Die 10 größten Rätsel der Astronomie

BLOG: Einsteins Kosmos

Vom expandierenden Universum bis zum Schwarzen Loch
Einsteins Kosmos

Rankings sind schick – und gnadenlos subjektiv. Aber was sind eigentlich die zehn großen Fragen der Astronomie? Hier kommen sie. Überlegt in zehn Minuten. Spontaneität könnte von Vorteil gewesen sein. Ich habe sie geordnet nach abnehmender Relevanz.

1) Was ist die Natur der Dunklen Energie?
Der Stoff treibt unser Universum auseinander. 1998 wurde mit entfernten Sternexplosionen entdeckt, dass der Kosmos sich sogar beschleunigt ausdehnt. Da hat es offenbar jemand eilig mit dem Großwerden. Kosmologische Modelle erlauben es, dieses Phänomen mathematisch zu beschreiben und die Ausdehnung zu berechnen. Die benötigte Zutat wurde 1990 von Michael Turner "dark energy" genannt, Dunkle Energie. Das ist ein hübsches Etikett, das vorgaukelt, man hätte etwas verstanden; aber dennoch ist vollkommen unklar, was sich physikalisch hinter Dunkler Energie verbirgt. Die aktuell brauchbarste Idee ist, dass sich das Vakuum selbst auf großen Raumskalen bemerkbar macht und wirkt, wie eine Form von Antigravitation, die den Raum (genauer: die Raumzeit) auseinander treibt. Dazu gehört eine Substanz mit einer außerordentlich verrückten Zustandsgleichung, die einen negativen Druck aufweist. Derartige Stoffe kennen wir auf der Erde nicht!
Die pfiffigsten Forscher pfeifen auf die Dunkle Energie und wollen sie als "Scheineffekt" entlarven, der dadurch zustande kommt, dass wir als Beobachter in einer Universum mit lokal inhomogen verteilter Materie sitzen: Wir befinden uns auf einer "Insel von Galaxien", die von großen Leerräumen umgeben sind. Könnten wir aus dem Leerraum heraus beobachten – so die These der Dunklen-Energie-Leugner – dann würden wir einen Effekt Dunkler Energie nicht messen. Eine faszinierende Idee, die jedoch von der Scientific Community nicht favorisiert wird. Doch wer sagt, dass die Mehrheit Recht hat?
Meines Erachtens ist dieses Rätsel das größte unserer Zeit. Den Problemlösern winkt der Nobelpreis – und ein Blogbeitrag in "Einsteins Kosmos".

2) Was ist Leben?
Drei kleine Wörter und doch eine Frage, die es in sich hat. Klar, wir kennen Leben und sehen es täglich. Morgens im Spiegel hat das Leben zwar keinen Sinn, doch es beeindruckt mit atemberaubender Schönheit. Mensch, Tier und Pflanze leben. Doch tun wir uns schwer, Leben zu definieren. "Leben sei fortpflanzungs- und anpassungsfähig etc." Wir ertappen uns bei derlei Definitionsversuchen dabei, dass auch Städte und Viren leben müssten. Aber ist das Leben? Basiert Leben ausschließlich auf der Kohlenstoffchemie? Oder gibt es vollkommen andere Qualitäten von Leben? Solche Fragen sind wichtig, wenn man außerirdisches Leben sucht (SETI).  Viele Astronomen sind überzeugt, dass wir außerirdisches Leben finden werden (oder "es" uns findet); das ist nur eine Frage der Zeit. Mittlerweile stehen empfindliche Methoden zur Verfügung, die es gestatten, die Zusammensetzung der Atmosphäre von Planeten um andere Sterne zu analysieren. Und die Technologie wird noch besser werden, z.B. mit dem 42m-Teleskop E-ELT, das die ESO plant. E.T. wir kommen; lass den erhobenen, roten Zeigefinger stecken.
Auch wenn uns nicht ganz  klar ist, was Leben ist, so macht Leben jedenfalls verdammt viel Spaß!

