Das zelluläre Genom im 21. Jahrhundert

Die besten Geschichten schreibt die Evolution selbst: Diesmal geht es um eine Räubergeschichte, die vor mehr als einer Milliarden Jahren begann und im 21. Jahrhundert eine überraschende Wende nahm.

Die allermeisten Lebewesen sind kleine Einzeller – einige wenige, wie wir Menschen, sind dagegen große Vielzeller, in denen verschiedene Zellen gemeinsam in Geweben, Organen und Organsystemen spezielle Funktionen ausüben.

Ob wir nun ein einzelliges Bakterium betrachten oder den Menschen mit seinen 10 Billionen Zellen – der Gesamtorganismus ist immer durch Zellteilung aus einer einzelnen Zelle entstanden. Deshalb überträgt immer die Zelle das Genom – die Gesamtheit der in der DNA-Sequenz gespeicherten genetischen Information – von einer Generation in die nächste.

Der erste Ausdruck der DNA-Sequenz des humanen Genoms (3,4 Milliarden Basenpaare) als eine Reihe von Büchern. Die Nummer auf dem Buchrücken steht für die Nummer des menschlichen autosomalen Chromosoms, dessen Sequenz in diesem Buch enthalten ist. X oder Y auf dem Buchrücken stehen für die menschlichen Geschlechtschromosomen. Ausgestellt werden diese Bücher in dem "Medicine Now" Raum der Wellcome Sammlung in London. Jeder Band ist etwa 1000 Seiten dick und in einer Schrift gedruckt, die so klein ist, dass man sie kaum noch lesen kann.
Credit: Russ London at English Wikipedia [CC BY-SA 3.0 or GFDL], via Wikimedia Commons Der erste Ausdruck der DNA-Sequenz des humanen Genoms (3,4 Milliarden Basenpaare) als eine Reihe von Büchern. Die Nummer auf dem Buchrücken steht für die Nummer des menschlichen autosomalen Chromosoms, dessen Sequenz in diesem Buch enthalten ist. X oder Y auf dem Buchrücken stehen für die menschlichen Geschlechtschromosomen. Ausgestellt werden diese Bücher in dem “Medicine Now” Raum der Wellcome Sammlung in London. Jeder Band ist etwa 1000 Seiten dick und in einer Schrift gedruckt, die so klein ist, dass man sie kaum noch lesen kann.
Der Ur-Eukaryot war ein Räuber

Eine plausible Vorstellung ist, dass vor ungefähr zwei Milliarden Jahren die Ur-Eukaryotenzelle räuberisch lebte, indem sie andere Zellen einfing und sie fraß. Eine solche Lebensweise erfordert eine große Zelle mit einer flexiblen Plasmamembran und ein ausgefeiltes Zytoskelett, um diese Membran zu stützen und zu bewegen. Außerdem dürfte sie wohl voraussetzen, dass die langen und zerbrechlichen DNA-Moleküle der Zelle in einem abgeschirmten Kompartiment, dem Zellkern, eingeschlossen werden, um das Genom vor Schäden durch die Bewegungen des Zytoskeletts zu bewahren.

Eine räuberische Lebensweise kann auch ein anderes Merkmal eukaryotischer Zellen erklären: die Mitochondrien. Dies sind kleine Organellen im Zytoplasma, die von einer Doppelmembran umgeben sind. Sie nehmen Sauerstoff auf und koppeln die Energie aus der Oxidation von Nährstoffen wie Zucker oder Fett, um fast das gesamte ATP zu erzeugen, das die Energie für die Zelle bereitstellt.

Selektionsfaktor Sauerstoff zum Ersten: Die eukaryotischen Einzeller

Die Endosymbiontentheorie behauptet, dass Mitochondrien von frei lebenden Sauerstoff verarbeitenden (aeroben) Eubakterien abstammen, die von einer anaeroben Ur-Eukaryotenzelle aufgenommen wurden, die selbst keinen Sauerstoff nutzen konnte. Die Bakterien entgingen irgendwie der Verdauung durch Phagozytose und entwickelten sich in Symbiose mit der Zelle und ihren Nachkommen. Als Gegenleistung für die Erzeugung von energiereichem ATP, das sie dem Wirt lieferten, erhielten sie von ihm Nahrung und Schutz. Evolutionsbiologen vermuten, dass sich diese Symbiose vor etwa 1,5 Milliarden Jahren entwickelte, als durch die photosynthetische Wasserspaltung der Sauerstoffgehalt der Erdatmosphäre bereits zugenommen hatte. Diese Symbiose ermöglichte es den frühen einzelligen Eukaryoten in der neuen sauerstoffreicheren Atmosphäre, zu überleben.

