Black History Month: Genetische Studien an Patienten in Afrika

Es bedurfte einer Katastrophe im Bereich der öffentlichen Gesundheit, bis die Regierung Simbabwes den Nutzen der Pharmakogenetik für die HIV-Therapie erkannte: 2015 wechselte das Land von einem Drei-Medikamenten-Cocktail für HIV zu einer Ein-Pillen-Kombinationstherapie, die billiger und für die HIV-Patienten leichter einzunehmen war. Die Weltgesundheitsorganisation hatte der Regierung Simbabwes empfohlen, das HIV-Medikament Efavirenz als Erstlinientherapie in das öffentliche Gesundheitsprogramm aufzunehmen. Als Erstlinientherapie bezeichnet man das bevorzugte Medikament erster Wahl, um eine Krankheit zu behandeln. Wenn die Krankheit nach der Erstlinientherapie wieder aufflammt oder sich fortsetzt, greift man zur Zweitlinientherapie.

Die Regierung Simbabwes hoffte, dass die HIV-Patienten Efavirenz regelmäßiger und länger einnehmen würden als die früheren HIV-Medikamente. Doch als Zehntausende Simbabwer auf das Medikament gesetzt wurden, folgten bald Berichte über Patienten, die Efavirenz scharenweise absetzten. Collen Masimirembwa, ein Genetiker und der Gründungsdirektor des African Institute of Biomedical Science and Technology in Harare, war nicht überrascht. Er hatte 2008 gezeigt, dass viele Simbabwer eine Genvariante haben, die den Abbau von Efavirenz [1] verlangsamt. Da wir die allermeisten Gene zweimal haben, einmal von der Mutter und einmal vom Vater vererbt, war die Frage wie Patienten Efavirenz vertragen, die zwei Kopien der Genvariante haben. Bei denjenigen, die zwei Exemplare der Variante besitzen – etwa 20 % der Bevölkerung – reichert sich das Medikament im Blutkreislauf an, was zu Halluzinationen, Depressionen und Selbstmordgedanken führt. Masimirembwa hatte versucht, dies seiner Regierung mitzuteilen, aber zu dieser Zeit war Efavirenz kein Grundbestandteil der HIV-Therapie des Landes, und so ignorierte das Gesundheitsministerium seine Warnungen. Masimirembwa veröffentlichte weiterhin seine Forschungen, aber die Behörden nahmen keine Rücksicht, bis es Schwierigkeiten gab. Eine Menge Verwirrung hätte vermieden werden können, wenn die Regierung zugehört hätte, sagt er: “Es ist kein schlechtes Medikament. Wir wissen nur, dass es in Afrika verbessert werden kann.”

Botswana verwendet Efavirenz seit 2016 nicht mehr und hat sich stattdessen für ein neueres und leistungsfähigeres, aber teureres Medikament namens Dolutegravir entschieden. Die Genvariante, die Probleme mit Efavirenz verursacht, ist in Botswana weit verbreitet – etwa 13,5 % der Bevölkerung haben zwei Kopien davon. Und 2015 hat Äthiopien die Verwendung des Schmerzmittels Codein verboten, weil ein hoher Anteil der Menschen im Land eine Genvariante trägt, die dazu führt, das Medikament schnell in Morphin umzuwandeln, was zu Atemproblemen oder sogar zum Tod führen kann.

Um zu verstehen, wie Genvarianten die Reaktion auf Medikamente beeinflussen können, ist es hilfreich, erst einmal die spezifischen Schritte zu betrachten, die mit der Wirkung eines Medikaments einhergehen. Erstens werden einige Medikamente nicht in ihrer aktiven Form verabreicht, sondern müssen durch ein Enzym A in die Verbindung umgewandelt werden, die den gewünschten physiologischen Effekt hervorruft – z. B. die Erweiterung der Blutgefäße. Als Nächstes beginnt ein Tauziehen des Stoffwechsels, da ein anderes Enzym B die aktive Form des Medikaments abbaut und in eine inaktive Substanz umwandelt, die letztendlich ausgeschieden wird. Inzwischen muss jedoch die aktive Form des Medikaments mit Bestandteilen der Körperzellen in Wechselwirkung treten, um die gewünschte Wirkung zu erreichen. Ein derartiger Bestandteil ist häufig ein Rezeptor C. Da die Enzyme A und B und der Rezeptor durch Gene codiert werden und diese Gene in verschiedenen Varianten vorkommen, ist es nicht verwunderlich, dass sich die individuellen Reaktionen der Patienten auf Standarddosen eines Medikaments unterscheiden.