3) Gibt es mehr als drei Raumdimensionen?
Länge, Breite, Höhe….1,2,3. Noch mehr Raum wäre uns doch aufgefallen. Wenn der Extraraum sich allerdings klein in einer Ecke zusammenstaucht, auf ein paar Mikrometer oder sogar weniger, dann kann sich so ein Extraraum recht gut verstecken. Im Alltag würden wir die anderen Raumdimensionen nicht bemerken. Aber die Gravitationsgesetze wären bei kurzen Abständen vollkommen anders, als der gute alte Newton vorhersagte: "Abnahme der Gravitationskraft mit dem Quadrat des Abstandes". Sowas können Physiker testen, und momentan können sie Extraraum oberhalb von 40 Mikrometern ausschließen. Wer unterbietet? Oder wer findet Abweichungen vom Gravitationsgesetz und entdeckt Extraraum? Mit noch kleineren Autos wären dann die Parkplatzprobleme in Großstädten gelöst. Ich ziehe die Beine schon mal an.

4) Woher haben Teilchen ihre Masse?
Vom Higgs. Klar, das ist ja heutzutage in aller Munde. Das Higgs-Teilchen füllt als skalares Boson den ganzen Raum aus – so wie eine Temperaturverteilung. Es ist überall und zerrt auch überall an den ganzen anderen Teilchen, die die bunte Welt der Teilchenphysik kennt. Das "Zerren" macht sich als Trägheit des Gezerrten bemerkbar. Trägheit ist ein Charakteristikum von Masse. Et voila: "Higgs macht Masse."
Kleiner Schönheitsfehler: Die schöne Idee wurde noch nicht experimentell getestet. Die Physiker jagen das Higgs-Teilchen und finden es hoffentlich 2010 am LHC mit ATLAS oder mit CMS. Wir werden sehen. Bitte denken Sie an mich, wenn es soweit ist.

5) Gibt es ein oder mehrere Paralleluniversen?
Die Frage hängt nicht unbedingt mit den räumlichen Extradimensionen aus Frage 3 zusammen. Im Rahmen der Quantenkosmologie wird diskutiert, dass ganze Universen spontan entstehen könnten, wie Teilchenpaare im Quantenvakuum. Das ist eine aufregende Hypothese – aber freilich schwierig zu testen per Experiment. Denn man müsst einen "Boten", z.B. ein Testteilchen, zum Paralleluniversum schicken und wieder empfangen können. Ob das funktioniert, wissen die Physiker bislang nicht. Vielleicht über einen Tunneleffekt?
Bezieht man die Extradimensionen mit ein, so stösst man auf Modelle wie das Ekpyrotische Szenario, in dem unser Universum gegen ein Paralleluniversum entlang einer Extradimension schwingt. Klingt verrückt, nicht wahr? Aber warum eigentlich nicht? Die Stringtheorien erlauben solche Modelle als Branenwelten.
Meines Erachtens ist das ein Gebiet großer Spekulationen, die weit weg von experimenteller Falsifizierbarkeit sind. Spinnen ist jedoch erlaubt. Wären wir ohne Spinnerei auf dem Mond gelandet?

6) Wie entstand Leben?
Es sind jetzt 55 Jahre vergangen, seit das Miller-Urey-Experiment durchgeführt wurde. Stanley Miller und Harold Urey von der Universität Chicago "bruzzelten" aus einem Mix, der der frühen Erdatmosphäre ähnelte, organische Moleküle. Man nehme Ammoniak (das, was stinkig daherkommt), Kohlenmonoxid (das, was aus dem Auspuff kommt), Methan (das, was bei der Kuh hinten raus kommt), Wasser (das, was bei der Kuh vorne rein kommt) und Wasserstoff (das, was im Universum sowas von viel vorkommt) und zünde einen elektrischen Blitz (das, was eilig vom Himmel kommt). Heraus kommen einfach gestrickte organische Moleküle – von Ameisensäure (von dem das Jucken der Brennnessel herkommt) über Alanin (das, was u.a. in der DNS bestimmt, was bei unserer Geburt herauskommt) bis Harnstoff (was auch aus der Kuh kommt) und Milchsäure (wo der Muskelkater herkommt – ach ne, das Märchen wurde widerlegt).
So weit, so viel fehlt noch. Denn Aminosäuren sind noch kein Leben. Das Miller-Urey-Experiment war sicherlich ein Durchbruch, aber zu klären wären noch die nachfolgenden Schritte, wie das Wunder Leben daraus entstand. Die neuen Forschungsrichtungen Exobiologie und die moderne Planetenforschung  (Exoplaneten) werden uns helfen, hier weitere Erkenntnisse über unseren Ursprung zu erhalten. 

