Die etablierte Wissenschaft und das WWW

BLOG: Die Sankore Schriften

Die Welt ist voller Rätsel
Die Sankore Schriften

Wer jetzt einen Artikel über bloggende Wissenschaftler, Elite-Unis und Social Media erwartet, den muss ich leider enttäuschen. WWW steht nicht für World Wide Web sondern für die dreifache Begründung etablierter wissenschaftlicher Erkenntnis. Diese basiert auf Glaube, Rechtfertigung und Wahrheit und verwendet das Symbol W für eine erfüllte Bedingung und F für eine nicht erfüllte Bedingung. WWW: Etablierte wissenschaftliche Erkenntnis wird geglaubt, ist gerechtfertigt und wahr. So sollte es sein.

Dieser recht pragmatische Ansatz hat in der Praxis bisher zu ganz ordentlichen Ergebnissen geführt. Die Philosophen Eubulides aus Milet und Edmund L. Gettier haben jedoch durch das Lügner-Paradox und Gettiers Gegenbeispiele gezeigt, dass diese drei Kriterien leider nicht ausreichen, um wahres Wissen zu garantieren. Deshalb brauchen wir ein viertes Kriterium. Doch um diese philosophischen Gedankengänge geht es mir in dem heutigen Artikel nicht, vielmehr möchte ich mich mit den vier Permutationen FFW, FWW, WFW, WWF beschäftigen, die uns im Alltag recht häufig begegnen. Natürlich stehen diese vier Permutationen nicht für sich allein, sondern sind oft in einen historischen Kontext eingebunden und daher teilweise in einander umwandelbar.

FFW

Es wird nicht geglaubt, es gibt keine Rechtfertigung aber es ist wahr.

Beispiel: Demokrits Atomtheorie wurde damals nicht geglaubt, weil seine Zeitgenossen keinen Grund hatten, daran zu glauben. Ein jüngeres Beispiel wäre vielleicht die Prionentheorie.

FWW:

Es wird nicht geglaubt ist jedoch gerechtfertigt und wahr.

Beispiel: Semmelweis führte das Kindbettfieber auf mangelnde Hygiene bei Ärzten zurück.

Oft verläuft der Weg zur etablierten wissenschaftlichen Erkenntnis von FFW über FWW zu WWW.

WFW

Ein ungerechtfertigter wahrer Glaube, ein Recht haben aus den falschen Gründen.

Beispiel: Die Voraussagen des Krakenorakels Paul bei der Fußball-WM 2006.

WWF:

Ein gerechtfertigter falscher Glaube

Beispiel: Der Glaube der Antike daran, dass die Sonne sich um die Erde bewegte, war durch die Beobachtung von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang gerechtfertigt.

Ich möchte einfach mal sammeln. Kennt ihr weitere Beispiele aus der Wissenschaftsgeschichte (und damit meine ich nicht nur die Naturwissenschaften sondern auch die Geisteswissenschaften und Wirtschaftswissenschaften) für WFW und WWF?

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Veröffentlicht von

Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

3 Kommentare

  1. Glauben und Wahrheit

    Da es in der Natur keine Wahrheit gibt, sondern nur in den Systemen der Tautologie, ist die oben gemachte Unterscheidung notwendigerweise eine politische und einer jeweiligen Einstellung geschuldet.

    Auch bspw. das Bestimmen des Wahrheitsgehalts einer Theorie aus dem Ex Post heraus ist ungeeignet.

    Letztlich ist das Verhältnis des Erkenntnissubjekts zur Theorie immer ein Glauben, insofern macht die im Artikel beschriebene Unterscheidung nur temporär oder politisch im Einzelfall Sinn.

    MFG
    Dr. Webbaer (der gerne auch auf den Skeptizismus, die diesen eingearbeitet habende Moderne Wissenschaftlichkeit (die längst aufgegeben hat zu verifizieren, sondern Theorfien bdws. falsifiziert) und auf den Konstruktiven Empirismus (vam Fraassen) verweist)

  2. WWF

    Empathie, Spiegelneuronen

    Wir meinen, dass wir in der Lage seien, uns in andere Menschen und ihr Verhalten hinein zu versetzen und sie so zu verstehen.
    Das ist ein Vorurteil, denn in der Realität können wir nur eigene Erfahrungen aktivieren – und dadurch auf mögliche Zustände anderer Menschen spekulieren.
    Meist reicht dies aus – außer wir treffen auf Menschen anderer Kulturbereiche oder mit anderen Grundwerten

  3. Toll, besonder WWF hat’s mir angetan

    Nun aber im ernst: Keine halben Sachen, wir müssen doch alle Möglichkeiten durchdeklinieren:
    WWW: => Freude schöner Götterfunken
    WWF:
    WFW:
    WFF: Glaube an ein Leben nach dem Tod
    FWW: Steuern zahlen tut gut
    FWF: Alltag für Juristen
    FFW: fast alles was ich so von mir gebe
    FFF: normal für geisteswissenschaftliches

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