Game of Insect Males

Der amerikanische Fernsehsender HBO kündigte für den Start der sechsten Staffel von Game of Thrones (GoT) den 24. April an und zeigte bereits drei neue Teaser-Trailer. Zwar sehen die GoT-Fans darin keine Szenen aus den neuen Episoden, dennoch versprechen die kurzen Clips, dass auch in der neuen Staffel wieder spektakuläre Kämpfe um den Eisernen Thron von Westeros bevorstehen. Um die drei Wochen bis zum Staffelstart mit einem Blogartikel „aus dem Genre“ zu überbrücken, dachte ich mir: schreib doch mal darüber wie die Männchen bei promiskuitiven1 Insekten ihre Vaterschaft sichern. Denn genau wie die Adelsfamilien bei GoT verwenden diese Insektenmännchen Heimtücke, List und Intrigen um ihre Konkurrenten auszustechen.

“It’s the family name that lives on. It’s all that lives on. Not your personal glory, not your honor… but family.

Tywin Lannister

GoT-Fans wissen, dass der wahre Vater von Joffrey Baratheon nicht König Robert Baratheon ist.

Joffrey Baratheon, der König auf dem Eisernen Thron, gründete das Haus Baratheon von Königsmund. Als ältester Sohn und Nachkomme von König Robert und Königin Cersei stand ihm nach dem Recht von Westeros der Thron zu. Joffreys Wappen zeigt auf der linken Seite den Hirsch seines Vaters Robert Baratheon und auf der rechten Seite den Löwen seiner Mutter Cersei Lennister.
Abb.1: Joffrey Baratheon, der König auf dem Eisernen Thron, gründete das Haus Baratheon von Königsmund. Als ältester Sohn und Nachkomme von König Robert und Königin Cersei stand ihm nach dem Recht von Westeros der Thron zu. Joffreys Wappen zeigt auf der linken Seite den Hirsch seines Vaters Robert Baratheon und auf der rechten Seite den Löwen seiner Mutter Cersei Lannister.

Evolution der Anisogamie

Lange lange Zeit bevor Insekten die Erde bevölkerten waren männliche und weibliche Gameten einander in Form und Größe sehr ähnlich. Daher bezeichneten Fortpflanzungsbiologen diese Gameten als Isogameten. Durch disruptive Selektion wurden die männlichen Keimzellen kleiner, bekamen Geißeln und wurden beweglich, die weiblichen Keimzellen reicherten Zytoplasma an und wurden größer. Es kam zur Evolution der Anisogamie, deren Ursache Evolutionsbiologen darin sehen, dass mittelgroße Gameten zu groß waren um viele von Ihnen zu produzieren; dadurch wurde die Fruchtbarkeit der Männchen eingeschränkt: Sie waren aber auch zu klein um Embryogenese ohne zusätzliches Zytoplasma zu gestatten, dadurch wurde die Überlebensfähgkeit des Nachwuchs eingeschränkt. Es kam zu einer Arbeitsteilung: Während die Männchen viele sehr kleine Samenzellen erzeugten, produzierten die Weibchen nur wenige sehr große Eizellen, die genug Zytoplasma enthielten damit es der Nachwuchs bis zur Geburt schafft.

Männliche und weibliche Fortpflanzungsstrategien um die direkte Fitness zu erhöhren

Insekten investieren Zeit, Energie und Ressourcen für Paarungen und Brutpflege (Parental Investment). Der Return on Investment wird in überlebenden Nachkommen gemessen und als direkte Fitness bezeichnet. Durch die Anisogamie entstand für die Geschlechter eine Asymmetrie im Parental Investment für die Nachkommen: Da Weibchen meist nur wenige große Eizellen zur Befruchtung produzieren, investieren sie relativ viel pro Gamet. Ihre optimale Fortpflanzungsstrategie, um ihre direkte Fitness zu erhöhen, besteht darin, sich mit einem Männchen zu paaren, dessen Gene einen möglichst großen Beitrag zu der Überlebensfähigkeit ihrer gemeinsamen Nachkommen liefern (Partnerwahl, Inter-sexuelle Selektion).

Männchen produzieren mehrere Zehnerpotenzen mehr Samenzellen als Weibchen Eizellen. Sie investieren relativ wenig pro Gamet. Ihre optimale Fortpflanzungsstrategie, um ihre direkte Fitness zu erhöhen, besteht darin, sich mit so vielen Weibchen wie möglich zu paaren. Da die Anzahl der rezeptiven Weibchen aber begrenzt ist, konkurrieren die Männchen um die Weibchen (Männchen-Konkurrenz, Intra-sexuelle Selektion).

