Vorurteile in der Physik II – Von der Newtonschen Physik zur Speziellen Relativitätstheorie

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Ansichten eines Physikers
Die Natur der Naturwissenschaft

Im letzten Beitrag hatte ich über Denkgewohnheiten berichtet, die unsere Vorstellungen über die Materie lange beherrscht haben und ich habe gezeigt, wie diese Denkgewohnheiten inzwischen als Vorurteile entdeckt worden sind.  Ich will in diesem Beitrag auf ein anderes Vorurteil eingehen; es betrifft  die Eigenschaften von Raum und Zeit. Unserem normalen Menschenverstand scheint  doch der Raum, das gesamte Universum,  ein Behälter für die Dinge dieser Welt zu sein,  und bei der Zeit gehen wir davon aus, dass sie gleichförmig verfließt, auch wenn wir das manchmal ganz anders empfinden. 

Isaac Newton  hat 1687 in seinem  Werk Philosophia naturalis Principia Mathematica ,  wohl mit solchen Vorstellungen  im Kopf,  die Begriffe von Raum und Zeit wie folgt eingeführt:  “Der absolute Raum bleibt vermöge seiner Natur und ohne Beziehung auf einen Gegenstand stets gleich und unbeweglich”  und  “Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig und ohne Beziehung auf irgendeinen äußeren Gegenstand”.   Hier heißt es also explizit: “ohne Beziehung auf irgendeinen Gegenstand” – so, als wenn bei einer Erschaffung der Welt zuerst Raum und Zeit entstanden seien  oder schon existiert hätten und dann die Gegenstände dort hinein gesetzt worden wären.  So sind wir es gewohnt zu denken. Deshalb fragen auch jene, die den Urknall fälschlicherweise für den Anfang der Welt halten, immer danach, was denn vor dem Urknall gewesen sei.

Newton brauchte solche Feststellungen über Raum und Zeit, um der Aussage seines ersten Gesetzes ein Fundament zu geben.  Dieses lautet:  “Jeder Körper beharrt in seinem Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Bewegung, wenn er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird, seinen Zustand zu ändern”.  Newton hatte das  von Galilei gelernt, der bei seinen Experimenten mit der Fallrinne zu dieser Aussage gekommen war.  Newton spürte aber, dass er bei der Formulierung seiner Gesetze noch explizit sagen musste, in Bezug auf was der Zustand der Ruhe oder  der geradlinig-gleichförmigen Bewegung gemeint ist, in welcher “Arena” eine Gleichförmigkeit als solche überhaupt erkannt werden kann. 

Koordinatensysteme,  der absolute Raum und das absolute Inertialsystem

Diese Newtonsche Idee  hat man im Rahmen der Entwicklung der Newtonschen Mechanik folgenderweise konkretisiert:  Unseren dreidimensionalen Anschauungsraum vor Augen denkt man sich darin ein kartesisches Koordinatensystem aufgespannt;  man wählt also einen Punkt im Raum als Bezugspunkt bzw.  Ursprung und betrachtet davon drei zu einander  orthogonal ausgehende Koordinatenachsen. So kann man den Ort eines jeden Körpers zu jeder Zeit mit Hilfe seiner Koordinaten benennen und auch verfolgen, wie sich sein Ort mit der Zeit verändert.  Was eine gerade Linie ist, scheint uns im Anschauungsraum selbstverständlich zu sein, und so kann man auch feststellen, ob bei der Bewegung  eines Objektes  auf einer solchen Linie in gleichen Zeiten auch gleiche Strecken durchlaufen werden, ob eine Bewegung also geradlinig-gleichförmig ist. 

Wir haben damit einen Raum vor Augen, den die Mathematiker euklidisch nennen.  Der griechische Mathematiker Euklid hat um 300 v. Chr.  geometrischen Grundbegriffe in unserem Anschauungsraum definiert und für diese Begriffe eine “logische Ordnung” (Einstein)  hergestellt  Die geometrischen Verhältnisse in unserem Anschauungsraum werden also durch die Euklidische Geometrie beschrieben und man spricht so von einem Euklidischen Raum.

Es ist hilfreich, sich im Ursprung eines jeden Bezugssystems einen Beobachter vorzustellen, und andererseits  sich auch  für jeden Beobachter gleich ein Bezugssystem vorzustellen, in dem dieser im Ursprung ruht. Ein jeder Beobachter wird die Phänomene  der  Natur zunächst in seinem Bezugssystem beschreiben wollen, kann sich aber auch bewusst dafür entscheiden, ein anderes zu benutzen.  Wenn man z.B. den Lauf der Planeten  studiert, kann man dieses tun, indem man als Bezugspunkt die Erde nimmt oder aber stattdessen die Sonne.  Wie man zumindest aus der Geschichte weiß, macht das einen großen Unterschied:  Von der Sonne aus gesehen, sind die Bahnen der Planeten kreisähnlich, genauer Ellipsen. Von der Erde aus beobachtet beschreiben die Planeten  verschlungene Bahnen am Himmel, manchmal vorwärts, manchmal rückwärts laufend.  Die Änderung des Bezugssystems kann also einen großen Einfluss auf die Übersichtlichkeit und auf das Verständnis der Phänomene  haben.  Ein Beobachter kann sich zwar nicht auf die Sonne begeben, aber er kann sich “dorthin denken”.  Das setzt schon ein gewisses Maß an Abstraktionsfähigkeit voraus, die Erkenntnis von Kopernikus war also auch aus diesem Grund eine Leistung zur damaligen Zeit. 

Nun stellt man nach einigem Nachdenken fest, dass man sich zunächst ein einziges Bezugssystem im Raum gar nicht vorstellen kann.  Ob der Bezugspunkt sich in Ruhe befindet oder eine Geschwindigkeit hat, das kann  man doch nur sagen, wenn man von einem anderen Bezugspunkt ausgeht, denn jede Ruhe und Bewegung können ja nur relativ zu etwas gesehen werden.  Um nun trotzdem eine Arena zu besitzen, in der man Aussagen über Bewegungen machen kann, muss man also so etwas wie ein absolutes Koordinatensystem einführen, dessen Bezugspunkt sich  in absoluter Ruhe befinden soll (!)  und in dem man von einer absoluten Bewegung reden kann.  Dieses kann man also als absoluten Raum Newtons  vorstellen, ähnlich wie es auch z.B .  Heinrich Streintz  [1]  mit seinem Fundamental-Koordinatensystem gemacht hat.  In einem solchen gilt nach Newton dann sein schon anfangs zitiertes erstes Gesetz: “Jeder Körper beharrt in seinem Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Bewegung, wenn er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird, seinen Zustand zu ändern”. Dieses Gesetz nennt man auch das Trägheitsgesetz, und ein Koordinatensystem, in dem dieses Gesetz gilt, nennt man ein Inertialsystem.  In seinem zweiten Gesetz gibt Newton dann an, wie einwirkende Kräfte die Bewegung ändern, und aus dieser Beziehung lässt sich dann die Bewegung als Ganzes berechnen. 

So ist Newton zum Konzept des absoluten Raums geführt worden, als er die Erfahrung, dass eine  geradlinig-gleichförmige Bewegung mit der Kräftefreiheit zusammenhängt,  zu einem allgemeinen Gesetz machen wollte.

Inertialsysteme in der Praxis

Was haben nun die Bezugssysteme, die wir in der Praxis einführen, also jene, bei denen sich die Erde bzw. die Sonne im Ursprung befindet, mit diesem absoluten, bisher nicht verorteten  Koordinatensystem zu tun?   Wenn wir Inertialsysteme dadurch definieren, dass in ihnen das Trägheitsgesetz gilt –  gibt es dann neben dem bisher nur gedachtem absoluten Inertialsystem auch konkrete Inertialsysteme?     

Die Tatsache, dass Galilei ja schon bei seinen Versuchen an der schiefen Ebene den Zusammenhang zwischen einer geradlinig-gleichförmigen Bewegung und der Kräftefreiheit gesehen hat, zeigt, dass ein Bezugssystem mit einem Punkt in Galileis Labor als Bezugspunkt durchaus als ein Inertialsystem angesehen werden kann, zumindest für Bewegungen in einem solchen Labor.  Für die Planetenbewegungen scheint das allerdings nicht mehr zu stimmen; da haben wir von Kopernikus und Newton gelernt, dass ein Bezugssystem mit der Sonne als Ursprung  eher ein Inertialsystem ist.  Beide Koordinatensysteme sind offensichtlich nur angenähert Inertialsysteme.  Die Sonne scheint uns dabei “fester im Raum”  zu stehen als die Erde, die ja um sich selbst und als Ganze um die Sonne rotiert. Darum wird das Bezugssystem mit der Sonne als Ursprung  das bessere Inertialsystem sein, was sich darin äußern wird, dass in diesem die Lösungen der Bewegungsgleichungen, die nach den Newtonschen Gesetzen für ein absolutes Inertialsystem aufgestellt worden sind, genauer mit den Beobachtungen übereinstimmen. 

Diese Beobachtung legt auch eine Strategie nahe, wie man ohne Kenntnis des absoluten Raums die Newtonschen Gesetze nutzen kann.  Man muss gar nicht von einem idealen Inertialsystem ausgehen. Man sollte nur ein “verdächtig  gutes”  Bezugssystem wählen und dann schauen, wie sich die nach Maßgabe der Newtonschen Gesetze erstellte Bewegungsgleichung bewährt.  Tut sie es nicht genügend gut, so muss man nach einem besseren Bezugssystem suchen. 

Wenn nun jemand ein ungutes Gefühl bei diesen Gedanken hat und dieses Vorgehen  eine Immunisierungsstrategie nennt, hat er nicht ganz unrecht. Aber in der Praxis funktioniert dieses Verfahren, und mit den Relativitätstheorien versteht man das und bekommt eine andere Sicht auf die Inertialsysteme.

Galilei-Transformationen und das Galileische Relativitätsprinzip

Galilei hat noch eine zweite Erfahrung gemacht, die später zum Prinzip erhoben wurde, zu dem, was wir heute Galileisches  Relativitätsprinzip nennen.  Er hatte bemerkt, dass auf einem fahrendem Schiff physikalische Vorgänge wie auf dem Land ablaufen,  z.B.  verschüttetes Wasser auch vertikal nach unten fällt.  Heute beobachten wir ähnliches, wenn wir mit einem Zug auf gerader Strecke mit konstanter Geschwindigkeit fahren.  Beim Kaffeetrinken verhält sich alles so, wie wenn wir dieses zu Hause tun würden.  Aber wehe, der Zug bremst plötzlich.  Es liegt wohl an der Art der relativen Geschwindigkeit, und wenn diese geradlinig-gleichförmig ist, dann scheinen die gleichen Gesetze zu gelten. Die geradlinig-gleichförmige Bewegung nimmt offensichtlich eine Sonderstellung für die relative Bewegung zwischen zwei Bezugssystemen ein.

Nun  charakterisiert man eine Beziehung zwischen zwei Bezugssystemen nicht allein durch die Bewegung  der Bezugspunkte zu einander.  Konkreter geschieht dies, indem  man die Koordinaten eines Bezugssystems durch die Koordinaten des anderen ausdrückt.  Für eine relativ geradlinig-gleichförmige Bewegung zweier Koordinatensysteme  heißt diese Koordinatentransformation in unserem Anschauungsraum  Galilei-Transformation.  Sie ist eine spezielle lineare Transformation, die man leicht aus der Anschauung ableitet,  und man kann nachrechnen, dass eine Bewegung, die in einem Koordinatensystem geradlinig-gleichförmig ist, auch geradlinig-gleichförmig  in dem anderen ist. Ist nun ein Koordinatensystem ein Inertialsystem, so auch das relativ geradlinig-gleichförmig  dazu bewegte. Man kann so von einer ganzen Schar von Inertialsystemen reden, die sich alle geradlinig-gleichförmig  relativ zu einander bewegen.

Das Galileische  Relativitätsprinzip lautet nun:  Die Gesetze der Physik haben in allen Inertialsystemen die gleiche Form.

Ob ein Gesetz diesem Prinzip genügt, kann man einfach prüfen, in dem man die Koordinaten des einen Bezugssystems durch die Koordinaten des anderen ausdrückt und in die Gleichung für das Gesetz einsetzt. Dann erhält man die Formulierung des Gesetzes in den anderen Koordinaten, d.h. in dem anderen Bezugssystem, und diese müsste die gleiche physikalische Aussage ergeben wie das ursprüngliche Gesetz, also im wesentlichen auch die gleiche Form haben. 

Die Vorstellungen der Newtonschen Mechanik waren also nur Präzisierungen der Denkgewohnheiten bezüglich  Raum und Zeit, die sich auf natürliche Weise aus unserer Anschauung ergeben.  Die Basis dafür war der Begriff des Koordinatensystems  und man lernte, dass die Wahl des Koordinatensystems darüber entscheidet, wie die Phänomene sich zeigen und wie die Gesetze der Natur aussehen.  Ein bestimmte Klasse von Koordinatensysteme, die der Inertialsysteme,  spielt dabei eine besondere Rolle und darin wiederum eine bestimmte Klasse von Bewegungen, die geradlinig-gleichförmige Bewegung.

Raum und Zeit in der Speziellen Relativitätstheorie

Obwohl man für die praktischen Berechnungen der Bewegungen am Himmel und auf der Erde  den absoluten Raum, d.h. das Fundamental-Koordinatensystem nicht kennen musste,  wurde die Frage, wo denn dieser absolute Raum zu finden sei, nicht irrelevant.  Für die Physiker war er ja erfüllt mit einer feinstofflichen Substanz, dem in  absoluter Ruhe befindlichen Äther, der Träger der elektromagnetischen Wellen und damit auch des Lichtes sein sollte. Dieses sollte sich in dem Äther mit der ihr charakteristischen  Geschwindigkeit  ausbreiten, die damit  als eine absolute Geschwindigkeit  anzusehen war.

Ende des 19. Jahrhunderts war man experimentell so weit, dass man sich in der Lage fühlte, die Bewegung der Erde im absoluten Raum d.h. gegen den Äther messen zu können. Für das Licht müsste man je nach Bewegung der Erde eine verschiedene Geschwindigkeit messen.  Schickt man z.B. einen Lichtstrahl so in den Äther, dass die Erde diesem gewissermaßen hinterher läuft, so müsste sich für die Geschwindigkeit des Lichts eine kleinere Geschwindigkeit ergeben.  Wenn das Licht sich entgegen gesetzt zur Bewegung der Erde fortpflanzt, müsste sich eine größere Geschwindigkeit ergeben.   

Man konnte aber keinen Unterschied in der Lichtgeschwindigkeit feststellen, wie immer auch man das Experiment verfeinerte  und präzisierte;  auch alle Versuche, dieses Ergebnis  auf Eigenschaften des Äthers zu schieben, führten zu keinem konsistentem Bild.  Eine Lösung dieses Rätsels schien nicht in Sicht zu sein, bis Albert Einstein im Jahre 1905 ein Prinzip ersann, von dem aus solche experimentellen Ergebnisse verständlich wurden. Andererseits ergaben sich daraus aber für Raum und Zeit Eigenschaften, die bisher nie beobachtet worden waren und die konträr zu allen Denkgewohnheiten stand. 

Das Prinzip bestand in der Aussage, dass die Geschwindigkeit des Lichtes den gleichen Wert besitzt,  mit welcher Geschwindigkeit auch immer sich die Lichtquelle gegenüber dem Beobachter geradlinig-gleichförmig bewegt. 

Daraus ließ sich sofort ableiten, dass die Beziehung der Koordinaten zweier relativ zu einander bewegter  Inertialsysteme  nun nicht mehr durch einen Galilei-Transformation sondern durch allgemeinere lineare Transformationsformeln dargestellt werden mussten, in der nun Raum- und Zeitkoordinaten miteinander verkoppelt wurden, den so genannten Lorentz-Transformationen.  Naturgesetze mussten nun “relativistisch”, genauer gesagt, Lorentz-relativistisch statt Galilei-relativistisch,  formuliert sein, d.h. sie mussten wieder  in allen Inertialsystemen die gleiche Form haben, wobei die Inertialsysteme  nun aber über eine Lorentz-Transformation in Beziehung zu einander standen. Die Lorentz-Transformationen gleichen übrigens umso mehr den Galilei-Transformationen, je kleiner die relative Geschwindigkeit  gegenüber der Lichtgeschwindigkeit wird.

Angesichts der Ergebnisse der Experimente schien das Prinzip von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nahe zu liegen, aber es  war völlig kontraintuitiv. Auch  die neuen Eigenschaften für Raum und Zeit, die daraus abgeleitet werden konnten, waren für den gesunden Menschenverstand eine Zumutung:  Raum und Zeit waren nicht mehr trennbar  sondern nun als Koordinaten einer vierdimensionalen “Raumzeit”  zu betrachten. Bewegte Uhren sollten langsamer gehen und bewegte Maßstäbe kürzer sein.  Der Zeitfluss ist danach also keine universelle, objektive Größe mehr, auch nicht  die räumliche Ausdehnung  eines Einheitsmaßstabs.  Ein Beobachter trägt gewissermaßen ein starres Gerüst von Raum und Zeit mit sich herum, aber bei einem anderen, der sich relativ zu ihm geradlinig gleichförmig bewegt, misst er ein anderes Gerüst, je nach  der Geschwindigkeit  der relativen Bewegung.  Als Folge stellt sich auch heraus, dass es kein universelles “Jetzt” gibt.  Zwei Ereignisse, die sich an verschiedenen Raumpunkten für einen Beobachter “jetzt”, also zur gleichen Zeit ereignen, finden für einen dazu bewegten Beobachter zu verschiedenen Zeiten statt.  Der Verlust der Objektivität des Zeitflusses wird besonders deutlich bei dem so genannten Zwillingsparadox:  Wenn z.B. von den Zwillingen Peter und Paul einer, z.B. Paul, auf eine Reise in den Weltraum geht, so ist er nach seiner  Rückkehr weniger gealtert als Peter, der daheim geblieben ist (siehe z.B. [2]).  Natürlich werden alle solche Phänomene erst messbar, wenn die Geschwindigkeiten nicht mehr sehr klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit sind. 

Zum ersten Mal gab es nun Aussagen über Raum und Zeit, die nicht aufgrund  der Anschauung oder einem Gefühl der Evidenz artikuliert wurden, sondern aus einem Prinzip abgeleitet, das durch Beobachtungen in der Natur inspiriert worden war.  Diese Aussagen ließen sich nachprüfen – und wurden bestätigt.  Die Eigenschaften von Raum und Zeit standen nun nicht mehr am Anfang allen Denkens über Raum und Zeit, sondern waren nun Folge eines  anderen Prinzips, das der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, und das der Natur abgeschaut worden war.  

Die Annahme der Existenz eines Äthers erwies sich als überflüssig, nirgendswo wurden seine Eigenschaften benötigt. Man lernte, dass elektromagnetische Felder keinen materiellen Träger brauchen;  es sprach nichts dagegen, dass sie auch im leeren Raum existieren konnten [3]. Für Einstein lag dieses auch nahe, weil er gerade in seiner Arbeit über den Photoeffekt den Begriff der Lichtquanten entwickelt hatte. Von solchen war vorstellbar, dass sie sich wie Partikel  im leeren Raum ausbreiten können.  Alle Inertialsysteme, nun spezielle vierdimensionale  Koordinatensysteme der Raumzeit, sind gleichwertig, in dem Sinne, dass in ihnen die gleichen Gesetze der Physik gelten.  

Damit waren Vorstellungen über Raum und Zeit, die mehr als 200 Jahre die Physik beherrschten und von der Anschauung her als selbstverständlich erschienen, als Vorurteil erkannt worden.  Aber noch stand die Frage im Raume, wo ideale Inertialsysteme wirklich zu finden sind. Da es nun den Äther, der die absolute Ruhe  markieren sollte, nicht mehr gab, verschwand auch das Interesse an der Frage, wo denn ein ideales Inertialsystem zu finden sei, das dem absoluten Raum repräsentierte.  Und bald, mit der Formulierung der Allgemeinen Relativitätstheorie wurde diese Frage  vollends überflüssig.  Die Allgemeine Relativitätstheorie räumte mit den Vorstellungen von einem absoluten Raum vollends auf und verkoppelte nicht mehr nur Raum und Zeit sondern auch noch die Raumzeit mit der Materie, so dass nun eine Raumzeit ohne Materie nicht mehr denkbar ist. Ich will darauf in einem nächsten Beitrag eingehen.

1.  Streintz, Heinrich:  Die physikalischen Grundlagen der Mechanik,  1883, Kessinger Pub Co 

2. Honerkamp, Josef: Die Entdeckung der Unvorstellbaren, 2010, Spektrum Akademischer Verlag

3. Einstein, Albert:   Das Raum-, Äther- und Feldproblem der Physik,  1930, in A. Einstein: Mein Weltbild”, Ullstein, Nr. 65,  1959

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Josef Honerkamp war mehr als 30 Jahre als Professor für Theoretische Physik tätig, zunächst an der Universität Bonn, dann viele Jahre an der Universität Freiburg. Er hat er auf den Gebieten Quantenfeldtheorie, Statistische Mechanik und Stochastische Dynamische Systeme gearbeitet und ist Autor mehrerer Lehr- und Sachbücher. Nach seiner Emeritierung im Jahre 2006 möchte er sich noch mehr dem interdisziplinären Gespräch widmen. Er interessiert sich insbesondere für das jeweilige Selbstverständnis einer Wissenschaft, für ihre Methoden sowie für ihre grundsätzlichen Ausgangspunkte und Fragestellungen und kann berichten, zu welchen Ansichten ein Physiker angesichts der Entwicklung seines Faches gelangt. Insgesamt versteht er sich heute als Physiker und "wirklich freier Schriftsteller".

131 Kommentare

  1. Fallendes Wasser

    Vielen Dank für diesen interessanten Artikel, dem ich, wie auch allen vorhergehenden, völlig zustimme.

    Nur eine kleine Korrektur. “Er hatte bemerkt, dass auf einem fahrendem Schiff physikalische Vorgänge wie auf dem Land ablaufen, z.B. verschüttetes Wasser auch horizontal nach unten fällt.” Wasser fällt vertikal nach unten.

  2. @Jürgen Bolt

    Vielen Dank. Ich musste lachen ob dieses Fehlers; da war ich mit den Gedanken wohl schon weiter. Ich korrigiere es gleich.

  3. Vorurteils-Verlust

    Josef Honerkamp schrieb (15. März 2013, 21:37):
    > Wenn z.B. von den Zwillingen Peter und Paul einer, z.B. Paul, auf eine Reise in den Weltraum geht, so ist er nach seiner Rückkehr weniger gealtert als Peter, der daheim geblieben ist (siehe z.B. [2]).

    Nein: Diese Behauptung ist in zweierlei Hinsicht im Allgemeinen nicht zutreffend (sondern offenbar Vorurteils-behaftet) und deshalb irreführend.

    Erstens ist die Versuchsanordnung, dass “Paul […] auf eine Reise in den Weltraum ” gegangen sein soll, während “Peter […] daheim geblieben ist“, keineswegs hinreichend dafür, um ein bestimmtes Verhältnis zwischen den beiden entsprechenden (Eigen-)Dauern des Getrenntseins zu begründen.

    (Sondern dafür wären ausführlichere Vorgaben zu Geometrie und Verlauf der Reise Pauls einerseits, und andererseits zu Geometrie und Verlauf des Daheimbleibens Peters erforderlich.)

    Und zweitens wäre auch die Vorgabe/Versuchsanordnung, dass Pauls Dauer (τ_Paul) vom Aufbruch bis zur Rückkehr geringer gewesen sein sollte als Peters Dauer (τ_Peter) vom Verlassenwerden bis zum Wiederempfang, keineswegs hinreichend dafür, dass Paul “nach seiner seiner Rückkehr weniger gealtert als Peter” sein müsste.

    (Sondern dafür wäre z.B. ebenfalls vorzugeben, dass die beiden auch während ihres Voneinander-Getrenntseins mit gleichen Raten altern sollten.
    Bzw.: aus dem Vergleich der Alterungen Pauls und Peters beim Wiedersehen, im Verhältnis zur Zahl
    τ_Paul / τ_Peter,
    die aus den o.g. geometrischen bzw. kinematischen Sachverhalten zu ermitteln wäre, könnte überhaupt erst geschlossen werden, ob die beiden während ihrer Trennung mit gleichen Raten gealtert waren, oder in wie fern nicht.)

  4. @Frank Wappler

    “Sondern dafür wären ausführlichere Vorgaben zu Geometrie und Verlauf der Reise Pauls einerseits, und andererseits zu Geometrie und Verlauf des Daheimbleibens Peters erforderlich.” Nein, aus der Speziellen Relativitätstheorie folgt, dass die Eigenzeit des Reisenden und Zurückkehrenden immer kleiner ist als die in einem Inertialsystem gemessenen Eigenzeit (siehe beliebige Lehrbücher). Das “Vorurteil” , dass jeder in seiner Eigenzeit gleich schnell altert, habe ich allerdings noch. Da müssten Sie schon ein Argument haben, um überhaupt etwas anderes zu erwägen.

  5. Erwartung vollständig erfüllt

    Josef Honerkamp schrieb (17.03.2013, 12:41):
    > aus der Speziellen Relativitätstheorie folgt, dass die Eigenzeit des Reisenden und Zurückkehrenden immer kleiner ist als die in einem Inertialsystem gemessenen Eigenzeit (siehe beliebige Lehrbücher).

