James Dean, deutsche Filmtitel und Metawissen
BLOG: Die Sankore Schriften
In dem Film „Denn sie wissen nicht, was sie tun (Rebel Without a Cause)“ mit James Dean in der Hauptrolle wird ein sogenannter Chicken Run veranstaltet: Buzz und Jim (James Dean) rasen dabei in gestohlenen Autos auf eine Klippe zu. Wer zuerst aus dem Auto springt, ist das „Chicken”, der Feigling und hat das Spiel verloren. Während Jim kurz vor der Klippe herausspringt, bleibt Buzz mit dem Jackenärmel am inneren Türgriff hängen und stürzt mit dem Auto in die Tiefe.
Mit einer anderen Version des Chicken Runs haben sich Spieltheoretiker beschäftigt und fanden dabei ein Wissensparadox. Zwei Konkurrenten im Auto des gleichen Typs rasen auf dem Mittelstreifen einer verlassenen Landstraße aufeinander zu. Weicht keiner aus, kommt es zum Zusammenstoß, und beide sterben. Das will keiner von beiden. Hier verliert derjenige das Spiel, der zuerst ausweicht.
Stell Dir vor, Du trittst bei dieser Version des Chicken Runs gegen einen Konkurrenten mit hellseherischen Fähigkeiten an, der jede deiner Handlungen mit absoluter Sicherheit voraussagen kann. „O weh!“ denkst Du, „jetzt sitze ich in der Tinte. Schließlich geht es ja bei dem Spiel darum zu erraten, was der andere tun wird.“
Nachdem Du das Problem ein wenig in Gedanken gewälzt hast, fällt Dir plötzlich auf, dass Du einen unschlagbaren Vorteil hast. Wenn dein Gegner weiß, was Du tun wirst, ist Ausweichen dumm. Er wird voraussehen, dass Du ausweichst, wird deshalb nicht ausweichen, und Du wirst verlieren. Für Dich ist es strategisch günstiger, nicht auszuweichen. Dein Gegner, der das voraussieht, hat nur zwei Möglichkeiten: Er kann ausweichen und verlieren oder nicht ausweichen und sterben. Ist er voll bei Verstand und wird nicht von Selbstmordgedanken geplagt, kann er nur ausweichen. Erstaunlicherweise befindet sich hier dein wissender Gegner im Nachteil. (War Kuba in der Kubakrise 1962 nicht in einer sehr ähnlichen Situation wie dein wissender Gegner?)
Meiner Meinung nach, aber nur weil Du über ein Metawissen verfügst: d.h. Du weißt, dass er weiß, was Du tust. Wenn Du dieses Metawissen nicht hast, befindet sich dein wissender Gegner im Vorteil. Was aber wenn dein Gegner nicht weiß ob Du über dieses Metawissen verfügst? Natürlich haben wir jetzt einen Unterschied zu der Situation, wo beide nicht wissen, was der andere tut aber ich denke für deinen Gegner führen die unterschiedlichen Prämissen nicht zu einem Unterschied in der praktischen Entscheidungsfindung – oder habe ich was übersehen?
Laut Wikipedia geht die deutsche Version des Filmtitels “Denn sie wissen nicht, was sie tun” auf einen Bibelvers aus dem Lukasevangelium zurück (Lk 23, 32–34), mit dem Jesus seine Peiniger vor Gott entschuldigt. Die Textpassage lautet in der modernen Version der Lutherübersetzung:
“Es wurden aber auch andere hingeführt, zwei Übeltäter, dass sie mit ihm hingerichtet würden. Und als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn dort und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken. Jesus aber sprach: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Und sie verteilten seine Kleider und warfen das Los darum.”
Der Titel wurde vom deutschen Verleih gewählt, weil man sich nach „Jenseits von Eden“ und seinem Erfolg mit einem weiteren Bibelzitat bessere Vermarktungschancen ausrechnete.
