Schon die Dinosaurier färbten ihre Eier

Vögel, Schildkröten und Krokodile legen Eier mit einer Kalkschale. In meinem Blogpost „Warum färben Vögel ihre Eier?“ schrieb ich, dass Vögel die einzigen Tiere aus dieser Gruppe sind, die ihre Eier färben. Vogelkundler glaubten 200 Jahre lang, dass die ersten Vögel weiße Eier legten und farbige Eier erst bei den modernen Vögeln und mehrfach unabhängig voneinander entstanden sind.

Doch bereits die Dinosauriervorfahren der Vögel legten farbige Eier, wie Forscher der Universität Bonn, der Universität Yale und dem Amerikanischen Museum für Naturgeschichte zeigten. Ihre Studie veröffentlichten Jasmina Wiemann, Tzu-Ruei Yang und Mark A. Norell in der Fachzeitschrift Nature [1].

Vögel benutzen zwei Farbstoffe, um ihre Eier zu färben: das bläulich-grüne Biliverdin IXα und das rötlich-braune Protoporphyrin IX. Wiemann und ihre Kollegen erhielten aus Museen für Naturgeschichte insgesamt 19 Bruchstücke von Eierschalen: von Dinosauriern (zwölf), von Krokodilen, von ausgestorbenen Vögeln, von heute lebenden Vögeln. Sie testeten dann mit hochauflösender Raman-Mikrospektroskopie, ob die Eierschalen die beiden Farbstoffe enthielten

Sie fanden die Farbstoffe in Eierschalen der Paravesdinosaurier, nahen Verwandten der Vögel. Zusätzlich erkannten sie durch Pigmentoberflächenkarten, dass manche Paraveseier nicht einheitlich gefärbt, sondern gefleckt und gesprenkelt waren und die gleiche Farbmustervielfalt wie die Eier moderner Vögel zeigten. Raman-Pigmenttiefenprofile zeigten zudem, dass der Mechanismus der Pigmentabscheidung in Paraves und Vögeln gleich war.

Das Ei eines Titanosauriers. Der Titanosaurier gehört zu den Sauropodomorpha

Bisher glaubten Evolutionsbiologen, dass die meisten Dinosaurier, wie Schildkröten und Krokodile, die Eier im Boden vergruben und sie dann verließen [2]. Die Wissenschaftler untersuchten daher auch zwölf Sedimentproben aus dem Sediment, wo die Dinosauriereier gefunden worden waren, ob sie die Farbstoffe enthielten. Sie fanden die Farbstoffe nicht in den Sedimentproben.

Da die Eifärbung bei Vögeln mit Nestbau und anschließender Brutpflege einhergeht, glauben die Vogelkundler jetzt, dass bereits die Dinosauriervorfahren der Vögel diese Verhaltensweisen zeigten. Die Färbung der Eier als Tarnfärbung entwickelte sich bald, nachdem die Dinosaurier vom Vergraben ihrer Eier zum Bau offener Nester übergegangen waren, vermutet Weimann, denn von da an mussten sie die Eier vor Raubtieren tarnen. Das ist die älteste Hypothese zur Eifärbung, die „Tarnung-um-Räubern-zu-entgehen-Hypothese“ die ich in meinem früheren Blogartikel zu dem Thema beschrieb.

In den Eierschalen der Sauropodomorpha und Ornithischia, die älter und mit den Vögeln weniger eng verwandt sind als die Paraves, fanden die Forscher die beiden Farbstoffe nicht, ein Hinweis darauf, dass diese Dinosauriergruppen weiße Eier legten, die sie wie Krokodile im Boden vergruben.

Eulen, Strauße, Geier, Kolibris, Papageien und Wasseramseln legen weiße Eier. Wissenschaftler vermuten, dass diese Vögel die Fähigkeit Eier zu färben im Laufe der Evolution verloren haben. Viele dieser Vogelarten müssen ihre Eier nicht vor räuberischen Blicken schützen. Denn entweder wählen sie – wie die Greifvögel – unzugängliche Nistplätze oder sie brüten in Höhlen oder geschlossenen Nestern, in denen das Gehege sowieso vor fremden Augen verborgen ist

Die Dinosaurier begannen vermutlich frühestens vor ca. 167 Millionen Jahren Eier zu färben, doch wann begann das Säugetier Mensch damit?
Das Eierfärben ist eine Kulturpraxis, die es seit ca. 60. 000 Jahren gibt, wie archäologische Funde von dekorierten Straußeneiern im südlichen Afrika zeigen. Das Volk der San, das in der Kalahari-Trockensavanne lebt, benutzt schon seit vielen Jahrtausenden leere Straußeneier, um darin Wasser aufzubewahren und zu transportieren. Straußeneier sind gute Flaschen: sie sind robust, nicht zu groß (durchschnittlich 1 Liter) und atmungsaktiv, sodass das Wasser darin kühl und frisch bleibt.