    Es mag ja stimmen, dass beliebige Lehrbücher solche Ungenauigkeiten verbreiten.
    Allein daraus, einen Beteiligten „reisend und zurückkehrend“ zu nennen, und einen anderen „daheim geblieben“, lässt sich nun einmal nicht folgern, wer von beiden dabei Mitglied eines Intertialsystems gewesen wäre (falls irgendeiner).
    Genau solche „Vorgaben zu Geometrie und Verlauf“ sind aber erforderlich, um „Eigenzeiten“ (Dauern, τ-Werte) miteinander vergleichen zu können.

    Das schlagendste Gegenbeispiel dürfte das vom Jet-Flugzeug sein, dass am Äquator entlang westwärts um die Erde „reist“ während der Flughafen „daheim bleibt“.

    > Das “Vorurteil” , dass jeder in seiner Eigenzeit gleich schnell altert, habe ich allerdings noch.

    Nur gut, dass (Experimental-)Physiker wissen, wie Zerfallsraten usw. vergleichen werden können, ohne auf solche Vorurteile angewiesen zu sein.

    > Da müssten Sie schon ein Argument haben, um überhaupt etwas anderes zu erwägen.

    Es sollte Argument genug sein, dass es sich um verschiedene Beteiligte (wie „Peter und Paul“) handeln soll, die insbesondere dadurch unterscheidbar sein sollen, dass sie voneinander getrennt sind.

    Wer die Formulierung „um überhaupt etwas anderes zu erwägen“ anführt (wenn auch nur, um das damit Zusammenhängende zu bestreiten; hier konkret: dass Peter und Paul eventuell mit ungleichen „proper rates“ altern würden, während sie voneinander getrennt sind), der gibt doch offenbar zu, dass das Gegenteil ohne Weiteres erwogen werden könne (hier konkret: dass Peter und Paul mit gleichen „proper rates“ altern werden, während sie voneinander getrennt sind); und dass das Eine vom Anderen experimentell unterscheidbar wäre.
    Und hinsichtlich experimenteller Ergebnisse mag man sich insbesondere als Physiker zwar Erwartungen erlauben, aber keine Vorurteile.

  6. Einsteins Uhren haben keine Bremse

    »Das “Vorurteil” , dass jeder in seiner Eigenzeit gleich schnell altert, habe ich allerdings noch.«

    Das ist auch gut so, denn das stimmt ja. In der Minkowskischen Geometrie gibt die Lichtgeschw. die Proportionalität zwischen Eigenzeit und Bogenlänge einer zeitartigen Weltlinie, und deren Ableitung nach der Bogenlänge ist stets ein Einheitsvektor. Das heisst, die Uhren von Peter und Paul ticken gemäss der SR tatsächlich gleich schnell, nur sind ihre Wege durch die Raumzeit unterschiedlich lang.

    Die populäre Unterstellung, nach Einsteins Theorie gingen bewegte Uhren verlangsamt, ist hingegen falsch und vielmehr ein Vorurteil. Verlangsamt tickende Uhren gehören zum Aether von Lorentz. Die gefühlte Mehrheit von Autoren relativistischer Lehrbücher kriegt es leider nicht hin, hierbei zwischen Lorentz und Einstein sauber zu unterscheiden. Und daher darf man sich wohl auch nicht wundern, wenn die “paradoxen Zwillinge” nach wie vor allgemeine Verwirrung stiften.

  7. Einsteins Linien haben keinen Tick

    Chrys schrieb (18.03.2013, 09:53):
    > die Uhren von Peter und Paul ticken gemäss der SR tatsächlich gleich schnell,

    Die (S)RT macht keinerlei Aussage, dass eine bestimmte Uhr von Peter ( s. z.B. http://de.wikipedia.org/…ziehistorische_Sammlung ) und eine bestimmte Uhr von Paul ( s. z.B. http://en.wikipedia.org/…#Principle_of_operation )
    gleich schnell ticken, oder in wie fern nicht.

    Die RT beschriebt lediglich wie verschiedene Abschnitte verschiedener Weltlinien (insbesondere zeitartiger) miteinander verglichen werden sollen, und erlaubt somit festzustellen, ob verschiedene gegebene Uhren (insbesondere, falls sie voneinander getrennt sind, in ihren verschiedenen Abschnitten) gleich schnell tickten, oder in wie fern nicht.

  8. Zwillings-Geometrie

    @Josef Honerkamp: Frank Wapplers Forderung nach präziserer Darstellung der Geometrie im “Zwillingsparadoxon” läßt sich nicht ganz von der Hand weisen. Schließlich könnte ja Paul bei seinem Flug in den Weltraum geradewegs an der Sonne vorbei zum gegenüberliegenden Punkt der Erdumlaufbahn geflogen sein, wo er dann ein halbes Jahr später wieder auf der Erde landet. Dabei könnte sein Flug sowohl geradliniger als auch langsamer gewesen sein als der von Peter auf der Erde.

  9. @Frank Wappler / “Tickende Weltlinien”

    »Die (S)RT macht keinerlei Aussage, dass eine bestimmte Uhr von Peter … und eine bestimmte Uhr von Paul … gleich schnell ticken, …«

    Die (S)RT liefert eine geometrische Interpretation sowohl von Zeit wie auch von Uhr, und so etwas braucht es auch unbedingt, damit sich aus der abstrakten Geometrie überhaupt experimentell überprüfbare, quantitative Aussagen gewinnen lassen.

    In der SR repräsentiert jeder Kurvenabschnitt der Länge 1/c auf einer beliebigen zeitartigen Weltlinie die Dauer einer Sekunde (wo c die Lichtgeschw. sei). Und jede Eigenzeit-Parametrisierung einer zeitartigen Weltlinie segmentiert dieselbe in Abschnitte von exakt dieser Länge. Die Endpunkte eines jeden Abschnittes lassen sich dann als Ticks einer Uhr begreifen, d.h., eine Uhr wird geometrisch dargestellt durch eine zeitartige Weltlinie zusammen mit einer Parametrisierung nach Eigenzeit. Alle Einsteinschen Uhren ticken daher gleich schnell.

    Das Lorentzsche Bild verwendet eine andere Deutung von Zeit, die es jedoch erlaubt — jedenfalls sofern es nur um affine Covarianz geht — zu einer observationell gleichwertigen Theorie zu gelangen. Es lässt sich hierbei empirisch nicht mehr entscheiden, ob Pauls Uhr während der Reise gemäss Lorentz langsamer getickt oder gemäss Einstein den kürzeren Weg genommen hat. Insofern ist es schon eine Art “Vorurteil”, wenn Herr Honerkamp der Einsteinschen Deutung den Vorrang gibt.

  10. @Frank Wappler, H.M.Voynich

    Ich hatte das übliche Szenarium für das Zwillingsparadoxon vor Augen (siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Zwillingsparadoxon und das Raumzeitdiagramm dort ). Aber mein Satz ist wohl zu knapp geraten, ich sollte schreiben:
    “Wenn z.B. von den Zwillingen Peter und Paul einer, sagen wir Peter, sich stets im Ursprung eines Inertialsystems befindet und der andere, also Paul, von dort aus auf eine Reise in den Weltraum geht, so ist dieser nach seiner Rückkehr weniger gealtert als Peter, der daheim geblieben ist (siehe z.B. [2], auch http://de.wikipedia.org/wiki/Zwillingsparadoxon). “
    Eigentlich müsste man noch weiter schreiben: “Aus der Speziellen Relativitätstheorie folgt nämlich, dass die Eigenzeit des Reisenden und Zurückkehrenden immer kleiner ist als die in dem Inertialsystem des Zurückgebliebenen gemessene Eigenzeit. ” Dann muss man aber wieder erklären, was eine Eigenzeit ist, und warum der Weltlinienpfad des Reisenden wegen einer Rückkehr immer länger und damit die Eigenzeit kleiner ist, usw. Außerdem kann das keiner nachvollziehen, der nicht die Formeln vor Augen hat.
    Es sollte hier ja auch nicht eine Einführung in die Relativitätstheorie gegeben werden, sondern ein Bericht über Effekte, die aus der Theorie folgen. Ich hätte sogar auch schreiben können: Es lassen sich leicht Szenarien konstruieren, in denen …usw. Im wesentlichen geht es ja darum, die Abhängigkeit des Zeitflusses von der Bewegung zu illustrieren.
    – Dass Peter und Paul bezogen auf ihre jeweilige Eigenzeit (!) gleich schnell altern, wenn sie sich geradlinig-gleichförmig gegeneinander bewegen, folgt übrigens aus der Gleichberechtigung der beiden Inertialsysteme, also aus dem Relativitätsprinzip. Selbst wenn eine Beschleunigung die Altersgeschwindigkeit ändern würde, könnte man diesen Effekt vergessen, weil man Szenarien konstruieren kann, in denen der Einfluss der Beschleunigungsphasen vernachlässigbar ist. Der wesentliche Grund für den Altersunterschied der Zwillinge nach der Rückkehr ist die Tatsache, dass der Reisende zwischendurch zu anderen Inertialsystemen wechseln muss. Es ist also ein reiner Effekt der Speziellen Relativitätstheorie.
    Herr Wappler hat also recht damit, dass man eine Person in ein Inertialsystem setzen muss, damit der Vergleich übersichtlich wird.

  11. Des Lernens ist kein Ende

    Chrys schrieb (18.03.2013, 17:12):
    > […] Und jede Eigenzeit-Parametrisierung einer zeitartigen Weltlinie segmentiert dieselbe in Abschnitte von exakt dieser Länge.

    Ja: die RT stellt Definitionen/Methoden zur Verfügung, durch deren Anwendung entschieden werden kann, welche verschiedenen Abschnitte einer zeitartigen Weltlinie (oder verschiedener zeitartiger Weltlinien) bzgl. ihrer Dauer einander gleich sind; bzw. welche nicht.

    > […] eine Uhr wird geometrisch dargestellt durch eine zeitartige Weltlinie zusammen mit einer Parametrisierung nach Eigenzeit.

    Nein: eine zeitartige Weltlinie zusammen mit einer Parametrisierung ihrer Elemente (d.h. im Allgemeinen “Anzeigen”, oder ausdrücklich diskrete “Ticks”) durch reelle Zahlen “nach” (genauer: skaliert-isometrisch zur) Dauer zwischen den entsprechenden Anzeigen stellt nicht (nur) irgendeine Uhr dar, sondern eine gute Uhr.

    Zur Darstellung irgendeiner Uhr (wie der von “Peter” oder von “Paul“, die oben in Betracht zu ziehen waren) ist es hinreichend, deren zeitartige Weltlinie “irgendwie beliebig” (aber immerhin wohl monoton zur Reihenfolge ihrer Elemente) zu parametrisieren.

    > Alle Einsteinschen Uhren ticken daher gleich schnell.

    Jedenfalls stellt die RT Definitionen/Methoden zur Verfügung, durch deren Anwendung entschieden werden kann, welche Uhren gleich “schnell tickten“; d.h. für gegebene Weltlinien: durch welche Parametrisierungen sie Uhren bildeten, die gleich “schnell tickten“.

    Von mir aus kannst du solche Uhrenpaare gerne “Einsteinsche Uhren” nennen; oder im Sinne Einsteins auch “baugleiche Uhren”.
    Im obigen SciLog-Artikel war jedenfalls nicht vorgegeben, dass es sich bei “Peters (Alters-)Uhr” und “Pauls (Alters-)Uhr” ausgerechnet um ein solches besonderes Paar von Uhren gehandelt haben sollte, die insbesondere auch während ihrer Trennung voneinander in diesem Sinne einander “Einsteinsch” bzw. “baugleich” geblieben wären.

    Entscheidend ist, dass man (im Prinzip) für jedes gegebene Paar von Uhren messen kann (und sollte), ob sie während eines Versuches so ein besonderes Úhrenpaar blieben; und dazu müssen die geometrischen Beziehungen ihrer Weltlinien (zueinander) festgestellt werden.

    > Das Lorentzsche Bild […] Es lässt sich hierbei empirisch nicht mehr entscheiden, ob Pauls Uhr während der Reise gemäss Lorentz langsamer getickt oder gemäss Einstein den kürzeren Weg genommen hat.

    Das “Bild“, Uhren nur zu vergleichen (hinsichtlich “Tick-Anzahlen”), wenn sie sich treffen, ist doch von vornherein indiskutabel und lediglich eine Fußnote, weil sie, anders als die Methodik der RT, eben gar nicht auf alle Paare von Beteiligten und alle Anzeigenpaare jedes Beteiligten anwendbar ist.

  12. Neugier kennt kein Alter

    Josef Honerkamp schrieb (18.03.2013, 18:52):
    > […] Herr Wappler hat also recht damit, dass man eine Person in ein Inertialsystem setzen muss, damit der Vergleich übersichtlich wird.

    Na, schönen Dank, soweit.

    Da aber die Betrachtungen inzwischen vom kaum merklichen Sickern der Erfahrungen in, und der Erwartungen aus, biologisch-forensischen Uhren (sofern das hier und im obigen SciLog-Artikel mit “menschlichem altern” gemeint war) auf knallhartes Ticken gekommen sind,
    möchte ich auch den zweiten Punkt meiner Nörgelei (s. 17.03.2013, 00:01) daran anpassen und nochmals (ebenso knallhart) nachfragen:

    Ist eine Uhr vorstellbar, die nicht “gleichmäßig tickt”? (Selbstverständlich bgzl. ihrer “Eigenzeit“/Dauer τ zwischen bestimmten Anzeigen; was denn sonst?.) D.h. dass die Dauern von einer “Tick”-Anzeige zur darauf folgenden nicht ausnahmslos gleich wären?

    Und falls zwei Uhren in diesem Sinne beide gleichmäßg tickten, wäre es vorstellbar, dass sie mit ungleichen Frequenzen (selbstverständlich: Eigenfrequenzen) ticketen?

    > Es sollte hier ja auch nicht eine Einführung in die Relativitätstheorie gegeben werden […]

    Ich fände es aber gut, wenn (gerade in den SciLogs) mal eine gescheite Einführung in die Relativitätstheorie gegeben würde. Oder mal untersucht würde, wie sich manche dazu versteigen, “Effekte […] aus der Theorie folgen” lassen zu wollen …

  13. @Josef Honerkamp

    »Der wesentliche Grund für den Altersunterschied der Zwillinge nach der Rückkehr ist die Tatsache, dass der Reisende zwischendurch zu anderen Inertialsystemen wechseln muss.«

    Na ja, etwa auf Quotientenräumen des Minkowski Raumes kann Paul seine Rundreise auch geradlinig-gleichförmig absolvieren und altert trotzdem anders als Peter. Dafür müssten Sie dann wohl noch ein Argument nachliefern. Und es befriedigt doch zumindest das aesthetische Empfinden ungleich mehr, wenn alle nur vorstellbaren Fälle auf einen Schlag elegant erledigt sind, oder?

  14. p.s. (Wie “Pech und Schwefel”?)

    Josef Honerkamp schrieb (18.03.2013, 18:52):
    > […] dass der Reisende zwischendurch zu anderen Inertialsystemen wechseln muss.

    Er müsste “zu Inertialsystemen wechseln“??
    In welchen Abschnitten oder “Punkten” der Reise dürfte er denn nicht beschleunigen? (D.h. gegenüber allen verschiedenen Inertialsystemen.)

    Chrys schrieb (19.03.2013, 14:32):
    > Na ja, etwa auf Quotientenräumen des Minkowski Raumes kann Paul seine Rundreise auch geradlinig-gleichförmig absolvieren […]

    … wäre dabei aber offenbar nicht (mehr) ruhend gegenüber Peter (“dem Heimbleiber”).
    Die Vorgabe des obigen SciLog-Artikels ist aber, dass

    einer, z.B. Paul, auf eine Reise in den Weltraum geht


    also offenbar ausdrücklich nicht, dass “einer, z.B. Paul, schon immer auf Reise war und blieb (aber dabei ab und zu mal Peter traf)”.

    Die vorgeschlagene “geradlinig-gleichförmige Rundreise auf Quotientenräumen” beschreibt nur den Abschnitt nach dem geforderten Systemwechsel.

    (Ob irgendeines der Systeme, deren Mitglied Paul somit ist, unter diesen Umständen “Inertialsystem” genannt werden sollte, oder auch irgendeines der Systeme, deren Mitglied Paul somit ist, unter diesen Umständen “Inertialsystem” genannt werden sollte, sei dahingestellt … &).

  15. @Frank Wappler

    – Ich verstehe nicht, warum Sie das verschiedene Altern von Peter und Paul so problematisieren. Die Eigenzeit-Zeitspanne dtau^2 = cdt^2 – dx^2 einer Weltlinie ist parameterunabhängig und eine Lorentz-Invariante. Wenn Paul eine ideale Uhr mitnimmt, die er zuvor mit einer ebenso idealen Uhr von Peter synchronisiert hat, so messen beide ihre Eigenzeit in gleicher Weise und werden nach der Rückkehr feststellen, was man auch mit der RT berechnet: dass die Uhr von Paul “nachgeht”, Peter also älter ist (siehe auch Haefele-Keating-Experiment für ein sogar komplexeres Szenarium).
    – “Er müsste “zu Inertialsystemen wechseln”?? In welchen Abschnitten oder “Punkten” der Reise dürfte er denn nicht beschleunigen? (D.h. gegenüber allen verschiedenen Inertialsystemen.)” Entfernt sich Paul gegenüber Peter geradlinig-gleichförmig zunächst mit v und kehrt er ebenso zurück mit -v, so wechselt er hierdurch zumindest einmal sein Inertialsystem. Man kann diese Phasen so lang machen, dass man die Beschleunigungsphasen vernachlässigen kann. Im Raumzeit -Diagramm erhält man ein Dreieck, auf der Seite stehend wie |> (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Zwillingsparadoxon).
    Bei Berücksichtigung von Beschleunigungsphasen werden die Ecken der Weltlinie nur abgerundet. In diesen Phasen wird das lokale Inertialsystem ständig geändert. Die Eigenzeit von Paul ist delta tau = Integral dsigma Wurzel(1- v(sigma)^2/c^2). Ob nun mit Beschleunigungen oder ohne, die Weltlinie von Paul ist immer länger und je länger die Weltlinie, um so kürzer die Eigenzeit (siehe auch http://homepage.univie.ac.at/…ingsparadoxon.html) .
    Das alles ist übrigens auch sorgfältig dargelegt in http://www.springer.com/…/book/978-3-642-23261-9

  16. @Josef Honerkamp

    »… die Weltlinie von Paul ist immer länger und je länger die Weltlinie, um so kürzer die Eigenzeit«

    Paul, der Reisende, hat die kürzere Weltlinie in der Minkowski Geometrie, und je kürzer die Weltlinie, desto kürzer die Eigenzeit. Damit ist dann eigentlich schon fast alles gesagt, was es zu den Zwillingen überhaupt zu sagen gibt.

    Setzt man noch o.B.d.A. c = 1 für die Lichtgeschw., dann sind die Länge einer zeitartigen Weltlinie und die zugehörige Eigenzeit sogar identisch.

    Dass die Weltlinie des Reisenden in der Euklidischen (!) Zeichenebene als die längere erscheint, ist ohne Belang. Da erscheinen schliesslich auch Nullkurven mit positiver Länge, die Verhältnisse der Minkowskischen Geometrie lassen sich so nur extrem verzerrt wiedergeben. La trahison des images!

  17. Ein Physik-Quiz ist kein Wunschkonzert

    Josef Honerkamp schrieb (19.03.2013, 21:12):
    > […] Entfernt sich Paul gegenüber Peter geradlinig-gleichförmig zunächst mit v und kehrt er ebenso zurück mit -v, so wechselt er hierdurch zumindest einmal sein Inertialsystem. […]

    Ganz recht. Pauls Rundreise kann so verlaufen, “dass der Reisende [Paul] zwischendurch zu anderen Inertialsystemen wechsel[t]“.

    Aber muss sie denn so verlaufen; entsprechend der obigen Behauptung (18.03.2013, 18:52)??
    Kann Paul eine Rundreise nicht stattdessen z.B. dermaßen vollziehen, dass er mit Beschleunigung “a > 0” aufbricht und dann (“irgendwann”) abrupt mit Beschleunigung “-a” weiterreist (bis er Peter wieder trifft);
    und demnach während der gesamten Reise zu keinem Inertialsystem gehörte bzw. dahin “wechselte
    ?

    > Wenn Paul eine ideale Uhr mitnimmt, die er zuvor mit einer ebenso idealen Uhr von Peter synchronisiert hat, so messen beide ihre Eigenzeit in gleicher Weise und werden nach der Rückkehr feststellen, was man auch mit der RT berechnet: dass die Uhr von Paul “nachgeht”

    Gewiss: “Wennso …”.
    Aber: wie sollte denn überhaupt festgestellt werden, ob?

    (D.h. ob Pauls Uhr während seiner Reise “ideal” war und blieb, und ob Peters Uhr während seines Daheimbleibens “ideal” war und blieb; oder zumindest ob Pauls Uhr und Peters Uhr wärend der Trennung voneinander so gingen, dass nach/bei der Rückkehr gerade der Unterschied feststellbar wäre, der aufgrund der geometrisch-kinematischen Beziehungen ebenso für “ideale” Uhren zu erwarten wäre.)

    (Und es ist natürlich zu bemerken, dass im obigen SciLog-Artikel keine Rede von “idealen Uhren” war; was das Beispiel von “den Zwillingen Peter und Paul” angeht ja offenbar noch nicht mal ausdrücklich von Uhren überhaupt …)

    Also: Wie?
    Ist die beschriebene Methode, nämlich der Vergleich nach/bei der Rückkehr mit der Erwartung aufgrund der (erst einmal zu messenden) geometrisch-kinematischen Beziehungen die einzige Möglichkeit?
    Oder gibt es eine nachvollziehbare Definition und entsprechende Nachweismöglichkeit für eine “ideale Uhr” an sich? (Und insbesondere einer solchen, die an Pauls Rundreise teilnehmen sollte.)

    > warum Sie das […] so problematisieren

    Was sonst?.

  18. @Frank Wappler

    – Bei einer beschleunigten Bewegung gibt es stets ein lokales Inertialsystem, nur ändert sich das ständig. Beschleunigte Bewegungen lassen sich auch in der speziellen RT berechnen (siehe z.B. Misner, Thorne, Wheeler: Gravitation). Auch hier gilt: Je länger die Weltlinie in einem üblichen Raumzeit-Diagramm, um so kürzer die Eigenzeit (auch wenn Chris das lieber in der Minkowski-Geometrie betrachtet).
    – Physik ist kein Wunschkonzert, es ist aber ein Gebäude logisch geordneter Gedanken. Wenn man aus einer Theorie Folgerungen berechnet, so hat man sich noch keine Gedanken um experimentelle Schwierigkeiten bei einem Test der Theorie zu machen.
    Wenn ich Sie jetzt richtig verstehe, haben Sie Probleme mit der Nachweisbarkeit der Idealität einer Uhr. Das ist aber nicht das Problem der RT, denn danach sind die Zwillinge in den Reisephasen mit konstanter Geschwindigkeit nach dem Relativitätsprinzip gleichberechtigt. Ihr Problem tritt erst auf, wenn Sie die Theorie testen wollen.
    Im Haefele-Keating-Experiment und allen anderen Tests ist diese Art von Uhren-Problem offensichtlich gelöst worden. Schließlich kann man ja realistische Annahmen über die Unsicherheiten machen und diese im Rahmen einer Datenanalyse verrechnen.

  19. Die — oder keine! (Vorurteilissima)

    Josef Honerkamp schrieb (20.03.2013, 20:51):
    > Bei einer beschleunigten Bewegung gibt es stets ein lokales Inertialsystem, nur ändert sich das ständig.

    Wie schon in der obigen Formulierung (19.03.2013, 21:12) “so wechselt er [Paul] hierdurch zumindest einmal sein Inertialsystem“ vermisse ich nach wie vor eine sorgfältigere Unterscheidung zwischen der (eventuellen) Existenz bestimmter Inertialsysteme und der (eventuell geforderten) Mitgliedschaft Pauls in bestimmten Inertialsystemen.

    (Die Tatsache, dass es darüberhinaus Funktionen “x[ t ]“ gibt, die zwar stets/überall stetig aber nicht stets/überall differenzierbar sind, möchte ich hier gar nicht erst nicht problematisieren …)

    > Wenn man aus einer Theorie Folgerungen berechnet, so hat man sich noch keine Gedanken um experimentelle Schwierigkeiten bei einem Test der Theorie zu machen.

    Dem kann man die folgende (sicher schon weithin bekannte) Auffassung entgegensetzen:

    Der Begriff [z.B. “ideal” oder “kürzer” oder “weniger gealtert” oder “gleich schnell gealtert” usw.] existiert für den Physiker erst dann, wenn
    die Möglichkeit gegeben ist, im konkreten Falle herauszufinden,
    ob der Begriff zutrifft oder nicht. Es bedarf also einer
    solchen Definition […], daß diese Definition
    die Methode an die Hand gibt, nach welcher im vorliegenden
    Falle aus Experimenten entschieden werden kann, ob […].
    Solange diese Forderung nicht erfüllt ist, gebe ich mich als Physiker
    (allerdings auch als Nichtphysiker!) einer Täuschung hin,
    wenn ich glaube, mit der Aussage [in der ein bestimmtes Wort als Begriff vorkommt] einen Sinn verbinden zu können. (Bevor du mir dies mit Überzeugung zugegeben hast, lieber Leser, lies nicht weiter.)

