James Bond hat Geburtstag

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Die Sankore Schriften

James Bond, der weltberühmte Geheimagent des britischen M16, verdankt seinen Namen einem amerikanischen Vogelkundler.

Der britische Schriftsteller Ian Fleming, der diese Romanfigur schuf, beobachtete auf seinem Anwesen auf Jamaika sehr gerne Vögel. Um mehr über deren Lebensweise und Vorkommen zu erfahren, hatte er sich die Bibel der lokalen Vogelbeobachter Birds of the West Indies gekauft. Als er 1952 seinen ersten James-Bond-Roman Casino Royale schrieb und über den Namen der Hauptfigur nachdachte, fiel sein Blick auf den Bucheinband und den Namen des Autors. James Bond

„At that time one of my bibles was, and still is, Birds of the West Indies by James Bond, and it struck me that this name, brief, unromantic and yet very masculine, was just what I needed and so James Bond II was born.”

schrieb er 1961 Bonds Ehefrau.

Dieser Tag war der Geburtstag des Geheimagenten James Bond II – dieser Tag jährt sich heute jedoch nicht. Heute ist der Geburtstag des Vogelkundlers James Bond.

James Bond (4. Januar 1900 – 14. Februar 1989) war 50 Jahre lang einer der führenden Experten für die Vogelwelt der karibischen Inseln. Sein Interesse für Vögel war bereits im Teenageralter erwacht als der 11-jährige seinen Vater, einen reichen Börsenmakler und Hobbyvogelkundler, auf eine Expedition zum Fluss Orinoco in Venezuela begleitet hatte.

Bond besuchte das englische Jungeninternat Harrow und später die Universität Cambridge, wo er sich aber nicht in Biologie einschrieb. Nach dem Studium kehrte er nach Philadelphia zurück und arbeitete in einer Bank. Aber Vögel waren die große Leidenschaft seines Lebens und so kündigte er diesen Job, unternahm Expeditionen und arbeitete fortan unbezahlt für Philadelphias Akademie der Naturwissenschaften als Kurator für Vogelkunde. Er hatte das Glück, das seine Familie so wohlhabend war, dass sie ihm so ein Leben ermöglichen konnte.

Bond erforschte das Brutverhalten der Vögel. 1925 bereiste er für Feldforschungen über südamerikanische Vögel den Amazonas flussaufwärts. 1926 wandte er sich den Vögeln der karibischen Inseln zu und begann mit Expeditionen nach Barbados, Dominica, St. Lucia und St. Vincent  Nach Abschluss seiner Karibikexpeditionen formulierte er eine Besiedlungstheorie, die annimmt, dass die Vögel der Karibik von nordamerikanischen Vögeln abstammen1 – statt von südamerikanischen, wie viele Vogelkundler damals glaubten.

Diese Theorie beschrieb er erstmals 1933 in einem Vortrag, mit dem Titel The Birds of the West Indies, vor der Amerikanischen Philosophischen Gesellschaft. Jamaika spielte in dieser Theorie eine wichtige Rolle, da er glaubte, dass diese Insel die geografische Scheidelinie zwischen nordamerikanischen und südamerikanischen Vogelarten darstellte.

Aus dem Vortragsmanuskript wurde 3 Jahre später ein Buch mit dem Titel Birds of the West Indies, das eine detaillierte Beschreibung von ca. 400 Vogelarten allerdings noch keine Farbtafeln enthielt (die gab es erst ab der dritten Auflage 1961).

Obwohl bereits acht James-Bond-Romane erschienen waren, kannte James Bond Ian Flemings Romanfigur bis 1961 nicht und er wusste erst recht nicht, dass er selbst der Namenspatron des berühmten Geheimagenten war. Da erschien in der Sunday Times eine Rezension zur Neubearbeitung seines Buchs Birds of the West Indies. Diese Rezension war voller Hinweise auf verschiedene Smith & Wesson Revolver und spezielle Sexualpraktiken.

Bond und seine Frau waren von dieser Rezension schockiert und begannen daraufhin eine intensive Recherche. Sie wurden schließlich von ihrem Textilreiniger auf Ian Flemings Interview aufmerksam gemacht, was kurz vor dieser Rezension im Playboy erschienen war. Nun ergab alles einen Sinn. Bonds Ehefrau Mary2, selbst eine Schriftstellerin, schrieb mit dem Absender JB authenticus daraufhin Ian Fleming und beschwerte sich bei ihm (mit einem Augenzwinkern) über die Peinlichkeiten, die ihnen der Namensklau beruflich und gesellschaftlich bereitet hatte.

Fleming zeigte Reue und bot ihnen eine Wiedergutmachung an.

“I must confess that your husband has every reason to sue me…In return, I can only offer your James Bond unlimited use of the name Ian Fleming for any purpose he may think fit.”

Perhaps one day your husband will discover a particularly horrible species of bird which he would like to christen in an insulting fashion by calling it Ian Fleming.”

Anyway I send you both my most affectionate regards and good wishes, and should you ever return to Jamaica I would be very happy indeed to lend you my house for a week or so, so that you may inspect in comfort, the shire where the second James Bond was born.”

