Elfmeterschießen: Die Koordination von Sehen und Bewegung

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Für die Fuβball-WM haben Elfmeter eine besondere Brisanz, kommt es doch ab dem Achtelfinale nicht selten zu einem Showdown im Elfmeterschieβen. Die Trefferquote der Elfmeterschützen bei den Fußballweltmeisterschaften ist hoch, über 80 % der Elfmeter werden verwandelt. Entsprechend groß ist der Erwartungsdruck von Fans und Mitspielern auf den Schützen, was bei ihm zu Angst und Nervosität führt. Forscher der Universität Exeter haben festgestellt, dass man die Angst des Schützen an seinen Augenbewegungen ablesen kann. Dazu gaben die Wissenschaftler den Fußballern eine Spezialbrille, die Augenbewegungen misst und registriert wohin der Spieler schaut. Die Spieler wurden vor dem Elfmeter einer Stresssituation ausgesetzt und nach dem Elfmeter befragt.

Elmeterschuß
Abb.: Elfmeterschießen

Die Angst des Elfmeterschützen

Je ängstlicher der Schütze ist, umso öfter und länger fokussiert er seinen Blick auf den, in der Mitte stehenden, Torwart – wie das Kaninchen das ängstlich die Schlange anstarrt, statt von ihr wegzulaufen. Das führt dazu, dass der Schuss dann weniger platziert und für den Torwart leichter zu halten ist oder daneben geht, denn der Schütze blickt normalerweise auf die Stelle auf die er schießen will. Augenbewegung und Bewegung der Beinmuskeln müssen koordiniert werden. Wenn der Schütze also in die linke untere Ecke schießen will, aber während der Ausführung des Elfmeters den Torwart anschaut, landet der Ball natürlich ganz woanders.

Die Benachteiligung des Torwarts

Dabei hat der Schütze gegenüber dem Torwart enorme Vorteile. Das Tor misst 7,32 x 2,44 m, der Torwart muss also ungefähr 18 m² abdecken. Der Ball hat 22 cm Durchmesser und bewegt sich beim Schuss 90-100 km/h schnell. Für die 11 m zur Tormitte braucht er nur 0,4 Sekunden, für die 11,59 m zu den Torenden entsprechend 0,42 Sekunden. Die Reaktionszeit eines geübten Torwarts beträgt jedoch mindestens eine Viertelsekunde. Mathematiker der Uni Erlangen haben ausgerechnet, dass der Torwart mit 35 km/h in die Ecke fliegen müsste, um den Ball noch zu erreichen. Das ist schneller als ein Hundertmeterläufer sprintet – und das aus dem Stand. Unmöglich.

Experimente der Wissenschaftler von der Universität Pablo Olavide haben gezeigt, dass der Schütze seine Trefferquote noch verbessern kann wenn er weiß wie sich der Torwart bewegt. Zusätzlich verringert das die Zeit die der Schütze braucht um sich zu entscheiden wohin er schießt. Der Torwart muss bereits in eine Richtung springen bevor der Fuß des Schützen den Ball trifft, sonst hat er aufgrund der hohen Geschwindigkeit keine Chance den Ball zu erreichen. Diese Torwartbewegung wurde mit einer Videokamera aufgezeichnet und die Elfmeterschützen anhand dieses Videos geschult. Vor dem Sprung beugt der Torwart das Knie des Sprungbeins in die entgegengesetzte Richtung in die er springt. Der Schütze muss dann also in die Richtung schießen in die sich das Knie bewegt. Die Fußballer wurden geschult ihren Blick auf die Bewegung des Knies zu fokussieren.

Kniebewegung
Abb.: Bewegung des Knies

Um den Nachteil des Torwarts zu verkleinern hat die FIFA deshalb eine Regeländerung beim Elfmeter durchgesetzt, die auch schon bei der Fuβball-WM in Südafrika gilt. Demnach ist es dem Schützen nicht mehr erlaubt beim Anlaufen und Ausführen des Strafstoßes die Bewegung zu unterbrechen. Die bisher geltende Regel lieβ einen kurzen Stop während des Anlaufs noch zu. Manche Elfmeterschützen haben während des Anlaufs kurz innegehalten, um somit die Bewegungsrichtung des Torwarts zu erkennen. Laut dem neuen Regelwerk hat der Elfmeterschütze diese Möglichkeit von jetzt ab nicht mehr.

Weiterführende Links

Friseur erfindet das Elfmeterschießen

Why England’s Soccer Team Keeps Losing on Penalty Shots

Knowing Goalkeeper’s Movements in a Penalty Increases Success Rate and Reduces Kicker’s Decision Time

Mathematiker berechnen den perfekten Elfmeter

Strafstoβ: FIFA beschlieβt Regeländerung beim Elfmeter

Bildnachweis

Bild „Elfmeterschießen“

Björn Láczay (dustpuppy) from Moosburg, Germany

A penaltly kick by Bonaventure Kalou. Côte d’Ivoire – Serbia 3-2. World Cup 2006

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Quelle: Wikimedia

Bild „Bewegung des Knies“

Friedrich Gahlbeck,

ADN-ZB-Gahlbeck- -20.9.75-str-Leipzig: Fußball-Oberliga 1. FC Lok Leipzig – FC Carl Zeiss Jena 1:1- Frenzel (Mitte) erzielt durch einen Elfmeter den 1:1-Ausgleich für die Leipziger. Jenas Tormann Grapenthin springt in die falsche Ecke. Auch im sechsten Punktspiel der diesjährigen Saison bleiben die Leipziger Lok-Spieler ungeschlagen.

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Quelle: Wikimedia

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Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

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