7) Weshalb gibt es CP-Verletzung in der Natur?
Eigentlich eine blöde Frage. Man könnte sie beantworten mit: "Weil es uns sonst nicht gäbe, Dummerle."  Denn die seltsame CP-Asymmetrie brachte das Missverhältnis von Materie gegenüber Antimaterie in die Welt. Ohne CP-Verletzung wäre es nie zu einer größeren Menge normaler Materie im Universum gekommen, die seither den Kosmos dominiert. Aber wie kam es zu dieser Laune der unbelebten Natur? Diese Forschung wurde jedenfalls mit dem Nobelpreis für Physik 2008 ausgezeichnet. Experimente ("B-Factories") sprießen daher wie Pilze aus dem Boden.

8) Was sind die Träger Dunkler Materie?
Dunkle Materie ist sechsmal häufiger im Weltall als normale Materie, aus der Sonne, Mond, Sterne und Menschen bestehen. Dunkle Materie leuchtet nicht. Doch sie verrät sich, weil sie die normale Materie anzieht. So ist sie indirekt messbar durch Gravitationslinseneffekte oder durch Sternbewegungen in Galaxien. Woraus besteht diese faszinierende, schwarze Materieform? Sind es schwach wechselwirkende, schwere Teilchen oder sind es supersymmetrische Teilchen, also etwas vollkommen Neues jenseits der Standardteilchenphysik? Sind es die hypothetischen Axionen, ebenfalls eine neue Gattung von Teilchen? Teilchenphysikalische Experimente, die Jagd auf die Träger Dunkler Materie machen laufen bereits. Der LHC am CERN oder auch CRESST im Gran-Sasso-Untergrundlaboratorium.

9) Was ist im Zentrum eines Schwarzen Loches?
Klar, es gibt diese seltsamen Massekonzentrationen, das kompakteste, was Wissenschaftler kennen, so kompakt, dass sie sogar das Schnellste einfangen, was die die Physik kennt: Licht. Aber was verbergen Schwarze Löcher hinter ihren schwarzen Ereignishorizonten? Einsteins Theorie besagt, dass im Zentrum des Lochs ein beliebig kleiner Punkt unendlicher Raumkrümmung  lauert, die Singularität. Aber ist Einsteins Theorie hier ein guter Ratgeber? Sollten wir nicht lieber quantisierte Gravitationstheorien benutzen, um das Zentrum eines Schwarzen Loches zu begreifen? Sitzt dort doch kein "Punkt", sondern ein "String-Kondensat" oder ein singularitätenfreier Raum mit negativem Druck? Wir wissen es nicht. Noch nicht. Die Astronomen kommen immer näher an das Zentrum der Löcher heran. Ich erwarte, dass die direkte Messung von Gravitationswellen hier einen Durchbruch bringen wird.

10) Woher kommen supermassereiche Schwarze Löcher?
Sie haben die Masse von Millionen oder gar Milliarden Sonnen. Sie tummeln sich in den Zentren von Galaxien, z.B. in der Milchstraße, in der Andromedagalaxie und in  Quasaren. Es gibt hunderte Milliarden davon: superschwere Schwarze Löcher. Aber woher kommen die Giganten unten den kompakten Massenkonzentrationen? Fest steht, dass einige Milliarden Jahre Zeit hatten, um zu entstehen und um sich zu entwickeln, zu wachsen; aber kosmologisch betrachtet ist das ein ernst zu nehmendes Problem. Bislang ist der beste Ansatz, dass wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall die erste Generation massereicher Sterne zu Schwarzen Löchern wurde, die Massen von hundert oder tausend Sonnen hatten. Diese "Saatlöcher" wuchsen durch Aufsammeln von Materie aus der Umgebung (Akkretion) an und verschmolzen auch miteinander in Kollisionen. Doch die Details dieser Idee sind unklar. Beobachtungsdaten sind nur rudimentär vorhanden.

10 große Fragen, 10 kleine Erklärungsansätze. Grundlagenforschung im 21. Jahrhundert ist spannend, aufregend und faszinierend. Sie wird Antworten liefern.