Das hybride Genom der Eukaryoten

Menschen, aber auch andere Säugetiere wie z. B. Schafe, bestehen aus eukaryotischen Zellen. Das Genom von eukaryotischen Zellen hat einen hybriden Ursprung – es stammt sowohl von dem anaeroben Ur-Eukaryoten als auch von den aeroben Bakterien, die er als Symbionten aufgenommen hat. Der größte Teil des Genoms befindet sich im Zellkern, aber ein ziemlich kleiner Teil befindet sich in den Mitochondrien. Es zeigt sich, dass diese mitochondrialen Genome gestutzte Versionen entsprechender bakterieller Genome sind, denen Gene für viele wichtige Funktionen fehlen. Die meisten Bakterien besitzen 1000 bis 6000 Gene1 in einer menschlichen Zelle besteht das Mitochondriengenom aber nur aus 13 Protein-kodierenden Genen – ein Indiz dafür, wie viele Gene verloren gegangen sind. Die Gene, die in Mitochondrien fehlen, sind nicht alle verloren gegangen, sondern einige wenige sind irgendwie aus dem Mitochondriengenom in das Genom des Zellkerns abgewandert. Sie machen aber weit weniger als 1 % des Kerngenoms aus [1]. Von diesen „eingewanderten“ Genen codieren einige für Proteine, die wichtige Funktionen in den Mitochondrien ausführen.

Selektionsfaktor Sauerstoff zum Zweiten: Die eukaryotischen Vielzeller

Es gibt eukaryotische Zellen in Säugetieren, die ihr Genom komplett über Bord werfen: Angesichts der ökologischen/evolutionären Geschichte der eukaryotischen Zellen überrascht es, dass es ausgerechnet die Zellen sind, die den Sauerstoff im Blut transportieren, die roten Blutzellen. Bei ihnen wird der Zellkern und die Mitochondrien bei der Reifung im Knochenmark durch Makrophagen entfernt [2]. Dadurch haben die roten Blutzellen mehr Platz für das Sauerstoff bindende Hämoglobin, das ca. 35 % ihrer Masse ausmacht. Die roten Blutzellen von Fischen, Reptilien und Vögeln dagegen behalten ihren Zellkern noch, schalten ihn aber ab. Die Entfernung des Zellkerns ist also ein neues „Feature“ in der Wirbeltierevolution.

Das 20. Jahrhundert: DNA ist das transformierende Prinzip

Wo wir gerade bei Sauerstoff sind – da muss ich bei Säugetieren auch an die Lunge denken. Anfang der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts zeigte der Immunologe Oswald Avery in Experimenten mit Pneumokokken, Bakterien die Lungenentzündung verursachen, dass sich die Gene in der DNA befinden2 und nicht in den Proteinen.

Gleichzeitig zeigte er, wie sich das Aussehen eines Bakteriums ändern kann, wenn es Gene von Bakterien eines andern Typs empfängt. Sein Fachartikel [3], der im Januar 1944, diese Experimente beschrieb, fand bei seinen Kollegen leider keine Beachtung. Das war schade, denn Avery war ein Visionär, der damals schon ahnte, wohin die Reise der Molekularbiologie führen wird:

“Biologists have long attempted by chemical means to induce in higher organisms predictable and specific changes which thereafter could be transmitted in series as hereditary characters. Among microorganisms the most striking example of inheritable and specific alterations in cell structure and function that can be experimentally induced and are reproducible under well defined and adequately controlled conditions is the transformation of specific types of Pneumococcus.”

