlinger Ries Einschlagkrater. Dem folgte dann eine Doktorarbeit über primitive Meteorite in Münster. Nach 10 Jahren als PostDoc in verschiedenen Ecken der Welt arbeite wieder am Institut für Planetologie in Münster, an Labormessungen für die ESA/JAXA Raumsonde BepiColombo, die demnächst zum Merkur aufbrechen wird. Mein ganzes Arbeitsleben drehte sich bisher um die Untersuchung extraterrestrischer (und damit verwandter) Materialien: Gesteine aus Impaktkratern, die ganze Bandbreite Meteoriten (von den ganz primitiven Chondriten bis hin zu Marsmeteoriten). Zu meiner Forschung gehören auch Laborexperimente, in denen Vorgänge im frühen Sonnensystem nachgestellt wurden. Mein besonderes Interesse ist, die Laboruntersuchungen von extraterrestrischem Material mit Fernerkundungsdaten (im Infrarot) zu verknüpfen. Das vor allem mit Daten aus der planetaren Fernerkundung durch Raumsonden, aber auch mit Beobachtungen junger Sonnensysteme durch Teleskope.

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