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Die Astronomie ist faszinierend und schön – und wichtig. Diese interdisziplinäre Naturwissenschaft finde ich so spannend, dass ich sie zu meinem Beruf gemacht habe. Ich bin promovierter Astrophysiker und befasse mich in meiner Forschungsarbeit vor allem mit Schwarzen Löchern und Allgemeiner Relativitätstheorie. Aktuell bin ich der Scientific Manager im Exzellenzcluster Universe der Technischen Universität München. In dieser Tätigkeit im Forschungsmanagement koordiniere ich die interdisziplinäre, physikalische Forschung in einem Institut mit dem Ziel, Ursprung und Entwicklung des Universums als Ganzes zu verstehen. Besonders wichtig war mir schon immer eine Vermittlung der astronomischen Erkenntnisse an eine breite Öffentlichkeit. Es macht einfach Spaß, die Faszination am Sternenhimmel und an den vielen erstaunlichen Dinge, die da oben geschehen, zu teilen. Daher schreibe ich Artikel (print, online) und Bücher, halte öffentliche Vorträge, besuche Schulen und veranstalte Lehrerfortbildungen zur Astronomie, Kosmologie und Relativitätstheorie. Ich schätze es sehr, in meinem Blog "Einsteins Kosmos" in den KosmoLogs auf aktuelle Ereignisse reagieren oder auch einfach meine Meinung abgeben zu können. Andreas Müller

22 Kommentare

  1. Zentrum Schwarzer Löcher

    Vielen Dank für die schöne Zusammenfassung astronomischer/kosmologischer Fragestellungen!

    Ich möchte nur (kurz) folgendes kommentieren:
    Raumzeitsingularitäten, wie man sie aus den klassischen Feldgleichungen ableiten kann, stellen vielleicht doch keine so schlechte Näherung an die Wirklichkeit dar, sofern man an die Stringtheorie glaubt und akzeptiert, dass ein Schwarzes Loch aus praktisch unendlich vielen Mikrozuständen aufgebaut ist. Neuste Erkenntnisse haben ergeben, dass ein Beobachter nur zu maximal exp(-Bekensteinentropie)~0 in der Lage ist [1], diese Mikrozustände zu unterscheiden. Somit gehen die in den Mikrozuständen gespeicherten Informationen für ihn faktisch verloren. Das aber wiederum impliziert [2], dass ein solcher Beobachter im Innern des Schwarzen Loches von einer gemittelten (aus dem großen Ensemble von Mikrozuständen) und daher auch “effektiv“ genannten Singularität zermalmt werden würde. Wenn sich diese Arbeiten erhärten (wovon ich ausgehe), wird es vielleicht gar nicht mehr nötig sein, komplizierte (meist semiklassische), singularitätsfreie (und in meinen Augen sehr gekünstelte) Modelle vom Innern eines Schwarzen Loches zu “konstruieren“.

    Hoffe das Interesse beim Ein oder Anderen geweckt zu haben.

    [1] http://arxiv.org/abs/0809.5062

    [2] http://online.kitp.ucsb.edu/online/joint98/czech/

  2. CP-Verletzung

    Ich erkläre mir das so: Am Anfang entstand irgendwie in einem Punkt Antimaterie. Darum herum wurde die Bildung von Materie induziert. Darum herum zur Abwechslung wieder Antimaterie – und so weiter in Art der Zwiebelschalen. Jede folgende Schale hat ein größeres Volumen als die vorhergehende und damit mehr Materie. Jede zweite Schale vernichtet die vorhergehende.
    Bleibt also eine Sorte übrig. Am Rand des Universums sind die Volumenunterschiede nicht mehr so groß und das Universum franst aus. (Sie merken sicher, ich bin kein Physiker)

  3. Alanin in der DNA enthalten?

    Hallo,
    Vielen Dank für diese schöne Liste. Ich habe jedoch ein kleines Detail gefunden, welches mich ein wenig verwundert hat:

    6. Wie entstand Leben?
    …”Alanin (das, was u.a. in der DNS bestimmt, was bei unserer Geburt herauskommt)”…
    sollte vermutlich Adenin heissen? Adenin ist allerdings nicht im klassischen Miller-Urey-Experiment entstanden, sondern später in einem Experiment von Juan Oro:
    http://de.wikipedia.org/…tion#Weitere_Reaktionen
    (Im Miller-Urey-Experiment entstand jedoch tatsächlich Alanin, Bestandteil der Proteine, allerdings nicht Bestandteil der DNA)

