Ein Fermi-Problem: Wie viele Wassertropfen enthält das Meer?

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Die Welt ist voller Rätsel
Die Sankore Schriften

Wie viele Kilometer hat Mesut Özil letzte Saison auf dem Fußballfeld zurückgelegt? Wie viele Frühstückseier werden jeden Morgen in Deutschland verspeist? Solche Fragen, nennt man Fermi-Fragen oder Fermi-Probleme. Sie sind benannt nach dem Kernphysiker Enrico Fermi, der dafür bekannt war, trotz mangelnder Informationen gute Abschätzungen für solche Fragen liefern zu können

Die Herausforderung bei Fermi-Problemen ist, dass die nötigen Daten, mit denen man direkt eine Berechnung anstellen könnte, nicht zur Verfügung stehen. Andererseits kennt man die Zusammenhänge im Umfeld des Problems recht gut und kann diese nutzen, um auf indirektem Weg zu einer Lösung zu kommen. Die Voraussetzung für die Lösung eines Fermi-Problems ist also ein gewisses Allgemeinwissen und ein wenig „gesunder Menschenverstand“.

Nun muss man dieses Vorwissen irgendwie quantifizieren und dabei die jeweiligen Annahmen begründen. Aus diesen Teilabschätzungen lässt sich dann das Gesamtergebnis – oft erst in mehreren Schritten – ermitteln.

Die beiden Science-Blogger Florian Freistetter  und Martin Bäker haben sich bereits ausführlich mit Fermi-Problemen auseinandergesetzt und auf ihre Bedeutung für das wissenschaftliche Denken hingewiesen.

Martin sagt:

„Das Schöne an Fermi-Problemen ist, dass man trotz der großen Zahlen, um die es oft geht, nur wenig Mathematik braucht, um sie zu lösen.“

und Florian meint:

„Man kann durch Abschätzungen sinnvolle von weniger sinnvollen Projekten trennen, ohne sie konkret durchführen zu müssen.“

 

Nach dem Martin, der Physiker, sich die biologische Fermi-Frage „Wie viele Ameisen gibt es auf der Welt?” vorgenommen hat wage ich mich als Biologe an die physikalische Fermi-Frage “Wie viele Wassertropfen enthält das Meer?”

Auf die Plätze! Fertig? Los!

Zuerst sieh mal in deinem Apothekerschrank nach. Vielleicht hast Du dort eine Arzneiflasche mit einem Tropfverschluss. Auf dem Boden der Flasche oder auf dem Etikett steht ihr Volumen. Daraus kannst Du bestimmen, wie viele Tropfen auf einen Kubikzentimeter (Milliliter) gehen. Bei den Apothekern ist der Tropfen nämlich in einem metrischen System standardisiert: Ein Tropfen entspricht 0,05 ml. Das heißt 20 Tropfen Wasser passen in 1 Milliliter.

Aus Wikipedia erfährst Du, dass das Meer ein Volumen von 1,338 Milliarden. km³ hat.

Wir runden auf und kommen auf:

Volumen des Meeres: 1,34  x  109 km3 = 1,34 x 1018 m3 = 1,34 x 1024 cm3 = 1,34 x 1024 ml

20 Tropfen in 1 Milliliter

Das ergibt 2,68 x 1025 Tropfen im Meer.

Für andere Flüssigkeiten, hängt die Zahl der Tropfen von der Viskosität der Flüssigkeit, welche die mittlere Tropfengröße beeinflusst, ab. Die Viskosität ist ein Maß für die Zähflüssigkeit einer Flüssigkeit. Die Viskosität muss man sich als eine Art innere Reibung vorstellen: Man denke an die Bewegung zweier übereinander liegender, verzahnter Molekülschichten. Beim Fließen gleiten die Moleküle der beiden Schichten aneinander vorbei.  Um die Verzahnung zu überwinden, benötigt man eine gewisse Kraft. Den Zusammenhang zwischen dieser Kraft und den Eigenschaften der vorliegenden Flüssigkeit definiert die Viskosität. Einfach gesagt, je weniger viskos die Flüssigkeit, desto schneller fließt die Flüssigkeit. Flüssigkeiten die viskoser als Wasser sind,  produzieren größere Tropfen und somit weniger Tropfen pro Milliliter.