Die Enzyme A und B befinden sich häufig in der Leber. Es ist nicht immer möglich, vorherzusagen, ob jemand, der von einem der zwei Enzyme, eine relativ wenig aktive Variante besitzt, eine höhere oder eine niedrigere Dosis des Medikaments benötigt, da bekannt sein muss, ob die übliche Form des Medikaments die aktive Form oder die Vorstufenform ist. Für einen Patienten, der die Vorstufenform nur sehr langsam umwandelt (Enzym A) und nur eine ungenügende Menge der aktiven Form erzeugt, ist ein solches Medikament wahrscheinlich nur eingeschränkt hilfreich. Andererseits könnte es bei einem Patienten mit einem langsamen Abbau der aktiven Form desselben Medikaments (Enzym B) zu Vergiftungserscheinungen kommen.

Nicht nur die Enzyme, die bei der Aktivierung, oder dem Abbau des Medikaments eine Rolle spielen, können als Varianten vorkommen, auch der Rezeptor C, auf den das Medikament wirkt, kann in Varianten vorkommen. Wenn eine Rezeptorvariante nur eine geringe Affinität1 für ein Medikament besitzt, wird das Ergebnis enttäuschend sein. Eine Rezeptorvariante mit einer außerordentlich hohen Affinität kann hingegen eine unerwünschte Nebenwirkung hervorrufen, selbst wenn das Medikament im Blut in einer normalen Dosis vorliegt. Die Pharmakogenetik nutzt die Erkenntnisse über diese genetischen Varianten, um für einen bestimmten Patienten die richtige Dosierung zu finden.

Wie sich herausstellte, funktioniert Efavirenz, bei Menschen, die es vertragen, gut. Aber es ist schwierig, diese Personen von den etwa 20 % zu unterscheiden, die wahrscheinlich schlecht darauf reagieren. Masimirembwa und seine Kollegen haben einen Gentest für die Genvariante entwickelt, die Träger für das Medikament empfindlich macht. Damit könnten die Menschen identifiziert werden, die eine niedrigere Dosis Efavirenz benötigen – etwas, das, wie er und seine Kollegen festgestellt haben, das Risiko von Nebenwirkungen verringert und gleichzeitig die Wirksamkeit des Medikaments aufrechterhält. 2016 erhielt Masimirembwa für seinen Test eine Vermarktungsbeihilfe der südafrikanischen Regierung in Höhe von 500.000 Rand (39.000 Dollar).

Genomweite Assoziationsstudien (GWAS) in Afrika und Krankheiten

Die meisten Genomstudien haben sich bisher auf weiße Menschen europäischer Abstammung konzentriert. Eine 2016 in der Zeitschrift Nature veröffentlichte Meta-Analyse2 [2] ergab, dass nur 3 % der weltweiten genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) – die genetische Marker mit Krankheiten oder Arzneimitteltoleranz in Verbindung bringen – an Afrikanern durchgeführt wurden, verglichen mit 81 % an Menschen europäischer Abstammung.

Viele afrikanische Wissenschaftler sind frustriert, dass sie bei der genetischen Forschung über alles, von der Gesundheit bis hin zu den Ursprüngen der Menschheit – ein Bereich, der besonders von afrikanischen Genomdaten profitiert hat – außen vor gelassen wurden, und sie wollen, dass die Afrikaner von der genetischen Forschung profitieren. “Wenn auf dem Kontinent keine Kapazitäten aufgebaut werden, haben die Afrikaner keine Chance, sich zu beteiligen”, so Masimirembwa.

Daher hat sich das in Lagos ansässige Biotech-Unternehmen 54gene mit nigerianischen Genetikern zusammengetan, um eine Studie zur Untersuchung der genetischen Ursachen nicht-übertragbarer Krankheiten in Nigeria zu starten. Die am 4.2.2020 gestartete Studie wird die Genome von mehr als 100.000 Nigerianern sequenzieren. Das Genom ist die Gesamtheit der Erbinformationen einer Zelle. Die menschlichen Erbinformationen befinden sich in der DNA.