  4. Wochenende immer zu kurz

    Ich wäre weniger an einer zusätzlichen Raum- als vielmehr an einer zusätzlichen Zeitdimension interessiert. Aus einem mir nicht bekannten Grund ist fast immer genug Raum (obwohl – meine Wohnung könnte auch größer sein), aber nie genug Zeit da. zB sollen wir heute die nächste Folge unserer Astronomie-Sendung SuperNova abgeben, aber irgendwie war das Wochenende zu kurz. Sollte also irgendjemand eine Zeitdimension entdecken von der noch keiner was weiß, bitte eine kurze Nachricht an mich.

    PS: das Raumdimensionsproblem konnte ich für mich lösen, indem ich meine Wohnung auf mein Stammlokal erweitert habe, das ist jetzt sozusagen mein Wohnzimmer.

  5. @Markus und @Maria

    Vielen Dank für die absolut gerechtfertigte Korrektur, Markus. Das war ein klassischer Verwechsler. Die Botschaft, die ich mitgeben wollte, ist wohl korrekt: Derartige Experimente bringen Bestandteile des Erbmoleküls hervor.

    Wir haben wohl ähnliche Probleme, Maria. Mir läuft die Zeit davon und sie ist meistens schneller.
    Aber sag mal, gibt es Eure Supernova-Sendung zum Testen auch als mpeg zum Download oder auf YouTube? Ich finde Euer Projekt recht spannend.

    Beste Grüße,
    Andreas

  6. Raum- und Zeitnot

    Das Wort “Zeitnot” ist anscheinend derart “typisch deutsch”, dass es als Fremdwort sogar in andere Sprachen Einzug hielt, z.B. ins Russische (zeijtnot) – wusstet ihr das? 🙂

    Mir geht es anders als Euch: Glücklicherweise ist es mir gelungen, mich vom Zeitdruck zu befreien und ich genieße die innere Ruhe, die ich dadurch fand. Ich bin so viel produktiver und vor allem viel besonnener und tiefsinniger. Das ist vielleicht nicht für jede/n das ziel und vielleicht auch in unserer modernen Oberflächlichkeit nicht immer und überall en vogue, aber da muss wohl jede/r seinen/ihren bevorzugten Stil finden.

    Dafür habe ich aber einen sehr stark eingeschränkten Lebensraum: Wie das bei klösterlichem Leben eben meistens ist, verfüge ich lediglich über ein sehr kleines Zimmer (11 m^2) als Wohn-, Schlaf- und Arbeitsraum und danke meinen liebsten Mitmenschen, dass ich einige Gerätschaften aus dem früheren eigenen Haushalt zu ihnen auslagern darf.

    So ist das wohl: Den einen nimmt die Zeit das Geld (z.B. für Miete von großem Wohn- und Arbeitsraum) und den anderen das Geld die Zeit (z.B. für deren Nutzung).

  7. Quantenkosmologie

    Mit der menschlichen (Er)kenntnis ist es so wie mit dem Horisont. Es ist ganz schoen immer neue Fragen zu stellen und neue Horisonte zu entdecken, dabei aber sich bewusst sein, dass es keine endliche Antort gibt

  8. Laienrätselei…

    Schönen guten Abend,

    zunächst einmal herzlichen Dank für die interessanten Fragestellungen und Erklärungen, die es mir als Physik-Analphabeten (Abi ist ein paar Jahre her, und man vergisst ja so schnell) doch ermöglichten, einen Tick von dem zu verstehen, was die Naturwissenschaftler aktuell beschäftigt.

    Mir haben sich weitere Fragen gestellt, die ich ganz gerne posten würde, (in der hoffnung nicht allzu banal gedacht zu haben. (Laie eben;)= )

    So ich es verstanden habe, ist ein totales vakuum nicht denkbar (oder im Experiment nicht herzustellen). was aber liegt außerhalb der grenzen des Universums? Wenn wir davon augehen, dass es expandiert, muss es ja auch endlich sein?