Die San verzieren diese Straußeneierflaschen manchmal mit Mustern, die auf ihren Oberflächen eingraviert oder bemalt sind. Sobald die Eier zerbrechen, werden die Bruchstücke zermahlen und durchlöchert, um daraus Anhänger zu machen, die an Halsketten und Armbänder aufgereiht oder auf Kleidung genäht werden.

Ein dekoriertes Straußenei aus dem südlichen Afrika

Weiterführende Literatur

[1]. Jasmina Wiemann, Tzu-Ruei Yang, Mark A. Norell. (2018) Dinosaur egg colour had a single evolutionary origin. Nature, 563, 555–558. DOI: 10.1038/s41586-018-0646-5

[2]. David J. Varricchio, Frankie D. Jackson (2016) Reproduction in Mesozoic birds and evolution of the modern avian reproductive mode, The Auk: Ornithological Advances, 133 (4), 654–684. https://doi.org/10.1642/AUK-15-216.1


Warum färben Vögel ihre Eier?

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Veröffentlicht von

Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

5 Kommentare

  1. Kleine Satire:
    Es sind diese Ostergeschichten mit den Eiern, die ich jetzt überall in den Zeitungen lesen muss. Das Osterfest eiert mit Eiern und nicht mit Weihnachtsmännern. Aber die Eier benötigen kein Osterfest, um sich täglich in die Pfanne hauen zu lassen. Will sagen: der Mensch sucht im Ei einen tieferen Sinn(Ei des Kolumbus). Eier scheinen in der Evolution ein ewiges Erfolgsmodell zu sein, weil eine harte Schale neues Leben schützt. Man sollte mal die Evolution befragen, wie sie auf diese nobellpreis verdächtige Idee gekommen ist . In der Evolution hat alles seinen Sinn, sogar SchokoEier, Eierlikör , Eisprung usw….

  2. Lustig eigentlich dass Dinos und Vögel ihre Eier (vor allem) zur Tarnung färben. Der Mensch aber färbt sie aus genau gegenteiligem Grund: Damit sie gesehen und bestaunt werden, nämlich.
    Wenn Menschen Eier schon vor 60’000 Jahren färbten heisst das, dass Menschen schon vor 60’000 Jahren um Aufmerksamkeit heischten. Dieses um Aufmerksamkeit heischen kann fliessend übergehen bis zu narzisstischen Zügen. Donald Trump – Charaktere gab es also womöglich schon vor 60’000 Jahren.

  3. ‘Weiß’ ist eine Farbe, sie ist oft, bei der Eierlegerei, dem Kalk geschuldet, der sozusagen als weiß verstanden werden darf, dem Baustoff geschuldet, aber nicht notwendigerweise.

    Klar ist nicht, dass ‘weiß’ keine Färbung und keine Tarnung darstellen kann.

    Womöglich ist der werte hiesige Inhaltegeber hier “a bisserl” regressiv unterwegs?!

    MFG + schöne Mittwoche!
    Dr. Webbaer

  4. Sobald die Eier zerbrechen, werden die Bruchstücke zermahlen und durchlöchert, um daraus Anhänger zu machen …

    zermahlen und durchlöchert?

    Könnten Sie mir bitte erklären, wie das gehen soll, oder ist hier ein Schreibfehler verborgen?

    In ihrem Artikel klingt heraus, dass die Eier von den Tieren per Intension gefärbt wurden/werden. Ist es wirklich der Wille des Tieres die Eier zufärben?

    Mir freundlichem Gruß
    Klaus Sucker

    • Hallo Klaus,

      beim Zermahlen liegt ein Schreibfehler vor. Es ist nicht der Wille des Tieres, die Eier zu färben. Die Eierfarbe ist vermutlich größtenteils genetisch bedingt.

      VG
      Joe

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