    Und in der Konsequenz wäre auch zu fragen, was mit “Test der Theorie” gemeint sein soll.
    Es scheint ja schon anspruchsvoll genug, Modelle bzw. Erwartungen (zu Messwerten) testen zu wollen;
    z.B. das Modell/die Erwartung, dass alle Zwillinge (wie “Peter und Paul” von oben) in allen Versuchen die gleichen Lebensdauern hätten. (Lebensdauern natürlich im intrinsischen Sinne).

    > Wenn ich Sie jetzt richtig verstehe, haben Sie Probleme mit der Nachweisbarkeit der Idealität einer Uhr.

    Das Problem, eine nachvollziehbare Definition/Messmethode anzugeben, liegt eher bei demjenigen, der es für erforderlich hält, den jeweiligen Begriff einzusetzen (z.B. 19.03.2013, 21:12 “ideal“).
    Ich versuche nur die im o.g. Zitat formulierte Forderung zu vertreten, dass diesem Problem nicht ausgewichen wird.

    Das scheint im vorliegenden Fall doch auch nicht von vornherein aussichtslos: MTW §16.4 enthält doch zumindest den Versuch, eine entsprechende Definition/Messmethode anzugeben …

    > […] RT, denn danach sind die Zwillinge in den Reisephasen mit konstanter Geschwindigkeit nach dem Relativitätsprinzip gleichberechtigt.

    Ich weise nochmals darauf hin, dass “der Reisende [Paul] ” gar keine “ Reisephasen mit konstanter Geschwindigkeit” unternehmen muss, um reisen zu können (vgl. Bsp. 20.03.2013, 00:04). Und darauf, dass verschiedene/unterscheidbare Beteiligte (z.B. “die Zwillinge Peter und Paul“) nicht vornherein in irgendeinem Maße als gleich gelten; es lässt sich nur ggf. messen, ob sie in einem bestimmten Versuch gleich waren (z.B. bzgl. ihrer Lebensdauern; oder meinentwegen bzgl. ihres “Alterns“).

    Das Relativitätsprinzip besteht vielmehr in der Gleichberechtigung der Anwendung nachvollziebarer Definitionen/Messmethoden und der daraus folgenden Kommensurabilität der ggf.entsprechend gewonnenen Messwerte.

    Falls z.B. gemessen würde, dass Paul in einer bestimmten “ Reisephase“ Mitglied eines Inertialsystems war und auch, dass Peter während des gesamten Versuchs Mitglied eines Inertialsystems war (was ja schon per Versuchsanordnung für “gültige” Versuche gefordert ist) dann (erst) sind Peter und Paul in diesem Sinne (und betreffend diese “ Reisephase“) gleich.

    Oder falls (im Rahmen eines “gültigen“ Versuchs) gemessen würde, dass Paul in keiner “ Reisephase“ Mitglied eines Inertialsystems war, dann sind Peter und Paul in diesem Sinne (und betreffend den gesamten Versuch) ungleich. Auch das ist ein Messergebnis; und auch dafür bedarf es zunächst einer nachvollziehbare Definition/Messmethode des entsprechenden Begriffes “ Inertialsystem“.

    > Im Haefele-Keating-Experiment und allen anderen Tests ist diese Art von Uhren-Problem offensichtlich gelöst worden.

    Ja: aus den (unter Einsatz der RT) ermittelten geometrisch-kinematischen Beziehungen zwischen den Beteiligten kann man (unter Einsatz der RT) bewerten, ob diese während des Versuchs (einzeln) “ideal” waren und blieben, und (darüberhinaus) mit gleichen Frequenzen “alterten“; oder in wie fern nicht.

    Das finde ich auch an sich alles ganz prima; problematisch ist nur, das auch noch als “Test(s) der RT” verkaufen zu wollen, und nicht – vorurteilsfrei! – als “Test(s) der (relativen) Ganggenauigkeit(en) gegebener Uhren”.

    > Schließlich kann man ja realistische Annahmen über die Unsicherheiten machen

    Nur sofern die Möglichkeit gegeben ist, im konkreten Falle herauszufinden usw.

  20. @Frank Wappler

    Wenn ich es recht verstanden habe, dann liegt das “Wappler-Dilemma” im wesentlichen darin, dass die Anwendbarkeit einer Theorie empirisch getestet wird mit Uhren, deren Funktionsprinzip die Anwendbarkeit dieser Theorie bereits zur Voraussetzung hat?

    Speziell zu Atomuhren wissen wir beispielsweise, dass dort mindesten zwei Effekte (Doppler shift und blackbody radiation) routinemässig nach der SR korrigiert werden. Und das Dilemma tritt auf, wenn die Bestätigung von Aussagen der SR durch eine Zeitmessung mit solchen Uhren behauptet wird?

  21. Frisöre sind keine Totengräber

    Chrys schrieb (22.03.2013, 08:43):
    > Wenn ich es recht verstanden habe […]

    Allgemeiner und vielleicht einprägsamer möchte ich die Projektion so formulieren:

    Es lässt sich alles empirisch testen, außer den Prinzipien des empirischen Testens.

    vs.

    An einem empirischen Test muss alles nachvollziehbar sein, einschließlich dem Prinzip der Nachvollziehbarkeit.

    Dass dieses Dilemma gerade am Beispiel der RT so leicht hochkocht, liegt wohl daran, dass die RT so cool ist …

  22. @Wrapper

    An einem empirischen Test muss alles nachvollziehbar sein, einschließlich dem Prinzip der Nachvollziehbarkeit.

    Das entspricht in etwa dem “Dilemma” zwischen dem Seienden, dem Erkenntnissubjekt, und der Welt, nur dass da nichts dilemmatisch ist. – Also, wenn das Ihr Thema war…

    MFG
    Dr. W

  23. @Frank Wappler

    Die Aussagen, die aus einer physikalischen Theorie über die Phämomenwelt insgesamt folgen, werden i.a. auch diejenigen Prozesse betreffen, die involviert sind bei Messungen, welche innerhalb dieser Phänomenwelt durchgeführt werden. Wir können ja aus dieser Phänomenwelt nicht aussteigen und eine Theorie irgendwie “objektiv von aussen” testen. Man kann die Brauchbarkeit einer Theorie also nur testen anhand der Kriterien und Methoden, die wiederum durch diese Theorie selbst bereitgestellt werden, es existiert keine übergeordnete Bewertungsinstanz.

    Das Dilemma, wenn man es nennen will, liegt offenbar grundsätzlich darin, dass man als Bestandteil eines Systems mit empirischen Mitteln etwas herausfinden will über die “objektive” Beschaffenheit dieses Systems. Das ist dann mehr ein epistemologisches Problem als das einer konkret in Betracht stehenden Theorie. Und mit dem, was man darüber alles noch sagen könnte, liessen sich dann ganze Regale in philosophischen Bibliotheken füllen.

  24. @Chrys

    Das ist dann mehr ein epistemologisches Problem als das einer konkret in Betracht stehenden Theorie. Und mit dem, was man darüber alles noch sagen könnte, liessen sich dann ganze Regale in philosophischen Bibliotheken füllen.

    Oder man macht es sich einfach…

    Aber das war die Sache, die Kollege Wappler letztlich antrieb, gell?!

    MFG
    Dr. W

  25. @Frank Wappler

    “Das finde ich auch an sich alles ganz prima; problematisch ist nur, das auch noch als “Test(s) der RT” verkaufen zu wollen, und nicht – vorurteilsfrei! – als “Test(s) der (relativen) Ganggenauigkeit(en) gegebener Uhren”.”
    Man testet ja nicht gleichzeitig eine Vorhersage einer Theorie und das Messverfahren selbst. Letzteres ist ja schon in anderen Tests/Experimenten benutzt worden und hat sich dort bewährt. Andersherum formuliert: Wenn Sie bei jedem Test einer Aussage einer Theorie das Ergebnis auf die Eigenschaften des Messverfahrens zurückführen, so tauschen Sie eine Welt mit völlig unerklärbarem Verhalten der Messinstrumente gegen eine Welt mit klaren Gesetzmäßigkeiten. Das ist logisch möglich, aber Logik alleine ist keine Naturwissenschaft. Letztlich bleibt immer eine Abwägung in der Frage, was vernünftiger ist.
    (siehe auch die Frage, ob morgen früh die Sonne wieder aufgeht)

  26. Von schlechten Uhren und guten Theorien

    Ein Fallbeispiel mit Uhren lässt die Sorgen des Kollegen Wappler nicht so ganz unmotiviert erscheinen.

    Gelegentlich findet man die Feststellung, die SR beinhalte implizit ein drittes Postulat, das clock postulate. Dieses fordert, dass die Tickfrequenz einer (idealen) Uhr unabhängig sei von allfälligen Beschleunigungen der Uhr im Raum (was im geometrischen Formalismus gerade der Forderung nach Natürlichkeit von Eigenzeit entspricht, also deren Proportionalität zur Bogenlänge). Manche reden stattdessen aber auch von clock hypothesis und halten das dann für eine experimentell testbare Aussage. Etwa hier,
    http://edu-observatory.org/…tml#Clock_Hypothesis

    Wenn Herr Wappler da protestiert, wäre das sehr berechtigt. Man kann so zwar die SR als einen speziellen Test für Uhren heranziehen, aber man kann dann nicht anschliessend die Uhren, die diesen Test bestanden haben, als eine experimentelle Bestätigung der SR anführen. Das wäre dann wohl nicht nachvollziehbar.

  27. @Chris

    Ja, das ist eine der üblichen Kontrollen. Ich entnehme der Referenz, dass sogar bis 10^18 g die Frequenz konstant bleibt. Aber selbst wenn das nicht so wäre, müsste man die Abhängigkeit von der Beschleunigung messen und in eine Formel gießen. Da man Beschleunigungen messen kann, könnte man dann die Messwerte entsprechend korrigieren.

  28. … ist kein D-Zug

    Chrys schrieb (23.03.2013, 10:29):
    > […] dass man als Bestandteil eines Systems mit empirischen Mitteln etwas herausfinden will über die “objektive” Beschaffenheit dieses Systems.

    Ganz recht.

    > Das ist dann mehr ein epistemologisches Problem als das einer konkret in Betracht stehenden Theorie.

    Problem?
    Na ja — spätestens seit Kant sollte ja gelöst sein, wie derlei Probleme anzupacken sind:
    Man setze als “objektive” begriffliche Grundlage nur das voraus, was man jedem anderen, der das konkrete Problem in Betracht ziehen könnte, deshalb gleichermaßen zugestehen müsste.

    Wenn es konkret um “Bestandteile” geht, dann gehört dazu sicher die Fähigkeit, Beteiligte unterscheiden (und ggf. wiedererkennen) zu können;
    wenn es ums “Herausfinden” geht, dann gehört dazu sicher die Fähigkeit jedes Beteiligten, die Reihenfolge (oder Konzidenz) der eigenen Wahrnehmungen zu beurteilen;
    und die unmittelbaren “empirischen Mitteln“, durch deren Auswertung die Beteiligten ihre gegenseitigen Beziehungen (“objektiv” bzw. einvernehmlich) als “System” ermitteln würden, kann man sicher auch “gegenseitige Beobachtungen” nennen.

    Und fertig ist die RT.
    (Also: zumindest die begriffliche Grundlage des kinematischen Teils.)
    Dass und wie aus diesen Zutaten Messoperatoren zu konstruieren sind, findet MBMN aber, abgesehen von Einsteins halbwegs bekanntem Ansatz zur Gleichzeitigkeits-Definition, viel zu wenig Beachtung.

    Chrys schrieb (24.03.2013, 15:15):
    > […] das clock postulate. Dieses fordert, dass die Tickfrequenz einer (idealen) Uhr unabhängig sei von allfälligen Beschleunigungen der Uhr im Raum (was im geometrischen Formalismus gerade der Forderung nach Natürlichkeit von Eigenzeit entspricht, also deren Proportionalität zur Bogenlänge).

    Der oben (21.03.2013, 11:05) zitierte Auffassung — Einsteins Auffassung — folgend, würde man das bestenfalls als Definition deuten:
    eine im konkreten Fall gegebene Uhr gilt als (“objektiv” bzw. einvernehmlich) “ideal” falls …

    In Anbetracht von MTW Fig. 1.9 bzw. §16.4 sind natürlich die Begriffe und die entsprechenden Messdefinitionen von “guter Uhr” bzw. “idealer Uhr” zu unterscheiden.

    Und zunächst wäre ja (u.a.) zu fragen, wie denn überhaupt (“objektiv” bzw. einvernehmlich) festzustellen sei, ob oder in wie fern eine im konkreten Fall gegebene Uhr “allfälliger Beschleunigung” unterlegen hätte.

    (Natürlich lassen sich alle denkbaren Messdefinitionen auf gegenseitige Abhängigkeiten oder Kompatibilität untersuchen. Z.B. ist die Bewertung der eventuellen “Güte” einer gegebenen Uhr offenbar kompatibel zur Bewertung ihrer eventuellen “allfälliger Beschleunigung“; während die Definition einer “idealen Uhr” per MTW §16.4 offenbar erfordert, dass sie im betreffenden konkreten Versuch unbeschleunigt alias “geodätisch” war.)

    > Manche reden stattdessen aber auch von clock hypothesis und halten das dann für eine experimentell testbare Aussage.

    Sofern nachvollziehbare Messoperatoren definiert sind, kann man natürlich alle möglichen Erwartungen bzw. Hypothesen hinsichtlich der entsprechend festzustellenden Messwerten aufstellen, und diese bei Gelegenheit experimentell testen.
    Hinsichtlich Pendeluhren mag man da z.B. andere Erwartungen oder sogar schon Befunde haben, als hinsichtlich Müonen.

  29. Kein Verfahren ohne Anleitung

    Josef Honerkamp schrieb (24.03.2013, 17:58):
    > […] dass sogar bis 10^18 g die Frequenz konstant bleibt. Aber selbst wenn das nicht so wäre, müsste man die Abhängigkeit von der Beschleunigung messen und in eine Formel gießen. Da
    man Beschleunigungen messen kann […]

    Wie denn?
    (Wobei es wohlgemerkt um die prinzipielle Definition der Messgröße geht; also ggf. auch darum, wie systematische Unsicherheiten zu ermitteln wären, falls man sich mit irgendwelchen Abschätzungs-Verfahren zufrieden geben möchte, anstatt die definitionsgemäße Messoperation
    einzusetzen.)

    Und insbesondere:
    Wie denn, ohne dafür schon die Messgröße “Frequenz” zur Verfügung zu haben, und darauf basierende Bewertungen wie “konstante Frequenz“.

    Josef Honerkamp schrieb (23.03.2013, 18:21):
    > […] das Messverfahren […] ist ja schon in anderen Tests/Experimenten benutzt worden und hat sich dort bewährt.

    Sofern hier ein Unterschied zwischen “Messverfahren” und der Definition einer bestimmten Messgröße gemacht werden soll:
    wie wäre denn zu beurteilen, ob sich “das Messverfahren schon bewährt” hätte, ohne die
    Definition der entsprechenden Messgröße an sich in Betracht zu ziehen?

    > […] das Ergebnis auf die Eigenschaften des Messverfahrens zurückführen

    Es ist gewiss eine wesentliche Eigenschaft einer Messgröße (bzw. des Messoperators, durch den sie definiert ist), aus welchen Sätzen von (gegebenen) Beobachtungsdaten (eines “Versuches” bzw. eines entsprechenden “Zustandes”) sie überhaupt einen bestimmten Messwert gewinnen kann, und aus welchen nicht. Der Wertebereicht einer Messgröße umfasst allerdings i.A. mehr als nur einen bestimmten Wert.

    > (siehe auch die Frage, ob morgen früh die Sonne wieder aufgeht)

    Ist das nicht sowieso Bestandteil der Definition, welche Anzeigen als “früh” gelten?

  30. @Frank Wappler

    Im letzten Absatz von §8 seines Büchleins von 1916 nennt Einstein die Annahme gleich rasch gehender Uhren eine “physikalische Hypothese”. Das betrifft zunächst die Koordinatenzeit inertialer Uhren in deren Ruhesystem, die, wegen ds = dt bei c = 1, mit der Eigenzeit dieser Uhren identifizierbar ist. Nicht-inertiale Uhren haben in der SR kein Ruhesysytem, nur eine zeitartige Weltlinie. Diesen Fall hat Einstein 1905 quasi “zu Fuss” abgehandelt, indem er die Bewegung stückweise inertial approximiert, seine Formel für Zeitdilatation auf den inertialen Abschnitten anwendet, und schliesslich von der Summe zum Integral übergeht — und in diesem Genzübergang verbirgt sich dann das “Uhrenpostulat”, wenn man so will. (Eigenzeit kannte Einstein 1905 noch nicht, meines Wissens ist das ein von Minkowski eingeführter Terminus.)

    Wie auch immer, damit liefert die RT jedenfalls ein Kriterium für das, was im Rahmen dieser Theorie unter einer “guten” Uhr verstanden werden kann. Bei einer Uhr bekannter Konstruktion sollte anhand der für ihre Komponenten geltenden physikalichen Gesetzmässigkeiten grundsätzlich abschätzbar werden, ob diese Uhr mit ihren Ticks sensibel auf Beschleunigungen reagiert. Eine inertiale Kuckucksuhr würde überhaupt nicht ticken und ist damit sicherlich in diesem Sinne keine “gute” Uhr(*). Hingegen scheinen mir die optischen Uhren, mit denen am NIST experimentiert wird, Beispiele fur ziemlich “gute” Uhren zu sein, soweit ich es beurteilen kann.

    (*) Das soll keinen Widerspruch dazu bedeuten, dass die Super-Kuckucksuhren von Schonach im Schwarzwald natürlich ganz phantastisch sind 😉

  31. Kein “at” in “Relativitätstheorie”

    Chrys schrieb (26.03.2013, 10:15):
    > Im letzten Absatz von §8 seines Büchleins von 1916 nennt Einstein die Annahme gleich rasch gehender Uhren eine “physikalische Hypothese”.

    Und aus dem oben zitierten Absatz geht hervor, dass diese Hypothese nur sinnvoll ist, falls und weil (durch die RT) eine nachvollziehbare Methode an die Hand gegeben ist, um im konkreten Fall zu entscheiden, ob ein bestimmtes Paar gegebener Uhren in einem bestimmten Versuch diese Hypothese erfüllten, oder nicht.

    Man kann deshalb z.B. die sinnvolle Hypothese aufstellen, dass alle B0-Mesonen, deren Zerfälle in Versuchen des BaBar-Experiments nachgewiesen wurden, die gleiche mittlere Lebensdauer hatten, wie alle B0-Mesonen, deren Zerfälle in Versuchen der LHC-Experimente nachgewiesen wurden bzw. noch werden. Und das kann und sollte man zumindest im Prinzip messen.

    Oder man kann deshalb z.B. die sinnvolle Hypothese aufstellen, dass die Dauer einer bestimmten Schwingungsperiode einer bestimmten Cs133-Uhr von der Dauer der anschließenden Schwingungsperiode der selben Cs133-Uhr höchstens um den Faktor 10^(-15) abwich (bzw. abweichen wird). Auch das kann und sollte man zumindest im Prinzip messen.

    Dazu ist es erforderlich, die entsprechenden Dauern “τ” miteinander zu vergleichen;
    was sich wiederum auf Verhältnisse von “proper separations s” von zeitartigen Ereignispaaren zurückführen lässt:

    τ_A von Anzeige A_$ bis Anzeige A_€ /
    τ_B von Anzeige B_£ bis Anzeige A_¥ :=

    s[ $, € ] / s[ £, ¥ ] *

    Limit_{
    alle Ereignisse, an denen A zwischen $ und € teilnahm; und
    alle Ereignisse, an denen B zwischen &pound und ¥ teilnahm }_ [

    Summe_{ Ereignispaare j, k an denen A dazwischen teilnahm}_[
    s[ j, k ] / s[ $, € ] ] /

    Summe_{ Ereignispaare p, q an denen B dazwischen teilnahm}_[
    s[ p, q ] / s[ £, ¥ ] ]

    ].

    Das ist eine Messdefinition (sofern die erforderlichen Werte der Verhältnisse von “proper separations s” schon als Messwerte zur Verfügung stehen).

    > und in diesem Genzübergang verbirgt sich dann das “Uhrenpostulat”, wenn man so will.

    Wenn man eben durchaus keinen besseren Namen für diese Messdefinition wählen möchte, meinentwegen. Hauptsache es wird nicht unterschlagen, was (Nachvollziehbares) damit gemeint ist.

    > (Eigenzeit kannte Einstein 1905 noch nicht, meines Wissens ist das ein von Minkowski eingeführter Terminus.)

    Aber Einstein kannte und nutzte 1905 schon den Begriff “Zeit”, im Sinne von “Zeigerstellung” bzw. “Anzeige” jeweils eines bestimmten Beteiligten; oder auch um die (geordnete) Menge der Anzeigen jeweils eines bestimmten Beteiligten zu benennen. Wer zumindest so viel von der RT versteht, der nennt das entsprechende Maß besser “Dauer”. (Und selbstverständlich ist Dauer “Eigen”; was denn sonst?.)

    > Wie auch immer, damit liefert die RT jedenfalls ein Kriterium für das, was im Rahmen dieser Theorie unter einer “guten” Uhr verstanden werden kann.

    Es bleibt immer noch das nicht ganz unerhebliche Problem (“metrization problem of GR”) wie denn die erforderlichen Verhältnisse von “proper separations s” überhaupt zu bekommen sind;
    zumindest (im einfachsten Fall), wie für drei paarweise zeitartige Ereignisse, $, €, k, die Zahl

    s[ $, k ] / s[ $, € ]

    ermittelt werden soll,
    sofern nichts weiter gegeben ist, als geeignete weitere Ereignisse, sowie (als
    Beobachtungsdaten) deren “kausale Beziehungen” (“zeitartig”, “lichtartig”, oder “raumrartig”) untereinander und gegenüber den Ereignissen $, € und k.

    > Hingegen scheinen mir die optischen Uhren, mit denen am NIST experimentiert wird, Beispiele fur ziemlich “gute” Uhren zu sein, soweit ich es beurteilen kann.

    Die Forderung an die Nachvollziehbarkeit solcher Beurteilungen habe ich gerade skizziert.
    Und zur dafür erforderlichen Bewertung von “kausalen Beziehungen” scheint es eher unerheblich, ob Signale “optisch” oder “stark” oder “skalar” oder wer-weiß-wie ausgetauscht wurden.

    > Bei einer Uhr bekannter Konstruktion sollte anhand der für ihre Komponenten geltenden physikalichen Gesetzmässigkeiten grundsätzlich abschätzbar werden, ob diese Uhr mit ihren Ticks sensibel auf Beschleunigungen reagiert.

    Auch Gerede von “Gesetzmässigkeiten” ist nur in so fern sinnvoll, als eine Methode an die Hand gegeben ist, im konkreten Falle festzustellen, ob …

    In der Physik geht es vorrangig um die jeweilige zugrundegelegte Methode.
    Die darauf basierenden Erwartungen bzw. Vorurteile sind vorrangig Sache der jeweiligen Anwender (Ingenieure und *ologen bzw. *onomen).

    > […] inertiale[…] Uhren in deren Ruhesystem
    > […] Nicht-inertiale Uhren haben […] kein Ruhesysytem

    Soweit ist das schlicht eine Transformation von Terminologie.
    Wichtig (und die RT kann das offenbar leisten, im Unterschied zu Galileis bzw. Newtons Ansätzen) ist aber, dass eine nachvollziehbare Methode an die Hand gegeben ist, um im konkreten Fall zu entscheiden, ob …

  32. @Frank Wappler

    Closing tag

    »… dass die Dauer einer bestimmten Schwingungsperiode einer bestimmten Cs133-Uhr von der Dauer der anschließenden Schwingungsperiode der selben Cs133-Uhr höchstens um den Faktor 10^(-15) abwich (bzw. abweichen wird).«

    Dass die Dauer der in der SI Sekundendefinition spezifizierten 9,192,631,770 Schwingungsperioden als stets gleich angesehen werden, ist eine Konvention. Im SI ist die Gleichheit der Dauer von SI Sekunden keine empirisch testbare Aussage, sondern eine gesetzte Wahrheit. Sind wir uns dahingehend einig?

    Davon getrennt zu betrachten sind alle Fragen, welche die begrenzte Genauigkeit der Anzeige einer Cs-Uhr sowie den Vergleich von Anzeigen mehrerer Cs-Uhren betreffen. In diesem Zusammenhang wäre dann auch zu klären, warum eine Cs-Uhr in Braunschweig nicht synchron bleibt mit einer in Boulder, und woran es liegt, dass — rein observationell — die Cs-Uhr in Boulder “schneller tickt”. Sind wir noch d’accord?