    Oder in welchem Zustand befand sich das “Nichts” vor dem Urknall? Ok, eine Theorie besagt, zwei Universen kollidierten miteinander… aber, woher bezogen die ihre Energie?
    Und wo liegt letztlich der Ursprung aller Energie? Kann man davon ausgehen, dass es vor dem Urknall eine nicht erklärbare, dunkle energie gab? oder gibt es andere, wenn auch vielleicht spekulative Erklärungsversuche?

    Beste Grüße, Martin

  9. Materie, Raum, Zeit und Energie

    Diese vier Begriffe vollständig zu verstehen, das wär schön. Damit wären, so stelle ich mir das als interessierter Laie der Astronomie und der Physik vor, die wesentlichen Fragen der Physik beantwortet.

    Wenn mich jemand gefragt hätte, was denn eine Konstante im gesamten Universum sei, so hätte ich, wenn ich noch nichts von den Einsteinschen Theorien gehört hätte, mit Überzeugung geantwortet : Die Zeit natürlich, sie ist absolut und unabhängig, gleichmässig fliesst sie, in Ewigkeit im Jetzt verharrend. Autsch, voll daneben ! 🙂

  10. Erkenntnise

    “Wenn mich jemand gefragt hätte, was denn eine Konstante im gesamten Universum sei, so hätte ich, wenn ich noch nichts von den Einsteinschen Theorien gehört hätte, mit Überzeugung geantwortet : Die Zeit natürlich, sie ist absolut und unabhängig, gleichmässig fliesst sie, in Ewigkeit im Jetzt verharrend. Autsch, voll daneben ! :)”

    Na was möchtest du denn sagen und wen sprichst du an?
    Beziehe ich es mal auf die bisherigen beiträge, sind wir ja schon etwas weiter. Nach Einsteins Relativitätstheorie ist die Zeit also keine Konstante, Der Raum nicht mein Wohnzimmer, die vierte Dimension mit bloßem Auge nicht zu sehen und Materie gibt es nicht nur zum anfassen.
    Desweiteren achte ich als Laie inzwischen darauf, dass ich mich nicht in der Badewanne föhne und nicht aus fahrenden Zügen springe, so weit so gut. ;)=

    Trotzdem hoffe ich mit meinen bescheidenen Mitteln doch noch auf einen Erklärungsversuch, der nicht in Begriffsdefinitionen und damit in fragmentierten Wissen mündet…oder ist das hier ein reiner Profiblog? dann bin ich aber ganz schnell wieder weg und werde mal in Foren versuchen, meinem Nichtwissen etwas auf die Sprünge zu helfen;)=

  11. @ Martin Schubert

    Lieber Herr Schubert,

    Sie sind hier genau richtig. Das ist kein “Profiblog”, sondern ein Ort, an dem sich alle an Weltall und Raumfahrt Interessierten austauschen.

    Zu Ihrer ersten Frage, die lautete:
    …was aber liegt außerhalb der Grenzen des Universums? Wenn wir davon ausgehen, dass es expandiert, muss es ja auch endlich sein?

    In dem aktuell favorisierten relativistischen Kosmos, der mit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie beschrieben wird, gibt es keine Grenze, kein Innen und kein Außen des Universums. Der Kosmos ist in sich abgeschlossen. Zeit und Raum nahmen ihren Anfang vor 13,7 Milliarden Jahren. Trotz dieser zeitlichen Endlichkeit ist der Kosmos im Standardmodell unendlich räumlich ausgedehnt. Eine gute Analogie dazu ist eine Kugeloberfläche. Wenn Sie sich vorstellen, auf dieser Oberfläche umherzulaufen, so geraten sie auch niemals an eine Grenze – höchstens an den Ausgangsort wieder zurück. In der modernen Kosmologie wird ein unendlicher Raum favorisiert, aber die Experten diskutieren auch endliche Universen (falls es Sie interessiert, schauen Sie doch mal in mein Web-Lexikon unter den Begriffen Topologie, Dodekaeder-Universum und Horn-Universum).

    Zu Ihren weiteren Fragen:

    Oder in welchem Zustand befand sich das “Nichts” vor dem Urknall? Ok, eine Theorie besagt, zwei Universen kollidierten miteinander… aber, woher bezogen die ihre Energie?