Der nervige Rummel hielt noch eine Weile an: Die Bonds erhielten anonyme Anrufe von weiblichen James Bond-Fans, die sich einen Spaß machen wollten. Mary beantwortete diese Anrufe sehr souverän mit “Yes, James is here, but this is Pussy Galore and he’s busy now.

Im Februar 1964 machte James Bond eine Expedition nach Jamaika. Er und seine Frau besuchten dabei Fleming unangekündigt auf seinem Anwesen Goldeneye. Der überraschte Fleming war gerade in einem Interview mit dem kanadischen Fernsehen (C.B.C., Canadian Broadcasting Company) und sagte zu dem Filmteam:

“This is a bonanza for the C.B.C.! I never saw the man before in my life but here he is, the real James Bond.”

und zu James Bond sagte er:

“This’ll sell even more of your books and mine!

Während Fleming mit dem Interview fortfuhr, gingen die Bonds mit Flemings Frau zum Strand der Villa. Als die Bonds nach dem gemeinsamen Mittagessen gingen, schenkte Fleming Bond zum Abschied seinen neuesten Roman3 Man lebt nur zweimal mit der Widmung

“To the real James Bond, from the Thief of his Identity, Ian Fleming. Feb. 5, 1964 – a great day!”

In dem folgenden Videoclip, der an diesem Tag gedreht wurde, erzählt Fleming, wie er zu dem Namen seiner Romanfigur kam, und zeigt auch das Buch Birds of the West Indies.

Es blieb bei dieser einmaligen Begegnung zwischen dem Vogelkundler James Bond und dem Schriftsteller Ian Fleming, der sechs Monate nach diesem Treffen starb.

Im Film Stirb an einem anderen Tag (2002) benutzt James Bond (Pierce Brosnan) auf Kuba dieses Buch, um sich gegenüber Jinx (Halle Berry) als Vogelkundler auszugeben.

Es wäre schön gewesen, hätte der Vogelkundler James Bond diese Szene noch sehen können.

Fußnoten

1. Eine Ausnahme bilden in dieser Besiedlungstheorie die Vögel der Inseln Trinidad und Tobago, die von südamerikanischen Vögeln abstammen. Der Evolutionsbiologe David Lack bezeichnete 1976 die Linie, die Trinidad und Tobago von den nördlichen Karibikinseln trennt, zu Bonds Ehren als Bond-Linie.

2. Bonds Ehefrau, Mary Fanning Wickham Bond, veröffentlichte 1966 ein Memoir mit dem Titel How 007 Got His Name.

3. Das Buch mit dieser Widmung wurde im Dezember 2008 für 84,000 US-Dollar verkauft.

Weiterführende Links

Der James-Bond-Vogel lebt noch

The birds of James Bond

 

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Veröffentlicht von

Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

9 Kommentare

  1. Pingback:[SciLogs] James Bond hat Geburtstag

    • “Rodolphe, often accompanied by his wife, undertook extensive collecting trips in Brazil, Thailand, Burma, southern Africa, the East In- dies, and Guatemala. He made his first expedition for the Academy in 1926. Together with James Bond, he explored the region of Brazil around the mouth of the Amazon, near Belem. They obtained many live animals, including birds and snakes, as well as over 500 bird skins for the Academy’s collections.”

      Ich sehe im Moment dein Problem nicht. Bond kann sowohl 1925 als auch 1926 am Amazonas gewesen sein. Das es für Rodolphe die erste Expedition für die Akademie war steht dem auch nicht entgegen.

      • Joe Dramiga schrieb (4. Januar 2017 @ 15:22):
        > Bond kann sowohl 1925 als auch 1926 am Amazonas gewesen sein.

        Dafür, dass ein Besuch Bonds am Amazonas schon 1925 keiner Erwähnung wert ist, falls denn ein solcher überhaupt stattgefunden haben sollte, sprechen die
        Hervorhebungen des Jahres 1926 durch J. Bond selbst
        , als auch die Hervorhebung der Einladung an Bond, Rodolphe Meyer de Schauensee auf eine Expedition zum unteren Amazonas zu begleiten, die im o.g. Nachruf auf Meyer de Schauensee ebenfalls auf 1926 datiert ist.

        Die besondere Bedeutung der Hervorhebung der Jahreszahl 1926 in diesem Zusammenhang,
        und zwar obwohl 1925 < 1926,
        entspricht dabei auch der Konvention des Hervorhebens der jeweils ersten Wahrnehmung von mitteilenswerten Geschehnissen bzw. der besonderen Berücksichtigung von Signalfronten bei der Bestimmung geometrischer Beziehungen.

        • Dein erster Link führt zu einem Text in dem James Bond schreibt:

          “My survey of the avifauna of the West Indies began in 1926 and has since continued intermittently.”

          Er spricht hier von der Vogelwelt der karibischen Inseln nicht von einer Expedition zum Amazonas in Südamerika.

          Dein zweiter Link führt zu einem Nachruf auf James Bond (nicht auf Meyer de Schauensee) in dem steht:

          “…he resigned from the bank in 1925, after less than three years. He accepted an invitation to accompany Rodolphe Meyer de Schauensee on a collecting expedition to the lower Amazon River, Brazil, on behalf of the Academy of Natural Sciences Philadelphia (ANSP).”