  33. @Frank Wappler

    Ich glaube, es wäre für unsere Diskussion nützlich, wenn Sie einmal heraus lassen, worauf Sie hinaus wollen. Was bedeutet z.B: “Wichtig (und die RT kann das offenbar leisten, im Unterschied zu Galileis bzw. Newtons Ansätzen) ist aber, dass eine nachvollziehbare Methode an die Hand gegeben ist, um im konkreten Fall zu entscheiden, ob … ” und was ist das “metrization problem of GR”? Es scheint, als hätten Sie eine grundsätzliche Messtheorie im Hinterkopf. Besser noch, Sie geben entsprechende Referenzen an. Vielleicht haben wir ja noch irgendwo einen blinden Fleck.

  34. Wapplers Idee

    Ich glaube, es wäre für unsere Diskussion nützlich, wenn Sie einmal heraus lassen, worauf Sie hinaus wollen.

    Schon mehrfach angefragt, da kommt nix.

    MFG
    Dr. W (der hauptsächlich deshalb kommentarisch beitrug um die Systemminderleistung mit der Textauszeichnung zu beenden – was nicht heißt, dass die Fettschrift so abgestellt werden kann, es bleibt nur ein Versuch)

  35. Kein Mistbrauch

    Chrys schrieb (27.03.2013, 09:35):
    > Dass die Dauer der in der SI Sekundendefinition spezifizierten 9,192,631,770 Schwingungsperioden als stets gleich angesehen werden, ist eine Konvention. Im SI ist die Gleichheit der Dauer von SI Sekunden keine empirisch testbare Aussage, sondern eine gesetzte Wahrheit. Sind wir uns dahingehend einig?

    Ich stimme zu, möchte aber einige Erläuterungen anfügen:

    die Dauer der spezifizierten 9,192,631,770 Schwingungsperioden gilt nur unter bestimmten “Bedingungen” (oder bezogen/skaliert auf bestimmte Bedingungen) als “SI-Sekunde“, die Versuch für Versuch als (im Rahmen einer bestimmten Genauigkeit) gleich angesehen werden kann.

    Diese “Bedingungen” betreffen, was überhaupt mit “Cs133-Atom, ungestört von externen Feldern” gemeint ist, und welche aller möglichen/denkbaren “Schwingungen” dieses Systems überhaupt gezählt werden sollen.

    Ob aber diese “Bedingungen” Versuch für Versuch eingehalten wurden, oder in wie fern nicht (so dass zumindest ein Bezug auf die geforderten Bedingungen herstellbar ist), kann wiederum nur anhand der Messung der Dauer jeder einzelnen Schwingungsperiode oder einer bestimmten Anzahl (z.B. 9,192,631,770) aufeinanderfolgender Schwingungsperioden beurteilt werden.

    Es ist also eine empirisch testbare Aussage, dass irgendwelche 9,192,631,770
    Schwingungsperioden von irgendeinem Wölkchen aus n*55 Elektronen, n*55 Protonen und n*78 Neutronen gleich irgendwelchen 9,192,631,770 Schwingungsperioden von irgendeinem anderen Wölkchen aus k*55 Elektronen, k*55 Protonen und k*78 Neutronen (oder dem selben Wölkchen in einem anderen Versuch) dauern würden.

    Und die Konvention besteht insbesondere darin, wie der Vergleich durchzuführen ist; und darauf aufbauend u.a., was als “Cs133-Atom, ungestört von externen Feldern” gilt, und was nicht.

    > Davon getrennt zu betrachten sind alle Fragen, welche die begrenzte Genauigkeit der Anzeige einer Cs-Uhr sowie den Vergleich von Anzeigen mehrerer Cs-Uhren betreffen.

    Nein: das Prinzip der Vergleichsmethodik bzw. die Definition von “Dauer” als Messgröße ist für die Definition von “Sekunde” als einer bestimmten (Einheit der) Dauer unbedingt erforderlich und vorausgesetzt; wie beschrieben. Und sicher hängt auch der Begriff “Genauigkeit” damit eng zusammen.

    > In diesem Zusammenhang wäre dann auch zu klären, warum eine Cs-Uhr in Braunschweig nicht synchron bleibt mit einer in Boulder

    Dafür wäre zunächst zu klären und zu vereinbaren, wie denn das eventuelle “synchron Bleiben” überhaupt gemessen werden soll; insbesondere sofern es um Zähler gehen sollte, die voneinander getrennt wären.
    Ist diese Messgröße überhaupt kompatibel mit der Zustands-Vorgabe “eine Cs-Uhr in Braunschweig [und eine andere Cs-Uhr] in Boulder“??

    Erst dann wäre ggf. experimentell festzustellen, ob solch ein Paar in einem bestimmten Versuch “synchron blieb“, oder nicht.

    > und woran es liegt, dass — rein observationell — die Cs-Uhr in Boulder “schneller tickt”.

    Sowas liegt — rein erfahrungsgemäß — an der mangelhaften Würdigung des Unterschieds zwischen Beobachten und Messen.

  36. Kein Schlipszwang

    Josef Honerkamp schrieb (27.03.2013, 11:54):
    > Es scheint, als hätten Sie eine grundsätzliche Messtheorie im Hinterkopf.

    Im Hinterkopf, gewiss.
    Aber auch (per dem obigen, seit beinahe 100 Jahren bekannten Zitat):
    am Revers.
    Und trotzdem tun manche, als läge dieser Zugang zur RT (und zur Physik insgesamt) im Dunkel.

    > was ist das “metrization problem of GR”? […] Besser noch, Sie geben entsprechende Referenzen an.

    Google findet tatsächlich etwas Brauchbares (damit hatte ich kaum gerechnet), z.B. http://www.cs.utep.edu/vladik/2009/tr09-21b.pdf
    (man beachte insbesondere “Definition 2” und Teil “7 Remaining Challenges”).

    Ansonsten finde ich die bereits oben (26.03.2013, 17:28) gegebene Formulierung am deutlichsten und konstruktivsten:
    Gegeben eine geeignete Menge von Ereignissen und deren “kausale Beziehungen” (“zeitartig”, “lichtartig”, oder “raumrartig”) untereinander, wobei (mindestens) drei verschiedene Ereignisse, $, € und y paarweise zueinander “zeitartig” sein sollen, wie ist daraus die Zahl

    s[ $, € ] / s[ $, y ]

    zu ermitteln?
    (Und natürlich: garantiert die fragliche Methode, dass diese Zahl ungleich Null ist, und dass mit den damit gewonnenen Werten die “inverse Dreiecksungleichung” erfüllt ist, bzw.

    2 (s[ $, € ] / s[ $, y ])^2 (s[ €, y ] / s[ $, y ])^2 + 2 (s[ $, € ] / s[ $, y ])^2 + 2 (s[ €, y ] / s[ $, y ])^2 ≤
    (s[ $, € ] / s[ $, y ])^4 + (s[ €, y ] / s[ $, y ])^4 + 1

    ?.)

    Diese Frage richtet sich natürlich insbesondere an diejenigen, die “s” (z.B. in Ausdrücken wie “ds” in 26.03.2013, 10:15) offenbar so verwenden und “damit rechnen”, als könnten sie die Frage ohne Weiteres beantworten.
    Es wäre ja auch erschütternd, wie selten diese Frage gestellt, diskutiert und bearbeitet wird, wenn eine Antwort darauf schwer fiele.

    > […] nützlich, wenn Sie einmal heraus lassen, worauf Sie hinaus wollen.

    Eine Konsequenz, die manchen offenbar besonders drastisch vorkommt, ergibt sich aus der Feststellung, dass bestimmte Messwerte nicht die Messmethoden bzw. -operatoren widerlegen/falsifizieren können, durch deren Einsatz sie überhaupt erst ermittelt wurden …

    p.s.
    Frank Wappler schrieb (26.03.2013, 17:28):
    > […] eine nachvollziehbare Methode an die Hand gegeben ist, um im konkreten Fall zu entscheiden, [<b>]ob[</i>]

    Entschuldigung für diesen Formatierungsfehler, den ich leider erst bemerkte, als mein Kommentar endgültig abgeschickt und hier angezeigt wurde. (Stünde hier eine Kommentar-Vorschau zur Verfügung, hätte ich den Fehler sicherlich vorher bemerkt und korrigieren können. &) Vielleicht hilft dieser Hinweis ja wenigstens dabei, dass dieser/mein Fehler bitte nachträglich korrigiert wird.

  37. @Frank Wappler

    Die Motivation kommt also daher, Räume mit einer Kausalstruktur zu betrachten, welche nicht zwingend durch ein Pseudo-Skalarprodukt (Lorentzsche Metrik) gegeben ist. Dazu hätte ich dann hier noch einen anderen Russen, der so etwas einmal axiomatisch für topologische lineare Räume gemacht und publiziert hat:
    [Causal Structures in Linear Spaces by V. Krym] (Download Formate DVI und PS).

    Physikalisch ist so etwas vielleicht in Hinblick auf Theorien zur Quantengravitation von einem gewissen Interesse, wo danach gefragt wird, ob und gegebenenfalls wie sich die Raumzeit im Grossen aus fundamentaleren Strukturen im Kleinen gewinnen lässt. Siehe dazu etwa hier:
    http://dx.doi.org/10.1016/0375-9601(89)90474-X

    N.B. Ich hatte in meinem letzten Kommentar eine Reparatur versucht. Vielleicht fehlt ja mehr als nur ein </b> …

  38. @Frank Wappler

    Tut mir leid, aber ich sehe immer noch nicht, worauf Sie hinaus wollen. Wenn Ihr Punkt so tiefsinnig ist, wie er Ihnen scheint, und sonst zu wenig beachtet wird, wie Sie glauben, verdiente er doch eine Publikation in einer Fachzeitschrift. Dann hätte ich vielleicht noch eine Chance.

  39. Physik ohne Formeln?

    Handelt es sich hier um das didaktische Problem, Physik ohne Formeln betreiben zu wollen?

    Landau Lifschitz braucht in Band 2 gerade 2 Seiten um das Thema “Eigenzeit” §3 abzuhandeln.

    Arbeiten, die ohne Formeln versuchen, die Relativitätstheorie zu erklären, sind z.T. ohne intensives “Grübeln” nicht wirklich verständlich. Siehe z.B. Falk, Ruppel, Mechanik, Relativität, Gravitation. – Es ist allerdings davon auszugehen, dass beim “Grübeln” dann zur mathematischen Darstellung übergegangen wird.

  40. @Wolfgang Thimm

    Den fraglichen Formeln liegt ja bei Lorentz wie bei Einstein jeweils die Lorentz Transformation zurgrunde, allein die Interpretation macht hier den entscheidenden Unterschied. Im Lichte der SR erscheint die Annahme einses Aethers als stoffliches Medium der Lichtausbreitung dann tatsächlich als ein verzichtbares Vorurteil, das nur bedingt ist durch die Paradigmata einer mechanistisch geprägten Weltsicht.

    Der Verzicht auf den Aether fordert andererseits einen Preis, indem höhere Ansprüche gestellt werden an das Abstraktionsvermögen der Lernenden wie auch an die didaktischen Bemühungen der Lehrenden. Sogar bei Landau-Lifshitz findet sich in dem Abschnitt zur Eigenzeit die Feststellung,

    In other words, moving clocks go more slowly than those at rest.

    Wieder ein Rückfall in die Aetherwelt! Offenbar ist es uns intuitiv viel näherliegend, dass von zwei Uhren, die synchron starten und dann ihre Synchronität verlieren, eine unbedingt langsamer gegangen sein muss.

    Vorbildlich macht es m.E. hingegen Roger Penrose in “The Road to Reality“. Er braucht da einen Satz, um Eigenzeit einzuführen, und einen weiteren, um damit die paradoxen Zwillinge als eine Trivialität zu erledigen. Und das war’s dann auch schon.

  41. Keinen Bullen für ‘nen Bären vormachen

    Josef Honerkamp schrieb (28.03.2013, 17:27):
    > Wenn […] verdiente er doch eine Publikation in einer Fachzeitschrift.

    Ein DOI-registrierter Artikel, der Einsteins an sich schon recht selbstständiges Argument (zitiert 21.03.2013, 11:05) ausdrücklich würdigt und konsequent benutzt ??

    Da — kommt wohl nix.

    p.s.
    Aber wozu gibt’s SciLogs?.

  42. (K)Eine Kommentar-Vorschau

    Chrys schrieb (31.03.2013, 10:16):
    > Vorbildlich macht es m.E. hingegen Roger Penrose in “The Road to Reality”. Er braucht da einen Satz, um Eigenzeit einzuführen

    Das muss ja ein bemerkens- und mitteilenswerter Satz sein.
    Ist dieser vorbildliche Satz auch selbstständig nachvollziehbar?
    (Oder setzt er einfach etwas anderes voraus, das schon eingeführt worden sein soll?)

    p.s.
    Chrys schrieb (28.03.2013, 13:18):
    > Ahe, es fehlten zwei closing tags.

    Danke, gut zu wissen. Nun bitte meinen obigen fehlerhaften Kommentar (26.03.2013, 17:28) entsprechend korrigieren.

  43. @Frank Wappler

    Leider kapier’ ich wohl auch nicht recht, was nun genau das Problem sein soll. Vielleicht haben wir in puncto Nachvollziehbarkeit irgendwie divergente Erwartungen?

  44. Kein Zeichen des Bedauerns

    Chrys schrieb (02.04.2013, 12:36)
    > Leider […]

    Leider kann ich z.Z. (per Amazon-“Look inside”) offenbar nur einen Teil jenes ominösen “vorbildlichen Satzes” in (der englischen Ausgabe von) Penroses Buch lesen:

    This proper time is simply the length, as measured along the world [l]ine …

    Ein damit verbundenes Problem deutet sich insofern an, dass im ziemlich umfangreichen Index des Buches der Begriff “length” wiederum leider (auch) nicht auftaucht.

    Leider dürfte es etwas dauern, bis ich eine Druckausgabe dieses Buches (vmtl. eher die deutsche Ausgabe) selbst durchblättern kann, um den entsprechenden Satz vollständig lesen, zitieren und (im Kontext jenes Buches insgesamt) analysieren zu können …

  45. @Frank Wappler / The Road to Reality

    Der Satz von Penrose lautet vollständig,

    This proper time is simply the length, as measured along the world line, and it is what is measured by an ideal clock having that world line.

    Mein Hinweis auf das Buch war allerdings nicht gekommen in der Hoffnung, dass Sir Roger das Wappler-Dilemma würde lösen können …

  46. No true Scotsman/Physicist

    Chrys schrieb (03.04.2013, 09:22):
    > Der Satz von Penrose lautet vollständig, [s.o.]

    Danke.

    Nun müsste man dem genannten Buch (bzw. Penrose selbst) eben nur noch eine (die) Methode entlocken, von der er sich vorgestellt hat (bzw. sich vorgestellt haben sollte, um sich und andere nicht zu täuschen), dass durch deren Anwendung im konkreten Fall/Versuch festzustellen wäre, ob eine gegebene/betrachtete Uhr “ideal” war, oder nicht.

    (Denn es sollen ja offenbar nicht alle Uhren zwangsläufig, von vornherein und ausnahmslos als “ideal” gelten; sonst hätte Penrose diese begriffliche Einschränkung gar nicht gebraucht.)

    Bis zur Angabe der entsprechenden Definition ist übrigens auch fraglich, ob Penrose mit “ideal clock” überhaupt das (nachvollziehbar) Selbe gemeint hat wie MTW, oder (vieleicht eher), was diese als “good clock” bezeichnet haben. (Aber das ist ein anderes Dilemma. 😉

  47. @Frank Wappler

    Penrose definiert mit dem zitierten Satz, was im Kontext der RT unter einer idealen Uhr zu verstehen ist. Davon zu unterscheiden sind alle realen Uhren, bestehend aus einem Oszillator incl. Zählwerk mit Anzeige, wie sie in einem Physiklabor oder sonstwo verwendet werden. Und nur für reale Uhren lässt sich über gute und weniger gute Eigenschaften überhaupt reden.

    Man überlege sich (als Übungsaufgabe ;-), dass eine ideale Uhr gegeben wird durch eine Parametrisierung u(s) einer zeitartigen Weltlinie, sodass für die Ableitung u’ = du/ds gilt

    |u'(s)| := √{g(u'(s),u'(s))} = 1,

    wobei g die Minkowskische Metrik o.ä. sei. Man spricht auch von einer natürlichen Parametrisierung, wenn diese Normierung für |u'(s)| erfüllt ist.

    Eine solche ideale Uhr u kann auch etwas anzeigen, nämlich bei einem Ereignis P = u(s) auf ihrer Weltlinie zeige sie den Wert s an. Falls s = 0 im Def.bereich von u liegt (was sich o.B.d.A. stets einrichten lässt), liest man so gerade die Länge — oder eben “Dauer” — des für diese Uhr zwischen den Ereignissen O = u(0) und P liegenden Zeitintervalls ab. Was nach Penrose dasselbe ist wie die Länge der Weltlinie von u zwischen den Raumzeitpunkten O und P.

    Gute oder schlechte Uhren — die Frage hat sich für die Newtonsche Physik doch auch schon gestellt. Der primäre Unterschied ist, dass die Zeit bei Minkowski & Co. durch individuelle Weltlinien, bei Newton hingegen durch eine universelle Koordinatenlinie repräsentiert wird. Vielleicht sollte die Uhrenfrage erst einmal klassisch beantwortet werden. Und dann sieht man womöglich besser, was relativistisch noch zu beachten ist.

    Allmählich droht das Murmeltier. Denn nach meinem Eindruck wiederhole ich mich nur noch in den mir wesentlich erscheinenden Punkten, ohne dass Land in Sicht kommt.

  48. Kein “Winter of Discontent”

    Chrys schrieb (04.04.2013, 23:34):
    > Penrose definiert mit dem zitierten Satz, was im Kontext der RT unter einer idealen Uhr zu verstehen ist.

    Penrose weist mit dem zitierten Satz lediglich darauf hin, dass die drei darin genannten Begrifflichkeiten (“ideal“, “proper“, “length“) sehr eng und recht einfach miteinander zusammenhängen, also gewissermaßen synonym sein sollen.

    Aber eine hinreichende Definition, im weiter oben zitierten Einsteinschen bzw. physikalischen Sinne, nämlich eine konkrete “Methode nach welcher im vorliegenden Falle aus Experimenten entschieden werden kann, ob“, enthält der Satz allein offensichlich nicht.

    Es sei (nochmals) verdeutlicht, dass die Frage “ob, im vorliegenden Falle” mit allen drei Begrifflichkeiten (einzeln) verbunden ist, denn:

    – irgendeine bestimmte vorliegende, reale Uhr ist nicht zwangsläufig “ideal“, oder im
    Sinne von MTW: “good”, sondern es sind auch andere, davon abweichende vorstellbar (und deshalb eventuell vorliegend) und man kann fragen “ob”.
    (Darin stimmen wir offenbar überein; vgl. “[…] nur für reale Uhren lässt sich über gute und weniger gute Eigenschaften überhaupt reden“.),

    – irgendeine bestimmte, in Betracht gezogene reelle Parametrisierung einer vorliegenden, realen zeitartigen Weltlinie ist/heißt offenbar nicht zwangsläufig “proper” und/oder
    natürlich“, sondern es sind auch andere, davon abweichende vorstellbar, und man kann fragen “ob”: auf die bestimmte, in Betracht gezogene Parametrisierung das eine oder das andere zutrifft, und

    – irgendein bestimmter, in Betracht gezogener metrischer Raum (in einem geeigneten, evtl. verallgemeinerten Sinne) (dessen Werte oft “lengths” genannt werden), der (den Elementen) einer vorliegenden, realen zeitartigen Weltlinie zugeordnet wurde (was evtl. mit einer Verallgemeinerung verbunden ist, die sich u.a. dadurch ausdrückt, dass man die entsprechenden Werte stattdessen “Dauern” nennt) erfüllt sicher nicht zwangsläufig …

    … tja, was wohl?:

    Jedenfalls die “inverse Dreiecksungleichung”, vgl.

    http://en.wikipedia.org/…rsal_in_Minkowski_space

    und gewiss doch noch weitere Bedingungen, die sich daraus ergeben (könnten), dass eventuell nicht nur die Elemente der betrachteten Weltlinie (sowie deren paarweise zeitartige Beziehungen untereinander) allein vorliegen, sondern auch “Ereignisse daneben” (sowie
    deren Beziehungen untereinander bzw. zu den Elementen der betrachteten Weltlinie).

    Und solche Bedingungen entsprächen doch gerade einer (gedanken-)experimentellen Methode, wie sie von Einstein gefordert wurde; wenn man sich an dem Vorbild orientiert, das er direkt im Anschluss an die Forderung gab, nämlich an der Methode zur (gedanken-)experimentellen Feststellung von “Gleichzeitigkeit” (“Relativitätstheorie”, §8, Vieweg 1917).

    Und gerade von Penrose sollte man doch erwarten, sich darum (“Metrisierung”) zu kümmern und Auskunft zu geben.
    Aber genau da, scheint mir, liegt der Hund — pardon, das Murmeltier — begraben.

    Zur Vertiefung die selbe Frage nochmals in anderer Form (die von anderer Stelle her hoffentlich noch in Erinnerung ist):

    > […] eine Parametrisierung u(s) einer zeitartigen Weltlinie, sodass für die Ableitung

    u’ = du/ds gilt [: …]

    > zwischen den Ereignissen O = u(0) und P […]

    Der Ausdruck “du/ds” versteht sich dabei sicherlich als Abkürzung für einen Grenzwert.
    (Die ausführlichere Notation, falls noch erforderlich, sei dahingestellt.)

    Was muss man miteinander vergleichen (können), um entscheiden zu können, ob ein solcher Grenzwert überhaupt existiert (geschweige denn darüberhinaus noch bestimmte Bedingungen erfüllt);
    und wie vergleicht man das (zumindest im gedanken-experimentellen Prinzip), wenn man noch gar nicht weiß, ob der fragliche Grenzwert für die betrachtete Parametrisierung überhaupt existiert?

    > Vielleicht sollte die Uhrenfrage erst einmal klassisch beantwortet werden.

    Vielleicht sollte stattdessen anerkannt werden, was Einstein geleistet und ermöglicht hat.

    p.s.
    > [… reale] Uhren , bestehend aus einem Oszillator incl. Zählwerk mit Anzeige, wie sie in einem Physiklabor oder sonstwo verwendet werden.

    Um sich von derartigen Vorurteilen (zunächst) zu lösen, empfiehlt sich stets die Berücksichtigung von “biologischen/forensischen Uhren” oder “radiologischen Uhren”.

    Andererseits ist “Zählen” sicherlich eine Fähigkeit, die jedem, der die Frage nach einer Metrisierungs-Methode überhaupt begreift, zumindest im Prinzip zugestanden werden kann und muss.

  49. @Frank Wappler

    Was Einstein dem lieben Leser anhand des Beispiels der “Gleichzeitigkeit” nahebringen will, ist zuvörderst doch der Umstand, dass die Physik mit wohldefinierten Begriffen operiert. Und dass ein Wort wie Gleichzeitigkeit als physikal. Begriff nicht zwangsläufig das bedeuten muss, was sich irgendwer darunter möglicherweise vorstellt, der dasselbe Wort ganz naiv in der Alltagssprache gebraucht.

    Dass sich eine theoretisch exakte Aussage observationell immer nur mit begrenzter Genauigkeit testen lässt, tut der Sache keinen Abbruch. Entsprechendes gilt auch für alle anderen observablen Konzepte der Physik. Auch Einstein könnte die Gleichzeitigkeit seiner Blitze am Bahndamm in der Praxis nur mehr oder weniger genau, aber niemals exakt beurteilen. Für die Begriffsbildungen in der Theorie spielt das zunächst keine Rolle.

    Wenn Penrose nun von der Länge zeitartiger Weltlinien und idealen Uhren redet, dann stellt sich vielleicht die Frage, ob er das mit wohldefinierten Begriffen tut. Und ja, das tut er ganz gewiss.

    Ein “Metrisierungsproblem in der GR” kennt auch Penrose nicht. Eine Raumzeit in GR trägt ohnehin eine viel stärkere Stuktur, nämlich einen metrischen Tensor g. Damit lässt sich auch stets eine Lorentzian distance erhalten, welche die umgekehrte Dreiecksungl. erfüllt, das ist dann geschenkt.

    Im übrigen hege ich berechtigte Zweifel daran, dass irgendein Metrologe eine “biologische Uhr” überhaupt als Uhr akzeptieren würde. Da sie nicht erkennbar tickt, wäre sie die Zwecke der RT jedenfalls schlecht geeignet, weil sich so schwerlich beurteilen lässt, ob sie dem Uhrenpostulat genügt.

  50. Keine Langeweile …

    Chrys schrieb (06.04.2013, 11:06):
    > Was Einstein dem lieben Leser anhand des Beispiels der “Gleichzeitigkeit” nahebringen will, ist zuvörderst doch der Umstand, dass die Physik mit wohldefinierten Begriffen operiert.

    Nicht zuletzt Begriffe, die in allerlei Postulaten gebraucht werden.
    Wichtig ist auch die Unterscheidung einerseits von Begriffen, die (durch Messmethoden) zu definieren sind, und andererseits von Begriffen, die dafür eingesetzt werden können, weil sie von vornherein als nachvollziehbar gelten;
    d.h. von Begriffen wie “Definition”, “feststellen ob”, und insbesondere was damit gemeint ist, “Reihenfolge (oder Koinzidenz)” eigener Beobachtungen zu beurteilen.