54gene wird diese Genome nach bevölkerungsspezifischen Erkenntnissen über die Ursachen von endokrinen Störungen, Herzkrankheiten und Krebserkrankungen, die in Afrika vorherrschen, durchsuchen. Die Studie ist ein “Pilotprojekt” und hat das Potential, “das Spielbuch der Genforschung neu zu schreiben”, sagt Abasi Ene-Obong, Geschäftsführer von 54gene. “Afrikanische Wissenschaftler werden bei der Entdeckung neuer Medikamente für Krankheiten, die nicht nur die Gesundheit der Nigerianer, sondern auch die des gesamten afrikanischen Kontinents und der Welt betreffen, an vorderster Front mitwirken”, sagte er.

Eine zusätzliche Herausforderung ist, dass die Afrikaner die Menschen mit der größten genetischen Vielfalt sind. Afrika ist der Ursprungsort der Menschheit und der Ort, an dem die Menschen am längsten gelebt haben, sodass sich die Bevölkerungen dort genetisch stärker auseinander entwickelt haben als auf anderen Kontinenten. Afrikaner haben Genvarianten, die sonst nirgendwo zu finden sind.

Diese Faktoren bedeuten, dass den Wissenschaftlern ein großes Stück des Puzzles fehlt, wenn es um die Humangenetik geht, sagt Charles Rotimi, Gründungsdirektor des Zentrums für Genomik- und Weltgesundheitsforschung der National Institutes of Health (NIH) in Bethesda, Maryland. Tests, die entwickelt wurden, um über Behandlungsmöglichkeiten für Weiße zu informieren, könnten für Afrikaner und Menschen jüngster afrikanischer Herkunft ungeeignet sein. “Wir sind in der Lage, falsche Diagnosen zu stellen”, sagt er.

Charles Rotimi

Rotimi ist einer der Gründer der Human Heredity and Health in Africa (H3Africa) Initiative, die 2010 von der in London ansässigen biomedizinischen Wohltätigkeitsorganisation Wellcome Trust und den US National Institutes of Health ins Leben gerufen wurde. In der ersten Runde des Programms wurden 70 Millionen Dollar an afrikanische Wissenschaftler verteilt, die sich mit Partnern aus den Vereinigten Staaten und Europa zusammengetan haben, um die Genomforschungskapazitäten in Afrika aufzubauen. Eine zweite Runde im Wert von rund 64 Millionen Dollar befindet sich in der Antragsphase.

Die Forschung zielt auf Rätsel ab, die Ärzte schon seit einiger Zeit beschäftigen – etwa warum Afrikaner ein höheres Risiko haben, eine chronische Nierenerkrankung zu entwickeln, und dies in einem jüngeren Alter, als Weiße. Der Nephrologe Dwomoa Adu von der University of Ghana Medical School in Accra, einer der Hauptforscher des H3Africa Kidney Research Network, sagt, dass es keine bekannten Umweltfaktoren gibt, die dies erklären. Aber viele Afrikaner tragen Genvarianten für das Apolipoprotein L1 (APOL1), die offenbar ein erhöhtes Risiko für eine Nierenerkrankung mit sich bringen [3]. Diese Varianten sind in Afrika wahrscheinlich deshalb so häufig, weil sie eine Resistenz gegen die Schlafkrankheit, eine von der Tsetsefliege übertragene Infektionskrankheit, verleihen. Doch mit der steigenden Lebenserwartung in den afrikanischen Ländern ist die Zahl der Neuerkrankten bei Nierenerkrankungen deutlich gestiegen. Und weil es in Afrika nur wenig Möglichkeiten für eine Dialyse oder eine Nierentransplantation gibt, sterben die meisten Menschen, die diese Krankheit bekommen, so Adu. “Es ist eine albtraumhafte Krankheit.”

Die Studie von Adu testet den Zusammenhang zwischen APOL1-Genvarianten und der Nierenerkrankung in Afrika mit einer höheren Sensitivität als frühere Studien. Aber die Krankheit mit einem Gentest vorhersagen zu können, wird an Orten, an denen eine Behandlung nicht möglich ist, kaum von Nutzen sein. Adu versucht daher auch, den Mechanismus zu verstehen, durch die bestimmte Genvarianten die Erkrankung verursachen, in der Hoffnung, dass dies zu neuen, erschwinglicheren Behandlungsmethoden führen wird. “Es könnte möglich sein, den Mechanismus zu blockieren”, sagt er.