    Das Zyklische Universum, das Sie hier ansprechen, ist eine Spekulation, die übrigens die Existenz weiterer Raumdimensionen neben den bekannten dreien (Länge, Breite und Höhe) erfordert. Bislang konnten diese Zusatzdimensionen experimentell nicht nachgewiesen werden.
    Über den Zustand des “Nichts” am Anfang der Welt können wir nur spekulieren. Die beste physikalische Annahme ist, dass es ein Feld gab, das einen bestimmten Anfangszustand hatte. Das Feld entwickelte sich zeitlich und produzierte in seiner Dynamik neue Effekte, z.B. die Ausdehnung des Kosmos und durch seinen Zerfall die Produktion von Materie. Ein Szenario, das hier schon ganz gut ausgearbeitet ist, ist das so genannte (hypothetische) Inflaton-Feld.
    Weiterhin fragten Sie:

    Und wo liegt letztlich der Ursprung aller Energie?

    Ich meine, dass diese Frage nicht mit der Physik beantwortet werden kann. Die Energie ist in der Physik eine Erhaltungsgröße und die Physik beschreibt sehr gut, wie sich Formen der Energie (Strahlung, Wärme, Materie etc.) ineinander umwandeln. Woher die Energie kommt ist nicht klar. Wenn Sie gläubig sind, könnten Sie hier ansetzen mit der Hypothese, dass Gott die Energie in die Welt brachte.

    Schließlich fragten Sie:

    Kann man davon ausgehen, dass es vor dem Urknall eine nicht erklärbare, Dunkle Energie gab? oder gibt es andere, wenn auch vielleicht spekulative Erklärungsversuche?

    Die Dunkle Energie war am Anfang des Universums und in den frühen Entwicklungsepochen irrelevant. Das kann man sehr gut mit den Gleichungen der relativistischen Kosmologie zeigen, dass Strahlung und Materie zu Beginn die relevanten Energieformen waren. Erst mit der Entwicklung des Universums und der Ausdünnung von Strahlung und Materie wurde die Dunkle Energie wichtig. Nun treibt sie in den späten Phasen kosmischer Entwicklung die beschleunigte Expansion. Am Anfang muss also eine andere Energieform als die Dunkle Energie wesentlich gewesen sein. Das oben erwähnte Inflaton ist das bislang beste Erklärungsmodell, aber es gibt natürlich noch offene Fragen.

    Beste Grüße,
    Andreas Müller

  12. @ Peter Bosshard

    Lieber Herr Bosshard,

    Sie haben Recht: Ein Verständnis der fundamentalen Begriffe Materie, Raum, Zeit und Energie ist mit den größten Rätseln der Physik verbunden. Einsteins Relativitästheorie verbindet diese Begriffe miteinander, nämlich Raum und Zeit zur Raumzeit. Materie (Masse) und Energie werden als Äquivalente erkannt (E = mc2). Und nun der Clou: Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie fordert, dass die Raumzeit von Energie (bzw. Masse) gekrümmt wird. Alle vier Fundamentalbegriffe sind in Einsteins Theorie miteinander verknüpft! Es ist faszinierend, dass diese Idee bislang mehrfach experimentell bestätigt bzw. nicht widerlegt werden konnte. Einsteins Ansatz war bisher unglaublich erfolgreich und macht ihn zum größten Physiker aller Zeiten.

    Beste Grüße,
    Andreas Müller

  13. Danke!

    Lieber Herr Müller,

    perfekt! haben sie herzlichen Dank für die informativen und gut verständlichen Ausführungen! Einige meiner Fragen konnten sie spontan klären, nichtsdestoweniger liefert der Beitrag viele Anhaltspunkte zum Weiterdenken. Die ungeklärten Fragen sind übrigens genau diejenigen, welche mich zum Nachdenken antreiben. So gesehen teilen sich der (Physik) Laie und der Profi, wenn schon nicht das Vorwissen, so doch zumindest die Neugierde;)=

    Beste Grüße,

    Martin Schubert

  14. @ Martin Schubert

    Lieber Herr Schubert,

    das freut mich sehr, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte.

    Wenn sich Laie und Profi auch die Sprache teilen und in Kontakt bleiben (z.B. hier in den KOSMOlogs), so werden sie diese spannenden Fragen gemeinsam diskutieren und lösen können. Davon bin ich überzeugt.