Oswald Avery

Die Somatic Cell Nuclear Transfer (SCNT)-Methode

Avery hatte den Weg gewiesen und so nahmen die Molekularbiologen nach ihm neue ehrgeizigere Aufgaben in Angriff: Nicht mehr einzelne Gene sollten übertragen werden, sondern gleich ein ganzes Genom. In dem hier beschriebenen Fall das Genom eines Schafs mit etwas über 20.000 Genen: Tiermediziner der Universität Edinburgh klonierten am 5. Juli 1996 mit der Somatic Cell Nuclear Transfer (SCNT)-Methode erstmals ein Säugetier, das Schaf Dolly3. Mit Stromstößen fusionierten sie eine Epithelzelle4 des Euters eines Finn Dorset-Schafes mit der zellkernlosen Eizelle eines Scottish Black Face-Schafes und setzten das Fusionsprodukt 6 Tage später einer Leihmutter (Scottish Black Face-Schaf) ein. Da die Epithelzelle, den Zellkern mit der DNA und dem Genom enthielt, war das Schaf, aus dem die Epithelzelle stammte, Dollys genetische Mutter5. Sie war bereits sechs Jahre vor Dollys Geburt gestorben.

Primärzelllinien

Die Forscher entnahmen Dollys genetischer Mutter den Euter und präparierten ihn. Nach der Präparation lösten sie den Euter durch mechanische und/oder enzymatische Methoden in einzelne Zellen auf. Da der Euter aus verschiedenen Zellen besteht, wählten sie, damit nur die Epithelzellen in Zellkultur wachsen und sich vermehren, eine spezifische Nährlösung, die für Epithelzellen optimiert war. Die anderen Zellarten innerhalb dieses Zellgemisches, denen die Nährlösung nicht gerecht wurde, starben ab. Die Wissenschaftler, die Dolly klonten, schreiben in ihrem Nature-Letter [4]:

“The primary culture contains mainly mammary epithelial cells (over 90%) as well as other differentiated cell types, including myoepithelial cells and fibroblasts. We cannot exclude the possibility that there is a small proportion of relatively undifferentiated stem cells able to support regeneration of the mammary gland during pregnancy.”

Die Wachstumsgeschwindigkeit und Teilungsaktivität einer sogenannten Primärkultur hängt stark vom jeweiligen Zelltyp ab. Nach Erreichen einer bestimmten Zelldichte endet die Teilungsaktivität bei den meisten Zelltypen durch ein Phänomen, das Zellbiologen als Kontakthemmung bezeichnen. Diese Kontakthemmung heben die Forscher auf, indem sie die Zellen der Primärkultur erneut enzymatisch trennen (Dissoziieren) und sie in sehr viel geringerer Dichte in neue Kulturgefäße überführen. Dort beginnen sie dann wieder sich, zu teilen und zu wachsen. Dieses Dissoziieren und erneute Aussäen beziehungsweise Ausplattieren der Zellen wird auch „Passagieren“ genannt. Nach dem ersten Passagieren einer Primärkultur spricht man nicht mehr von einer Primärkultur, sondern von einer Primärzelllinie.

Die Lebensdauer von Primärzelllinien ist begrenzt. Trotz Versorgung der Zellen mit den entsprechenden Nährstoffen durch die optimierte Nährlösung ist die mögliche Anzahl der Passagen auf maximal fünfzig beschränkt. In Abhängigkeit von den Ausgangszellen stirbt die Primärzelllinie bei wiederholtem Passagieren sukzessive ab. Bei den Klonierungsexperimenten hatten die Zellbiologen Primärzelllinien der Passage 3 bis 6 verwendet.

Vor den Fusionen mit den Eizellen versetzten die Wissenschaftler diese Epithelzellen in die Ruhephase G0, in der sie sich nicht mehr teilen und nicht mehr wachsen. Zu diesem Zweck hatten sie die Serumkonzentration im Zellkulturmedium eine Woche vor der Fusion von 10 % auf 0.5 % reduziert und damit den Epithelzellen eine Hungerkur verpasst.

Die Wissenschaftler froren eine bestimmte Anzahl der Epithelzellen bei –196 °C in flüssigem Stickstoff ein, um sie Jahre später aufzutauen, in der Zellkultur zu vermehren und genetisch zu untersuchen. Mit der Primärzelllinie OP5D3F3 hatten sie nun eine genetische Referenz, die es später erlaubte mittels Mikrosatellitenanalyse die Abstammung der klonierten Schafe von der Primärzelllinie OP5D3F3 nachzuweisen.

