Kleine und große Unendlichkeiten

BLOG: Die Sankore Schriften

Die Welt ist voller Rätsel
Die Sankore Schriften

Wie groß ist die Unendlichkeit? fragte neulich Florian Freistetter auf Astrodicticum Simplex und stellte ein TED-Video von Denis Wildfogel vor, in dem dieser auf verständliche Weise Georg Cantors Klassifizierung unendlicher Zahlenmengen erklärt. Cantor unterschied zwischen abzählbar unendlichen Mengen (z. B. die Menge der ganzen Zahlen) und überabzählbar unendlich Mengen, die nicht abzählbar sind (z. B. die Menge der reellen Zahlen).

Da mich dieses Thema ebenso wie Florian fasziniert und ich hier schon über die Kontinuumshypothese geschrieben habe, möchte ich heute an seinen Blogartikel anknüpfen und über eine weitere Klassifizierung innerhalb der abzählbar unendlichen Mengen schreiben.

Ich werde dieses Klassifizierungsschema am Beispiel der Menge der natürlichen Zahlen erläutern. Es benutzt Methoden der Analysis und der Kombinatorik, die wir bereits aus der Schulmathematik kennen.

Fangen wir mit der Menge der Quadratzahlen 1,4,9,16,25,36…. an.

Bilden wir nun die Summe ihrer Kehrwerte also 1/1 + 1/4 + 1/9 + 1/16 + 1/25 + 1/36 + …
und fragen ob diese Reihe konvergiert oder divergiert.

Sie konvergiert – nämlich gegen Pi/6.

Die Summe der Kehrwerte der Primzahlen hingegen divergiert. Wir nennen Mengen bei denen die Summen ihrer Kehrwerte konvergieren „klein“ und Mengen wo die Summen ihrer Kehrwerte divergieren „groß“.

Was ist mit der Menge der Primzahlzwillinge also 1,3  5,7 11,13 17,19….usw.?

Die Summe ihrer Kehrwerte (1/3 + 1/5) + (1/5 + 1/7) + (1/11 + 1/13) + (1/17 +1/19) + (1/29 + 1/31) konvergiert gegen 1,902160583104. die Brunsche Konstante. Die Menge ist also „klein“.

Halt! Alles zurück auf Start.

Wir wissen nicht ob es unendlich viele Primzahlzwillinge gibt.

Ich geb’s zu das war gemein aber ich mache es wieder gut. 😉

Da wir gerade bei unendlichen Reihen sind möchte ich euch als Wiedergutmachung die schöne Grandi-Reihe.vorstellen.

Die unendliche Grandi-Reihe, benannt nach dem Mathematiker der sie 1703 veröffentlichte, ist die folgende: 1-1+1-1+1-1+1-1….usw.

Sie entspricht dem Problem des unendlichen Lichtschalters.

Stell Dir vor, Du besitzt eine sehr robuste Nachttischlampe mit einem Knopf, der die Lampe abwechselnd ein- oder ausschaltet. Nachdem Du unendlich oft auf den Knopf gedrückt hast, ist dann die Lampe an oder aus? Oder mit anderen Worten: Welches ist der Grenzwert der obigen Reihe?

Du hast die Wahl:

1) Der Grenzwert ist 0, und die Lampe ist aus. Denn du kannst die Reihe durch Klammern folgendermaßen schreiben: (1 – 1) + (1 – 1 )+ (1 – 1) + (1 – 1) . = 0 + 0 + 0 + 0 . = 0. Und wenn Du unendlich oft auf den Knopf drückst, ist dies das gleiche wie unendlich oft zweimal auf den Knopf zu drücken. Zweimal drücken aber ändert nichts am Schaltzustand der Lampe. Sie bleibt aus.

2) Falsch, der Grenzwert ist 1 und die Lampe ist an. Denn du kannst die Reihe auch folgendermaßen schreiben: 1 + (- 1 + 1) + (- 1 + 1) + (- 1 + 1) = 1 + 0 = 1. Und was die Lampe betrifft, so wird sie beim ersten Drücken eingeschaltet und danach durch immer zweimaliges Drücken nicht mehr verändert.