    > Auch Einstein könnte die Gleichzeitigkeit seiner Blitze am Bahndamm in der Praxis nur mehr oder weniger genau, aber niemals exakt beurteilen.

    Diese Vermutung mag zutreffen. Offenbar erlaubt die zugrundeliegende Definition auch denjenigen zu verstehen, was mit “exakt beurteilen” bzw. “nicht exakt beurteilen” gemeint ist, die selbst zu entsprechenden exakten Urteilen nicht unbedingt fähig wären.

    (Im Gegensatz dazu wäre noch aufzuklären, was denn mit dem oben (04.04.2013, 23:34) gebrauchten Ausdruck “ du/ds ” gemeint gewesen sein sollte.)

    > Eine Raumzeit in GR trägt ohnehin eine viel stärkere Stuktur, nämlich einen metrischen Tensor g. Damit lässt sich auch stets eine Lorentzian distance erhalten

    Ach damit?!.
    Wollten MTW mit der Methode, die sie “Box 13.1: Metric distilled from distances” skizzierten, ihre Leser etwa nur hinters Licht führen? …

    > […] ob sie dem Uhrenpostulat genügt.

    Das “Uhrenpostulat” muss man ja nur geeignet allgemein formulieren, um auch Uhren einzuschließen, die nicht ausdrücklich “ticken”, sondern lediglich unterscheidbare Anzeigen hatten. Etwa:

    “Es gibt eine Methode, um für je drei verschiedene Anzeigen, P_A, Q_A, U_A, einer bestimmten, im konkreten Falle vorliegenden Uhr A die Zahl

    Dauer_A von P_A bis Q_A /
    Dauer_A von P_A bis U_A

    zu ermitteln;
    und zwar so: …”.

    (Nicht wirklich überraschend, dass sich Metrologen damit eher schwertun. &)

  51. @Frank Wappler

    Vereinfacht gesagt, eine Weltlinie heisst zeitartig wenn ihre Tangentialvektoren zeitartig sind. Ganz ohne Ableitung kommt man da nicht aus.

    Zur prinzipiellen Klärung einiger Begriffe hilft vielleicht das: http://www.math.miami.edu/~galloway/beijing.pdf
    Zu Weltlinie, Länge, Bogenlänge, Eigenzeit, vgl. p. 15, ab Zeile 6.
    Zu Lorentzian distance, vgl. p. 24, letzter Absatz und nachfolgend.

    Wenn Die MTW Box mit den vielen kleinen Trucks birgt keine für mich erkennbaren Einsichten zum Lorentzschen Abstand. Ich kenne auch kein anderes RT Buch, wo viele kleine Trucks herumfahren.

    Markus Pössel kann sich auch keine Zeitmessung mit nicht-tickenden Uhren vorstellen (Einstein verstehen, Teil II): “Im Prinzip kann man aus jedem einfachen periodischen System eine Uhr bauen. Dazu koppelt man das System mit einem Zählwerk, das dokumentiert, wieviele Perioden (“Ticks” der Uhr) das System ab einem willkürlich gewählten Zeitnullpunkt durchlaufen hat.” Wie sollte man denn auch mit einer Blumenuhr eine sinnvolle Einheit zum Messen festlegen???

  52. Kein Betreff

    Chrys schrieb (08.04.2013, 15:50):
    > […] Ganz ohne Ableitung kommt man da nicht aus.

    Schreib doch bitte endlich spaßeshalber mal auf, was da mit “Ableitung” gemeint sein soll.

    Meine Vermutung:
    ohne metrischen Raum (oder geeignete Verallgemeinerung des Wertebereiches) bzgl. einer (Definitions-)Menge mit den oben genannten Elementen “P“, “Q” usw. kommt man da nicht aus.

    (Und um hinsichtlich Nachvollziehbarkeit nicht missverstanden zu werden:
    gemeint sind nicht nur irgendwie darübergestreuselte Koordinatentupel.)

    > Die MTW Box [13.1: “Metric distilled from distances”] mit den vielen kleinen Trucks birgt keine für mich erkennbaren Einsichten zum Lorentzschen Abstand.

    Zum “Abstands”-Begriff bzw. dessen konkreten (Verhältnis-)Werten an sich sicher nichts; leider.

    Aber zur methodischen Reihenfolge der damit verbundenen Feststellungen:
    zuerst “Abstände” (bzw. deren Verhältnisse, bzw. “Metrik” im Sinne von “metrischer Raum”),
    und
    damit/daraus den “metrischen Tensor g“;

    d.h. genau in der umgekehrten Reihenfolge, die du oben (z.B. 06.04.2013, 11:06) und G. J. Galloway im genannten Write-up (in Vorbereitung von “Proposition 2.2”, S. 15) nahelegen.

    > Ich kenne auch kein anderes RT Buch, wo viele kleine Trucks herumfahren.

    Tja – für (Experimental-)Physiker sind “truck loads” von Messwerten eben vertretbarer (wenn sie ihren Freunden mitteilen wollen, was sie getan und eventuell gefunden haben), als sich “manifolds” aus den Fingern zu saugen.

    > Wie sollte man denn auch mit einer Blumenuhr eine sinnvolle Einheit zum Messen festlegen???

    Wozu bräuchte man dabei eine “Einheit zum Messen” ???

    Sicherlich nicht für die Feststellung, welche Parametrisierungen (egal ob “t”, oder “λ”, oder “τ” genannt) der (geordneten) Menge von Anzeigen eines bestimmten Blumenbeetes monoton zu deren Reihenfolge sind, und welche nicht.

    Und sicherlich auch nicht, um die Verhältnisse der Dauern zwischen Anzeigenpaaren (als geeignet verallgemeinerter “metrischer Raum”) auszudrücken.

    Um diese Verhältniszahlen aber zunächst überhaupt zu ermitteln, braucht man natürlich das, was MTW “ideal clock” nennen. (Was offenbar nicht das Selbe ist, das Penrose “ideal clock” nennt, und was eine gemeine Blumenuhr an sich eben nicht leisten kann.)
    Deshalb nennt man – mit MTW — eine Blumenuhr (d.h. ein Blumenbeet, zusammen mit einer bestimmten monotonen Parametrisierung seiner Anzeigen) bestenfalls “good” (nämlich, falls diese Parametrisierung skaliert-isometrisch zu den Dauerverhältnissen zwischen den entsprechenden Anzeigen wäre), aber eben keinesfalls selbst “ideal”.

    Und ansonsten … werde ich kaum solange die Luft anhalten können, bis Markus Pössel vielleicht von seinen Trips herunterkommt, um sich wieder mit “Lichtuhren” im Allgemeinen oder “ideal clocks” im Besonderen auseinanderzusetzen.

    p.s.
    Chrys schrieb (06.04.2013, 11:06):
    > Ein “Metrisierungsproblem in der GR” kennt auch Penrose nicht.

    David Malament erkennt das Problem in der folgenden Form an
    (vgl. http://philsci-archive.pitt.edu/….version2.4.pdf S. 53 ):

    The question arises whether it is possible to work backwards, i.e. start with the pair (M, j) or (M, <), with M now construed as a bare point set, and recover the geometric structure with which we began.

    Immerhin eine Orientierungshilfe für diejenigen, die ihren Methoden (im Sinne Einsteins) stattdessen an der “Struktur” aufbauen, dass sie die Reihenfolge (oder Koinzidenz) ihrer eigenen Wahrnehmungen beurteilen können.

  53. Kein großes Geheimnis

    p.p.s.
    Frank Wappler schrieb (09.04.2013, 16:41):
    > David Malament erkennt das Problem in der folgenden Form an
    > (vgl. http://philsci-archive.pitt.edu/….version2.4.pdf S. 53 ):

    The question arises whether it is possible to work backwards, i.e. start with the pair (M, j) […]

    sollte (hoffentlich) sein:

    […](M, ≪)
    or (M, <), with M now construed as a bare point set, and recover the geometric structure with which we began.

    (D.h. um das Symbol “≪” darzustellen, habe ich gerade “&amp;#8810;” getippt.)

  54. @Frank Wappler

    Ableitung, Tangentialvektoren — das hat Galloway doch wunderschön hingeschrieben. Auf p. 3 unten. Sogar mit Bild. Konkrete Annahmen zur Diff.barkeit von Weltlinien sind dann von den Autoren jeweils im Text aufgeführt, z.B. glatt (Malament, Penrose), oder stückweise glatt (Galloway).

    Dass die nach Malament zitierte Frage in einem erweiterten Rahmen berechtigt gestellt werden kann, soll auch gar nicht bestritten werden. Zu den co-workers des von Malament genannten Rafael Sorkin zählt im übrigen auch der von mir weiter oben (28.03.2013, 13:18) verlinkte Luca Bombelli. Es ist naheliegend, dass die Frage für Überlegungen zur Quantengravitation durchaus interessieren kann. Aber das ist dann eben keine GR. Die GR selbst basiert massgeblich auf den Feldgleichungen, und dabei ist der metrische Tensor g von fundamentalem Belang, siehe Malament, Sec. 2.5.

    »Wozu bräuchte man dabei eine “Einheit zum Messen” ???«

    Ist das des Murmeltiers Kern? Zeit messen ohne Einheit???

    Nach meinem Vorurteil wird bei der RT die Verknüpfung zwischen Theorie und Experiment u.a. dadurch geschaffen, dass geometrische Eigenzeit-Segmente von Einheitslänge als physikalische Zeiteinheiten (SI-Sekunden) zu deuten sind. So stelle ich mir das vor.

    N.B. Eine bemerkenswerte Entdeckung scheint mir, dass die lokale Software eine numerische HTML Codierung von Unicode Zeichen akzeptiert. Entweder war das nicht immer so, oder nicht überall, oder ich habe da schlicht was falsch gemacht.
    Ein Test: g€ (sollte g mit Subscript Null sein).

  55. Kein Nachteil

    Chrys schrieb (10.04.2013, 13:46):
    > Ableitung, Tangentialvektoren — das hat Galloway doch wunderschön hingeschrieben. Auf p. 3 unten. Sogar mit Bild.

    Hmm …
    Galloway liefert nach eigenem Bekunden ja nur “a brief introduction” (S. 3 oben). MTW erscheint da erwartungsgemäß zumindest stellenweise gründlicher; nicht zuletzt was den Begriff “Ableitung” (bzw. “derivative“) angeht (vgl. “Box 10.2, B.”. Never mind the “drawings“. ☺ ;).

    Trotzdem ist auch Galloways Darstellung (Link 08.04.2013, 15:50) geeignet, um die Notwendigkeit eines (geeignet verallgemeinerten) metrischen Raumes bzgl. der Menge mit den Elementen “P“, “Q” usw. zu begründen.
    Denn er beruft sich (S. 3) auf:

    real valued functions f, defined and smooth in a neighborhood of p.

    ;

    und die Methode zur Feststellung, ob eine bestimmte, auf Menge X definierte Funktion “smooth” ist, oder nicht, erfordert einen (evtl. geeignet verallgemeinerten) metrischen Raum, der auf dieser Menge definiert ist;
    nennen wir die entsprechende Abstandsfunktion wie üblich
    s : X * X –> R.

    Für je drei Elemente der Menge X (z.B. “P“, “J” und “K“) lassen sich dann die Größen

    (f[ J ] – f[ P ]) * s[ K, P ] und
    (f[ K ] – f[ P ]) * s[ J, P ] und

    miteinander sowie mit

    s[ K, P ] bzw.
    s[ J, P ]

    vergleichen, und darauf aufbauend “Stetigkeit”, “Differenzierbarkeit” und weitergehende “Glattheiten” von f bzgl. s beurteilen.

    Fragt sich eben nur, was irgendwelche (von Galloway genannten) “coordinate charts” damit zu tun haben könnten oder sollten;
    denn von diesen ist ja offenbar nicht ausdrücklich gefordert, dass sie “smooth in a neighborhood of p” definiert sein müssten, sondern lediglich “smooth” gegenüber einander (und wohl auch “homöomorph” bzgl. einer “neighborhood of p“; auch wenn Galloway diese Forderung offenbar unerwähnt lässt).

    > Dass die nach Malament zitierte Frage in einem erweiterten Rahmen berechtigt gestellt werden kann, soll auch gar nicht bestritten werden. […] Es ist naheliegend, dass die Frage für Überlegungen zur Quantengravitation durchaus interessieren kann.

    Diese Frage (wie denn aus Beurteilungen von “Reihenfolge” Bewertungen von “Geometrie” gewonnen werden sollen) stellt sich allein schon dann, und mit unnachgibiger Dringlichkeit, wenn von “Genauigkeit” einer Uhr die Rede ist; oder dass eine gegebene Uhr in einem bestimmten Versuch “good” gewesen sei, oder “besser” als eine andere usw.

    > Aber das ist dann eben keine GR.

    ??? Was denn sonst?

    > Die GR selbst basiert massgeblich auf den Feldgleichungen, und dabei ist der metrische Tensor g von fundamentalem Belang

    Dass der metrische Tensor g (oder zumindest gewisse Äquivalenzklassen solcher Tensoren) von Belang sind, soll auch gar nicht bestritten werden.
    Aber die maßgebliche Basis ist jedenfalls die Methode, nach welcher im vorliegenden Falle aus Experimenten entschieden werden kann, ob die betrachteten Beteiligten (Einsteins “A“, “B“, “M” usw.) die eine oder andere geometrische Beziehung zueinander hatten.
    (Noch ‘ne Kleinigkeit Variationsrechnung drübergestülpt, um Erwartungen auszudrücken, welche geometrische Beziehung zwischen den betrachteten Beteiligten wohl im nächsten Versuch ermittelt werden mögen — geschenkt.)

    > Nach meinem Vorurteil wird bei der RT die Verknüpfung zwischen Theorie und Experiment u.a. dadurch geschaffen, dass geometrische Eigenzeit-Segmente von Einheitslänge als physikalische Zeiteinheiten (SI-Sekunden) zu deuten sind. So stelle ich mir das vor.

    Einheitslänge“??

    Wenn
    s[ K, P ] == q * s[ J, P ]
    für irgendeine bestimmte Zahl “q”,

    dann ist zwangsläufig auch
    (r * s[ K, P ]) == q * (r * s[ J, P ])
    für die selbe Zahl “q” und jede (insbesondere positive) reelle Zahl “r”.

    Und betreffs Blumenuhren:
    Müssten denn überhaupt irgendwelche Dauern miteinander verglichen werden, um zu beurteilen, ob eine bestimmte reell-wertige Parametrisierung der Anzeigen eines bestimmten Blumenbeets monoton zur Reihenfolge dieser Anzeigen ist, oder nicht?

    Und überhaupt:
    Nach meinem Vorurteil wird die Verknüpfung zwischen Beobachtungsdaten und Messwerten durch die Messmethode (bzw. das System von Messmethoden) geschaffen …

  56. @Frank Wappler

    Die kulturhistorischen Ursprünge des Zeitbegriffs liegen offenbar dort, wo Menschen periodisch erscheinende Vorgänge in der Natur und insbesondere am Firmament bewusst registriert und reflektiert haben. Erst eine Unterteilung in Abfolgen von Zyklen hat es erlaubt, in einem zuvor bestenfalls intuitiv erfassbaren Geschehen eine Ordnung zu erkennen und diese Einsicht auch in der Praxis vorteilhaft zu nutzen. Die Möglichkeit zur astronomischen Bestimmung günstiger Zeitpunkte für die Aussaat war ein Meilenstein für die Enstehung früher Hochkulturen. So wurden weiters Kalender und immer bessere Uhren entwickelt, mit beträchtlichem Erfolg. Keine andere physikalische Einheit kann heute so genau realisiert werden wie die SI Sekunde, und eine Ende des Fortschritts ist noch nicht in Sicht.

    Die Einfúhrung von Zeiteinheiten durch zyklische Prozesse ist eine der bedeutendsten Leistungen in unserer Kulturgeschichte, und es wird sich wohl kein Konsens dafür finden lassen, bewährte Konventionen der Zeitmessung aufzugeben um quasi das Rad neu zu erfinden.

    Anders sieht es aus für Bereiche, wo prinzipell keine solche Messung vorstellbar ist. Als Kosmologe (allerdings auch als Nichtkosmologe!) gebe ich mich einer Täuschung hin, wenn ich glaube, mit einer Aussage über das Universum wenige Sekundenbruchteile nach dem Urknall einen Sinn verbinden zu können, wenn ich nicht sagen kann, nach welcher Methode diese Sekundenbruchteile zu messen wären.

    N.B. Meine aufrichtige Gratulation zum gelungenen SciLogs Unicode-Hack! Und das alles ohne Kommentarvorschau! Das hat hier zuvor bestimmt noch keiner geschafft! א₀

  57. No refund

    Chrys schrieb (11.04.2013, 19:10):
    > Die kulturhistorischen Ursprünge des Zeitbegriffs liegen […]

    Diskutabler wäre mir stattdessen ein Hinweis darauf vorgekommen, dass Malament das oben genannte Problem ja offenbar schon lang für (mehr oder weniger) gelöst hält …
    (Oder vielleicht doch erst Bombelli? Falls überhaupt? …)

    Um nochmals zu verdeutlichen, wie ich mir einen Zugang zu solchen mathe-lastigen Veröffentlichungen etwa vorstellen/wünschen würde:

    Einstein [E05] hat den Begriff “Stäbe” verwendet; wobei allerdings offenbar nicht jedes Paar von Beteiligten von vornherein als die “beiden Enden des selben Stabes” gelten können, sondern ansonsten als “gegenüber einander bewegt“. Gemäß Einsteins Forderung [E17] und ausgehend von den dort benutzten selbstverständlichen Voraussetzungen, dass die Beteiligten sich (im Prinzip, weitgehend) gegenseitig beobachten und erkennen können, untersuchen wir […]

    Also — klar, auch Einsteins Beitrag ist kulturhistorisch bedeutsam;
    und nicht zu vergessen die Beiträge mancher seiner Zeitgenossen, die die Auffassung von Definitionen in der Physik als “Methoden zur Feststellung ob” offenbar noch einprägsamer fanden, als Einstein selbst.

    Und sich darauf zu verlassen, dass es auch jenseits unseres Tellerrandes so flach und kalt wäre, wie wir’s gewohnt sind und es uns gut tut, ist ein Vorurteil, dass sich Physiker nicht leisten müssen.

    > Keine andere physikalische Einheit kann heute so genau realisiert werden wie die SI Sekunde

    Offenbar ist dein Begriff von “Genauigkeit” genauso wenig nachvollziehbar wie seinerzeit der von Louis Essen (dem britischen Quartzklotz- und Mikrowelleningenieur). Es wäre sogar ein Vorurteil zu vermuten, dass ihr damit den selben Begriff gemeint hättet.

    p.s.
    Weil ich die Darstellung von “manifold” in MTW ziemlich enttäuschend fand (insbesondere verglichen mit Wikipedia), hab ich gestern mal in der nächst-besseren Bibliothek nachgesehen — und am Physikregal etliche weitere Enttäuschungen erlebt!

    Bemerkenswerte Ausnahme: Sexl/Urbantke, “Gravitation und Kosmologie”.
    (Spektrum Akademischer Verlag !:)

    Besonders beachtlich (hinsichtlich meines Kommentars 10.04.2013, 23:35):
    Abbildung 7.1: “Zur Definition von F und f.”

  58. @Frank Wappler

    Was soll denn nicht nchvollziehbar sein, wenn Metrologen von Genauigkeit reden? Wo machen die Metrologen etwas falsch? Machen sie überhaupt etwas falsch? Das versteh’ ich alles nicht.

    Malament sagt insbesondere, dass kausale Isometrie eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung für konforme Äquivalenz von Raumzeiten ist. Es lassen sich beispielsweise die Friedman Universen durch konforme Skalierung aus dem Minkowski Raum gewinnen. Dazu wird auch geforscht, vorstellbare Anwendungen zielen aber auf diverse Ideen zur Quantengravitation und dergleichen, was über die GR hinausgeht.

  59. No free lunch

    Chrys schrieb (12.04.2013, 10:09):
    > Malament sagt insbesondere, dass kausale Isom[orph]ie eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung für konforme Äquivalenz von Raumzeiten ist. Es lassen sich beispielsweise […]

    Das diskutiert Malament ja offenbar ab S. 53 des oben erwähnten Artikels, http://philsci-archive.pitt.edu/….version2.4.pdf

    (Allerdings wird A. Friedmann wird im betreffenden Artikel offenbar gar nicht namentlich erwähnt.)

    Auf S. 54, in “Proposition 3.3.1.” erklärt er aber offenbar, zusammen mit welchen zusätzlichen Bedingungen das Ganze schließlich doch “hinreichend für konforme Äquivalenz von Raumzeiten” wäre; nämlich:
    für “temporally ordered relativistic spacetimes that are past and future distinguishing” (zusammen mit der alleine noch nicht hinreichenden Forderung “causal isomorphism“).

    Wenn man also, wie schon zitiert, z.B. mit dem Paar “( M, ≪ )” started, wobei sich “M” schlicht als Menge verstehen soll (deren Elemente auch “events” oder “points” genannt werden), so dass eventuelle weitere Beziehungen zwischen den Elementen nicht in Betracht gezogen werden (d.h. außer der Beziehung “” an sich, oder solchen Beziehungen, die sich nicht aus “” ergeben bzw. konstruieren lassen) —
    das dürfte doch ausreichen, um (zunächst) zu beurteilen, ob diese “Kausal-” bzw. “Reihenfolgen-Struktur” einer “temporally ordered relativistic spacetime that is past and future distinguishing” entspricht, oder nicht?

    Falls ja, dann (so meine Ideal-Vorstellung dessen, was Malament andeutet) ermittle man die entsprechende “geometric structure, up to a conformal factor“.
    Falls nein, dann — auch was gelernt.

    (Dieser “conformal factor” macht mir gerade etwas Sorgen; zumal laut S. 7:
    It certainly need not be constant. … &)

    > Es lassen sich beispielsweise die [Friedmann] Universen durch konforme Skalierung aus dem Minkowski Raum gewinnen.

    Heißt das letztlich: wenn man die gesamte entsprechende “Reihenfolgen-Struktur” betrachten/auswerten könnte (oder erst recht: nur einen Teil davon), dann könnte man nicht unterscheiden, ob man sich in dem einen oder anderen (“Universum“; “Raum“) befunden hatte??

    (Ich kann noch nicht einschätzen, wie dumm diese Frage sein mag, falls überhaupt. Im Moment aufs Gratewohl vielleicht z.B. durch
    http://books.google.de/…l=de&id=QagG_KI7Ll8C
    zu browsen, verspricht mir sicher keinen Erfolg.)

    > Was soll denn nicht nchvollziehbar sein, wenn Metrologen von Genauigkeit reden? Wo machen die Metrologen etwas falsch?

    Um nicht nochmals mit direkten Gründen zu langweilen (z.B. 24.03.2013, 23:42), hier eine indirektere (aber hoffentlich trotzdem zielführende) Gegenfrage:
    Falls Metrologen alles machen, was sie so zu machen pflegen, wenn sie sich mit einer bestimmten Uhr “(A, t_A)” beschäftigen, und _zusätzlich_ (d.h. sofern sie es eben nicht sowieso machen) die “Reihenfolgen-Struktur” soweit möglich und erforderlich vermerken könnten, um ihr durch Anwendung “der Malament-Methode” noch irgendetwas Bestimmtes betreffend die betrachtete Uhr abzugewinnen —
    würden und sollten sie das nicht auch in Betracht ziehen?

    Das “Bestimmte” muss ja gar nicht unbedingt der “metrische Tensor g” (evtl. “up to a conformal factor“) an sich sein (wie er bei Malament z.B. in der Gleichung “2.2”, S. 9 unten, auftritt).
    Allein schon z.B. mit dem einen Zahlenwert

    τ_A_[ von Anzeige A_$ bis Anzeige A_£ ] /
    τ_A_[ von Anzeige A_$ bis Anzeige A_€ ]

    für drei verschiedene Anzeigen dieser Uhr (nämlich z.B. ihrer Anzeige bei Teilnahme am Ereignis “$”, ihrer Anzeige bei Teilnahme am Ereignis “£”, sowie ihrer Anzeige bei Teilnahme am Ereignis “€”)
    ließe sich doch bestimmt etwas anfangen:
    man könnte sie z.B. mit dem Zahlenwert

    (t_A[ A_£ ] – t_A[ A_$ ]) /
    (t_A[ A_€ ] – t_A[ A_$ ])

    vergleichen.
    Und das Beste:
    die fragliche “Reihenfolgen-Struktur” ließe sich (bestimmt) feststellen und vermerken, und “die Malament-Methode” ließe sich (sicherlich) darauf anwenden, auch falls man (noch) kein Messergebnis oder kein Vorurteil hat, ob (oder wie genau) diese beiden genannten Zahlenwerte einander gleichen.

  60. @Frank Wappler

    Man sollte vielleicht betonen, dass alle “nicht-pathologischen” Raumzeiten die strong causality Bedingung erfüllen, womit der Forderung nach past and future distinguishing in Prop. 3.3.1 genügt wird. Die globale Topologie und die konforme Struktur einer solchen Raumzeit sind dann jedenfalls durch ihre Kausalstruktur eindeutig festgelegt. Konforme Äquivalenz nutzt dem Physiker aber noch nicht unbedingt viel, denn konform äquivalente Raumzeiten können hinsichtlich ihrer Krümmung (= Gravitation, für Physiker) noch immer drastisch verschieden sein.