Als Dolly geklont wurde, war das Schafgenom noch nicht sequenziert, das geschah erst 2012. Durch OP5D3F3 können die Forscher heute durch Sequenzvergleiche Veränderungen der DNA in den klonierten Schafen feststellen.

Das Genom eines Vielzellers ist ein Mosaik aus zellulären Genomen

Lange galt das genetische Dogma, dass es keine nennenswerten genetischen Unterschiede zwischen den Körperzellen eines Individuums gäbe. Zwar kommt es während der Zellteilung, speziell bei der Replikation der DNA, zu Veränderungen der DNA, sodass das Genom der Tochterzelle nie ganz identisch mit dem der Mutterzelle ist. Doch diese Veränderungen sind sehr sehr selten: Bei zehn Milliarden replizierter Nukleotide kommt es einmal zu einem Fehler.

Wie sollte es auch anders sein? Alle Köperzellen stammen von der befruchteten Eizelle ab. Der Unterschied sollte nur darin bestehen, dass in den verschiedenen Geweben unterschiedliche Gene aktiv sind.

Heute gibt es aber Sequenzierverfahren, die das Genom einer einzelnen Zelle sequenzieren können (Single Cell Genome Sequencing). Mit diesen genaueren Methoden zeigte sich bei der Untersuchung verschiedener Körperzellen eines Individuums Folgendes: Das Genom eines Organismus ist nicht stabil, sondern wandelt sich stetig. Bei den unzähligen Zellteilungen verändert sich die Struktur des Genoms. Der Körper enthält ein Mosaik aus Zelltypen mit unterschiedlicher Genomstruktur.

Schon bei der ersten Zellteilung der befruchteten Eizelle kann es zu Verschiebungen, Verlusten oder Vervielfachungen von DNA-Sequenzen kommen. Dann trägt dieser Organismus später in der Hälfte seiner Körperzellen die neuen Abweichungen, nämlich in allen Nachkommen der veränderten Tochterzelle dieser Eizelle. Je später in der Entwicklung solche Mutationen auftreten – und offenbar geschieht dies andauernd –, desto weniger Zellverbände sind schließlich im erwachsenen Körper davon betroffen.

Das 21. Jahrhundert: Das erste Bakterium mit synthetischem Genom

Avery übertrug Gene von einem Bakterientyp in einen anderen Bakterientyp. Bei der Klonierung von Dolly wurde ein natürliches Genom mit über 20.645 Genen in die Eizelle übertragen. 2010 nahm der Biochemiker Craig Venter von beiden Ansätzen etwas und fügte etwas Neues hinzu: Sein Forscherteam baute aus einzelnen DNA-Nukleotiden das komplette Genom des Bakteriums Mycoplasma mycoides, in leicht abgewandelter Form, in einem eukaryotischen Einzeller, der Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae), zusammen. Dann übertrug es das Genom aus der Bäckerhefe in das Bakterium Mycoplasma capricolum [5].

Um dieses synthetische Genom vom natürlichem Genom von Mycoplasma mycoides unterscheiden zu können, bauten die Wissenschaftler zusätzliche DNA-Sequenzen als Erkennungsmerkmal ein. Diese DNA-Sequenzen eines Eukaryoten machten das bakterielle Genom zu einem hybriden Genom. Diese DNA-Sequenzen ergaben übersetzt in den Einbuchstabencode der Aminosäuren, die Namen von 46 Mitgliedern des Forscherteams. Zusätzlich zu den Forschernamen waren noch drei Zitate enthalten:

To live, to err, to fall, to triumph, to recreate life out of life“.

James Joyce

See things not as they are, but as they might be“.

Robert Oppenheimer (vermutet)

What I cannot build, I cannot understand

Richard Feynman

Die Wissenschaftler entwickelten also einen neuen Code in einem Code in einem Code.

Das Experiment war eine technisch bedeutsame Leistung, hinter der 15 Jahre Arbeit steckten. Bisher war eine solche Synthese nur bei viel kleineren DNA-Sequenzen gelungen. Und je größer das Genom, umso größer die technischen Schwierigkeiten bei seiner künstlichen Synthese.