Da beide Argumente gleich berechtigt sind, obwohl sie sich offensichtlich widersprechen, gilt der Lampenzustand als unbestimmt. (Hand aufs Herz, wer hat nicht spontan an Schrödingers Katze gedacht?)

Ich habe mich für 1) entschieden die Lampe ist aus und ich gehe jetzt schlafen. 😉

 

Lang und beschwerlich ist der Weg, der von der Dunkelheit in das Licht führt.

John Milton, Das verlorene Paradies

Addendum: Da einige Kommentatoren aufgrund von Missverständnissen off-topic diskutieren hier noch einige Hintergrundinformationen zum Artikel.

1. Bei der Grandi-Reihe geht es um den mathematischen Begriff “bedingte Konvergenz” .

Riemann hat mit dem Riemannschen Umordnungssatz folgendes bewiesen:

Behält man die Reihenfolge der positiven und der negativen Glieder, wie sie in einer bedingt konvergenten Reihe auftreten, bei, so kann man durch Umordnung jeden beliebigen Grenzwert erzeugen oder die neue Reihe sogar divergieren lassen.

2. Der unendliche Lichtschalter ist eine Variante eines Zenons Paradoxs (Achill und die Schildkröte) und ist auch als Thomsonsche Lampe bekannt.

Die Thomsonsche Lampe beschäftigt sich mit der Frage ob unendliche viele Ereignisse in einer bestimmten Zeit passieren können. Allgemein geht es um die Frage der Struktur der Zeit. Besteht sie aus ausdehnungslosen Zeitpunkten oder aus ausgedehnten Zeitstrecken? Zenon bestreitet beide Möglichkeiten und zeigt, dass Bewegung weder durch eine Punkt – noch eine Streckenstruktur der Zeit erklärt werden kann.

3. Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Grandi-Reihe und der Thomsonschen Lampe. Thomson schreibt in seinem Paper Thomson, James F. (October 1954). “Tasks and Super-Tasks”. Analysis (Analysis, Vol. 15, No. 1) 15 (1): 1–13.
auf Seite 6:

“Then the question whether the lamp is on or off… is the question: What is the sum of the infinite divergent sequence
        +1, −1, +1, …?
 “Now mathematicians do say that this sequence has a sum; they say that its sum is 1⁄2. And this answer does not help us, since we attach no sense here to saying that the lamp is half-on. I take this to mean that there is no established method for deciding what is done when a super-task is done. … We cannot be expected to pick up this idea, just because we have the idea of a task or tasks having been performed and because we are acquainted with transfinite numbers.”

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Veröffentlicht von

Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

22 Kommentare

  1. Das Kriterium “Summe der Kehrwerte konvergiert/divergiert” wirkt nicht unbedingt auf Mengen sondern auf angeordneten Mengen. Man nehme als Menge z.B. die Elemente einer kovergenten aber nicht absolut konvergenten Reihe.

  2. Da gab es sogar einen Mathematiker, der behauptet hat, dass es gleich viele ganze gerade Zahlen wie ganze Zahlen geben würde.

    Dabei kan doch jeder leicht sehen, dass das Verhältnis 0,5 zu 1 sein muss.

    Genauer gesagt, 0,5 mal Unendlich zu 1 mal Unendlich.

    • Na ja. Um herauszufinden wieviel ganze gerade Zahlen es gibt muss man doch nur die Anzahl der ungeraden ganzen Zahlen von der Anzahl der ganzen Zahlen abzählen. Man erhält Anzahl der geraden ganzen Zahlen = Unendlich – Unendlich. Und was folgern wir daraus?

