Paralleluniversum – Gibt’s sowas?

BLOG: Einsteins Kosmos

Vom expandierenden Universum bis zum Schwarzen Loch
Einsteins Kosmos

In der Science Fiction sind die Paralleluniversen Welten in einer anderen Dimension. Mit geeigneten Apparaten gelingt es den Protagonisten mühelos zwischen den Welten zu wandeln, Abkürzungen durch Raum und Zeit zu nehmen und Abenteuer zu erleben, über die wir nur staunen können. Wie muss man die Frage nach der Existenz von Paralleluniversen aus wissenschaftlicher Sicht beurteilen? Es stellt sich heraus, dass die moderne Physik durchaus die Existenz von Paralleluniversen nicht ausschließen kann. Es gibt sogar vielfältige Möglichkeiten, wie sie ausgestaltet sein können. Und moderne, physikalische Experimente gestatten es sogar, die Existenz von Paralleluniversen zu testen – schon in diesem Jahr.
Im Folgenden werden diverse physikalische Ideen vorgestellt, die etwas mit Paralleluniversen zu tun haben könnten.

Was passiert beim Sturz in ein Schwarzes Loch?
Eine erste Spekulation rankt sich um die Schwarzen Löcher. Es handelt sich dabei um die kompakteste Form von Materie, die am Ende der Entwicklung eines massereichen Sterns erreicht wird (stellare Schwarze Löcher). Eine andere Form stellt gewissermaßen ein solches Schwarzes Loch dar, das Milliarden von Jahre Zeit hatte, um durch Aufsammeln von Materie aus der Umgebung zu wachsen (supermassereiche Schwarze Löcher). Solche Löcher sind so schwer wie Millionen oder gar Milliarden Sonnen und befinden sich in den Zentren fast aller Galaxien. Die meisten Astronomen sind von der Existenz dieser beiden Typen von Schwarzen Löchern überzeugt. Kommt ein Körper diesen Löchern im Kosmos zu nahe, dann wird er vom Loch verschluckt. Von außen ist dieser Vorgang aufgrund der Gravitationsrotverschiebung bzw. Zeitdilatation nicht bis zum Ende beobachtbar, aber der Einfall geschieht aus der Sicht des Körpers in einer messbaren, endlichen Zeit. Ab einer gewissen Grenze ist der Sturz in die Mitte des Lochs nicht mehr zu vermeiden. Dort lauert eine Krümmungssingularität, also eine Masse, die auf beliebig kleinen Raum zusammengepfercht ist. Klassisch betrachtet (ohne Berücksichtigung von Quanteneffekten) wird ein Körper in dieser Singularität zerrissen. Je nach Loch, kann das auch schon durch Gezeitenkräfte früher geschehen.

Ein neuer Tag im Wurmloch
Es wurde aber auch darüber spekuliert, dass die Raumzeiten Schwarzer Löcher es gestatten könnten, dass man von einem Sektor der Raumzeit in einen anderen kommen könnte. Dies legt die Diskussion so genannter Penrose-Diagramme nah. Weiterhin könnten Schwarze Löcher durch eine andere Raumzeit beschrieben werden, die Wurmloch getauft wurde. In der Theorie gibt es die Möglichkeit, dass eine exotische Form von Materie eine Art Raumzeit-Tunnel aufhält und daher ein Sturz in ein Wurmloch überlebt und in eine andere Welt führen könnte. Klar, das ist extrem spekulativ. Aber es gibt dazu tatsächlich seriöse, wissenschaftliche Lehrbücher, z.B. Matt Vissers "Lorentzian Wormholes: From Einstein to Hawking" (AIP Series 1996). Fakt ist: Astronomisch gibt es keinerlei Anhaltspunkte für die Existenz von Wurmlöchern. Man muss sogar betonen, dass nicht einmal die Existenz der Krümmungssingularitäten in der Natur bewiesen wurde. Derzeit lassen sich viele kosmische Objekte allerdings bestens mit dem klassischen Schwarzen Loch (mit Singularität) verstehen. Es ist bislang eine offene Frage, was Quanteneffekte beim Kollaps auf ein Schwarzes Loch bewirken (eine wie ich finde, sehr spannende Prognose machen die Modelle der Loop-Quantengravitation).