Mit dem neuen Genom produzierte das ehemalige M. capricolum nur noch Proteine von M. mycoides und übernahm dessen Erscheinungsbild. Die Bakterien entwickelten sich normal und konnten sich sogar vermehren. Die Forscher nannten das erste Bakterium mit künstlich hergestelltem Genom M. mycoides JCVI-syn1.0.

Ich finde an diesem Experiment zwei Dinge bemerkenswert:

1. Es ist ein weiterer Beleg dafür – und das in einem Ausmaß, das weit größer ist als Avery in seinem Zitat bereits angedeutet hat – das DNA das transformierende Prinzip ist.

2. Es ist fast die Umkehrung eines zellbiologischen Prozesses, der vor mehr als einer Milliarden Jahren stattfand und den ich am Anfang dieses Artikels beschrieb: Damals wurde ein bakterielles Genom geraubt, diesmal wurde ein bakterielles Genom gespendet. Damals wurde in einer eukaryotischen Zelle, bis auf einen kleinen Rest, ein bakterielles Genom fast komplett zerstört. Zusätzlich wurde ein kleiner Teil der bakteriellen Gene in das eukaryotische Genom eingebaut. Diesmal wurde in einer eukaryotischen Zelle, bis auf einen kleinen Rest, fast ein komplettes bakterielles Genom hergestellt. Es wurde ein kleiner Teil künstlicher eukaryotischer Sequenzen in das Bakteriengenom eingebaut.

Fußnoten

1. Das Bakterium Mycoplasma genitalium, welches in den Geschlechtsorganen des Menschen vorkommt, besitzt mit 525 Genen das kleinste bekannte natürliche Genom. Forscher des J. Craig Venter Institute (JCVI) entwickelten das Bakterium Mycoplasma mycoides JCVI-syn3.0, das ein künstliches Genom mit nur 473 Genen hat.

2. Bei den Viren können sich Gene auch in der RNA befinden. Es gibt also Viren mit Genomen aus RNA. Viren sind aber nicht wie Bakterien Einzeller, sondern bestehen überhaupt nicht aus Zellen. Sie werden deshalb auch nicht als Lebewesen angesehen.

3. Das Klonschaf 6LL3 wurde nach der amerikanischen Country-Sängerin Dolly Parton benannt.

4. Der Euter besteht aus verschiedenen Zelltypen. Einer davon ist die Epithelzelle. Dabei handelt es sich um eine polare Zelle, die eine apikale und eine basale Seite aufweist. Die apikale Seite zeigt in Richtung der Epitheloberfläche, die wiederum nach außen (z. B. bei der Haut) oder zum Lumen hin weist (z. B. beim Darm oder Drüsen). Die basale Seite verbindet die Epithelzellen über eine Basallamina mit dem darunterliegenden Gewebe.

5. Diese Aussage stimmt nur für Dollys 20645 Protein-kodierende Gene, die sich im Zellkern befinden. Die Mitochondrien der Zelle enthalten auch DNA mit 13 Protein-kodierenden Genen. Der Anteil dieser mitochondrialen Gene an Dollys Genen ist aber kleiner als 0.1 % und damit vernachlässigbar. Die Fusion führt die Mitochondrien der Epithelzelle und der Eizelle zusammen.  Die mitochondrialen Gene von Dolly stammen also von der Spenderin der Eizelle und der genetischen Mutter.

Weiterführende Literatur

Zum 10. Todestag von Dolly dem Klonschaf

1. Koonin EV (2014) Bacterial genes in eukaryotes: relatively rare but real and important (Comment on DOI 10.1002/bies.201300095. Bioessays, 36(1):8.

2. Ji P, Jayapal SR, Lodish HF (2008) Enucleation of cultured mouse fetal erythroblasts requires Rac GTPases and mDia2. Nat Cell Biol.,10(3):314-321.

3. Avery OT, Macleod CM, McCarty M (1944) Studies on the Chemical Nature of the Substance Inducing Transformation of Pneumococcal Types : Induction of Transformation by a Desoxyribonucleic Acid Fraction Isolated From Pneumococcus Type III. J. Exp. Med., 79(2): 137-158.