          In diesem Zitat finde ich nur die Jahreszahl 1925 aber nicht 1926. Auch wenn die Expedition der beiden 1926 stattgefunden hat, finde ich diesem Text keinen Hinweis auf das Jahr.

  2. Nur ergänzend hierzu :

    James Bond, der weltberühmte Geheimagent des britischen M16, verdankt seinen Namen einem amerikanischen Vogelkundler.

    Ganz richtig.

    Allerdings hatte oder hat dieser Name, als Kompositum sozusagen, vielleicht auch für Ian Fleming unbewusst, eine gewisse Bedeutung, vgl. mit:
    ‘When I wrote the first one in 1953, I wanted Bond to be an extremely dull, uninteresting man to whom things happened; I wanted him to be a blunt instrument … when I was casting around for a name for my protagonist I thought by God, [James Bond] is the dullest name I ever heard. [Quelle]’

    Nämlich:

    1.)
    -> https://en.wikipedia.org/wiki/Jacob_(name) (‘to follow, to be behind’)

    2.)
    -> ‘Bond’ (germanisch: ‘Bund’)


    So dass sich eine gewisse Bedeutung bereits aus dem (unbewusst?) gewählten Namen ergibt.

    Dies natürlich nur ganz am Rande angemerkt.

    MFG + alles Gute für dieses Jahr!
    Dr. Webbaer

  3. Die Geschichte vom Identitätsdiebstahl des ‘James Bond’ zeigt was Ruhm anstellen kann, denn der Name ‘James Bond’ änderte nicht nur Jan Flemings Leben, sondern auch das Leben des Orignal-Bonds und seiner Ehefrau.
    Ruhm bedeutet in aller Munde sein und von allen gekannt zu werden. Dazu gehört bei Ian Fleming, dass sein Buch “From Russia With Love” auf der Top-Liste der von John F. Kennedy geliebten Bücher steht und dass die Bond Stories zu den bestverkauften Nicht-Sach-Büchern aller Zeiten gehören (sie wurden über 100 Millionen Mal verkauft). In den USA und wohl schon in England gehört zum Berühmtsein auch immer, dass man auf einer oder mehreren Listen erscheint.

    The Times ranked Fleming 14th on its list of “The 50 greatest British writers since 1945”

    Ruhm wirkt sich auf die Gerühmten aber nicht selten negativ aus. Ian Fleming beispielsweise führte ein ungesundes Leben.

    Fleming was a heavy smoker and drinker throughout his adult life, and suffered from heart disease.[c] In 1961, aged 53, he suffered a heart attack and struggled to recuperate.

    Mit 56 starb er dann an einer Herzattacke.

    Auch Realitätsverlust ist ein häufige Folge von Ruhm. Daran scheint mir auch Donald Trump zu leiden.

  4. Joe Dramiga schrieb (5. Januar 2017 @ 17:52):
    > James Bond schreibt:
    > „My survey of the avifauna of the West Indies began in 1926 and has since continued intermittently.“

    > Er spricht hier von der Vogelwelt der karibischen Inseln nicht von einer Expedition zum Amazonas in Südamerika.

    In der Tat.
    Demnach ist die Möglichkeit zu eruieren, ob Bond für seine hypothetische Amazonasfahrt im Jahre 1925 vielleicht in den Ferienflieger zwischen Philadelphia (USA, Ostküste) und Belém (Brasilien) gehüpft, und dadurch einer Bootsfahrt durch die Karibik und einer damit eventuell verbundenen Erstbegegnung mit der Karibischen Vogelwelt (in ihrem heimatlichen Habitat, schon im Jahre 1925) aus dem Wege gegangen sein könnte.

    Immerhin fand ja der erste transatlantische Flug nach Brasilien offenbar sogar schon 1922 statt. (Was noch nicht einmal dem vorausgegangene transatlantische Flüge nach Brasilien ausschließt, die nur bislang noch keine Erwähnung im englisch-spachigen Fragment der Wikipedia gefunden hätten.)

    (Die nächst darauf folgenden allerdings erst 1927 …)

    > Dein zweiter Link führt zu einem Nachruf auf James Bond (nicht auf Meyer de Schauensee) […]

    Der Nachruf auf Rodolphe Meyer de Schauensee war bereits oben, 4. Januar 2017 @ 11:45, verlinkt worden (u.a. verbunden mit einer Bemerkung zur Ähnlichkeit des Verstorbenen mit einer bestimmten, relevanten Filmfigur) nicht zuletzt weil darin das Jahr 1926 darin im Zusammenhang mit James Bonds Expeditionen hervorgehoben wurde.
    Und entsprechend wurde im Kommentar vom 4. Januar 2017 @ 15:22 auch zitiert.

    Zugegebenermaßen kann aber allein deshalb nicht strikt ausgeschlossen werden, dass James Bond schon 1925 z.B. seine Bank Holidays für Feldforschungen am Amazonas genutzt hätte; und/oder auch schon 1924; und/oder …

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