Eine wichtige Konsequenz dieser Asymmetrie ist, dass die Variation in der Zahl der Nachkommen bei den Männchen in der Regel grösser ist als bei den Weibchen – dieses Phänomen wird als Bateman’s Prinzip bezeichnet. Dabei ist zu beachten, dass sich zwar die Variation unterscheidet, aber beide Geschlechter im Mittel pro Kopf gleichviele Nachkommen hinterlassen. Das Geschlechterverhältnis in einer Population ist nur stabil, falls im Mittel beide Geschlechter gleichen Erfolg haben.

Um Missverständnissen vorzubeugen – was ich hier beschreibe ist nicht der Kampf der Geschlechter (engl. battle of sexes). Der Kampf der Geschlechter ist ein Problem aus der Spieltheorie2 und beschreibt ein Koordinationsspiel mit Verteilungskonflikt: Ein Paar will gemeinsam den Abend verbringen, vergisst aber, sich über den Ort zu einigen. Möglich ist entweder ein Fußballspiel oder ein Konzert. Mann und Frau müssen sich unabhängig voneinander entscheiden. Das Fußballspiel wird von dem Mann, das Konzert von der Frau bevorzugt. Das Problem dieses Spiels ist nun, dass es keine dominanten Strategien gibt. Wenn die beiden Spieler gleichzeitig ihre Lieblingsalternative (Frau geht ins Konzert, Mann zum Fußball.) wählen, kommt es zu keinem Treffen, was für beide nicht optimal ist. Sie würden in diesem Fall doch lieber an den Ort gehen, den der jeweils andere bevorzugt – Hauptsache, sie sind zusammen. Wenn aber beide so denken und dem anderen entgegenkommen möchten, treffen sie sich wieder nicht.

Nach diesem kleinen Exkurs nun zurück zu den Insektenmännchen: Aus Partnerwahl und Männchen-Konkurrenz resultiert ein Selektionsdruck, der als sexuelle Selektion bezeichnet wird. Sie bevorzugt diejenigen Männchen, denen es gelingt, sich am effektivsten fortzupflanzen.

Sich zu paaren ist nicht schwer Vater werden dagegen sehr

Wenn sich zwei Insekten paaren, überträgt das Männchen Sperma in eine spezielle Samentasche des Weibchens, die Spermatheka. Wenn das Weibchen seine Eier ablegt, entläßt es jedesmal, sobald ein Ei den Zugang zur Spermatheka passiert, ein wenig Samenflüssigkeit und befruchtet so das Ei.  Für die Männchen von Arten, die sich mehr als einmal paaren, werfen diese anatomischen Tatsachen Probleme auf: Das Sperma, das vom Weibchen jeweils freigesetzt wird, stammt in der Regel von der letzten Paarung. Die sogenannte Spermienverdrängung funktioniert also generell nach dem Motto „Die Letzten werden die Ersten sein“ – eine unangenehme Sache für das betroffene Männchen. Es hat vielleicht erhebliche Zeit und Energie investiert, um ein Weibchen zu finden und zu umwerben, und doch wird das Sperma eines Männchen nach ihm die Eier seiner Partnerin befruchten. Doch viele Insektenmännchen haben Methoden entwickelt, um ihre Vaterschaft abzusichern.

Das Matron

Männchen vieler Mückenarten besitzen in ihrer Samenflüssigkeit einen Duftstoff, das sogenannte Matron, mit dem ihre Partnerin für andere Männchen unattraktiv wird. Sie verwenden also einen pheromonischen Keuschheitsgürtel.

Verschlusssache Eizelle

Bei dem Gelbbrandkäfer (Dytiscus marginalis) verschließen die Männchen die Geschlechtsöffnung des Weibchens mit einem undurchdringlichen geleeartigen „Paarungspfropf“. Das Weibchen kann sich erst dann wieder paaren, wenn sie den Pfropf durch Eiablage beseitigt hat.

Abb.1: Der Gelbbrandkäfer (Dytiscus marginalis) Links das Männchen, rechts das Weibchen
Abb.2: Der Gelbbrandkäfer (Dytiscus marginalis) links das Männchen, rechts das Weibchen

Spermienkonkurrenz im Körper des Weibchens

In den letzten Jahren fanden sich immer mehr Hinweise für eine intra-sexuelle Selektion, die nach der Paarung, im Körper des Weibchens stattfindet: Die Spermien der verschiedenen Männchen konkurrieren hier direkt um die Befruchtung der Eizellen. Spermienkonkurrenz ist eine Erweiterung der Männchen-Konkurrenz, da hier nicht Paarung mit Fortpflanzungserfolg gleichgesetzt wird, sondern berücksichtigt wird, daß ein Männchen, welches sich mit einem Weibchen verpaart hat, nicht notwendigerweise der Vater der Nachkommen ist.