4. Wilmut I, Schnieke AE, McWhir J, Kind AJ, Campbell KH (1997) Viable offspring derived from fetal and adult mammalian cells. Nature, 385 (6619):810-813.

5. Gibson, D. G.; Glass, J. I.; Lartigue, C.; Noskov, V. N.; Chuang, R.-Y.; Algire, M. A.; Benders, G. A.; Montague, M. G.; Ma, L.; Moodie, M. M.; Merryman, C.; Vashee, S.; Krishnakumar, R.; Assad-Garcia, N.; Andrews-Pfannkoch, C.; Denisova, E. A.; Young, L.; Qi, Z.-Q.; Segall-Shapiro, T. H.; Calvey, C. H.; Parmar, P. P.; Hutchison, C. A.; Smith, H. O.; Venter, J. C. (2010) Creation of a Bacterial Cell Controlled by a Chemically Synthesized Genome”. Science. 329 (5987): 52–56.

 

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Veröffentlicht von

Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

18 Kommentare

  1. Pingback:[SciLogs] Das zelluläre Genom im 21. Jahrhundert

  2. DNA ist das transformierende Prinzip

    Desoxyribonukleinsäure ist auch eine gute Datenhaltung, vs. Information, wie diese umgesetzt wird, um die beschriebenen Organismen zu schaffen, so ‘transformiert’ wird, wird wohl für alle Zeiten unverstanden bleiben, weil auch die Desoxyribonukleinsäure in ihrem Sinn so für alle Zeiten unverstanden zu bleiben hat.
    Näherungsweise, ausschnittsartig und “schnüffelnd” wird sich hier vermuten lassen, nie aber den Gesamtverhalt meinend.

    Hmm, arrogant, oder? :

    Diese DNA-Sequenzen ergaben übersetzt in den Einbuchstabencode der Aminosäuren, die Namen von 46 Mitgliedern des Forscherteams. Zusätzlich zu den Forschernamen waren noch drei Zitate enthalten: (…)

    Vgl. mit:
    -> https://en.wikipedia.org/wiki/DNA_digital_data_storage

    MFG + schöne Woche noch,
    Dr. Webbaer

  3. Joe Dramiga (7. November 2016):
    > Die Endosymbiontentheorie behauptet, dass Mitochondrien von frei lebenden Sauerstoff verarbeitenden (aeroben) Eubakterien abstammen, die von einer anaeroben Ur-Eukaryotenzelle aufgenommen wurden, die selbst keinen Sauerstoff nutzen konnte. Die Bakterien entgingen irgendwie der Verdauung durch Phagozytose und entwickelten sich in Symbiose mit der Zelle und ihren Nachkommen. […] dass sich diese Symbiose vor etwa 1,5 Milliarden Jahren entwickelte, als durch die photosynthetische Wasserspaltung der Sauerstoffgehalt der Erdatmosphäre bereits zugenommen hatte.

    Plausibler und nachahmenswerter ist, dass die Endosymbiontenhypothese behauptet, dass Mitochondrien von frei lebenden Sauerstoff verarbeitenden (aeroben) Eubakterien abstammen, die von einer anaeroben Ur-Eukaryotenzelle aufgenommen wurden, und dass sich deren Symbiose vor etwa 1,5 Milliarden Jahren entwickelte;

    während die Endosymbiontentheorie die Definitionen insbesondere der Begriffe “Mitochondrien“, “(aeroben) Eubakterien“, “Ur-Eukaryotenzelle, die selbst keinen Sauerstoff nutzen konnte“, “aufnehmen“, “Symbiose“, “Nachkommen” und “Jahr” umfasst.

    Man beachte, dass diese Begriffe insbesondere auch dann ihre nachvollziehbare Bedeutung behalten sollten (die entsprechende Theorie also insbesondere auch dann nachvollziehbar bleiben sollte), falls sich die genannte Behauptung/Hypothese als falsch herausstellen würde.