Die historische Quellenlage
…scheint zu belegen, dass Castro Chruschtschow zum atomaren Erstschlag gedrängt hat und Chr. – im Sinne von ‘The Russians love their children too.’ (Sting) – einlenkte.
Ansonsten hat man es beim ‘Balance of Power’ oder Chicken-Run mit dem sog. Leveln zu tun: Wir wissen, dass der Gegner einlenken wird, der Gegner weiß, dass wir wissen, dass er einlenken wird, der Gegner weiß, dass, wenn er doch nicht einlenkt, wir einlenken werden…
Hier gilt es dann eine Art Gleichgewicht zu finden und gelegentlich den allgemeinen Kollaps in Kauf zu nehmen, UM nicht jedes Spiel zu verlieren.
Sieht auch ein wenig nach einer Anwendung für das Nash-Equilibrium aus, wenn der Gegner nicht suizidal ist.
Das mit dem Chicken-Run hatte später noch einige Nachfolger in der Cineastik, der Schreiber dieser Zeilen hat’s aber gerade nicht zur Hand.
MFG + schönes WE noch,
Dr. W
Re: Kuba-Krise
Ich verstehe nicht ganz worauf du hinaus willst mit dieser Frage. Vielleicht habe ich aber einfach einen Knoten weil normalwerweise die UDSSR und die USA als Spielende in spieltheoretschen Ansätze für den Vorfall benutzt werden und Kuba nur die Nebenrolle zugeteilt wird (Best Supporting Act sozusagen). Aber auch dann sehe ich nicht, warum eine Partei über zusätzliches Wissen (und welcher Art) hätte verfügt haben können.
@Ali Kuba at gunpoint
Ich sage es mal so: Kuba hatte den Colt an der Schlaefe. Es war ja konkret von der Seeblockade betroffen (nicht die UDSSR) und einem nuklearen Angriff. Da Kuba sozusagen vor der Haustuer der USA liegt, war es wahrscheinlich, dass Kuba zuerst auf die Muetze bekommt. Kuba wusste wie die USA handeln wird und die USA wusste, dass Kuba wusste wie die USA handeln wird. Aber konnte Kuba damals selbstaendig (ohne die UDSSR) handeln/verhandeln? Nein, es musste die Fuesse stillhalten. Sicher kennst Du dich mit der Brinkmanshipstrategie und den konkreten historischen Hintegruenden der Kubakrise besser aus. Ich wollte hier auch nicht zu sehr off topic gehen sondern nur einen Denkanstoss geben.
Re: Kuba at Gunpoint
Ich verstehe jetzt besser was du meinst, finde das Beispiel aber für Chicken unzutreffend. Das Problem ist, dass Kuba kaum Entscheidungsgewalt hatte. “OK, wir lassen die Raketen abziehen”, war keine Option. Kuba war das Fahrzeug und die UDSSR sass am Steuer. Um mitzuspielen, muss man entscheiden können und sei es sich der Entscheidungsfreiheit zu berauben (mit Handschellen am Lenkrad zum Beispiel). Jene Freiheit lag in der Kubakrise immer klar bei der UDSSR und bei den USA.
Die Seeblockade sollte übrigens wenn ich mich recht erinnere primär die Lieferung von weiterem Kriegsmaterial verhindern (und nicht Kuba isolieren). Der Showdown wurde ja dann auch unter anderem durch das Abdrehen der Schiffe der UDSSR unterstrichen.
zur Kubakrise
Es gab da ein komplexes Szenario, Kennedy musste u.a. auch West-Berlin berücksichtigen, und wollte es entgegen bestimmten Wünschen militärischer Ratgeber gerade nicht zu einem Showdown kommen lassen.
Das Einlenken der UdSSR war längst vorverhandelt, da war noch was mit der Türkei, die UdSSR musste also keinen Gesichtsverlust fürchten.
Der wilde Castro konnte auf die Zusage hoffen nicht angegriffen zu werden, sich also auch irgendwie freuen.
Wenn man berücksichtigt, dass Castro in revolutionärem Rausch zu allem entschlossen war, dann passt das schon so ganz gut mit dem Game of Chicken.