GWAS sind in Afrika schwierig durchzuführen, weil die DNA-Chips3, die zum Nachweis der genetischen Variation verwendet werden, zumeist mit europäischen DNA-Sequenzen entworfen wurden. Folglich fehlen den Forschern die Instrumente, um wichtige medizinische Rätsel zu untersuchen, wie zum Beispiel, warum die Khoisan und einige andere afrikanische Bevölkerungsgruppen besonders anfällig für Tuberkulose sind.

H3Africa hat einen DNA-Chip zur schnellen Beurteilung von Abweichungen bei Afrikanern entwickelt. Solche Chips dienen als Werkzeug für genomweite Assoziationsstudien, indem sie den Forschern einen Katalog von genetischen Markern zur Verfügung stellen, die als Einzelnukleotid-Polymorphismen bezeichnet werden und die mit dem Risiko für eine bestimmte Krankheit oder Medikamentenreaktion in Verbindung gebracht werden könnten.

Was sind Einzelnukleotid-Polymorphismen? Um die zu erklären, müssen wir uns ein wenig mit der Biochemie der DNA beschäftigen: DNA ist ein Polynukleotid, das aus vielen, verschiedenen, Nukleotiden besteht. Diese Nukleotide sind wie Perlen an einer Halskette aneinandergefügt. Die vier Nukleotide in der DNA sind Desoxyadenosinmonophosphat (dAMP), Desoxycytidinmonophosphat (dCMP), Desoxyguanosinmonophosphat (dGMP) und Desoxythymidinmonophosphat (dTMP). Die DNA des Menschen besteht aus 6,54 Milliarden Nukleotiden. Die DNA-Sequenzen zweier Menschen unterscheiden sich an jedem 800. bis 1000 Nukleotid. Wo bei dem einen Menschen das Nukleotid dCMP in der DNA-Sequenz steht, mag bei einem anderen ein dTMP stehen, wie in folgendem Beispiel gezeigt, in dem wir zur Vereinfachung statt dCMP = C, dTMP = T, dAMP = A und dGMP = G schreiben.

DNA-Sequenz von Mensch 1: GATCGAATCCAAGAGC
DNA-Sequenz von Mensch 2: GATTGAATCCAAGAGC

Diese Variation an einer bestimmten Position im Genom nennt man auf Englisch Single Nucleotide Polymorphism kurz SNP und auf Deutsch Einzelnukleotid-Polymorphismus. In Anlehnung an eine alte Genetikertradition sprechen Genetiker von einem T-Allel oder einem C-Allel. Allele dieser Art. kommen in unterschiedlichen Häufigkeiten vor. So können beispielsweise 70 % aller Genome in einer Population ein T-Allel haben und 30 % ein C-Allel haben. SNPs, bei denen ein Allel mit einer Häufigkeit von mehr als ein Prozent vorkommt, nennen Populationsgenetiker „allgemeine (im Englischen common) Allele“. Davon gibt es etwa 30 Millionen. Die allgemeinen SNPs kommen bei Menschen von allen Kontinenten vor, weil die Menschheit – im Maßstab der Evolution gemessen eine junge Art ist. Es sind zwar sechs bis sieben Millionen Jahre vergangen, seit sich die Evolutionswege von Mensch und Schimpanse getrennt haben, aber der anatomisch moderne Mensch (Homo sapiens) entstand erst vor ca. 200. 000 Jahren in Afrika, von wo er nach anderen Kontinenten auswanderte. Dabei haben Meere, Gebirge, Wüsten die Menschheit in einzelne Populationen aufgetrennt. Jede Population blieb einige Zehntausend Jahre unter sich, ohne größeren Austausch von DNA mit anderen Populationen. Die menschlichen Genome zeigen die Spuren dieses Prozesses. Eine davon ist, dass die allgemeinen SNPs in unterschiedlichen Häufigkeiten in den verschiedenen menschlichen Populationen auftreten.