  4. Drei Laienfragen:
    1.) Wo befinden sich die Gene für die mitochondrialen Ribosomen?
    (Womöglich ist der eukaryotische Zellkern für beide Arten der Ribosomen zuständig.)
    2.) Entstanden die Chloroplasten vor den Mitochondrien?
    (Die Cyanobakterien haben zuerst den molekularen Sauerstoff erzeugt.)
    3.) Gibt es Eukaryoten, die sowohl Chloroplasten als auch Mitochondrien besitzen?

  5. Komplexes, schwieriges Thema, das Du hier in Angriff genommen hast, Joe. Respekt! Es ist wohl unvermeidlich, dass bei der notwendigen Vereinfachung das eine oder andere etwas vage und ungenau bleibt. Aber wofür haben wir die Kommentarfunktion. Du schreibst:

    »Deshalb überträgt immer die Zelle das Genom – die Gesamtheit der in der DNA-Sequenz gespeicherten genetischen Information – von einer Generation in die nächste.«

    Sind mit „genetischer Information“ nur die funktionalen (nützlichen) DNA-Abschnitte gemeint, oder eben sämtliche Basenpaare, inklusive des offenbar nutzlosen „Mülls“.

    »Lange galt das genetische Dogma, dass es keine nennenswerten genetischen Unterschiede zwischen den Körperzellen eines Individuums gäbe.«
    […]
    »Das Genom eines Organismus ist nicht stabil, sondern wandelt sich stetig. Bei den unzähligen Zellteilungen verändert sich die Struktur des Genoms. Der Körper enthält ein Mosaik aus Zelltypen mit unterschiedlicher Genomstruktur. ««

    Was genau bedeuten hier „genetische Unterschiede“ und „Struktur“ des Genoms?

    Bei „genetische Unterschiede“ denke ich zunächst an unterschiedliche genetische Informationen. Ist das damit gemeint?
    Bei der „Struktur des Genoms“ hingegen würde ich eher an die Reihenfolge beliebiger oder funktionaler Abschnitte auf dem DNA-Strang denken—bei unveränderter genetischer Information (bis auf einige unvermeidliche Mutationen). Wobei ich den Eindruck habe, dass an dieser Stelle mit Genom die gesamte zelluläre DNA gemeint ist (also inklusive der „Junk“-DNA und ohne die mitochondriale DNA).

    • Hallo Banalus!

      Mit genetischer Information sind sämtliche Basenpaare gemeint. Mit genetischen Unterschieden, meine ich Unterschiede in der DNA-Sequenz. Wenn die „Struktur des Genoms“ betroffen ist, meine ich Chromosomenaberrationen und Chromatidenaberrationen wie z. B. Deletionen, Duplikationen, Inversionen, Translokationen

  6. Danke für die Antwort, Joe!

    Die genetische Information steckt also in den Basenpaaren. Wenn es bei Zellteilungen nun zu „Verschiebungen, Verlusten oder Vervielfachungen von DNA-Sequenzen“ kommt, dann wirkt sich das nicht nur auf die genetische Information der Tochterzelle aus, sondern zwangsläufig auch auf die davon abhängigen Genprodukte (Enzyme, Rezeptoren, Ionenkanäle, etc.). Im schlimmsten Falle könnte es passieren, dass die Tochterzelle nicht lebensfähig ist.

    Kann man das so sagen?

    (Ich hoffe, die Verschiebungen in der Buchstaben-Sequenz meines Pseudonyms beruhen, wie in der DNA, auf Zufallsereignissen)

    • Meiner Meinung nach kann man das so pauschal nicht sagen.

      “Verschiebungen, Verlusten oder Vervielfachungen von DNA-Sequenzen” sind schon genetische Veränderungen mittleren Ausmaßes. Du solltest dabei vier Dinge im Hinterkopf behalten:

      1. Wo im Genom finden diese Veränderungen statt? Im menschlichen Genom haben nur ca. zwei Prozent des Genoms mit der Codierung von Proteinen zu tun. Es ist daher sehr viel wahrscheinlicher, dass solche Veränderungen “Genwüsten” treffen und nicht DNA-Sequenzen, die für Gene codieren.

      2. Wie lang in Basenpaaren sind die betroffenen DNA-Sequenzen (2, 5, 10, 20, 50, 100, 200, 500, 1000 bp)? Im Prinzip kann eine Basenveränderung (Punktmutation) tödlich sein.