      Im übrigen: die Gleichmächtigkeit von Mengen über eine Paarbildung zu bestimmen ist recht willkürlich. Man könnte eine Menge, die nur eine Teilmenge einer andern ist durchaus als kleiner bezeichnen. Wie vieles in der Mathematik wäre das nur eine Festlegung. Ob so eine Festlegung Sinn macht zeigt sich erst bei konkreten Fragestellungen.

  3. Festlegung:

    Eine Legierung aus 50 Prozent Kupfer und 50 Prozent Zinn wird immer 50 Prozent Kupfer enthalten, ganz gleich, wie viele Universen man damit auffüllt.

    Folgerung daraus:

    Ausserdem ist 1 mal Unendlich minus 0,5 mal Unendlich natürlich 0,5 mal Unendlich.

    • Solange man von physikalischen Dingen wie Kupferressourcen redet, sollte man auf den Begriff Unendlich verzichten, denn das sichtbare Universum ist endlich.
      Im obigen Beispiel, das am Schluss steht, sollte man also Unendlich durch X ersetzen:
      1 mal X minus 0,5 mal X ergibt 0,5 mal X.
      Man erhält also etwas über das man gar nicht zu diskutieren braucht.

    • Mir ist eine “vernünftige” Methode eingefallen, wie man unendliche Teilmengen der gleichen Grundmenge grössenmässi miteinander vergleichen kann. Und zwa hilft gier wieder eine bijektive Zuordnung. Ich erläutere sie am Beispiel der geraden ganzen Zahlen, deren Menge ich als G bezeichne, und der ganzen Zahlen, deren Menge ich als N bezeichne.
      Wir können jeder geraden Zahl aus N eine Zahl aus G zuordnen und jeder ungeraden Zahl aus N können wir ebenfalls eine Zahl aus G zuordnen und zwar so, dass jede Zahl aus N nur für eine der beiden Abbildungen verwendet wird.. Tun wir das bis zu einem beliebigen n aus N, so sehen wir dass die so definierte Mächtigkeit von N doppelt so gross sein muss wie die von G. Das ist zwar trivial, aber es funktioniert und liefert etwas was mit der Intuition zusammenpasst.

      • Mir ist eine “vernünftige” Methode eingefallen, wie man unendliche Teilmengen der gleichen Grundmenge grössenmässi[g] miteinander vergleichen kann. Und “zwa hilft gier” [Anführungszeichen: Dr. W] wieder eine bijektive Zuordnung. (…)

        Ja, das geht, auch wenn nicht en dé­tail gefolgt werden konnte, gute Idee.

        MFG + schönes Wochenende noch,
        Dr. W

      • Sehr gute Idee. Ich konnte folgen. Hab es gleich ausprobiert.

        Den ungeraden Zahlen aus NG habe ich in aufsteigender Folge die Zahlen aus N zugeordnet, die durch 7 teilbar sind. Den geraden Zahlen aus G alle anderen aus N.

        N scheint nur um ca. 17 % größer zu sein als G. Und das passt auch ganz gut zu meinen Intuitionen und der “Vernunft”.

  4. Hallo Martin Holzherr,

    ich spreche gerne von physikalischen Dingen wie von Kupferressourcen, denn sie symbolisieren in meinem Beispiel das Verhältnis von irgendwelchen Substanzen zu irgendwelchen anderen Substanzen.

    Auch in unendlich grossen Universen ist das Verhältnis von irgendwelchen Substanzen zu irgendwelchen anderen Substanzen permanent konstant.

    Dabei ist es ganz gleich, ob es sich um Kupfer und Zinn, oder um ganze gerade Zahlen und alle ganzen Zahlen handelt.

    Ein rein mathematisches Aufblasen des Volumens kann daran überhaupt nichts ändern.

    • Ist mittlerweile gesichert, dass Zahlen existieren?

      Ich meine, im zur Zeit sichtbaren Universum, im Gegensatz zum in unendlicher Zukunft sichtbaren – immer noch begrenzten? – Universum.