Bislang hat H3Africa 2,7 Millionen bisher nicht erfasste SNPs identifiziert, und viele haben es auf den Chip geschafft. Proben von den San4 – einer indigenen Gruppe im südlichen Afrika, die als der früheste genetische Pool identifiziert wurde, der sich vom Rest des menschlichen Stammbaums abgespalten hat – haben besonders viele unbekannte SNPs, die untersucht werden müssen. “Wir können es kaum erwarten, sie zu erforschen”, sagt Nicola Mulder, eine Bioinformatikerin an der Universität Kapstadt in Südafrika, die die Arbeiten an dem Chip leitete.

Von 2012 bis 2016 haben internationale Forschungsförderungsorganisationen mehr als 100 Millionen US-Dollar in Projekte zur Förderung der Genforschung an Afrikanern investiert. Diese Studien könnten zu verbesserten Therapien für Afrikaner sowie für Menschen jüngerer afrikanischer Abstammung in Europa und Amerika führen, die in der Regel häufiger krank sind als andere Ethnien – eine Situation, die oft auf sozioökonomische Herausforderungen zurückgeführt wird, die aber nach Ansicht einiger Wissenschaftler auch genetische Wurzeln haben könnte.

Erstmals machten dieses Jahr Psychiater eine genetische Schizophrenie- Studie mit einer afrikanischen Bevölkerung [4]. Die Genetik der Schizophrenie wurde bisher nur in Bevölkerungen europäischer und asiatischer Abstammung untersucht. Die Forscher untersuchten die Exome5 von mehr als 1800 Xhosa aus Südafrika, von denen etwa die Hälfte mit Schizophrenie diagnostiziert wurde. Sie identifizierten sowohl seltene als auch häufige Mutationen, die mit der Krankheit assoziiert sind. Die Mutationen liegen hauptsächlich in Genen, die für die Entwicklung des Gehirns und der Synapsen des Gehirns wichtig sind, also den winzigen Kontaktstrukturen, die die Kommunikation zwischen Nervenzellen ermöglichen. Sie stellten fest, dass die genetische Architektur der Schizophrenie bei Afrikanern im Allgemeinen die der Europäer widerspiegelt, dass aber die größere genetische Variation in Afrika mehr Möglichkeiten bietet, Beziehungen zwischen Genen und Phänotypen6 zu erkennen. Genetische Studien an Afrikanern kommen daher nicht nur Afrikanern, sondern allen zugute.

Fußnoten

1. Die Affinität (auch Bindungsaffinität) ist in der Biochemie ein Maß für die Neigung von Molekülen, mit anderen Molekülen eine Bindung einzugehen.

2. Eine Metaanalyse ist ein statistisches Verfahren, um die Ergebnisse verschiedener Studien, welche dieselbe Fragestellung in einem wissenschaftlichen Forschungsgebiet verfolgen, quantitativ zusammenzufassen und zu bewerten. Metaanalysen haben das Ziel, Ergebnisse zu integrieren und deren Variabilität zu bestimmen.

3. Ein DNA-Chip ist vollgepackt mit Fragmenten von DNA, die als spezifische Sonden dienen und dabei Variationen im Genom aufdecken. Dazu drängeln sich bis zu 1,8 Millionen unterschiedliche DNA-Sonden auf einem kleinen Glasplättchen. Aus der Blut- oder Speichelprobe eines Menschen werden zuerst die Zellen und dann die DNA aufgereinigt. Die DNA wird im Labor vervielfältigt, in kleine Fragmente zerlegt und schließlich an einen Farbstoff gekoppelt. Die DNA-Fragmente werden auf den DNA-Chip gegeben und binden an die Sonden, die ihrer eigenen Sequenz entsprechen. Computer und Laser sorgen für die Auswertung: Leuchtet ein bestimmter Fleck auf dem DNA-Chip hell auf, wissen die Forscher, dass diese Genvariante in dem untersuchten Genom vorkommt.

4. Die San gelten laut genetischen Studien als die älteste Menschengruppe.

5. Als Exom bezeichnet man in der Genetik die Gesamtheit der Exons eines Organismus, also alle DNA-Sequenzen, die potenziell Proteine codieren. Das menschliche Exom macht nur ein Prozent des menschlichen Genoms aus.

6. Der Phänotyp ist die Summe aller Merkmale eines Organismus. Er schließt alle inneren und äußeren Strukturen und Funktionen ein.