    (Es heisst da übrigens temporarily oriented, also zeitorientiert. Meist nimmt man Zeitorientiertheit für eine Raumzeit per definionem an, weshalb Malament das hier in Klammern gesetzt hat — eine “zeitorientierte Raumzeit” wäre eher ein Pleonasmus.)

    Auf der klassischen Beschreibungsebene finden wir viele Prozesse, die hinreichend zyklisch erscheinen, um sie als Oszillatoren für Uhren zu verwenden. Man tut dies nicht, weil es in irgendeinem ontologischen Grunde zwingend wäre und nicht anders gemacht werden könnte, sondern weil es uns bequem ist und die Bewegungsgleichungen der Physik auf diese Weise möglichst einfach zu formulieren sind. Mit der “Länge eines Zeitintervalls” ist kein anderer Sinn verbunden als der, den wir diesem Begriff durch Konvention zuschreiben. Es lässt sich nicht empirisch nachweisen, dass eine SI Sekunde stets genauso lange dauert wie jede andere. Wir können aber so tun als ob, und zwar ohne dabei empirisch etwas falsch zu machen.

    Auf der Beschreibungsebene der Quanten sind die Gegebenheiten völlig andere. Raum und Zeit verlieren dort ihre klassische Bedeutung, weil sie nicht auf die klassische Weise observabel sind. Es beruht womöglich auch nur auf einem Vorurteil, wenn versucht wird, Raum und Zeit in die Quantenwelt einzubringen. Diese könnten als emergente Begriffe verstanden werden, so kriegt man eher den Kopf frei von trügerischen Bildern. Kausale und konforme Strukturen statt Raumzeit könnten einen Schlüssel zur Einsicht und zum Verständnis dafür liefern, wie alles letztlich zusammenpasst.

    By the way, dass eine relativist. Quantentheorie mit lokalisierten Partikeln unmöglich ist, wurde meines Wissen zuerst von David Malament formal bewiesen.

  61. Gleichungen in Blogeinträgen verlinken

    Frank Wappler No free lunch 13.04.2013, 00:14
    (wie er bei Malament z.B. in der Gleichung “2.2”, S. 9 unten, auftritt).

    LINK:
    http://rogercortesi.com/…empimagedir/eqn4896.png

    Roger’s Online Equation Editor
    Für alle die ab und zu mal eine Gleichung in gut lesbarer Form hier einfügen wollen.

  62. No go

    Chrys schrieb (13.04.2013, 20:09):
    > Konforme Äquivalenz nutzt dem Physiker aber noch nicht unbedingt viel

    Einstein hat ja recht deutlich gemacht, was “Physikern nutzt” (im Bestreben, sich und andere nicht zu täuschen); nämlich:

    – die Fähigkeit von Beteiligten (z.B. “A” in [E05]), für jede (eigene) Anzeige wahrnehmen, wiedererkennen und unterscheiden zu können, ob und von welchen anderen Beteiligten (z.B. von “B”) sie wahrgenommen worden war; und

    – die Fähigkeit von Beteiligten (z.B. “M” in [E17]), Reihenfolge oder Koinzidenz von (mehreren unterscheidbaren eigenen) Wahrnehmungen beurteilen zu können.

    Diese Fähigkeiten, die wohl allen Beteiligten im Prinzip verständlich wenn nicht sogar eigen sein sollten, denen auch zugestanden wird, “sich täuschen” oder “sich nicht täuschen” begrifflich unterscheiden zu können, sind z.B. ganz konkret nützlich, um die folgenden Beziehungen zwischen Beteiligten zu unterscheiden:

    – betrachtet man A und hinreichend viele weitere geeignete Beteiligte (z.B. drei weitere Paare von Beteiligten: “B” und “X”, “J und Y”, “P” und “Z”), so dass A für jede Anzeige die Wahrnehmungen dieser Anzeige durch B, X, J, Y, P und Z koinzident wahrnahm,
    dann lässt sich unterscheiden, ob jeder dieser sieben Beteiligten die selbe Beziehung zu den sechs anderen feststellte (also dass B für jede Anzeige die Wahrnehmungen dieser Anzeige durch A, X, J, Y, P und Z koinzident wahrnahm, usw.), oder nicht; oder

    – betrachtet man drei geeignete Beteiligte “K”, “M” und “Q”, von denen M für jede Anzeige die Wahrnehmungen dieser Anzeige durch K und Q koinzident wahrnahm, und K für jede Anzeige die Wahrnehmung dieser Anzeige durch Q koinzident damit wahrnehm, dass M wahrgenommen hatte dass K wahrgenommen hatte dass M diese Anzeige wahrgenommen hatte,
    dann lässt sich unterscheiden, ob das Selbe auch für Q (gegenüber M und K) gilt (also dass Q für jede Anzeige die Wahrnehmung dieser Anzeige durch K koinzident damit wahrnehm, dass M wahrgenommen hatte dass Q wahrgenommen hatte dass M diese Anzeige wahrgenommen hatte), oder nicht.

    > Auf der klassischen Beschreibungsebene finden wir viele Prozesse, die hinreichend zyklisch erscheinen, um sie als Oszillatoren für Uhren zu verwenden.

    Das setzt offenbar voraus, dass im konkreten Fall feststellbar war, ob ein “Prozess” vorlag, oder nicht.
    Ob eine “Uhr, (U, t_U)” vorlag, oder nicht, lässt sich dann allein danach beurteilen, ob die Zahlen “t_U” monoton zur Reihenfolge der Elemente des gegebenen “Prozesses” zugeordnet wurden, oder nicht.

    > Mit der “Länge eines Zeitintervalls” ist kein anderer Sinn verbunden als der, den wir diesem Begriff durch Konvention zuschreiben.

    Entscheidend ist, dass die jeweilige Konvention ausschließlich aus Begriffen konstruiert wird, die jedem Beteiligten von vornherein zugestanden werden müssen, dem man auch zutraut, den Begriff “Konvention” an sich zu verstehen.
    (Auf Begriffe wie “Cs133-Atom” oder “undisturbed from external fields” trifft das offensichtlich nicht unmittelbar zu; aber vielleicht lassen sich ja auch die Methoden, durch die solche Begriffe zu definieren wären, in Anlehnung an dir o.g. Beispiele konstruieren. Ich vermisse dazu eben nur ein deutliches “Und zwar so: …”.)

    Und natürlich lassen sich Konventionen (Messmethoden, und deren systematische Zusammenhänge untereinander, d.h. die entsprechende(n) Theorie(n)) nicht empirisch testen (also durch Betrachtung von Messwerten, die durch Anwendung der fraglichen Messmethode(n) auf gegebene Beobachtungsdaten eventuell erhalten wurden).
    Empirisch und ökonomisch relevant wäre lediglich, ob eine bestimmte Konvention/Messmethode überhaupt irgendwelche Messwerte aus den vorliegenden Beobachtungsdaten gewinnen kann.
    Falls nicht, betrachtet man natürlich vorrangig andere Konventionen/Messmethoden, die das leisten.

    > dass eine relativist. Quantentheorie mit lokalisierten Partikeln unmöglich ist, wurde meines Wissen zuerst von David Malament formal bewiesen.

    Das zählt sicherlich dazu, was Einstein mit “über die Relativitätstheorie herfallen (und unkenntlich machen)” meinte.
    Jedenfalls finde ich es bedauerlich, dass [E05] mit dem Begriff “Ort” nicht gleich genau so gründlich und selbstverständlich aufgeräumt hat, wie mit dem Begriff “Zeit”. (Er steckte damals wohl noch zu tief in Vorurteilen.)

  63. Take a break

    Ehrlich gesagt, ich sehe beispielsweise nicht einmal, wie die Wapplerschen Beteiligten zu einem kausalen Isomorphismus kommen wollen, und ob überhaupt. Ich versteh’ immer nur Bahnhof und Zeigerstellung.

    A propos Zeigerstellung. Dass Einstein 1905 bei Uhren kaum biologische, forensische, oder radiologische, sondern periodisch tickende Objekte im Sinne hatte, mag der geneigte Leser aus diesem Zitat ersehen:

    Man schließt daraus, däß eine am Erdäquator befindliche Unruhuhr um einen sehr kleinen Betrag langsamer laufen muß als eine genau gleich beschaffene, sonst gleichen Bedingungen unterworfene, an einem Erdpole beündliche Uhr.

    So falsch er mit dem dort Gesagten bekanntermassen gelegen hat, so nachvollziehbar ist doch (hoffentlich), was er mit einer Unruhuhr gemeint haben könnte. [Unruh_(Uhr)]

    Dank @jmg für den Link zum Formeleditor! Habe es zu Eulers Geburtstag gerade ausprobiert.
    http://rogercortesi.com/…empimagedir/eqn4257.png

  64. Watch out

    Chrys schrieb (15.04.2013, 21:06):
    > Ehrlich gesagt, ich sehe beispielsweise nicht einmal, wie die Wapplerschen Beteiligten zu einem kausalen Isomorphismus kommen wollen, und ob überhaupt.

    Erstens, sofern diese Frage von Bedeutung ist, stellt sie sich ebenso für die von Einstein betrachteten und benannten Beteiligten.

    Zweitens gelten ja wohl alle einzelnen Beteiligten als einander “kausal isomorph“; d.h. man gesteht jedem Einzelnen an sich wenigstens im Prinzip zu, Reihenfolge oder Koinzidenz seiner Wahrnehmungen zu beurteilen.

    Und welche Mengen/Systeme mehrerer Beteiligter einander “kausal isomorph” sind, oder nicht, ergibt sich doch daraus, ob die Gesamtheit der Urteile der Mitglieder des einen Systems (untereinander) und die Gesamtheit der Urteile der Mitglieder des einen Systems (untereinander) einander zugeordnet werden können, oder nicht.

    > Einstein 1905 […]

    Dass Einstein 1905 noch gar keine Methode angegeben hat, anhand der im konkreten Falle festzustellen wäre, ob zwei voneinander getrennte Uhren einander “baugleich” gewesen und geblieben wären, und/oder “gleichen Bedingungen unterworfen” gewesen und geblieben wären,
    ja, dass er 1905 noch nicht einmal nach solchen Methoden gefragt hat,
    legt nahe, seine entsprechenden Verdienste aus späteren Jahren mehr zu würdigen.

    Demnach ist das, was er 1905 zum “Lauf” irgendwelcher (voneinander getrennter) Uhren geäußert hat, nicht nur nicht (unbedingt) richtig, sondern (wie Pauli formulierte): es ist noch nicht mal falsch.

    > was er mit einer Unruhuhr gemeint haben könnte […http://de.wikipedia.org/wiki/Unruh_%28Uhr%29 ]

    Anhand des Wikipedia-Artikels scheint nachvollziehbar, dass dazu mehrere unterschiedbare Beteiligte gehören (sollen):
    ein “Lagerzapfen” sowie mehrere Bestandteile (z.B. “Schrauben“) eines “Reifs“. Eine Versuchsanordnung, welche bestimmte geometrische Beziehung(en) all diese unterscheidbaren Beteiligten aber untereinander gehabt haben sollen, oder gar eine Methode um im konkreten Falle festzustellen, ob gegebene Beteiligte solche geometrischen Beziehungen zueinander hatten, oder nicht, ist dort allerdings nicht angegeben.

    jmg schrieb (15.04.2013, 10:17):
    > Gleichungen in Blogeinträgen verlinken

    Ja, gut … aber wie wär’s denn (endlich) damit, Gleichungen in Blogeinträgen gut lesbar anzeigen zu können?

    Hab den empfohlenen Formeleditor trotzdem mal ausprobiert (vielen Dank!; hier insbesondere aus Anlass eines
    bevorstehenden Todestages):
    http://rogercortesi.com/…empimagedir/eqn5940.png

  65. SRT einfach erklärt

    Erklärung der Relativitätstheorie an zwei kurzen Beispielen:

    1. Zwei Kosmonauten driften im Weltraum voneinander weg. Der erste Kosmonaut denkt sich: “Weil der andere von mir wegschwebt, muss er einer höheren Geschwindigkeit ausgesetzt sein und deshalb langsamer altern als ich.” Die zweite Person denkt genau dasselbe über die erste Person. Und laut Relativitätstheorie haben beide Personen recht.

    2. Zwei Raumfähren schweben antriebslos im All mit etwa 100 km/h aufeinander zu. Der Kommandeur der ersten Raumfähre teilt der Besatzung der zweiten Fähre mit: “Wir treiben mit rund 80 km/h auf euch zu, während ihr mit 20 km/h auf uns zufliegt.” Da meldet sich jemand von der zweiten Raumfähre: “Nein, wir fliegen mit 70 km/h durch den Raum, während ihr mit etwa 30 km/h unterwegs seid.”

    Wiederum liegen beide Personen richtig. Falls noch ein drittes Besatzungsmitglied behauptet: “Wir fliegen mit 90 km/h und ihr da drüben nur mit 10 km/h”, dann liegt laut Relativitätstheorie auch diese Person mit ihrer Aussage richtig, weil alles relativ(istisch) ist.

    So einfach ist die Relativitätstheorie erklärt. Falls jemand glaubt, dass dies nicht stimmt, dann kann man ja mal nachlesen in: Die Welt der Relativität – alles falsch? Korrekturen zur Relativitätstheorie (auch im Web). Danach gibt es keine Zweifler mehr.

  66. Stimmt’s?

    Estu schrieb (01.10.2013, 17:54):
    > Erklärung der Relativitätstheorie an zwei kurzen Beispielen:
    > 1. Zwei Kosmonauten driften im Weltraum voneinander weg.

    (Eigentlich müsste hier zunächst mal erklärt werden, wie zwei Beteiligte denn überhaupt einvernehmlich feststellen sollten, dass sie “voneinander weg” dümpelten, anstatt “aufeinander zu” oder “weder – noch”. Aber diese Aufgabe fällt wohl eher der ART zu.)

    > Der erste Kosmonaut denkt sich: “Weil der andere von mir wegschwebt, muss er einer höheren Geschwindigkeit ausgesetzt sein

    Ähnliches ließe sich wohl auch denken, falls die beiden feststellten, “aufeinander zu” zu schweben.

    > und deshalb langsamer altern als ich.”

    Deshalb“?!?
    Dieser Gedanke scheint überhastet; näherliegender wäre zunächst zu denken:

    “Während wir uns nicht treffen, sondern getrennt voneinander dahindümpeln — erklär mir doch erstmal, wie wir (gegenseitig einvernehmlich) überhaupt feststellen könnten, wer von uns
    beiden “schneller alterte” (bzw. ob wir beide gleich “schnell alterten“)?”

    > 2. Zwei Raumfähren schweben antriebslos im All mit etwa 100 km/h aufeinander zu. […]

    Und erklär doch erstmal, wie zwei Beteiligte (ggf. zusammen mit weiteren anderen, falls erforderlich), sich überhaupt einigen sollen “mit was” (welchem “Geschwindigkeits”-Wert) sie gegenüber einander schwebten.

    So einfach muss und kann die (Spezielle) Relativitätstheorie erklärt werden!

  67. Zum Kommentar vom 4. 10.:
    Diese Beispiele stammen nicht von mir, sondern von Relativisten.

    Aber vielleicht ist das Nachfolgende eher nach Franks Geschmack
    (inkusive Quellenangabe!)

    Relativitätstheorie als unrichtig entlarvt:

    Zeitdilatation bei Myonen

    Myonen existieren nur kurze Zeit, bevor sie zerfallen. Myon-1 fliegt beinahe mit Lichtgeschwindigkeit durch die Atmosphäre auf die Erde zu. Wegen der hohen Geschwindigkeit existiert Myon-1 länger als ein zweites Myon (Myon-2) auf der Erdoberfläche.

    Das richtige Ergebnis (laut Wikipedia): „In S hat Myon-1 eine größere Lebensdauer als Myon-2. Somit hat Myon-1 genügend Zeit, um die dort gemessene Ruhelänge der Atmosphärenschichten bis zur Erdoberfläche zu durchdringen – hier ist also die Zeitdilatation von Myon-1 maßgeblich.“

    Weitere Behauptung (laut Wikipedia bzw. Relativisten): „In S’ hat Myon-2 eine größere Lebensdauer als Myon-1. Das ist jedoch kein Problem, denn die Atmosphäre ist in S’ bewegt und somit kontrahiert in Bezug zu ihrer Ruhelänge. Dadurch reicht selbst die geringere Lebensdauer von Myon-1 aus, bis die bewegte Atmosphäre vorbeigezogen ist und Myon-1 von der bewegten Erdoberfläche erreicht wird – hier ist also die Längenkontraktion der Atmosphärenschichten maßgeblich.“ – Diese Behauptung ist falsch!

    Aus Sicht von Myon-2 bzw. der Erde ist die Existenz von Myon-2 bereits beendet, während Myon-1 noch durch die Atmosphäre fliegt. Aus der Sichtweise von Myon-1 (das angeblich in Ruhe ist, während die Erde, Myon-2 und die Atmosphäre in Bewegung sind) ist die Lebensdauer von Myon-1 kürzer als von Myon-2 auf der Erde. Trotzdem kollidiert Myon-1 wegen einer angeblichen Kontraktion des Atmosphärenwegs mit der Erde, obwohl diese Längenkontraktion noch nie beobachtet wurde.

    In Wahrheit gibt es keine Längenkontraktion. Auch wenn es sie gäbe, bliebe der Widerspruch, dass im ersten Fall die Lebensdauer von Myon-2 kürzer als von Myon-1 ist, während im zweiten Fall die Lebensdauer von Myon-1 kürzer als von Myon-2 ist. Diese Unlogik soll sich mit verschiedenen Bezugssystemen der zwei Sichtweisen erklären, die nur eine irreale Ausrede ist. Dabei gäbe es in diesen Inertialsystemen keine Gleichzeitigkeit. Und die Längenkontraktion wirkt wie das Wegzaubern einer unliebsamen Distanz, nur um dem Ganzen einen Anschein von Nachvollziehbarkeit zu geben.

    Entweder ist die Lebensdauer von Myon-2 kürzer als von Myon-1 – oder umgekehrt. Aber es kann nicht beides stimmen, wobei es nur auf die Sichtweise ankäme. Tatsache ist, dass Myon-1 in der Atmosphäre noch existiert hat, während Myon-2 auf der Erde bereits zerfallen ist, was unzählige Male bewiesen ist! Dennoch soll Myon-1 in beiden Sichtweisen mit der Erde kollidieren, auch wenn die Lebensdauer von Myon-1 im zweiten Fall kürzer als von Myon-2 ist.

    Im ersten Fall ist das andere Myon (Myon-1) in Bewegung, weshalb „die Zeitdilatation maßgeblich“ ist. Im zweiten Fall ist ebenso das andere Myon (Myon-2) in Bewegung, weshalb „die Längenkontraktion maßgeblich“ ist. Woher weiß man, ob die Zeitdilatation oder die Längenkontraktion maßgeblich ist? Kann man es sich aussuchen? Wenn ja, dann kann man auch behaupten, dass für die Erde und Myon-2 die Längenkontraktion und für Myon-1 die Zeitdilatation maßgeblich sei. Dadurch würde sich die bisherige Argumentation umkehren, was im völligem Widerspruch steht, weil dann Myon-2 auf der Erde länger als Myon-1 existieren müsste, was noch nie geschehen ist!

    Allerdings könnte man sich bei den zwei Sichtweisen auch beide Male für die Zeitdilatation entscheiden. Im ersten Fall existiert Myon-1 länger als Myon-2, wodurch das Myon-1 die Erde erreicht. Im zweiten Fall würde Myon-2 länger als Myon-1 existieren, wobei Myon-1 schon zerfallen ist, bevor die Erde (mit Myon-2) die Position von Myon-1 erreicht. Doch wie bereits erwähnt, hat Myon-1 in der Atmosphäre noch jedes Mal existiert, während Myon-2 auf der Erde längst zerfallen ist, was unzählige Male bewiesen ist! Verstehen die Relativisten JETZT den Widerspruch?

    Kann man es sich doch nicht aussuchen, ob Zeitdilatation oder Längenkontraktion maßgeblich ist? Dann ist aber das Beispiel mit den zwei antriebslosen Raketen im Weltraum, die sich näher kommen, auch falsch. Somit können nicht beide Besatzungen die Zeitdilatation verwenden, wodurch die jeweils anderen einer hohen Geschwindigkeit ausgesetzt sind und dadurch langsamer altern. Begreifen die Relativisten JETZT den Widerspruch? (Siehe auch: ‘Zeitdilatation bewegter Teilchen’ aus Wikipedia)

  68. Estu schrieb (25. November 2013 14:42):
    > Myonen existieren nur kurze Zeit, bevor sie zerfallen.

    Es hilft sicher zu wissen, dass für Myonen (insbesondere für “freie”, “gleiche”) eine mittlere Lebensdauer festzustellen ist, bzw. eine entsprechende Halbwertszeit. Und zwar (bisher, offenbar) für alle Ensembles von (“freien”, “gleichen”) Myonen konsistent mit einem bestimmten Wert der mittleren Lebensdauer (bzw. der Halbwertszeit); jeweils im Rahmen der statistisch zu erwartenden Genauigkeit. Die Particle Data Group wertet vorliegenden Messungen aus und macht den resultierenden Messwert (“muon mean life τ”) samt Vertrauensbereich öffentlich; oder sicherlich auch, falls irgendwelche nachvollziehbaren Messungen damit ausdrücklich nicht konsistent wären.

    Schon allein deshalb bietet sich MBMN eher das bekannte “Zug-und-Gleis”-Beispiel an, um Grundsätzliches zur (S)RT zu erklären.

    > Myon-1 fliegt beinahe mit Lichtgeschwindigkeit durch die Atmosphäre auf die Erde zu. […] ein zweites Myon (Myon-2) auf der Erdoberfläche.
    > Das richtige Ergebnis (laut Wikipedia): „In S hat Myon-1 eine größere Lebensdauer als Myon-2. […]

    > Diese Beispiele stammen nicht von mir, sondern von Relativisten. […]

    Haben diese (angeblichen?, vermeintlichen?) “Relativisten” eventuell ein eigenes öffentliches Forum, um sie dort mit dem Begriff und entsprechenden Messoperator für “Dauer” (alias “Eigenzeit” bzw. “proper time”) im Allgemeinen, und mit dem Begriff “Lebensdauer” im Besonderen, bekannt zu machen? (Man will ja die Gastfreundlichkeit dieses SciLogs dahingehend nicht überstrapazieren …)

    Jedenfalls ist die Dauer eines bestimmten Myons von seiner Erzeugung/Geburt (z.B. beim Aufbruch von einer “Startmarkierung”) bis zu seinem Tod/Zerfall (z.B. “beim Eintreffen am Zielstrich”) nicht das Selbe wie z.B. die Dauer dieser Startmarkierung von ihrer Anzeige der Geburt bzw. des Aufbruchs des Myons bis zu ihrer Anzeige gleichzeitig zur Anzeige des Zielstrichs bei Eintreffen bzw. Zerfall des Myons.

    Und diese beiden Dauern sind (deshalb) nicht unbedingt gleich;
    und um diese beiden Dauern miteinander zu vergleichen ermittelt und berücksichtigt man “den Faktor Sqrt[ 1 – β² ]”;
    d.h. sofern Startmarkierung und Zielstrich während des Versuchs zueinander ruhten, so dass überhaupt feststellbar war, welche Anzeige des einen jeweils gleichzeitig zu einer bestimmten Anzeige des anderen war; und so dass das Paar “Startmarkierung und Zielstrich” während des Versuchs über die Eigenschaft einer bestimmten “Distanz” (alias “Länge”) voneinander verfügte.

    Und ansonsten hätte ich vielleicht eher die Namen “Myon-A” und “Myon-B” gewählt (“A” wie “athmosphärisch”, “B” wie “bodenständig”; oder Letzteres vielleicht noch besser “Myon-J”, mit “J” wie “gegenüber A nicht ruhend, sondern bewegt”).

  69. @Estu, Frank Wappler

    »Aber vielleicht ist das Nachfolgende eher nach Franks Geschmack … Zeitdilatation bei Myonen … Kann man es sich doch nicht aussuchen, ob Zeitdilatation oder Längenkontraktion maßgeblich ist? «

    Dazu braucht es keine zwei Muonen, das verwirrt doch nur. Was interessiert, ist die Lebesdauer eines Muons in seiner Eigenzeit (die Zeit in seinem Ruhesystem) im Vergleich zu dem Zeitintervall Δt, das mit einer Uhr im “Erdsystem” simultan dazu ermittelt wird.

    Im Ruhesystem des Muons ist die Muon-Weltline durch s e_μ gegeben, sein Lebensintervall durch s0 < s < s1 gekennzeichnet.

    Im “Erdsystem” bewege sich das Muon mit der Geschw. β in, sagen wir, positive x-Richtung (wo die Lichtgeschw. oBdA normalisiert sei, c = 1). Dann ist die Muon-Weltlinie dort dargestellt durch (Lorentz Boost + allfällige Translation)

    s e_μ = s γ (e_t + β e_x) + b,

    mit dem üblichen 1/γ = √{1 − β&sup2;}. Setzen wir nun Δs = s1 − s0, so ist der Lebensabschnitt des Muons durch den Differenzvektor Δs e_μ beschrieben. Damit gilt

    Δs e_μ = Δs γ (e_t + β e_t) = Δt e_t + Δx e_t,

    oder eben

    Δt = γ Δs und Δx = γ β Δs. Von “Längenkontraktion” muss man dabei also nirgendwo reden.