In einem anderen Artikel habe ich mich mit der Frage beschäftigt wie viele Megabyte Information das menschliche Genom enthält.

 

 

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Veröffentlicht von

Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

12 Kommentare

  1. Und der menschliche Körper

    Wie viele Atome hat der menschliche Körper?

    Der menschliche Körper besteht zu etwa 68 % aus Wasser.

    18 kg Wasser enthalten etwa 6 mal 10 hoch 26 Moleküle.

    Die Avogadro-Konstante für das Kilomol beträgt 6,022 mal 10 hoch 26.

    90 kg Wasser enthalten also etwa 3 mal 10 hoch 27 Moleküle.

    Da Wasser aus drei Atomen besteht, sind das etwa 9 mal 10 hoch 27 Atome, oder gerundet 10 hoch 28 Atome.

    Die Kohlenstoffatome und Stickstoffatome die ebenfalls häufig im menschlichen Körper vorkommen, sind nur geringfügig leichter als die Sauerstoffatome des Wassers, und erhöhen deshalb diese Zahl nur leicht.

    Wir sagen einfach, dass die restlichen 32 % des Köpers vorwiegend
    aus Aminogruppen (-NH2), und Methylengruppen (-CH2-) bestehen.

    H = Wasserstoff = 1 u (Atomare Masseneinheit),
    C = Kohlenstoff = 12 u,
    N = Stickstoff = 14 u,
    O = Sauerstoff = 16 u,
    H2O = Wasser = 18 u,
    -NH2 = Aminogruppe = 16 u,
    -CH2- = Methylengruppe = 14 u.

    Wenn ein weiblicher Mensch nur 45 Kilogramm wiegen sollte,
    dann sind es nur 5 mal 10 hoch 27 Atome.

  2. Und die Harnblase

    Wenn ein Mensch täglich 2160 Kubikzentimeter Harn ausscheidet, dann sind das alle zwei Sekunden ein Tropfen von 0,05 Kubikzentimetern Volumen.

    Wenn die Harnröhre etwa 0,1 Millimeter Durchmesser hätte, dann würde die kontinuierliche Strömungsgeschwindigkeit des Harnes vermutlich ausreichen, um aufsteigende Harnwegsinfektionen zu verhindern.

    Warum investieren dann sämtliche Säugetiere ihr Biomaterial in die Konstruktion einer Harnblase?

  3. Bednarik und die Harnblase

    Leicht:
    Weil das böse Raubtier, Nase am Boden, mir sonst ganz leicht entlang der Ariadnetropfen meines Urins auf die Spur gelangen könnte. Und weil das böse Raubtier selbst (aber auch Herbivoren) den Urin zur Reviermarkierung verwenden.

    Vor allem aber:
    Wer hat schon gerne dauernd nasse Hosen? Das begünstigt sicher aufsteigende Harnwegsinfekte…

  4. Strömungsgeschwindigkeit

    Bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 0,025 Kubikzentimetern pro Sekunde und einem Querschnitt von 0,0001 Quadratzentimetern (ein Quadrat von 0,01 Zentimetern Kantenlänge) wäre die Strömungsgeschwindigkeit bereits 250 Zentimeter pro Sekunde gross.

  5. Weite Röcke

    Die Menschen würden in diesem Falle weite Röcke tragen, und keine Unterhosen.

    Die in dieser Weise vollautomatische Markierung des Reviers von Raubtieren hätte auch den Vorteil, dass keine Gehirnmasse zur Steuerung des Markierungsverhaltens verwendet werden müsste.

    (In einem Film von und mit Otto Waalkes wurde die Frage gestellt: “Wie pinkelt ein Eskimo?”)