      • Verhältnisse, die die Mathematik (“Kunst oder Arbeit des Lernens”) benötigen, existieren in der Natur nicht, insofern ist u.a. der Übertrag der Grandi-Reihe auf einen Lichtschalter mit einem Augenzwinkern zu begleiten.

  5. Nachdem Du unendlich oft auf den Knopf gedrückt hast

    “unendlich oft auf einen Knopf drücken” steht nicht für eine existierende menschliche Handlung. In der Lebenswelt gibt es weder “unendlich viele” noch “unendlich oft”. Es gibt nur abgeschlossene Handlungen und solche, welche noch nicht abgeschlossen sind. Das macht doch alles keinen Sinn.

  6. Ist mittlerweile gesichert, dass Zahlen existieren?

    Eine Zahl, wie zum Beispiel die 3, benötigt immer einen Informationsträger, deshalb können nur 3 Steine, 3 Gedanken, oder ein Blatt Papier mit einer 3 darauf existieren.

    Die Zahl 3 kann nicht einfach im völlig leeren Raum umher schweben.

    Die konstanten Verhältnisse sind eines der Grundprinzipien der Naturwissenschaften.

    Zum Beispiel besteht Wasser (isotopenreines leichtes Wasser) immer aus 1 Gewichtsteil Wasserstoff und aus 8 Gewichtsteilen Sauerstoff (auf ganze Zahlen gerundet).

    Dieses Verhältnis ist physikalisch real.

    Dabei spielt es keine Rolle, ob man ein Wassermolekül, einen Wassertropfen, eine Badewanne, einen Ozean, oder eine unendlich große Wassermenge nimmt.

    Niemand würde sagen, dass eine unendlich große Wassermenge aus gleichen Gewichtsteilen von Wasserstoff und Sauerstoff.besteht.

  7. An Alle! Um den off-topic-Kommentaren hier Einhalt zu gebieten habe ich in dem Artikel in einem Addendum am Schluss noch einige Hintergrundinformationen eingefügt.

    • Zitat aus einer von Ihnen webverwiesenen Quelle:

      Thomson argued that if supertasks are possible, then the scenario of having flicked the lamp on and off infinitely many times should be possible too (at least logically, even if not necessarily physically [Hervorhebung: Dr. W]).

      Was den Schreiber dieser Zeilen, Ihren Kommentatorenfreund, einlädt die Trennung der Mathematik (“Kunst oder Arbeit des Lernens”) und der Natur noch einmal hervorzuheben, als schichtengetrennt zwischen Geist und eben dieser Natur, und abschließend zum Sinnspruch: ‘Alles, was (für das Erkenntnissubjekt) denkbar ist, ist möglich; was nicht für dieses denkbar ist, muss nicht unmöglich sein.’

      MFG
      Dr. W

      • Upps, da fehlte noch was:
        ‘Alles, was (für das Erkenntnissubjekt) denkbar ist, ist möglich; was nicht für dieses denkbar ist, muss nicht unmöglich sein; und was für dieses als widersprüchlich oder paradox undenkbar ist, auch nicht möglich ist.’ (die Möglichkeit bezieht sich jeweils auf die Natur/Physik/Welt)

  8. Sorry, on-topic hat anscheinend bisher nur Ano Nym argumentiert. So schnell hab ich nicht geschaltet.

    Wenn die Grandi-Reihe beginnend mit +1 die Summe 1/2 hat, dann wird die Reihe beginnend mit -1 die Summe -1/2 haben. Wenn ich vor eine dieser beiden Reihen einen (oder mehrere) Summanden 0 setze, kommt dann als Summe 0 heraus?

    • Man muss sich hier klar machen, dass schon die Schreibweise mit den drei Punkten eine Schlampigkeit darstellt. Die drei Punkte stehen hier nämlich nicht für etwas, was man im Prinzip hinschreiben könne. Mir wurde einst beigebracht, dass es bei Fragen nach dem Wert eine Reihe um die Frage nach der Konvergenz der Patialsummenfolge geht:

      http://en.wikipedia.org/wiki/Grandi%27s_series

      It is a divergent series, meaning that it lacks a sum in the usual sense.