    Das einzige Problem ist hierbei die HTML Formatierung und der fehlende Preview.

  70. Chrys schrieb (26. November 2013 11:32):
    > Δs e_μ = Δs γ (e_t + β e_x) = Δt e_t + Δx e_x

    > […] mit dem üblichen 1/γ = √( 1 – β² )

    > Das einzige Problem ist hierbei die HTML Formatierung und der fehlende Preview.

    So gravierend, hartnäckig und bedauerlich diese formalen SciLogs-Probleme auch sind —
    hier ist ein nicht minder ernstzunehmendes:

    Sofern das zitierte “e” bedeuten soll, dass

    e_μ · e_μ =
    e_t · e_t =
    e_x · e_x ≠ 0

    (was mit den zitierten Formeln ausdrücklich kompatibel ist),

    ist die Beziehung
    > Δt = γ Δs

    nützlich oder (einzeln) sogar notwendig, um geeignete Paare “e_t und e_μ”
    überhaupt erst zu identifizieren, also in Zusammenhang mit den von Estu oben (25. November
    2013 14:42) angedeuteten Versuchsanordnungen und Beobachtungsdaten zu bringen;

    und ebenso: ist die Beziehung
    > Δx = γ β Δs

    nützlich oder (einzeln) sogar notwendig, um geeignete Paare “e_x und e_μ”
    überhaupt erst zu identifizieren
    ?

    Oder sind solche “(geeigneten) Paare” in Estus Beschreibung von vornherein enthalten und
    erkennbar, so dass man ihnen die benutzten Symbole ganz unproblematisch zuordnen könnte?

    • p.s.
      Frank Wappler schrieb (26. November 2013 16:11):

      > Sofern das zitierte “e” bedeuten soll, dass

      > e_μ · e_μ =
      > e_t · e_t =
      > e_x · e_x ≠ 0

      > (was mit den zitierten Formeln ausdrücklich kompatibel ist),

      Und sofern “e” außerdem bedeuten soll, dass

      e_t · e_x = 0.

  71. @Frank Wappler

    So etwas hatte ich eigentlich schon erwartet. Die Forderung nach Klärung der Symbole ist natürlich berechtigt. Es sollen also bezeichnen:

    e_μ = Zukunftsorientierter Einheitstangentenvektor an die Muon-Weltlinie.

    e_t = Zukunftsorientierter Einheitstangentenvektor an die Weltlinie einer im “Erdsystem” ruhenden Uhr.

    e_x = Einheitstangentenvektor an die zu e_t g-orthogonale Projektion der Muon-Weltlinie.

    Alle geometr. Massbestimmungen (“Einheits…”) seien dabei auf die Minkowski Metrik g bezogen. Soll also heissen,

    e_μ · e_μ = e_t · e_t = 1,
    e_x · e_x = −1,
    e_t · e_x = e_x · e_t = 0.

  72. Chrys schrieb (26. November 2013 17:44):
    > Die Forderung nach Klärung der Symbole ist natürlich berechtigt. Es sollen also bezeichnen:

    Es wäre allerdings erstrebenswert (nicht wahr?) die erforderliche “Klärung der Symbole” unter Einsatz von Terminologie zu leisten, die Estu oben (25. November 2013 14:42) selbst benutzte, oder von der man erwarten dürfte, dass sie (sogar) von Estu verstanden/benutzt werden kann;
    und mit Terminologie, die sich auf Physik bezieht, also (insbesondere) auf Beobachter und deren (individuelle) Beobachtungen und darauf basierenden (einvernehmlichen) Feststellungen.

    > e_μ = Zukunftsorientierter Einheitstangentenvektor an die Muon-Weltlinie.

    > e_μ · e_μ = 1

    Soso. (Wie praktisch! ;).

    Und wie/woran genau erkennt man nun einen derartigen “Vektor” anhand eines bestimmten gegebenen bzw. zu betrachtenden Myons “in der freien Wildbahn”?

    Kann man z.B. einfach (und zumindest “in erster Näherung” bzw. bei geeignet “einfacher Versuchsanordnung”)

    – das Ereignis betrachten, zu dem das fragliche Myon seinen “Lebensbeginn” anzeigte (benennen wir dieses Ereignis der Kürze halber mit dem Symbol “£”),

    – das Ereignis betrachten, zu dem das selbe Myon sein “Lebensende” anzeigte (“€”),

    – sich irgendeine (reelle, positive) Zahl “Δs” aus den Fingern saugen, und

    – das geordnete Paar “£, €” multipliziert mit dem Koeffizienten “1/(Δs)” als (gleich dem) “Zukunftsorientierten Einheitstangentenvektor an die Weltlinie” dieses Myons bezeichnen
    ?

    > e_t = Zukunftsorientierter Einheitstangentenvektor an die Weltlinie einer im “Erdsystem” ruhenden Uhr.

    > e_t · e_t = 1

    Woran könnte man/Estu denn nun diesen “Vektor” erkennen?
    Und wäre auch das (“im einfachsten Fall”) damit verbunden, irgendeinen (reellen, positiven) Zahlenwert aus dem Hut zu zaubern, der (deshalb, i.A.) ungleich “Δs” wäre?

    Und warum, zum Kuckuck, äußern sich manche zur RT scheinbar ohne sich solche Fragen gestellt und nachvollziehbar beantwortet zu haben?.

  73. @Frank Wappler

    Noch nie wurde ein Vektor “in der freien Wildbahn” gesichtet, auch keine Raumzeiten oder gar eine Weltlinie. Wer das als problematisch empfindet, sollte sich zuvörderst Gedanken machen über die strikte Unterscheidung zwischen den formalen Ausdrucksmitteln und den inhaltlichen Gegenständen einer theoretisch-physikal. Beschreibung von Phänomenen.

    Die im besagten Kommentar von Estu aufgeworfene Frage war nicht, wie die Bedingungen zur Beobachtung von Myonzerfällen in der Erdatmosphäre im Rahmen der SR formalisiert werden, sondern ob die SR die beobachteten Ereignisse mit dem Stichwort “Längenkontraktion” erklärt (oder erklären kann).

    Hingegen ist die Frage, ob oder wie man hier ausgehend von reinen Beobachtungen und ohne zusätzliche Annahmen theoretischer Art vielleicht zur SR gelangen kann, doch sozusagen ein echt Wapplersches Steckenpferd.

  74. Chrys schrieb (27. November 2013 10:42):
    > Noch nie wurde ein Vektor “in der freien Wildbahn” gesichtet

    Aber es sollen offenbar Vektoren (und sogar Orthonormalsysteme von Vektoren, bzgl. eines geeigneten Produkts “·”) dem, “was da kreucht und fleucht”, nicht ganz willkürlich zuzuordnen sein.

    > zuvörderst Gedanken machen über die strikte Unterscheidung zwischen den formalen Ausdrucksmitteln und den inhaltlichen Gegenständen einer theoretisch-physikal. Beschreibung von Phänomenen.

    Die begriffliche Unterscheidbarkeit ist sicherlich selbstverständlich und gewährleistet, weil
    bzw. sofern es sich nicht in beiden Fällen schlicht um leere Mengen handelt.

    Mit meiner obigen (26. November 2013 23:22) Skizze habe ich ja versucht, dazu einzuladen, sich mit der erforderlichen Zuordnung genauer auseinanderzusetzen.
    Aber jemand, der (z.B.) konkrete “inhaltliche Gegenstände einer theoretisch-physikal. Beschreibung von Phänomenen” begrifflich gar nicht zur Verfügung hat, muss eine solche Einladung wohl ausschlagen.

    > Die im besagten Kommentar von Estu aufgeworfene Frage war […] ob die SR die

    beobachteten Ereignisse mit dem Stichwort “Längenkontraktion” erklärt (oder erklären kann).

    Das erscheint zwar etwas cherrygepickt; aber wir stimmen offenbar zumindest soweit überein

    (26. November 2013 1:08 implizit; 26. November 2013 11:32 explizit):
    Von “Längenkontraktion” muss man dabei also nirgendwo reden.

    Bleibt die Frage (die sich aus Estus Anliegen, 25. November 2013 14:42, ebenso herauslesen
    lässt):

    Muss man denn dabei überhaupt irgendwo von “Zeitdilatation” reden? —
    Bedarf es überhaupt irgendeiner besonderen Erklärung dafür, dass die mittleren Lebensdauern
    von Myonen(-Ensembles) gleich sind, ganz egal ob sie in Paraffin stecken oder durch die
    Atmosphäre oder durch Speicherringe sausen??

    > Hingegen ist die Frage, ob oder wie man hier ausgehend von reinen Beobachtungen und ohne zusätzliche Annahmen theoretischer Art vielleicht zur SR gelangen kann […]

    Zum wievielten Male?:
    Man braucht nachvollziehbare theoretische Begriffe, um irgendwelche (Modell-)Annahmen
    überhaupt treffen bzw. (Modell-)Erwartungen überhaupt ausdrücken und festhalten zu können.
    Deshalb nennt man’s Relativitätstheorie.

  75. @Frank Wappler

    »Aber es sollen offenbar Vektoren (und sogar Orthonormalsysteme von Vektoren, bzgl. eines geeigneten Produkts “·”) dem, “was da kreucht und fleucht”, nicht ganz willkürlich zuzuordnen sein.«

    Gewiss, und die geometrische Formulierung der SR sehe ich historisch als gegeben spätestens durch Minkowski [Raum und Zeit] (1908). In seinem gerne zitierten Büchlein von 1916 will Einstein den lieben Leser offenbar nicht mit Minkowskis 4-dim. Welt überfordern (vgl. §17 und Anhang 2), aber er, Einstein, hatte da zumindest hinreichend viel an geometrischem Verständnis erlangt, um die Nachvollziehbarkeit all dessen auch aus Sicht des Physikers beurteilen zu können. Und für ihn war es gut so.

    Kann schon sein, dass meine vorigen Anmerkungen für Estu nichts bringen, aber wenn dem so sein sollte, dann liegt’s garantiert nicht daran, dass ein Widerspruch in der SR wäre, den die “Relativisten” nicht begreifen wollen.

    »Muss man denn dabei überhaupt irgendwo von “Zeitdilatation” reden? —«

    Natürlich nicht. Man muss nur die Muon-Weltlinie durch die Zeit t der im “Erdsystem” ruhenden Uhr parametrisieren, dann erhält man für die Eigenzeit s des Muons den differentiellen Ausdruck

    ds = 1/γ dt.

    Integration über die Lebensdauer des Muons verwandelt dann ds und dt in Δs und Δt, und das war’s schon. Es braucht also überhaupt keine Lorentz Transformation in das Ruhesystem des Muons, daher kommen weder “Zeitdilatation” noch “Längenkontraktion” vor. Das ganze ist eigentlich nur eine schlichte Bestimmung der Bogenlänge eines Abschnitts der Muon-Weltlinie mit Hilfe der “Erdsystem”-Uhr. Und das funktioniert vom Prinzip her auch, wenn das Muon auf beliebig krummen Bahnen umherläuft, wobei dann i.a. freilich γ variabel vom Parameter t abhängt.

  76. [ Der Kommentar, den ich hier gerade eingereicht habe, erscheint bei mir im Browserfenster mit der Bemerkung “Der Kommentar wird moderiert.” vorangestellt. Ich erlaube mir die Vermutung, dass das (nur) der Anzahl (4) von http-Links in meinem Kommentar zuzuschreiben ist, und möchte deshalb hiermit versuchen, eine weitere Version meines Kommentars mit nur 2 Links provisorisch einzureichen, die nach erfolgter Moderation und (voraussichtlicher) Veröffentlichung meines Original-Kommentars gern gelöscht werden kann. — FW. ]

    Chrys schrieb (27. November 2013 22:20):
    > »Muss man denn dabei überhaupt irgendwo von “Zeitdilatation” reden? –«
    > Natürlich nicht. […]
    > dann erhält man für die Eigenzeit s des Muons den differentiellen Ausdruck
    > ds = 1/γ dt.

    Und beim Anblick dieses “differentiellen Ausdrucks
    (oder zumindest des entsprechenden “Integralausdrucks Δs = 1/γ Δt”)
    würde bzw. sollte man nicht ausrufen:
    “Guck mal, Mama — Zeitdilatation!”
    ??

    Da müsste man (mich eingeschlossen) sich aber ganz ordentlich zusammenreißen!;
    und das beträfe gewiss auch jene (mich eingeschlossen), die es sich beim Anblick von ” γ m” sehr gut verkneifen können auszurufen:
    “Guck mal, Mama — relativistische Masse!”
    .)

    Worauf ich “ohne von Dilatation zu reden” hinauswollte, war jedenfalls, das Ereignis mit der Geburtsanzeige eines Myons sowie das (andere) Ereignis mit der Todesanzeige dieses selben Myons in Betracht zu ziehen, also die oben (26. November 2013 23:22) schon erwähnten Ereignisse “£” und “€”,
    und auch ein (i.A.) anderes Ereignis mit der Geburtsanzeige eines anderen Myons sowie das (i.A. ebenfalls andere) Ereignis mit der Todesanzeige ebenjenes anderen Myons: Ereignisse “$” und “¥”.

    (Dieses Bild, z.B., mag eine konkretere Vorstellung davon vermitteln, dass und wie sich solche Ereignisse erkennen und unterscheiden lassen:
    http://teachers.web.cern.ch/teachers/archiv/HST2005/bubble_chambers/BCwebsite/gallery/gal3_chargedpion.htm
    )

    Und dann berechne man die (reelle) Zahl
    Delta;s_{ $, ¥ } / Δs_{ £, € }.

    (Und was ist dazu an Geometrie nützlich bzw. erforderlich?. “t“??)

    > und die geometrische Formulierung der SR sehe ich historisch als gegeben spätestens durch Minkowski [Raum und Zeit] [ Link s.o. ] (1908).

    Wenn ich mir diesen Text (nicht zum ersten Mal) ansehe, finde ich (immer noch)

    Es seien x, y, z rechtwinklige Koordinaten für den Raum, und t bezeichne die Zeit. Gegenstand unserer Wahrnehmung sind immer nur Orte und Zeiten verbunden.

    und

    […] wollen wir uns vorstellen, daß aller Orten und zu jeder Zeit etwas Wahrnehmbares vorhanden ist. Um nicht Materie oder Elektrizität zu sagen, will ich für dieses Etwas das Wort Substanz brauchen. Wir richten unsere Aufmerksamkeit auf den im Weltpunkt x, y, z, t vorhandenen substantiellen Punkt und stellen uns vor, wir sind imstande, diesen substantiellen Punkt zu jeder anderen Zeit wieder zu erkennen.

    Die Werte des Variablen “x, y, z” eines bestimmten, wiedererkennbaren “vorhandenen substantiellen Punktes” (jeweils “zu einer [bestimmten] Zeit t“) sind offenbar nicht selbst “Gegenstand unserer Wahrnehmung“.

    Wo aber sollen solche Werte herkommen
    (jeweils für einen bestimmten, wiedererkennbaren “vorhandenen substantiellen Punkt“, und jeweils für einen bestimmten Wert “t“)
    ?

    Wie hätte man sich gemäß Minkowski vorzustellen, solche Koordinatenzahlen “dem Wahrnehmbaren” zuzuordnen?

    Oder ist das vielleicht gar nicht relevant?
    Lassen sich Zahlenwerte wie “Delta;s_{ $, ¥ } / Δs_{ £, € }” ermitteln, egal ob oder wie man Koordinatenzahlen z.B. auf die (wahrnehmbaren, unterscheidbaren) Elemente des o.g. Bildes streuselt?

    > Einstein [hatte 1916] zumindest hinreichend viel an geometrischem Verständnis erlangt, um die Nachvollziehbarkeit all dessen auch aus Sicht des Physikers beurteilen zu können. Und für ihn war es gut so. Einstein hat sein geometrisches Verständnis 1916 u.a. so ausgedrückt:

    Alle unsere zeiträumlichen Konstatierungen laufen stets auf die Bestimmung zeiträumlicher Koinzidenzen hinaus.

    [ “Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie”, §3;
    http://www.physik.uni-augsburg.de/annalen/history/einstein-papers/1916_49_769-822.pdf ]

    und “in seinem gerne zitierten Büchlein” (mit Vorwort datiert “Dezember 1916” (obwohl: man kann auch ohnedies davon ausgehen, dass Einstein den Inhalt zuerst aufgeschrieben und erst hinterher einem Verleger zukommen lassen hat)) hat Einstein in §8 sogar ein (erstes?[1]) konkretes Beispiel dafür skizziert, wie das (“hinaus“-)läuft.
    In Minkowskis Artikel kann ich das nicht mal im Ansatz erkennen.

    ([ 1: Die Bedeutung der Rolle von Koinzidenz-Bestimmungen ist wohl u.a. schon 1905 in Einsteins “Definition des Synchronismus” und der Forderung von “Transivität”

    2. Wenn die Uhr in A sowohl mit der Uhr in B als auch mit der Uhr in C synchron
    läuft, so laufen auch die Uhren in B und C synchron relativ zueinander.

    angelegt bzw. erkennbar. vgl. “Zur_Elektrodynamik_bewegter_Körper” §1 ].)

    p.s.

    > […] liegt’s garantiert nicht daran, dass ein Widerspruch in der SR wäre, den die “Relativisten” nicht begreifen wollen.

    Denn gewiss setzt das eine nachvollziehbare Definition des Begriffes “Widerspruch” voraus, die eine Methode an die Hand gibt, nach welcher im jeweils vorliegenden Falle einvernehmlich entschieden werden kann, ob […] oder nicht.
    (Ansonsten gäbe man sich ja einer Täuschung hin und ließe sich vielleicht zu Äußerungen hinreißen, die als “nicht mal falsch” abzuqualifizieren wären.)
    Und wer das nicht begriffen und verinnerlicht hat, sollte sich MBMN nicht “Relativist” nennen bzw. nennen lassen.

  77. @Frank Wappler

    »“Guck mal, Mama — Zeitdilatation!”«

    Der Ausdruck Δs = 1/γ Δt sagt nur, dass die Muon-Weltlinie zwischen s0 und s1 um den Faktor 1/γ kürzer ist als die Weltlinie der “Erdsystem”-Uhr zwischen t0 und t1, wobei, aus Sicht eines im “Erdsystem” ruhenden Beobachters (!), s0 gleichzeitig zu t0 und s1 gleichzeitig zu t1 ist.

    Die unschönen Vokabeln “Zeitdilatation” und “Längenkontraktion” beschreiben in der SR nur das Transformationsverhalten von Koordinaten bei einem Lorentz Boost. In der Deutung von Lorentz mit einem Aether ist das anders: Lorentz sah Längenkontraktion als einen durch die Bewgung relativ zum Weltaether bedingten, physischen Effekt, und Zeitdilatation verstand er zunächst überhaupt nicht. Das schien ihm wohl erst einmal eine Art von mathematischem Hokuspokus zu sein.

    Vor diesen Koordinaten muss man nun keine Angst haben, die sind doch nur ein Mittel der Beschreibung, ein Schema zur eindeutigen Bezeichnung von Punkten — oder von mir aus Ereignissen — in der Raumzeit. Die Theorie muss aber den Begriff der Raumzeit als Rahmen allen Geschehens irgendwie bestimmen, um mit der Rede von “zeiträumlichen Koinzidenzen” letztlich einen Sinn verbinden zu können. Und die Raumzeit der SR ist gerade der Minkowski Raum.

    Wenn man genau hinschaut, wie Einstein das vor 1908 ohne Minkowski formal hingekriegt hat, dann stellt man fest, dass seine SR-Welt lediglich aus einer abstrakten Menge von Koordinatensystemen bestand, zusammen mit einer Vorschrift zur Transformation zwischen je zwei von diesen. War das so vielleicht besser?

  78. Chrys schrieb (28. November 2013 16:00):
    > Koordinaten […] sind doch nur ein Mittel der Beschreibung, ein Schema zur eindeutigen Bezeichnung von Punkten — oder von mir aus Ereignissen — in der Raumzeit.

    Ich habe den Verdacht, dass du (und wer noch?) dir Koordinaten eben nicht “doch nur zur eindeutigen Kennzeichnung von Ereignissen vorstellst, sondern: …

    … ach ja! — wir waren beim Versuch, solchen Vorstellung auf den Grund zu gehen (sofern sie überhaupt nachvollziehbar wären) schon über das “clock postulate” (24. März 2013 15:15) bis zur “Unruhuhr” (15. April 2013 21:06) gelangt,
    und bei der (zwangsläufigen) Frage stehengeblieben (16. April 2013 11:41),

    wie (falls überhaupt) bestimmte Koinzidenz- (oder Reihenfolgen-)Feststellungen auf ein Urteil darüber hinauslaufen könnten, ob eine gegebene “Unruhuhr” “gleichmäßig tickte” (ihr “Reif” konstanten “Durchmesser” und/oder “Trägheitsmoment” behielt, ihre “Feder” konstante “Elastizität” behielt und/oder ihr “Lager” “reibungsarm” blieb, usw.) oder inwiefern nicht.

    > Die Theorie muss aber den Begriff der Raumzeit als Rahmen allen Geschehens irgendwie bestimmen, um mit der Rede von “zeiträumlichen Koinzidenzen” letztlich einen Sinn verbinden zu können.

    Einstein schreibt in diesem Zusammenhang von “materiellen Punkten”, deren “Begegnungen” und wiederum “Beobachtungen derartiger Begegnungen” (vermutlich durch die beteiligten “materiellen Punkte”).

    Auch Minkowski schreibt ja von “vorhandenen, wiedererkennbaren substanziellen Punkten”. (Er besprenkelt — pardon: “parametrisiert” — sie eben nur mit irgendwelchen reellen Zahlenwerten.)

    > Wenn man genau hinschaut, wie Einstein das vor 1908 ohne Minkowski formal hingekriegt hat, dann stellt man fest, dass seine SR-Welt lediglich aus einer abstrakten Menge von Koordinatensystemen bestand, zusammen mit einer Vorschrift zur Transformation zwischen je zwei von diesen. War das so vielleicht besser?

    Wenn man betrachtet, wie weit Einstein die (S)RT 1916/17 verstanden hat und darzustellen wusste, dann stellt man fest, dass

    – die Synchronitätsdefinition [1905] zusammen mit der Transivitätsbedingung: Wenn die Uhr in M sowohl mit der Uhr in A als auch mit der Uhr in B synchron
    läuft, so laufen auch die Uhren in A und B synchron relativ zueinander

    genau dann erfüllt ist, wenn M “Mitte zwischen” A und B war und zu jeder Anzeige A_t, die M wahrnahm, B’s mit der selben Zahl “t” parametrisierte Anzeige B_t von M koinzident wahrgenommen wurde.

    – die Gleichzeitigkeitsdefinition [1917]: A’s Anzeige “A_Aufleuchten” und B’s Anzeige “B_Blitzeinschlag” sind einander gleichzeitig falls M diese beiden Anzeigen koinzident wahrnahm, und wobei M “Mitte zwischen” A und B war

    ist demnach eine Verallgemeinerung, die (an sich) ohne irgendwelche bestimmten Parametrisierung(en) auskommt. Und das ist jedenfalls besser/nachvollziehbarer, als von irgendwelchen “clock postulates” abzuhängen, die man (s.o.) offenbar nur allzuleicht vergisst, geschweige denn als selbstverständlich/axiomatisch begreifen könnte.

  79. @Frank Wappler

    Jedes von Einsteins inertialen Koordinatensytemen beschreibt eine Newtonsche Welt (“Es liege ein Koordinatensystem vor, in welchem die Newtonschen mechanischen Gleichungen gelten.” Erster Satz in Einstein (1905), Teil I, §1). Wie man dort (Ruhe-)Längen mit Zollstöcken misst und zu Raumkoordinaten in Beziehung setzt, ist also kein spezifisches Problem der SR. Und was dort unter einer Uhr zu verstehen ist, muss auch bereits klassisch Newtonsch geklärt sein. Als einzige nennenswerte Besonderheit erweist sich dann im weiteren (mit Hinblick auf die Synchronisierung), dass diese Uhr als ruhend anzunehmen ist, ihre Ortskoordinaten also zeitlich konstant sind. Eine solche Uhr liefert dann die Koordinatenzeit für das in Betracht stehende Koordinatensystem. (Bei Minkowski wird später aus dieser Koordinatenzeit die zusätzliche Zeitkoordinate, und schlussendlich aus dem so erhaltenen 4-dim. Raum-Zeit-Koordinatensystem eine Karte der Minkowskischen Raumzeit.)

    Was ganz grundsätzlich die Einführung von Koordinaten in der SR betrifft, da sehe ich keinen einzigen Aspekt, den man nicht auch bereits in der Newtonschen Physik klarzustellen hätte. Der Unterschied zu Newton kommt erst durch die Art und Weise der Transformation zwischen den Koordinatensystemen zustande.