MFG
Dr. W
Nochmals Kuba-Krise
@Webbär
Ein Trabbi gegen einen 40-Tönner ist irgendwie nicht Chicken (da man ja von rational handelnden Akteuren ausgeht). Daran ändert auch die Berlin-Frage nichts.
Dass Ihre Bärlaucht es für nötig befunden hat, diese einzubringen als ob es eine Offenbarung wäre, lässt mich vermuten, dass er nicht sehr vertraut sein kann mit den vielen Dokumenten und Studien die es zum Thema gibt (es ist vielleicht das in den Internationalen Beziehungen am gründlichsten studierte Ereignis überhaupt). Sie hätten ebenso gut darauf hinweisen können, dass Kennedy in “Betracht ziehen musste, dass die Sowjetunion auch Atomwaffen besass”
@Joe
Ich verspreche es, das war mein letzter Off-Topic Kommentar in diesem Thread. Aber wenn ich “Kuba-Krise” lese, kann ich einfach nicht anders. Und wenn dann noch der Petz auftaucht…
@Ali
Das mit dem
…blieb halt etwas unverständlich und vielleicht auch ergänzungsbedürftig.
Denn es galt ja den SD bestmöglich zu vermeiden.
Kennedy dachte demzufolge -östliche Ratio durchaus zurecht antizipierend- strategisch und bot etwas an, das sowjetisch verarbeitet und angenommen werden konnte. [1]
Der Kick an der Sache war Fidel Castro selbst, sofern die diese hier vorliegende Datenlage valid ist.
Sie dürfen gerne hierzu erläutern, ein abschließendes Urteil ist ja noch nicht gefällt, was Castros angebliche Nachricht betrifft:
MFG
Dr. W
[1] um eben aus dem “Chicken-Run” herauszukommen
Wenn einer weiß was der andere tut…
Ein Freund erzählte mir mal von einem Bekannten, der einen solchen „Chicken run“ in der Fallschirm-Version durchgeführt hat: Man springt gemeinsam ab, und wer als erster die Reißleine zieht, verliert. Die Strategie dieses Bekannten bestand darin, den anderen zu beobachten und Sekundenbruchteile nach dessen Zug auch zu ziehen. Zum Glück verfolgte er als einziger diese Strategie, sodass beide überlebten.
Ein paar Anmerkungen hätte ich zu machen zum beschriebenen Szenario
Erstens: Jemand, der bekanntermaßen über hellseherischen Fähigkeiten verfügt, wird wohl nie so dumm sein, an einem solchen Spiel teilzunehmen. Denn bei diesem Spiel ist nicht das strategische Denken, sondern die Nervenkraft gefragt. Es ist ein hirnloses Pokerspiel darum, wer als erster die Nerven verliert. Der Idee dieses Spiels ist die Grundlage entzogen, wenn der eine in den anderen hineinblicken kann. Und es ist nicht ungewöhnlich, dass derjenige, der mehr weiß und überblickt, bei Nervenkämpfen einen Nachteil hat, zum Beispiel weil er nicht bereit ist, für einen Blödsinn alles auf eine Karte zu setzen.
Zweitens: Der Nachteil gilt allerdings nur für den Fall, dass es sich wirklich nur um ein Spiel handelt (das man auch ablehnen kann). In einem Falle wie der Kubakrise, welche auch ein Pokerspiel war, müsste der hellseherische Teil schlicht dem Gegner verkünden, dass er bereit ist, für seine Position zu sterben, und dann ist der vermeintliche strategische Vorteil des Gegners dahin.
Drittens: Der Schluss des Nichthellsehers beruht rein auf der Annahme, dass der andere Gedanken lesen kann, nicht auf dem Faktum. Man muss es ihm also nur erzählen, ohne dass es eine Bedeutung hat, ob er es wirklich kann.
