Das Wasserbock-Repellent schützt afrikanische Rinder vor Stichen der Tsetsefliege

In Afrika übertragen Tsetsefliegen durch ihre Stiche die parasitischen Einzeller Trypanosoma congolense und Trypanosoma vivax auf Rinder, die dadurch an der Rinderseuche Nagana erkranken: Zuerst werden die Hinterbeine und dann andere Teile des Körpers gelähmt. Die Milz, die Lymphknoten und die Leber vergrößern sich durch Ödeme und das Rückenmark wird geschädigt. Zusätzlich zeigen die betroffenen Rinder Ausfluss aus den Augen und der Nase.

Nagana führt für die Rinderbesitzer zu enormen Verlusten bei Milch, Fleisch und Arbeitskräften. Pro Jahr sterben bis zu drei Millionen Rinder infolge einer Infektion mit den Trypanosomen. Die UNO und das International Livestock Research Institute (ILRI) zählen Nagana daher zu den häufigsten Rinderkrankheiten. Der Schaden in Afrika wird auf etwa 4,5 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt.

Die Tsetsefliege ist – je nach Art – so groß wie die Gemeine Stubenfliege. Manche Exemplare können doppelt so groß werden. Forscher zählen rund 30 Arten. Sie ernährt sich vom Blut ihrer Opfer. Dazu sticht sie mit dem langen Stechrüssel durch deren Haut.

Im Kampf gegen Nagana verfolgten Christian Borgemeister vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn und ein Team von Forschern des Internationalen Zentrums für Insektenphysiologie und Ökologie (icipe), dem Interafrican Bureau for Animal Ressourcen (beide in Kenia) und Rothamsted Research, Harpenden (Großbritannien) einen neuen Ansatz, den sie in der Fachzeitschrift PLOS Neglected Tropical Diseases vorstellten.

Die Tsetsefliegen meiden Wasserböcke (Kobus), eine afrikanische Antilopenart, weil sie den Geruch dieser Antilopen abstoßend finden. Die Wissenschaftler isolierten, identifizierten und synthetisierten das Wasserbock-Repellent im Labor. Das 4-Komponenten-Repellent, bestehend aus Guajakol, Geranylaceton, Pentansäure und δ-Octalacton, wurde grob in einem Verhältnis von 2: 1: 3: 3 vermischt, so wie es die Wissenschaftler natürlich im Wasserbockgeruch vorfanden. Sie füllten dann winzige Mengen davon in Plastikbehälter, die mit Halsbändern an die Rinder gebunden waren.

Diese innovative Methode zur Krankheitsprävention wurde in einem großen zweijährigen Feldversuch in Kenia getestet. Für das Experiment stellten 120 Maasai-Hirten mehr als 1.100 ihrer Rinder zur Verfügung. Im Vergleich zu ungeschützten Rindern war die Erkrankungsrate der Rinder, die das Halsband trugen, um mehr als 80 Prozent reduziert. Im Allgemeinen waren die Rinder mit den Repellent-Halsbänder gesünder und schwerer, gaben mehr Milch, pflügten mehr Land und erzielten auf regionalen Märkten einen deutlich höheren Absatz.

“All dies hat zu einer deutlichen Verbesserung der Ernährungssicherheit und des Haushaltseinkommens der beteiligten Pastoralistenfamilien beigetragen”, sagt Borgemeister. Im Vergleich zu den Tierarzneimitteln, die üblicherweise zur Behandlung der Krankheit eingesetzt werden, ist die Halsbandmethode deutlich günstiger und damit wirtschaftlicher, sagt der Forscher. Darüber hinaus ist die neue Technologie bei den Maasai-Hirten sehr beliebt. Rund 99 Prozent der Hirten würden gerne diese Halsbänder für ihre Rinder benutzen.

Credit: © Hans Hillewaert / CC BY-SA 4.0 Ein Ellipsen-Wasserbock (Kobus ellipsiprymnus) im Mosi-oa-Tunya Nationalpark, Livingstone, Sambia.

Weiterführende Literatur

Rajinder K. Saini, Benedict O. Orindi, Norber Mbahin, John A. Andoke, Peter N. Muasa, David M. Mbuvi, Caroline M. Muya, John A. Pickett, Christian W. Borgemeister. (2017) Protecting cows in small holder farms in East Africa from tsetse flies by mimicking the odor profile of a non-host bovid. PLOS Neglected Tropical Diseases; 11 (10): e0005977 DOI: 10.1371/journal.pntd.0005977

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Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

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