In Memoriam Henrietta Lacks

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Die Sankore Schriften

Am 4. Oktober 1951 starb die Amerikanerin Henrietta Lacks in Baltimore, und doch ist ein kleiner Teil von ihr unsterblich, und zwar ausgerechnet der Teil ihres Körpers, der ihr Sterben verursacht hat.

Lacks litt an einem sehr aggressiven und schnell wachsenden Gebärmutterhalskrebs. Am 9. Februar 1951 entnahmen ihr deshalb die behandelnden Ärzte eine Gewebeprobe aus dem stark wuchernden Teil des Gebärmutterhalses. Die aus der Gewebeprobe isolierten Zellen nannten sie fortan nach den Anfangsbuchstaben des Namens der Patientin HeLa-Zellen.

HeLa-Zellen sind Epithelzellen. Das sind dicht gepackte Lagen von Zellen, die in den inneren Organen ein Abschlussgewebe bilden. Die Ärzte kultivierten diese Zellen in einer geeigneten Nährlösung im Labor auf einer Petrischale, um sie genauer studieren zu können. Zu dieser Zeit war es allerdings kaum möglich menschliche Zellen in der Kultur am Leben zu halten. Entweder gingen sie nach wenigen Tagen ein, weil sie in einer ungeeigneten Nährlösung schwammen, oder Pilze, Viren und Bakterien zerstörten die Zellen. Bis heute ist das Kultivieren menschlicher Zellen übrigens ein sehr heikles Unterfangen. Viele Zelltypen lassen sich bis heute nicht im Labor züchten.

Doch bei Henrietta Lacks Tumorzellen geschah etwas ganz anderes: Sie gediehen im Labor sehr gut und verdoppelten sich alle 24 Stunden. Bald wollten auch andere Labors mit HeLa–Zellen arbeiten. Und so wurden die HeLa-Zellen bald rum um den Globus geschickt. Selbst den damals undurchdringlichen Eisernen Vorhang der Sowjetunion überwanden die HeLa-Zellen auf dem Postweg.

1975 erfuhren Lacks Kinder durch Zufall – laut einem Artikel im Baltimore City Paper vom 17. April 2002 -, dass es sich bei den HeLa-Zellen, um die Zellen ihrer Mutter handelte: Sie reagierten verstört und empört.

Als Anerkennung für den unfreiwilligen Beitrag, den Henrietta Lacks für die Forschung geleistet hat, widme ich ihr diesen Blogbeitrag.

Weiterführende Links

Marking the magnificent memory of Henrietta Lacks

Die Zell-Teilung und das Monopol

Weiterführende Literatur

The Immortal Life of Henrietta Lacks by Rebecca Skloot

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Veröffentlicht von

Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

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