Also geht es gar nicht um die hellseherische Fähigkeit selbst, sondern ganz allgemein um eine „Information“, die A über B bekommt, die die strategischen Überlegungen beeinflusst. Wir sollten uns dabei nicht dadurch verblüffen lassen, dass hier eine außergewöhnliche Fähigkeit von B die Ursache zu einem strategischen Nachteil führt. Entscheidend ist eher, dass der eine dem anderen – auf welche Weise auch immer – bei der Entscheidungsfindung „unter den Rock“ schauen kann.
Dieselbe Situation würde eintreten, wenn A lauthals verkündet, dass – komme was wolle – er nicht ausweichen wird, auch wenn es seinen Tod bedeutet.
Dann hätte B eine Information, mit der er nicht mehr gewinnen kann, wenn ihm sein Leben lieb ist.
Im Falle des Bekannten meines Freundes hieße das, dass der andere, hätte er die Strategie des „Nachziehers“ vorab angekündigt bekommen, das Spiel gleich hätte sein lassen können – und müssen.
@Fegalo Bluffen wie beim Poker?
Du sagst:” Dieselbe Situation würde eintreten, wenn A lauthals verkündet, dass – komme was wolle – er nicht ausweichen wird, auch wenn es seinen Tod bedeutet.
Dann hätte B eine Information, mit der er nicht mehr gewinnen kann, wenn ihm sein Leben lieb ist.”
Aber woher hat B die Gewissheit, dass A nicht blufft und das Gegenteil tut? Ich schaetze den praktischen Wert dieser Information fuer B ziemlich gering ein. Da koennte A auch gar nichts sagen. Was wuerde das fuer einen Unterschied machen?
Poker und Bluffen
Im Poker wird zwar bei weitem nicht so viel geblufft wie man allgemein denkt, aber das richtige Bluffen als Meta-Game [1] macht letztlich den Unterschied zwischen guten und weniger guten Spielern.
Grundsätzlich wird im Poker No Limit (Fixed Limit-Variationen sind auch sehr beliebt, aber schlechter mit dem politischen Kasus vergleichbar) so gespielt, dass mittelmäßige Karten eher passiv gespielt werden (“Check/Call”) und großartige Karten aggressiv auf Value gespielt werden.
UND diesem Range an großartigen Karten schlechte Karten beigemischt werden, um eben unberechenbar zu bleiben.
Die richtig Mischung macht es – und kann eben auch dazu führen, dass ein Bluff mächtig schief geht. Ein ehrlicher Spieler, der zu wenig blufft, wird im No Limit Poker qua Meta-Game untergehen. Er wird auf gute Karten unzureichend ausgezahlt und seine mittelmäßigen Karten werden “geschlachtet”.
Insofern hat der Schreiber dieser Zeilen auch nie ganz verstanden, warum die Balance of Power-Konzepte funktioniert haben. Vermutlich lag auf beiden Seiten letztlich schlicht Altruismus und Menschlichkeit vor.
Wie der hiesige Inhaltegeber schon kommentarisch anmerkte: Es gibt in Chicken-Run-Situationen keine Sicherheit [2] und das oben bereits erwähnte Leveln muss irgendwann zum Kollaps führen. Spieltheoretisch.
MFG
Dr. W
[1] Bluffen ist Teil des Meta-Games, also die Historie zwischen n Spielern betreffend; es wäre unpointiert bzw. kaum theoretisierbar, wenn im Einzelspiel geblufft wird
[2] die eigene Klugheit betreffend die Situation richtig zu verstehen und das weitere handeln richtig zu antizipieren
Nachtrag
Ein Zitat.
So in etwa (und auf Poker bezogen):
‘In order to live, you must be willing to die.’ (Amir Vahedi)
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James Dean’s legacy in cinema is fascinating, especially when looking at the German film titles for his movies. It’s interesting how cultural context changes the way films are perceived. This reminds me of how platforms like math playground allow users to explore concepts in a more interactive way, offering a fresh perspective on learning. Both in cinema and education, reinterpreting ideas can create new connections and insights.
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