Weiterführende Literatur

[1] Nyakutira, C., Röshammar, D., Chigutsa, E. et al. (2008) High prevalence of the CYP2B6 516G→T(*6) variant and effect on the population pharmacokinetics of efavirenz in HIV/AIDS outpatients in Zimbabwe. Eur J Clin Pharmacol 64, 357–365. https://doi.org/10.1007/s00228-007-0412-3

[2] Popejoy, A.B. and Fullerton, S.M. (2016) Genomics is failing on diversity. Nature, 538, 161–164, doi:10.1038/538161a

[3] Parsa A1, Kao WH, Xie D, Astor BC, Li M, Hsu CY, Feldman HI, Parekh RS, Kusek JW, Greene TH, Fink JC, Anderson AH, Choi MJ, Wright JT Jr, Lash JP, Freedman BI, Ojo A, Winkler CA, Raj DS, Kopp JB, He J, Jensvold NG, Tao K, Lipkowitz MS, Appel LJ; (2013) APOL1 risk variants, race, and progression of chronic kidney disease. N Engl J Med., 369 (23), 2183-2196. doi: 10.1056/NEJMoa1310345.

[4] S. Gulsuner, D. J. Stein, E. S. Susser, G. Sibeko, A. Pretorius, T. Walsh, L. Majara, M. M. Mndini, S. G. Mqulwana, O. A. Ntola, S. Casadei, L. L. Ngqengelele, V. Korchina, C. van der Merwe, M. Malan, K. M. Fader, M. Feng, E. Willoughby, D. Muzny, A. Baldinger, H. F. Andrews, R. C. Gur, R. A. Gibbs, Z. Zingela, M. Nagdee, R. S. Ramesar, M.-C. King, J. M. McClellan (2020) Genetics of schizophrenia in the South African Xhosa. Science, 367 (6477), 569-573.

Genetics has learned a ton — mostly about white people. That’s a problem.

How unlocking the secrets of African DNA could change the world

The Missing Diversity in Human Genetic Studies

Human Heredity and Health in Africa (H3Africa) Initiative

 

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Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

4 Kommentare

  1. Am besten wird Aids vorbeugend bekämpft. Durch sexuelle Treue, Heterosexualität oder Antisexualität. Mehr dazu auf meiner Internetseite (bitte auf meinen Nick-Namen klicken).

  2. Zitat 1:

    Afrikaner haben Genvarianten, die sonst nirgendwo zu finden sind. … Eine zusätzliche Herausforderung ist, dass die Afrikaner die Menschen mit der größten genetischen Vielfalt sind.

    Damit offenbart sich aber bei Afrikanern das allgemein und überall vorkommende Problem der genetischen Vielfalt nur besonders deutlich, denn auch in Europa gibt es unterschiedliche Genvarianten bei unterschiedlichen Ethnien und Bevölkerungsgruppen – wenn vielleicht auch nicht so extrem.
    Daneben gibt es noch die interindividuellen Unterschiede, also die Tatsache, dass einzelne Individuen aus genetischen Gründen anders auf ein Medikament reagieren.
    Sollte sich eine voll personalisierte Medizin irgendwann durchsetzen, wären all diese Probleme gelöst, denn bei jedem Patient würde dann die Medikation auf seinen Gensatz abgestimmt.

    Zitat 2:

    Die Regierung Simbabwes folgte einer Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation, das HIV-Medikament Efavirenz als Erstlinientherapie in das öffentliche Gesundheitsprogramm aufzunehmen.

    Masimirembwa hatte versucht, dies [dass 20% der Simbabwer Efavirenz nicht vertragen] seiner Regierung mitzuteilen, aber zu dieser Zeit war Efavirenz kein Grundbestandteil der HIV-Therapie des Landes, und so ignorierte das Gesundheitsministerium seine Warnungen. Masimirembwa veröffentlichte weiterhin seine Forschungen, aber die Behörden nahmen keine Rücksicht, bis es Schwierigkeiten gab.

    Nun, Masimirembwa hätte wohl seine Warnung vor dem Medikament Efavirenz nicht der simbabwischen Regierung, sondern der WHO vortragen sollen. Denn die Regierung hörte auf die WHO und nicht auf lokale Wissenschaftler.

  3. Danke für den informativen Beitrag. Hätte wohl auch auf zwei Posts verteilt werden können.

    Frage: Wenn Du allgemein von Afrikanern schreibst, sind dann auch die Nordafrikaner (Ägypter, Marokkaner) eingeschlossen? Vermutlich nicht, oder?

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