    Das internationale Jahr der Astronomie 2009 bietet dafür zahlreiche, wunderbare Gelegenheiten. Lassen Sie uns das nutzen!

    Beste Grüße,
    Andreas Müller

  15. Eine Frage an den Physiker

    @ Andreas Müller

    Falls meine Fragen etwas naiv sein sollten, bitte ich Sie um die Nachsicht des Experten gegenüber dem Laien 🙂

    Ich erlaube mir, mit dem begrenzten Verstädnis eines Laien, zwei weitere Fragen “in den Raum zu stellen”.

    Nichts kann sich schneller als Licht bewegen, so lehrt uns Einstein. Stellen wir uns nun vor, der Mond, der ja bekanntlich Ebbe und Flut bewirkt, würde plötzlich verschwinden. Würde die Gravitation des Mondes noch die kurze Zeit wirken, welches das Licht benötigt, um die Distanz zwischen Mond und Erde zu überwinden ?

    Konnte die “Ausbreitungsgeschwindigkeit” der Gravitation experimentell nachgewiesen werden ( als Lichtgeschwindigkeit möglicherweise ) ?

    Mit freundlichem Gruss
    Peter Bosshard

  16. @ Peter Bosshard

    Lieber Herr Bosshard,

    zu Ihrer ersten Frage:
    Ja, es würde in diesem Szenario gut eine Sekunde dauern (der Mond ist ca. 380.000 km entfernt) bis die Gezeitenkräfte des Mondes auf der Erde ihre Wirkung nachließen.

    Zu Ihrer zweiten Frage:
    Das konnte bislang nicht gemessen werden.
    Das Einzige, was wir bislang haben, ist die indirekte Messung von Gravitationswellen anhand eines exotischen Doppelsternsystems. Ein Neutronenstern ist ein gestorbener Stern mit 10 km Radius, aber mit der Masse der Sonne! Zwei dieser extrem kompakten Neutronensterne umkreisen sich im Objekt PSR 1913+16 in einer Entfernung von 25.000 Lichtjahren. Das Umkreisen dieser kompakten Massen strahlt einiges an Gravitationswellen ab – besagt die Theorie Einsteins. Durch den damit verbundenen Energieverlust nähern sich die Neutronensterne immer mehr an und werden bald verschmelzen und explodieren (in einem so genannten Gammastrahlenausbruch).
    Über viele Jahre konnten die Astronomen Hulse und Taylor die Annäherung der beiden Neutronensterne beobachten und zwar anhand ihrer gepulsten Strahlung in unsere Richtung (es sind Pulsare). Und siehe da: Die Abnahme der Energie passt hervorragend zum berechneten Energieverlust durch Gravitationswellen. Dafür gab’s den Nobelpreis für Physik im Jahr 1993.
    Deshalb erwarten die Physiker die Existenz der Gravitationswellen und hoffen auf ihren direkten Nachweis in den nächsten wenigen Jahren. Weil dieses auf Einsteins Theorie basierende Modell so gut passt, erwarten die Physiker, dass auch der Rest stimmt, der prognostiziert wird, nämlich die Ausbreitung der Gravitationswellen mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit c. Experimentell nachweisen müssen sie es trotzdem.

    Beste Grüße,
    Andreas Müller

  17. supermassive Schwarze Löcher

    Zu den Supermassiven Schwarzen Löchern: Wäre es nicht auch denkbar das sich bei der Bildung der Galaxien, die ja ursprünglich gigantische Gaswolken waren, im Zentrum des Kollapes so viel Gas verdichtete das die Kernfusion von Wasserstoff keinen ausreichenden Gegendruck erzeugen konnte und statt einem Stern ein überschweres Schwarzes Loch entstand ? Erklährbar wäre das mit der Massenträgheit, bewegt sich ausreichend viel (In der Anfangszeit des Universums ja noch nicht mal so verdünnte) Masse auf einen Punkt zu, so kann bei der Bewegung nach Innen nicht mehr schnell genug Einhalt geboten werden und die Masse Kollabiert trotz laufender Energieproduktion zusammen

  18. Warum bist du nicht zufrieden mit der alten Definition, nach der Leben eine durch Stoffwechsel und Fortpflanzung charakterisierte Selbstorganisation der Materie ist (bzw. ein solches bewirkendes Informationsmuster)?

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