      In modern mathematics, the sum of an infinite series is defined to be the limit of the sequence of its partial sums, if it exists. The sequence of partial sums of Grandi’s series is 1, 0, 1, 0, …, which clearly does not approach any number (although it does have two accumulation points at 0 and 1). Therefore, Grandi’s series is divergent.

      Die Partialsummenfolge konvergiert nicht, sie besitzt keinen Grenzwert (wohl aber die beiden Häufungspunkte 0 und 1). Der Ausdruck der Grandi-Reihe, ob nun mit Pünktchen oder mit Summen-Sigma geschrieben, ist undefiniert.

  9. Wenn wir als Bild Lampen betrachten, erhalten wir tatsächlich einen Wert.
    Zunächst müssen wir festlegen, wie wir die Zuordnung machen wollen.
    Relativ logisch ist:
    0 – Lampe aus
    1 – Lampe ein

    In diesem Fall haben wir eine Zusatzbedingung: die Zustände ein und aus folgen einander, in dieser Hinsicht ist die Folge wohlgeordnet.

    Jetzt kommt ein äußerst wichtiger Punkt:
    Zum Ein- und Ausschalten benötigt man Zeit. Diese mag winzig klein sein, spielt aber in dem Modell eine entscheidende Rolle.
    Wir können stark vereinfacht annehmen, dass während des Ausgeschaltetseins kein Strom fließt und während des Eingeschaltetseins ein konstanter Strom fließt.
    Damit dieser Strom nicht unendlich wird und eine Spannung von 1 erzielt wird, (ich nehme ohne Einschränkung der Allgemeinheit an, dass 1 dem Zustand 1 V entspricht und dass die Lampe einen rein Ohmschen Widerstand von 1 Ohm besitzt, hieraus folgt, dass im eingeschalteten Zustand eine Stromstärke von 1 Ampere vorhanden ist und im ausgeschalteten Zustand eine Stromstärke von 0 Ampere.

    Damit beschreibe ich die Reihe 0,1,0,1,0,1,…
    Die drei Punkte bedeuten, dass es immer so weiter geht.
    Jetzt müssen wir den Grenzwert bestimmen.

    Wir sehen, dass im 1. Glied der Wert von Spannung und Stromstärke 1 beträgt, im 2. Glied jeweils 0.
    Zahlen müssen wir Energie für die 1, nicht für die 0.
    Wenn wir gleichmäßig schalten, müssen wir ganz offensichtlich für einen genügend langen Zeitraum des Schaltens halb soviel Energie bezahlen, als wenn die Lampe immer an ist.
    Wenn wir nun hiervon den Grenzwert bestimmen, nähert sich dieser 1/2. (Wäre die Lampe immer an, wäre der Grenzwert 1, wäre sie immer aus, dann wäre der Grenzwert 0.)
    Die zu zahlende Energie selbst nähert sich unendlich, das spielt hier aber keine Rolle.

    Wier haben aber eine entscheidende Zusatzannahme gemacht, das ist die, dass das Schalten abhängig von der Zeit erfolgt, und sei sie noch so klein.
    Solange das Verhältnis von der eingeschalteten zur ausgeschalteten Zeit gleich ist, erhalten wir 1/2 als Grenzwert.
    Nehmen wir an, die Lampe wäre gepulst, wobei nur im Moment der ungeraden Zahlen ein Strom fließt und in der restlichen Zeit keiner. Dann ergibt sich hier ein Grenzwert des Verhältnisses von Eingeschaltetsein zu Ausgeschaltetsein von 0. Und im entgegengesetzten Fall eins von 1.
    Als Schlussfolgerung erhalte ich: ein sinnvoller Grenzwert ist 1/2.