Extradimensionen der Stringtheorien
Nun sind wir beim Thema Quantisierung der Gravitation gelandet – was uns zu den Stringtheorien bringt. Die Stringtheorien bieten eine Beschreibung der Elementarteilchenphysik unter Berücksichtigung der Gravitation. Sie postuliert ein Botenteilchen der Gravitation: das Graviton. In dieser Theorie ist etwas notwendig, was bislang niemals beobachtet wurde: weitere Raumdimensionen, d.h. mehr als die klassischen drei – Länge, Breite und Höhe. Aktuell werden zusätzliche sechs (in den klassischen Stringtheorien) oder gar weitere sieben (in der M-Theorie) Raumdimensionen diskutiert. Diese Zusatzdimensionen sind notwendig, um eine konsistente, physikalische Stringtheorie zu konstruieren. Letztendlich ist diese Herangehensweise eine konsequente Weiterentwicklung der ersten, physikalischen Theorie mit Zusatzdimension aus den 1920er Jahren, der Kaluza-Klein-Theorie. Wo sind diese Raumdimensionen, treten sie doch im Alltag offensichtlich nicht in Erscheinung? Sie haben sich sozusagen versteckt, und zwar auf kleinen Abständen. Nur hier könnten sie relevant und damit messbar werden. Es ist durchaus berechtigt zu behaupten, dass die Summe dieser räumlichen Zusatzdimensionen ein neues Universum, ein "Paralleluniversum" im Mikrokosmos eröffnet.
Die Stringtheorien machen eine Reihe interessanter Aussagen und legen eine neue Sicht auf die Natur frei. Ob sie tatsächlich ein guter Ansatz sind, um die Natur zu beschreiben, werden u.a. Experimente an Teilchenbeschleunigern erweisen. Dieses Jahr beginnen die Experimente am neuen Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) am CERN in Genf. Die Physiker versprechen sich neue Einsichten in die Welt des Mikrokosmos, was auch auf den Makrokosmos Universum Auswirkungen haben wird. Die Anzahl von weiteren Raumdimensionen, genauso wie der Abstand, ab dem sie "spürbar" werden, sollten hier beschränkt werden können. Das ist der eingangs erwähnte "Test der Paralleluniversen" in diesem Jahr.

Branenwelten
Die höherdimensionalen Welten der Stringtheorien werden Bulk genannt, in denen sich niedrigdimensionale Objekte wie unsere Welt, die Branen, befinden mögen. Genauso wie eine 2D-Fläche in einem 3D-Volumen eingebettet ist, muss man sich die Einbettung von 3D-Branen in 10D-Bulks vorstellen. Die Theoretiker denken sich ganz aufregende Modelle aus, wie die Ekpyrosis. Bei diesem Szenario kollidiert unser Universum (Bran 1) mit einem Paralleluniversum (Bran 2), dabei soll sich gerade der Urknall ereignet haben. Auch dieses Modell ist spekulativ und wird durch Beobachtungen nicht gestützt, doch es liefert eine reizvolle Erklärung für den Urknall, was kein anderes Modell vermag.

Multiversum
Eine letzte Idee ist das so genannte Multiversum, also ein Sammelsurium von vielen Universen (begrifflich eigentlich sehr widersprüchlich). Die Universen sollen auf natürliche Weise im Zuge der Inflation (nach Alan Guth, 1981) entstanden sein. Gemäß diesem Modell sorgte das Quantenvakuum, das angefüllt ist mit Myriaden von Teilchen, für eine extrem schnelle Expansion des Universums. Das geschah schon Sekundenbruchteile nach dem Urknall. Der Kosmologe Alex Vilenkin untersuchte 1983 den inflationären Mechanismus und kam zu dem Schluss, dass sie überall im Kosmos zu unterschiedlichen Zeiten stattfinden könne. Diese "ewige Inflation" erlaube daher die Bildung vieler Universen: eines Multiversums.
Aus astronomischen Beobachtungen der kosmischen Hintergrundstrahlung folgen einerseits Eigenschaften des Universums und andererseits sind sie verträglich mit dem Inflationsmodell. Muss man deshalb in letzter Konsequenz Vilenkins Idee folgen und auf die Existenz eines Multiversums schließen?

Paralleluniversen – gibt's sowas? Nun, nach der Diskussion der Hypothesen in der modernen Physik muss man sich als Wissenschaftler eingestehen, dass man die Existenz von Paralleluniversen nicht kategorisch ausschließen kann. Einige Theorien fordern sogar unabdingbar, dass es Paralleluniversen gibt. Die Messergebnisse bei den kommenden Experimenten werden bereits dieses Jahr aufregende, neue Einsichten in die Welt des Phantastischen geben.