  6. Herr Bednarik –

    angesichts des Pfusches, den der Schöpfer/die Evolution/die Kosmogenese (pick one) nicht nur bei der Konstruktion unseres uropoietischen Systems, sondern in der Gesamtbeschaffenheit des Universums hervorgebracht hat/haben, lege ich – angesichts ihrer brillianten Ideen – die weitere Schöpfungsgeschichte vertrauensvoll in Ihre Hände, wobei ich insbesondere auf Ihre Designvoschläge zur weiteren Ausgestaltung des Urogenitalsystems gespannt bin.

    Als Anregung darf ich die Lektüre der grossen Zahl von Postings eines gewissen “Hauke Reddmann” (eines Mathematikers) in “de.talk.jokes” (Usenet) empfehlen, der seit Jahren die Tentakulisierung der Sexualwerkzeuge zu popularisieren versucht.

    Ausserdem kann – im Kontext der Debatte über die Harnröhre, zum Abschluss ein Aphorismus von Lichtenberg nicht schaden:

    “Beweise, dass die wichtigsten Dinge im Leben durch Röhren gethan werden – erstlich: die Schreiberfeder. Zweitens: unsere Zeugungsorgane. Drittens: das Schiessgewehr.”

    Ach so:
    😉
    (Indikator einer nicht malignen Ironie, die den Leser aus dieser Replik anwehen soll.)

  7. Dichte von Salzwasser

    Bei der Tropfenbildung sollte man die Dichte nicht vergessen. Die von Meerwasser ist höher als von Leitungswasser; daher dürften sich die Tropfen eher vom Tropffläschchen ablösen. > Also nochmal mit dem Tropfenzählen anfangen. 🙂

  8. Oberflächenspannung und Dichte

    Durch gelöste Salze wird sowohl die Oberflächenspannung als auch die Dichte erhöht.

    Tenside senken schon in Spuren die Oberflächenspannung deutlich, und erhöhen dabei die Dichte nur wenig.

    Die Grösse der Tropfen hängt ausserdem vom Umfang der Abtropffläche ab, und nicht von der Fläche der Abtropffläche, wie man glauben könnte.

    Mit Wassertropfen kann man auch Hochspannung erzeugen:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Kelvin-Generator

  9. Pingback:Wolfram Alpha als Überschlagsrechnungshilfe › RELATIV EINFACH › SciLogs - Wissenschaftsblogs

  10. Habe gestutzt, war verunsichert, habe das dann nochmal durchgedingst von 1000er-Potenz zu 1000er-Potenz und schließlich nochmal nachgespickt.
    1,338 Milliarden. km³ sind nicht 1,338*10^12 km^3.
    1,338 Milliarden. km³ sind 1,338*10^9 km^3.
    Der Fehler zieht sich bis zum Ende durch. Daher ist die Schätzung mit 2,68*10^25 Tropfen (Meer) das formal bessere Ergebnis.

    Eine Frage wäre aber auch, wie die Zahl 1,338*10^9 km^3 zustand kommt. Da werden wohl auch so einige Willkürlichkeiten im Spiel sein, die mit Zahlen garniert so wunderbar rational erscheinen.

  11. Guten Morgen miteinander,
    mein Fermi-Problem ist folgendes:
    Wolf-Dieter Storl sagt in seinem Artikel
    “Die Krone der Viren”,
    dass in einem Reiskorn 1 Millarde Viren
    Platz hätten. Weiter unten erwähnt er,
    dass ein Tropfen Meereswasser
    mehr als 10 Millionen Viren beherberge.
    Da käme ich auf 900ˋ000 Tropfen
    die genügten, das jeder Mensch
    so ein Haustierchen halten könnte.
    Doch mir raucht der Kopf,
    muss noch die Zahlungen machen,
    einen Kaffe kochen und trinken,
    Haushalten und ein paar Besorgungen
    erledigen. Rauche lieber eine bei einem Kaffee,
    und notabene interessiert mich eher,
    wieviele Tropfen in einem Mililiter Rosenöl
    sind. Habe gehört, die Preise seien weiter
    gestiegen, und würde ja nur gerne
    eine Fiderisser-Torte backen,
    Eure Marianne Rahel
    P.s Kommt mir ja nicht mit Marie-Antoinette…

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