      3. Es kommt auch auf das Genprodukt an und welcher Bereich durch die Veränderungen betroffen ist. Ist das ein Bereich, der funktionell sehr wichtig ist oder eher “Nice to have”?

      4. Wenn die Tochterzelle stirbt, wird diese Veränderung der DNA-Sequenz auch nicht weitergegeben. Das wäre dann eine Art Einbahnstraße.

  7. Joe, Du schreibst:

    »Im menschlichen Genom haben nur ca. zwei Prozent des Genoms mit der Codierung von Proteinen zu tun. Es ist daher sehr viel wahrscheinlicher, dass solche Veränderungen „Genwüsten“ treffen und nicht DNA-Sequenzen, die für Gene codieren.«

    Ja, das ist richtig. Insgesamt sind wohl (mindestens?) 90% der menschlichen DNA diesen „Gen-Wüsten“ zuzurechnen. Dieser Teil der DNA enthält im Grunde keine „genetische Information“.

    Dessen ungeachtet beziehst Du diesen Begriff auf alle Basenpaare des Genoms, unabhängig davon, ob diese DNA-Bereiche für irgendetwas gut sind oder nicht. Außer vielleicht für die Struktur der Chromosomen.

    Mit welcher Gen-Definition wird eigentlich derzeit vorzugsweise gearbeitet? Und wie wichtig ist dabei die Funktion eines Gen-Produkts für bestimmte zelluläre Mechanismen?

    [Diese Frage können gerne auch als (abschließende) rhetorische Fragen aufgefasst werden…]

    • Balanus, zum Abschluss

      Du schreibst:

      Dessen ungeachtet beziehst Du diesen Begriff auf alle Basenpaare des Genoms, unabhängig davon, ob diese DNA-Bereiche für irgendetwas gut sind oder nicht. Außer vielleicht für die Struktur der Chromosomen.

      Genetische Information ist für mich nicht nur Information über die Aminosäuren in einem Protein und deren Abfolge (Gen-Information), sondern z. B. auch Information für die Struktur der Chromosomen oder Information für small interfering RNAS oder Information dafür wo die DNA-Replikation beginnen soll und wo sie aufhören soll oder Information dafür wo die Transkription beginnen soll und wo sie aufhören soll. Von manchen DNA-Sequenzen wissen wir einfach noch nicht was sie für Information enthalten.

      Mit welcher Gen-Definition wird eigentlich derzeit vorzugsweise gearbeitet?

      Die Genetiker arbeiten vorzugsweise mit der Gen-Definition, die besagt das es eine DNA-Sequenz ist, die für ein Protein oder mehrere Proteine oder eine bestimmte Art von RNA kodiert. Die Genetiker diskutieren aber schon lange wie man diese Definition verbessern kann siehe z.B. hier: Gene und Allele. Zwei Begriffe – viele Definitionen

      Und wie wichtig ist dabei die Funktion eines Gen-Produkts für bestimmte zelluläre Mechanismen?

      So gestellt ist die Frage schwierig zu beantworten, aber ich versuche es mal: Proteine sind für alle zellulären Mechanismen notwendig, weil sie bestimmte Funktionen ausüben – also sehr wichtig.

  8. Hallo Joe,

    jetzt muss ich mich leider doch nochmal melden. Ich habe in meinem letzten Kommentar ziemlich um den heißen Brei herum geredet, deshalb lege ich jetzt doch nochmal nach.

    Denn im Grunde wollte ich nur wissen, wie Du zu den Ergebnissen des ENCODE-Projekts stehst, insbesondere zu der (anfänglichen?) Behauptung, nur rund 20% des menschlichen Genoms seien funktionsloser „Müll“.

    In dem von Dir verlinkten Abstract klingt das ja auch irgendwie an, so, als sei man erst Anfang des 21. Jahrhunderts darauf gekommen, dass Gene nicht nur für Proteine codieren.

    Mir ist schon klar, dass noch nicht für alle Transskripte die jeweilige Funktion bekannt sind, aber ist es realistisch, anzunehmen dass, sagen wir, 50% der DNA für etwas funktionell Wichtiges codiert?

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