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Die Astronomie ist faszinierend und schön – und wichtig. Diese interdisziplinäre Naturwissenschaft finde ich so spannend, dass ich sie zu meinem Beruf gemacht habe. Ich bin promovierter Astrophysiker und befasse mich in meiner Forschungsarbeit vor allem mit Schwarzen Löchern und Allgemeiner Relativitätstheorie. Aktuell bin ich der Scientific Manager im Exzellenzcluster Universe der Technischen Universität München. In dieser Tätigkeit im Forschungsmanagement koordiniere ich die interdisziplinäre, physikalische Forschung in einem Institut mit dem Ziel, Ursprung und Entwicklung des Universums als Ganzes zu verstehen. Besonders wichtig war mir schon immer eine Vermittlung der astronomischen Erkenntnisse an eine breite Öffentlichkeit. Es macht einfach Spaß, die Faszination am Sternenhimmel und an den vielen erstaunlichen Dinge, die da oben geschehen, zu teilen. Daher schreibe ich Artikel (print, online) und Bücher, halte öffentliche Vorträge, besuche Schulen und veranstalte Lehrerfortbildungen zur Astronomie, Kosmologie und Relativitätstheorie. Ich schätze es sehr, in meinem Blog "Einsteins Kosmos" in den KosmoLogs auf aktuelle Ereignisse reagieren oder auch einfach meine Meinung abgeben zu können. Andreas Müller

12 Kommentare

  1. Universum

    Es ist zu vermuten, dass unser Universum in seinem Aufbau einer Galaxie gleicht und auch so entstanden ist. Auch das Universum muß sich um eine Achse drehen was die Scheibenform vermuten läßt.
    So wie sich ein Kreiselkompass zur Erdachse ausrichtet, richten sich vermutlich unser Sonnensystem zur Galaxieachse und die Galaxien zur Achse unseres Universums aus. Das wäre interresant einmal nachzuweisen. Darauf lässt schließen, dass auch unser Universum sich wegen seiner flachen Form nach einer entfernten Achse ausrichten muss.
    Außerdem ist zu vermuten, dass es noch weitere vielleicht sogar Milliarden Universen im Kosmos gibt. Ob danach dann schon ein Ende ist kann ebenfalls bezweifelt werden, wenn es ach für uns Winzlinge im Kosmos unvorstellbar ist.

  2. @ Gerald Straßer – Zur Rotation

    Lieber Herr Straßer,

    es ist natürlich verführerisch in der Astronomie, von einem rotierenden System auf das nächste rotierende System kommen zu wollen. Von der Erde, auf das Erde-Mond-System, über Sonnensystem und Milchstraße bis hin zu den Galaxienhaufen funktioniert das auch recht gut. Die größten Systeme dieser Art sind die Galaxienhaufen, in denen es zugeht, wie in einem Bienenschwarm. So weit, so gut.

    Natürlich sind auch schon Leute, genauer gesagt ein Herr Gödel, darauf kommen, dass das ganze Universum rotieren könnte. Dieses Gödel-Universum lässt sich gut mit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie beschreiben.
    Diese Hypothese muss man nun testen, d.h. astronomischen Beobachtungen gegenüberstellen. So sollte das Muster, der kosmischen Hintergrundstrahlung (die uns aus allen Richtungen aus einer Frühphase des Kosmos erreicht) Spuren des rotierenden Kosmos (so er denn rotiere) aufweisen. Die Beobachtungen lassen jedoch darauf schließen, dass das Universum nicht rotiert. Wir leben nicht in einem Gödel-Kosmos. Die nette Idee von den ineinander eingebetteten, rotierenden Systemen bricht hier offensichtlich zusammen.
    Kleine Randbemerkung: Die Umlaufzeiten wachsen von System zu System immer mehr an und irgendwann müssen sie ohnehin das Alter des Universums übersteigen.

    Beste Grüße,
    Andreas Müller

  3. Multiversum

    Alles ist sehr spekulativ und mir scheint es nun fast so, als müsste spekuliert werden, weil man sonst die hohen Summen für die Teilchenphysik nicht mehr aufbringen könnte, denn der Nutzen für die Menschheit ist so oder so gleich Null, ob es nun Paralleluniversen oder Multiversen gibt.
    Sehen oder beweisen werden wir dies nie können, ausser es würden einmal zwei Universen wie zwei Galaxien zusammen stossen, aber bis wir dies sehen würden wäre die Welt ohnehin schon längst durch die Sonne zerstört.
    Natürlich könnte man Computermodelle anhand ermittelter Fakten erstellen und sich ein Multiversum damit verständlich und bildlich vorstellen, mehr aber nicht. Nichts desto trotz interessant und spannend ist die Grundlagenforschung allemal. Selbst wenn es auch niemandem nützt, der Fantasie sind somit immer wieder neue Wege offen.
    Sollte aber Information niemals verloren gehen, dann wüssten wir nach dem nächsten Urknall schon einmal viel mehr und dies lässt ja auch hoffen und wahrscheinlich spekulieren wir Menschen auch ein wenig damit?