Das Aufräumkommando

Auch wenn das Männchen verhindern kann, das andere Männchen unmittelbar nach ihm mit demselben Weibchen kopulieren, müssen sich seine Spermien noch gegen die Konkurrenz von Spermien aus früheren Paarungen des Weibchens durchsetzen. Bei vielen Libellenarten haben Männchen eine sehr spektakuläre Methode zum Ausschalten dieser Konkurrenz entwickelt: Sie räumen alte Spermien aus dem Receptaculum des Weibchens aus, bevor sie ihre eigenen Spermien übertragen. Das Kopulationsorgan (sekundärer Penis) männlicher Libellen ist für diese Aufgabe speziell modifiziert. Vor allem bei verschiedenen Kleinlibellen (Zygoptera) besitzt das Kopulationsorgan Haken, Bürsten und Vorsprünge, mithilfe derer Männchen die Spermien der Vorgänger weitgehend aus dem Receptaculum oder der Bursa copulatrix entfernen können. Da dieses Samenausräumen sehr effektiv ist sichert sich das Männchen seine Vaterschaft. Voraussetzung ist jedoch, dass das Weibchen mit seinem Samen zur Eiablage ohne weitere Paarung übergeht, denn die Eier werden erst direkt bei der Oviposition befruchtet. Bei vielen Libellenarten bewachen daher die Männchen die Weibchen bei der Eiablage.

Ein Männchen der Großen Pechlibelle (Ischnura elegans). Sie gehört zu den Kleinlibellen (Zygoptera).
Abb.3: Ein Männchen der Großen Pechlibelle (Ischnura elegans). Sie gehört zu den Kleinlibellen (Zygoptera).

Drücken Sie die Eject-Taste

Während der Kopulation stimulieren die Libellen-Männchen von Calopteryx haemorrhoidalis asturica mit Hilfe einer Genitalstruktur, dem Aedeagus, kutikuläre Platten im weiblichen Genitaltrakt, die mechanorezeptive Sensillen tragen. Diese Stimulation resultiert in einem Ausstoß von Samen von vorhergehenden Paarungen aus den weiblichen Samenspeicherorganen, den Spermatheken.

Prinzip Wasserwerfer

Wenn das Männchen eine große Menge an flüssigem Ejakulat unter Druck in das Receptaculum injiziert, können Spermien aus früheren Kopulationen aus dem Receptaculum herausgespült werden. Beim Kurzflügelkäfer (Aleochara curtula) deponiert das Männchen bei der Begattung ein Samenpaket (Spermatophore) im Receptaculum, das dort zu einem Schlauch auswächst und so bis zur Samentasche gelangt. Bevor sich die Spermien in dieses Gefäß ergießen, bläht sich der Samenschlauch zu einem Ballon auf, der eventuelle Spermienvorräte aus vorherigen Kopulationen verdrängt. Der Ballon platzt dann und entlässt die eigenen Spermien.

Kryptische Wahl

Es gibt auch eine inter-sexuelle Selektion, die nach der Paarung, im Körper des Weibchens stattfindet: die Kryptische Wahl (Cryptic Female Choice). Die kryptische Wahl ist eine Erweiterung der Partnerwahl, da hier nicht Paarung mit Vaterwahl gleichgesetzt wird. Unter dieser Bezeichnung versteht man Phänomene der differentiellen Befruchtung bzw. Entwicklung der Zygote, je nach Vaterschaft. Weibchen paaren sich mit mehreren Männchen, um dann später in Ruhe qualitativ hochwertige Spermien eines Top-Männchens für die Befruchtung auszuwählen und die minderwertige Gene eines Ungenügenden von ihren Eiern fernzuhalten. Ebenso können befruchtete Eier sich entwicklen oder abortiert werden und damit eine Auswahl unter verschiedenen Vätern bewirken. Die Mechanismen, mit denen die Kryptische Wahl umgesetzt wird, sind noch nicht verstanden.

Fußnoten

1. Promiskuität bedeutet, dass sowohl Männchen als auch Weibchen mit verschiedenen Paarungspartnern kopulieren.

2. Ein sehr interessanter Forschungszweig ist übrigens die Evolutionäre Spieltheorie: Sie erforscht evolutionärer Prozesse, Ausbreitung und Verteilung von Verhaltensmustern in Tierpopulationen durch natürliche Selektion, Ausbreitung von Infektionen, mit Methoden und Modellen der Spieltheorie.

Weiterführende Literatur

Parker, Geoffrey A. 1970. Sperm competition and its evolutionary consequences in the insects, Biological Reviews 45: 525–567.

A. Córdoba-Aguilar, E. Uhía and A. Cordero Rivera (2003). Sperm competition in Odonata (Insecta): the evolution of female sperm storage and rivals’ sperm displacement. Journal of Zoology, 261, pp 381-398. doi:10.1017/S0952836903004357.

Bildnachweis

Abb.3: Ein Männchen der Großen Pechlibelle (Ischnura elegans). Sie gehört zu den Kleinlibellen (Zygoptera).
Autor: Soebe
Datum: 3.7.2005
Titel: A photo of Ischnura elegans
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Male_of_Ischnura_elegans_III.jpg
Lizenz: This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.

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Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

2 Kommentare

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