    Drücken wir jetzt die Skalen zusammen und setzen die unendlich vielen Schaltzustände in eine Sekunde. Auch dann erhalten wir als Verhältnis einen Wert von 1/2. Und wir können das komprimieren immer weiter vollenden und die Zeiten unendlich klein werden lassen, solange sie nur gleich groß sind, erhalten wir 1/2.

    Die Reihe ist insofern interessant, dass sie eine Zusatzgröße implizit einfügt, bzw. eine Zusatzannahme: wenn wir als Modell eine Lampe betrachten, spielt die Zeit eine Rolle. (Wie immer wir sie auch mathematisch bezeichnen wollen. Die Zeit selbst ist hier nur ein Modell.)

  10. Ich möchte noch etwas ergänzen.
    Durch das Modell des Schalters (Licht an, Licht aus) kommen in gewisser Weise die reellen Zahlen und die Kontinuität ins Modell.
    Das Licht ist an “bis” es ausgeschaltet wird und aus “bis” es eingeschaltet wird.Bei diesem Modell kann man die Zwischenräume nicht ausblenden.

    Wenn wir nun statt 0 und 1 die negativen Zahlen -1 und +1 betrachten, erhalten wir eine andere Interpretation, die aber sehr ähnlich ist und das Bild erweitert.
    Der Mittelwert nähert sich in diesem Fall 0 und die Lampe ist immer an. Sie wird sozusagen mit einem rechteckigem Wechselstrom gespeist.
    Die 0 entspricht dem Gleichspannungsanteil.
    Die Helligkeit entspricht “immer an”, den Umschaltmoment müssen wir vereinfachend vernachlässigen. Ob die (Glüh-)Lampe mit positivem oder negativem Strom gespeist wird, ist ihr egal.

    Ebenso könnte man bei Speisung mit 0 und 1 die 1/2 mit dem Gleichspannungsanteil ersetzen.

    Die Lampe leuchtet in beiden Fällen mit halber Intensität, wenn der Wechsel genügend rasch erfolgt.

    Anders wäre das System, wenn man die Lampe mit einer Leuchtdiode vergleicht. Unter Vernachlässigung des Offsets leuchtet sie, wenn die Spannung größer ist als 0.
    In diesem Fall erhalten wir auch bei -1 und +1 im Wechsel 1/2.

    Das Schaltermodell führt also zu einer wesentlichen Erweiterung. Es führt eine Zeit für die Addition ein, die Reihe entsteht nicht gleichzeitig.

    Was passiert nun, wenn wir jedes + durch einen eigenen Schalter ersetzen und alle Schalter gleichzeitig betätigen?
    Wir benötigen einen Summationspunkt und unendlich viele Lampen. Es wird ein völlig anderes Modell. Der Widerstand aller Lampen wird bei Parallelschaltung Null und es entsteht ein Kurzschluss. Das System wird unbestimmt, weil die Stromquelle im Modell ebenfalls einen Widerstand von 0 hat. Bei unendlichem resultierenden Strom brennt alles durch. Das Modell versagt.

    Wir können also mit dem benannten Lampenmodell nur eine Form bzw. Interpretation darstellen, nicht alle Interpretationen.

    Das Lampenmodell (und jedes entsprechende Modell) stellt also nur einen Aspekt dar, wenn auch einen interessanten.

    Ein völlig anderes Modell stellt ein rückgekoppeltes Modell dar. Es entspricht dem des Lügners.

    Beispiel:
    Der Satz, den ich jetzt schreibe, sagt über sich selbst aus, dass er falsch ist.

    Wenn er falsch ist, ist er also wahr, wenn er wahr ist, ist er also falsch.
    Man kann das ebenfalls darstellen als 1,0,1,0,1, …
    wenn man als Modell eine Rückkopplung verwendet. Auch hier ist wesentlich, dass die Zeit beliebig klein, aber nicht 0 ist. Man erhält als Modell eine Rechteckschwingung.

    Ich habe noch kein anschauliches Modell gefunden, bei dem man das ganze ohne Verwendung von Zeit oder von Zwischenräumen verwenden kann.

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