  4. @H. Eggmann: Grundlagenforschung

    Lieber Herr Eggmann,

    richtig, vieles, was ich hier ausgebreitet habe, ist spekulativ. Aber überlegen Sie mal, wie viel vor 100 Jahren spekulativ war (z.B. Laserphysik, Halbleiterphysik, Einsteins Theorien) und das heute unser Alltagsleben selbstverständlich bereichert (CD-Player und Laserpointer, Computer und Digitalkameras, GPS).

    Vielleicht kann ich Sie mit meinem Web-Essay “Brauchen wir Grundlagenforschung?” unter http://www.astronomiewissen.de/…/grundlagen.html überzeugen, wie unverzichtbar und bereichernd Grundlagenforschung (auch die spekulative) ist?

    Beste Grüße,
    Andreas Müller

  5. Ein Universum ist schon ein Wunder

    Wahrscheinlicher als die Annahme der fast unendlichen Anzahl an Universen ist der fast unendlich oft wiederholte Versuch der Naturgesetze ein Universum zu bilden in dem man überhaupt diese Spekulationen stellen kann, mindestens einmal hat es ja geklappt, was ja genau genommen schon viel zu oft ist, denn es ist fast unendlich wahrscheinlich dass nichts aus dem Nichts entsteht, die Wahrscheinlichkeit dass überhaupt etwas aus dem Nichts entsteht geht mathematisch und philosophisch gegen Null, theologisch klappt es genau einmal und nie wieder ..ja dann Glück gehabt;-)

  6. Weltall

    was ist am “Ende” des Weltalls.Die nächste Frage ist , wenn unser weltall durch den Urknall entstand ,dann wodrin ist der Urknall geschehen ,und ist von diesem “Etwas” noch existent.

  7. Paralleluniversen

    4 Ebenen der Paralleluniversen von Max Tegmark:

    http://space.mit.edu/home/tegmark/multiverse.html

    *****

    Ein Raum kann nicht einfach an einer Grenzfläche aufhören, denn was sollte dann dahinter sein.

    Entweder geht der Raum unendlich lang weiter, oder der Raum krümmt sich in sich selbst zurück.

    Im letzteren Fall ist der Raum zwar endlos, aber nicht unendlich groß, ähnlich wie eine Kreislinie oder eine Kugeloberfläche.

  8. voids, vakuum

    Hallo hallo,

    bin als interessierter Wissenschafts-(laie) an viele Fragen interessiert, die, gerade beim Thema Astrophysik schnell ins philosophische abgleiten. Mich interessiert, was der Astronom unter “Vakuum” bzw. neuerdings “voids” versteht.
    Ein Raum axbxc existiert ja weiter, auch wenn dort “nichts” zu finden ist. Meine Vorstellung von “Nichts” übersteigt aber den leeren Raum: Nichts ist nichts ist nichts….Die Frage also: Was ist das “Nichts” im absoluten Vakuum? oder Woraus besteht der leere Raum?

  9. Hallo,

    okay, ich geb zu ich bin erst vierzehn, aber ich musste meine Meinung hier einfach vertreten:

    Ich stelle mir das ganze so vor, dass wir wie Strichmännchen auf einem Papier leben: unserer Welt, die das gesammte Universum enthält. Ich mag diesen Vergleich, weil wir es aus dieser Welt kennen:
    Für das Strichmännchen auf dem Papier
    existiert nur oben und unten. Es gibt nichts dreidiemensionales. Selbst wenn man das Papier zusammenrollen würde und es damit dreidimensional machen würde, gäbe es für das Strichmännchen nichts anderes als vorher, seine Welt wäre einfach nur unendlich. Doch was wäre, wenn es mehrere Papiere gäbe mit Strichmännchen drauf und sie übereinanderlegen würde? Wären das dann nicht alles Paralleluniversen des einen Papiers mit dem Strichmännchen drauf?
    Ich gebe zu, dass ist sehr schwer vorzustellen, aber ich mag wie gesagt den Vergleich. Ich stelle mir vor, dass auch wir wie auf einem Papier in unserer 3D-Welt leben, in einer Welt, die vier Dimensionen besitzt, die wir uns natürlich nicht vorstellen können. Und ich denke dass es mehr von diesen 3D-Welten wie uns gibt, die auch wie Papier über und unter uns liegen. Diese 4. Dimension könnte dann wieder bloß ein
    Papier in einer Welt mit 5 Dimensionen sein….. ich glaube dass das Universum insgesammt 8 Dimensionen hat. Naja, wie auch immer, ich bin erst vierzehn nehmt mir diese Antwort bitte nicht so übel…

  10. Universum

    Gibt es ein Ende “unseres” Universum , und was ist dann ,nachdem Ende . Nichts kann ich mir nicht vorstellen . Können wir nicht nauch eine Atomstruktur eines nächst größeren Universums sein? Also so eine Art Mikrokosmos.

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