    Im übrigen denke ich, dass dieser Weg der fúr ambitionierte Einstein-Versteher am leichtesten nachvollziehbar ist. Markus Pössel tut m.E. bei seinem Projekt also gut daran, die Grundbegriffe gemäss der Newtonschen Physik darzulegen und Einstein warten zu lassen, bis er wirklich an der Reihe ist.

  80. Chrys schrieb (29. November 2013 11:45):
    > Was ganz grundsätzlich die Einführung von Koordinaten in der SR betrifft, da sehe ich keinen einzigen Aspekt, den man nicht auch bereits in der Newtonschen Physik klarzustellen hätte.

    Ja, eben: “man hätte“.

    > Wie man dort (Ruhe-)Längen mit Zollstöcken misst und zu Raumkoordinaten in Beziehung setzt, ist also kein spezifisches Problem der SR.

    Das ist überhaupt kein Problem der (S)RT; sondern nur ein spezifisches Problem der Newtonschen Physik bzw. (hier besonders) jeglicher Darstellungen von Physik die von Koordinaten abhängen.
    In der (S)RT erhält man stattdessen Aussagen bzw. Werte betreffend “Längen(-Verhältnisse) aus Bestimmungen betreffend Koinzidenz (oder Reihenfolge) von
    Beobachtungen; so wie alle anderen “zeiträumlichen Konstatierungen” auch.
    Darauf basierend erlaubt die (S)RT z.B., ob irgendein bestimmter “
    Stock” im Verlaufe eines bestimmten Versuches konstante “Länge” hatte und behielt, oder inwiefern nicht; ganz unabhängig davon, ob ihn jemand dabei “Zollstock” nannte oder so beschriftete, oder nicht.

    > Und was dort unter einer Uhr zu verstehen ist, muss auch bereits klassisch Newtonsch geklärt sein.

    Du scheinst (noch) in dem Vorurteil befangen, dass die erforderliche Klärung innerhalb der Newtonschen Physik zu leisten wäre, und nicht außerhalb geleistet worden ist, nämlich gerade durch die (S)RT, also durch Einsteins (offenbar bahnbrechende) Einsichten, von denen sich 1905 erste Andeutungen finden, und die 1916/1917 (insbesondere in jenem “gerne zitierten Büchlein” einigermaßen deutlich erkennbar sind.

    > Markus Pössel tut m.E. bei seinem Projekt also gut daran, die Grundbegriffe gemäss der Newtonschen Physik darzulegen

    Wo, bitte, wäre denn dort herum z.B. irgendeine Erklärung zu finden (oder auch nur zu erwarten), wie man sich unter allen vorstellbarenUnruhuhren” die Klasse derjenigen vorzustellen hätte,
    die “gleichmäßig” (a.k.a. “good”) “tickten”?
    (Geschweige denn “Reife” von konstanten “Durchmessern” und/oder “Trägheitsmomenten” behalten hätten, oder “Federn” von konstante “Elastizität” und/oder “reibungsarme Lager”; nur um die aller offensichtlichsten möglichen Selbst-Täuschungs-Versuchungen dabei zu benennen.)

    Einfach jeweils ein bestimmtes Wort “dafür” zu wählen, macht noch längst nicht den Begriff nachvollziehbar.

  81. Frank Wappler schrieb (29. November 2013 17:35):
    > Bestimmungen betreffend Koinzidenz (oder Reihenfolge) von Beobachtungen […] Darauf basierend erlaubt die (S)RT z.B., ob irgendein bestimmter “Stock” im Verlaufe eines bestimmten Versuches konstante “Länge” hatte und behielt, oder inwiefern nicht;

    Sollte sein:
    Darauf basierend erlaubt die (S)RT z.B. zu messen, ob irgendein bestimmter
    Stock” im Verlaufe eines bestimmten Versuches konstante “Länge” hatte und behielt, oder inwiefern nicht; ganz unabhängig davon, ob ihn jemand dabei “Zollstock” nannte …

  82. @Frank Wappler

    Für ein jedes der von Einstein (1905) in §1 als “ruhend” bezeichneten Koordinatensysteme will er am physikalischen Messwesen fast alles so belassen, wie es in der Newtonschen Physik schon praktiziert wurde. Die einzige Ausnahme besteht in der Forderung, dass die Zeitmessung in einem solchen System mittels dort ruhender Uhren zu erfolgen habe. (“Wesentlich ist, daß wir die Zeit mittels im ruhenden System ruhender Uhren definiert haben; wir nennen die eben definierte Zeit wegen dieser Zugehörigkeit zum ruhenden System „die Zeit des ruhenden Systems“.“)

    Mit seinen ruhenden Uhren hat Einstein bereits implizit eine zu den Ortskoordinaten orthogonale Zeitkoordinate eingeführt, aber diese geometrische Deutung tritt erst bei Minkowski wirklich zutage.

    Und was das “gleichmässige” Ticken der Uhren betrifft, da sei einmal mehr an §8 des gerne zitierten Büchleins erinnert:

    Diese Festsetzung enthält noch eine physikalische Hypothese, an deren Zutreffen man ohne empirische Gegengründe kaum zweifeln wird. Es ist nämlich angenommen, daß alle diese Uhren „gleich rasch“ gehen, wenn sie von gleicher Beschaffenheit sind.

    Warum sollte sich der liebe Leser an dieser Stelle darüber auch weiter den Kopf zerbrechen? Alles sollte doch so einfach wie möglich gemacht werden.

  83. Chrys schrieb (29. November 2013 23:48):
    > Und was das “gleichmässige” Ticken der Uhren betrifft, da sei einmal mehr an §8 des gerne zitierten Büchleins erinnert:

    Diese Festsetzung enthält noch eine physikalische Hypothese, an deren Zutreffen man ohne empirische Gegengründe kaum zweifeln wird. Es ist nämlich angenommen, daß alle diese Uhren „gleich rasch“ gehen, wenn sie von gleicher Beschaffenheit sind.

    Zunächst mal ist “gleichmäßig Ticken” nicht das Selbe wie “„gleich rasches“ Gehen“.

    Letzteres beschreibt Einstein unmittelbar im Anschluss an das obige Zitat so:

    Exakt formuliert: Wenn zwei an verschiedenen Stellen des Bezugskörpers ruhend
    angeordnete Uhren so eingestellt werden, daß eine Zeigerstellung der einen mit der selben Zeigerstellung der anderen gleichzeitig (im obigen Sinne) ist […]

    d.h. im Sinne der vorher beschriebenen Definition von “Gleichzeitigkeit”, dass jeweils die beiden “selben Zeigerstellungs“-Anzeigen der beiden Uhren von einem geeigneten Beteiligten koinzident wahrgenommen wurden, der dabei als “Mitte zwischen” den beiden Uhren festgestellt wurde.

    Dagegen betrifft “Gleichmäßigkeit” einen Vergleich von Dauern; nämlich hier, dass
    – die Dauer einer bestimmten Uhr von einer (beliebigen) bestimmten “Tick“-Anzeige bis zu ihrer nächsten “Tick“-Anzeige gleich
    – der Dauer der selben Uhr von irgendeiner anderen “Tick“-Anzeige bis zu ihrer nächsten “Tick“-Anzeige wäre.

    Das ist aber für die bloße Feststellung, welche Anzeigenpaare von “der Mitte” koinzident wahrgenommen wurden, keineswegs notwendig.

    > […] will er am physikalischen Messwesen fast alles so belassen, wie es in der Newtonschen Physik schon praktiziert wurde.

    Durch welche Praktiken hätte denn “in der Newtonschen Physik” gemessen werden sollen, welche Paare von Uhren einander “baugleich” geblieben bzw. gewesen wären, sofern und solang sie voneinander getrennt waren??

    Vielmehr erfährt der Begriff “Baugleichheit voneinander getrennter Uhren” erst durch Einstein eine nachvollziehbare, auf Koinzidenz-Bestimmungen zurückgeführte Messdefinition.

    > Mit seinen ruhenden Uhren hat Einstein bereits implizit eine zu den Ortskoordinaten orthogonale Zeitkoordinate eingeführt

    Der Unterschied, dass zu jedem Paar in Betracht gezogener Ereignisse entweder zahlreiche verschiedene wiedererkennbare Beteiligte (bzw. “materielle Punkte“) an beiden teilnahmen oder ansonsten gar kein Beteiligter an beiden teilnahm, ist und bleibt nachvollziehbar, auch ohne irgendwelche Koordinatenzahlen darüberzustreuen.

  84. @Frank Wappler

    »Dagegen betrifft “Gleichmäßigkeit” einen Vergleich von Dauern; nämlich hier, dass …«

    Wir können und müssen davon ausgehen, dass Einstein (1905) für alle praktischen Belange unter “Uhr” eine “Unruhuhr” verstanden hat, denn die erwähnt er schliesslich. Eine solche Unruhuhr hat nun eine durch ihre Bauart bedingte, charakteristische Periodendauer. “Die Periodendauer T der Unruhschwingung hängt vom Trägheitsmoment I der Unruh ab und vom Direktionsmoment D ihrer Spirale:” [Periode der Oszillation]. Eine Unruhuhr tickt also schon definitionsgemäss in einem periodischen Gleichmass, andernfalls ist sie defekt und damit als Uhr unbrauchbar.

    »Durch welche Praktiken hätte denn “in der Newtonschen Physik” gemessen werden sollen, welche Paare von Uhren einander “baugleich” geblieben bzw. gewesen wären, sofern und solang sie voneinander getrennt waren??«

    Bei Unruhuhren u.a. durch Bestimmung und Vergleich von deren charakt. Kenngrössen, Trägheitheitsmoment der Unruh und Direktionsmoment der Spirale.

    »Vielmehr erfährt der Begriff “Baugleichheit voneinander getrennter Uhren” erst durch Einstein eine nachvollziehbare, auf Koinzidenz-Bestimmungen zurückgeführte Messdefinition.«

    Nein, gewiss nicht. Dass “Uhren von gleicher Beschaffenheit gleich rasch gehen”, wird von Einstein doch ausdrücklich als Annahme eingeführt. Er braucht als Voraussetzung für seine Def. der “Zeit” eines Ereignisses am Bahndamm, dass die dort ruhend postierten Uhren von gleicher Beschaffenheit hinsichtlich ihrer Zeigerstellungen immer synchron bleiben, sofern sie einmal in dem von ihm beschriebenen Sinne synchronisiert wurden. Diese “Zeit” ist dann eine Zeitkoordinate für das Koordinatensystem “Bahndamm”, das will er so haben.

  85. Chrys schrieb (1. Dezember 2013 11:28):
    > Eine Unruhuhr tickt also schon definitionsgemäss in einem periodischen Gleichmass, andernfalls ist sie defekt und damit als Uhr unbrauchbar.

    Eine gute Unruhuhr tickt definitionsgemäss in einem periodischen Gleichmass. Und andernfalls mag man die jeweilige Uhr eben “defekt” oder “unbrauchbar” oder “schlecht” nennen. (MTW, Fig. 1.9, benutzen die Terminology “good clock vs. bad clock“; offenbar entsprechend, allerdings ohne sich dabei ausdrücklich auf “tickende” Uhren zu beschränken.)

    Und sicherlich ist es eine interessante experimentelle Aufgabe Versuch für Versuch zu messen, ob eine gegebene Unruhuhr ´dabei in diesem Sinne “gut” war und blieb, oder in wie fern nicht. (Ähnlich wie — man erinnert sich — es eine interessante experimentelle Aufgabe Versuch für Versuch zu messen, ob gegebene “Cs133”-Atome “ungestört” gewesen wären, oder in wie fern nicht.)

    > Bestimmung und Vergleich von deren charakt. Kenngrössen, Trägheitheitsmoment der Unruh und Direktionsmoment der Spirale.

    Gewiss lassen sich auch diese Größen zumindest im Prinzip Versuch für Versuch messen, und dadurch ist feststellbar, ob diese für eine bestimmte gegebene Unruhuhr konstant geblieben wären, oder in wie fern nicht.
    Aber gewiss lässt sich (in Anwendung der relativistischen Messdefinitionen) auch an sich messen, ob die Dauer der gegeben Unruhuhr von einem bestimmten Tick bis zu ihrem nächsten Tick gleich ihrer Dauer von diesem nächsten Tick bis zu ihrem übernächsten Tick gewesen wäre, oder in wie fern nicht. (Eine Andeutung, wie das zumindest im Prinzip geht, findet sich in MTW, Box 16.4: “Ideal rods and clocks built from geodesic world lines”).

    Vermutlich lassen sich Messgrößen der Dynamik, wie “Trägheitheitsmoment” oder “Direktionsmoment“, gar nicht definieren, ohne Messgrößen der Geometrie bzw. Kinematik, wie Dauerverhältnisse, zu benutzen und deshalb vorauszusetzen.

    > Dass “Uhren von gleicher Beschaffenheit gleich rasch gehen”, wird von Einstein doch ausdrücklich als Annahme eingeführt. Er braucht als Voraussetzung für seine Def. der “Zeit” eines Ereignisses am Bahndamm, dass die dort ruhend postierten Uhren von gleicher Beschaffenheit hinsichtlich ihrer Zeigerstellungen immer synchron bleiben, sofern sie einmal in dem von ihm beschriebenen Sinne synchronisiert wurden.

    Die von Einstein beschriebene Methode, hinsichtlich eines einzelnen Versuchs:

    […] daß eine Zeigerstellung der einen mit der selben Zeigerstellung der anderen gleichzeitig (im obigen Sinne) ist

    lässt sich offensichtlich fortgesetzt in jedem (weiteren) Versuch anwenden (bzw. angewandt denken). Sie ist demnach de facto geeignet um zu überprüfen (bzw. eben überhaupt erst als Messgröße zu definieren), was vermeintlich Gegenstand der “ausdrücklichen Annahme” wäre.

  86. @Frank Wappler

    Was Einstein in §8 des Büchleins umtreibt ist letztlich, mit Hilfe des vorgestellten Konzepts von Gleichzeitigkeit eine Begriffsbestimmung von “Zeit” zu erhalten, welche auf ein Koordinatensystem bezogen ist und von relativ zu diesem ruhenden Uhren angezeigt wird.

    Damit gelangt man auch zu einer Definition der „Zeit“ in der Physik. Man denke sich nämlich in den Punkten A, B, C des Geleises (Koordinatensystems) Uhren von gleicher Beschaffenheit aufgestellt und derart gerichtet, daß deren Zeigerstellungen gleichzeitig (im obigen Sinne) dieselben sind. Dann versteht man unter der „Zeit“ eines Ereignisses die Zeitangabe (Zeigerstellung) derjenigen dieser Uhren, welche dem Ereignis (räumlich) unmittelbar benachbart ist. Auf diese Weise wird jedem Ereignis ein Zeitwert zugeordnet, der sich prinzipiell beobachten läßt.

    Dazu muss er seine am Bahndamm aufgestellten Uhren “von gleicher Beschaffenheit” synchronisieren können, was ja hinter der Forderung steckt, die Uhren seien “derart gerichtet, daß deren Zeigerstellungen gleichzeitig (im obigen Sinne) dieselben sind.” Wenn sich dieser Gleichtakt nicht einrichten lässt, dann wären die Uhren für Einsteins Zwecke jedenfalls nicht gut genug.

  87. Chrys schrieb (2. Dezember 2013 18:53):
    > […] seine am Bahndamm aufgestellten Uhren “von gleicher Beschaffenheit” synchronisieren können, was ja hinter der Forderung steckt, die Uhren seien “derart gerichtet, daß deren Zeigerstellungen gleichzeitig (im obigen Sinne) dieselben sind.”

    Umgekehrt:
    hinter den (ansonsten undefinierten) Begriffen “gleicher Beschaffenheit (zweier zueinander ruhender Uhren)” und “gerichtet” steckt die (nachvollziehbare und Versuch für Versuch durchführbare) Messdefinition, diejenigen Paare von Anzeigen, die im obigen Sinne, bzw. in Anwendung der von Einstein dargestellten Methode) als einander gleichzeitig festgestellt wurden, danach zu beurteilen, ob sie “dieselben sind” (bzw. “hinreichend ähnlich aussähen”; zumindest einander ähnlicher, als Paare von Anzeigen, die nicht einander gleichzeitig waren).

    > […] letztlich, mit Hilfe des vorgestellten Konzepts von Gleichzeitigkeit eine Begriffsbestimmung von “Zeit” zu erhalten, welche auf ein Koordinatensystem bezogen ist

    Unbeschadet dessen lässt sich anerkennen, dass Einsteins Messdefinition von “Gleichzeitigkeit”
    (die von 1916/17) an sich ohne irgendwelche Koordinaten auskommt, und exemplarisch dafür
    steht, dass “alle unsere zeiträumlichen Konstatierungen stets auf die Bestimmung zeiträumlicher Koinzidenzen hinauslaufen“.

  88. @Frank Wappler

    »Umgekehrt: …«

    Nein, gar nicht umgekehrt.

    Einsteins Leitmotiv ist die Covarianz der Formulierung von Naturgesetzen. Dazu braucht es ganz unbedingt Koordinaten, denn es interessiert hierbei die Frage, wie sich die formalen Ausdrücke unter Koordinatentransformationen verhalten. In Anhang 5 des Büchleins schreibt er u.a. in aller Deutlichkeit:

    Die Naturgesetze müssen kovariant sein in bezug auf beliebige kontinuierliche Transformationen der Koordinaten.

    Um Einstein besser zu verstehen, sollte man sein Büchlein ausnahmsweise auch einmal über den §8 hinaus lesen.

  89. Chrys schrieb (3. Dezember 2013 13:37):
    > Einsteins Leitmotiv ist die Covarianz der Formulierung von Naturgesetzen. Dazu braucht es ganz unbedingt Koordinaten […]

    Wenn “Naturgesetze” (bzw. die zugrundeliegenden Begriffe/Messgrößen, wie z.B. die Einsteinsche Gleichzeitigkeit) von vornherein koordinatenfrei formuliert sind, dann beliben diese manifest unverändert, falls jemand hinterher irgendwelche Koordinatenzahlen draufkleckert.

    p.s.

    > Um Einstein besser zu verstehen, sollte man sein Büchlein ausnahmsweise auch einmal über den §8 hinaus lesen.

    Um Einstein zu verstehen, sollte man seinen Lesefluss an der von Einstein markierten Stelle (im §8) unterbrechen, und sich Rechenschaft über die Methode geben, nach welcher man im jeweils vorliegenden Falle entscheidet, ob das Aufgeschriebene etwas “Verständliches” enthält, oder nicht.

  90. @Frank Wappler

    »Wenn “Naturgesetze” […] von vornherein koordinatenfrei formuliert sind, dann beliben diese manifest unverändert, falls jemand hinterher irgendwelche Koordinatenzahlen draufkleckert.«

    Ein koordinatenfreies Naturgesetz: dF = 0, δF = J.

    Das ist eine offensichtlich koordinatenfreie Darstellung der Maxwellschen Gleichungen. Aus der Möglichkeit, eine solche Darstellung angeben zu können, folgt jedoch keinseswegs die Covarianz des Dargestellten unter beliebigen Koordinatenwechseln. Bekanntlich hat es für Maxwell da ein gewisses Problem bei Galilei Transformationen.

    Warum Einstein von den Koordinatensystemen nicht lassen will, liegt im Relativitätsprinzip begründet. Zitat aus obigem Text von Josef Honerkamp:

    Das Galileische Relativitätsprinzip lautet nun: Die Gesetze der Physik haben in allen Inertialsystemen die gleiche Form.

    Ob ein Gesetz diesem Prinzip genügt, kann man einfach prüfen, in dem man die Koordinaten des einen Bezugssystems durch die Koordinaten des anderen ausdrückt und in die Gleichung für das Gesetz einsetzt. Dann erhält man die Formulierung des Gesetzes in den anderen Koordinaten, d.h. in dem anderen Bezugssystem, und diese müsste die gleiche physikalische Aussage ergeben wie das ursprüngliche Gesetz, also im wesentlichen auch die gleiche Form haben.

    Womit wir schlussendlich sogar wieder on-topic angekommen wären.

  91. Chrys schrieb (4. Dezember 2013 9:18):
    > Ein koordinatenfreies Naturgesetz: dF = 0, δF = J.
    > Das ist eine offensichtlich koordinatenfreie Darstellung der Maxwellschen Gleichungen.

    0” ist als reelle Zahl offensichtlich koordinatenfrei;
    und wenn man weiß, wie “β” bzw. “β²” (bekannt spätestens seit 26. November 2013 1:08 bzw. 26. November 2013 11:32) als reelle Zahlenwerte ermittelt werden, dann mag man auf dieser Grundlage auch “J” als offensichtlich koordinatenfrei verstehen.
    Mit “d“, bzw. “δ” und “F” (einzeln, oder in den gezeigten Zusammensetzungen) wäre ich mir da von vornherein nicht so sicher; gerade im Hinblick auf http://en.wikipedia.org/wiki/Manifest_covariance#Example .

    Kannst du ggf. bitte deutlicher bzw. eindeutig beschreiben, was genau du mit “d“, “δ” und “F” meinst (bzw. was du vermutest, Maxwell darunten verstanden haben könnte)?

    > Zitat aus obigem Text von Josef Honerkamp:
    > Das Galileische Relativitätsprinzip lautet nun: Die Gesetze der Physik haben in allen Inertialsystemen die gleiche Form. Ob ein Gesetz diesem Prinzip genügt, kann man einfach prüfen, in dem man die Koordinaten des einen Bezugssystems […]

    Koordinaten des einen Bezugssystems ” ??? —
    Systematische geometrische Beziehungen zwischen (bestimmten, zu betrachtenden) Beteiligten sind doch nicht mit irgendwelchen Koordinaten verbunden; z.B.

    – Beteiligte, die zueinander ruhen,
    – drei bestimmte Beteiligte, die zueinander so ruhen, dass alle 3 Paare gleiche Distanz

    voneinander haben,
    usw. usf.

    Da kann man selbstverständlich Teilmengen des R^n draufstreuen, wie man will.

    Die Aussage/Forderung “Die Gesetze der Physik haben in allen Inertialsystemen die gleiche
    Form.
    hat doch nichts mit irgendwelchen Koordinaten zu schaffen, sondern vor allem damit, dass es eine nachvollziehbare (d.h. auf Beurteilungen von Koinzidenz bzw. Reihenfolge) beruhende Methode gibt um festzustellen, ob gegebene Beteiligte “zueinander ruhten”, und auch eine nachvollvollziehbare Methode, um die Zahlenwerte “β” bzw. “β²” (gegenseitig) zu ermitteln.

    Josef Honerkamp schrieb oben auch:

    Nun charakterisiert man eine Beziehung zwischen zwei Bezugssystemen nicht allein durch die Bewegung der Bezugspunkte zu einander.

    Immerhin gibt er damit zu, dass die Messung von “Bewegungen” von Mitgliedern verschiedener “Bezugssysteme” gegenüber einander geeignet sind, um Beziehungen zwischen diesen Bezugssystememen zu charakterisieren. Und, wie “J” oben, versteht man diese “Bewegungen” koordinatenfrei.

  92. @Frank Wappler

    »Immerhin gibt er [Josef Honerkamp] damit zu, dass die Messung von “Bewegungen” von Mitgliedern verschiedener “Bezugssysteme” gegenüber einander geeignet sind, um Beziehungen zwischen diesen Bezugssystememen zu charakterisieren.«

    Nun ja, was er da zugibt, präzisiert er unmittelbar anschliessend so:

    Konkreter geschieht dies, indem man die Koordinaten eines Bezugssystems durch die Koordinaten des anderen ausdrückt.

    Ist denn irgendwas daran nicht nachvollziehbar oder sonstwie unverständlich?

    Maxwell, der hätte seine Gleichungen so gewiss nicht ohne weiteres wiedererkannt.

    Die gegebene Darstellung folgt aus der Box [Maxwell’s equations (current 1-form)] durch Anwendung des ∗-Operators auf die inhomogene Gleichung.

  93. Chrys schrieb (#98, 4. Dezember 2013 22:49):
    > [Koordinaten eines Bezugssystems] Ist denn irgendwas daran nicht nachvollziehbar oder sonstwie unverständlich?

    Das hatte ich gerade an recht überschaubaren Bezugssystem-Beispielen zu erläutern versucht; darunter:

    > Frank Wappler [schrieb 4. Dezember 2013 13:47:
    > >
    – drei bestimmte Beteiligte, die zueinander so ruhen, dass alle 3 Paare gleiche Distanz voneinander haben, ]

    Dieses Beispiel betrifft also drei bestimmte wiedererkennbare “vorhandene substantielle Punkte” (nennen wir sie konkret “H”,”J” und “K”), die, als System, bestimmte (und einfach zu benennende) geometrische Beziehungen untereinander haben.
    Was sind “(die) Koordinaten dieses Bezugssystems” ??

    > Die gegebene Darstellung folgt aus der Box [Maxwell’s equations (current 1-form)] […]

    Dem angegebenem Wikipedia-Artikel lässt sich entnehmen, dass das oben (4. Dezember 2013 9:18) benutzte Symbol “d” als Abkürzung für http://en.wikipedia.org/wiki/Exterior_derivative gemeint ist.

    Dort wiederum ist ausdrücklich u.a. von “local coordinate system (x1, …, xn)” und “coordinate chart” die Rede. (Weitere dort auftauchende Begriffe, wie z.B. “differentiable manifold” sind sicherlich auch eng mit solchen “charts” verbunden.)

    Die oben angegebene Darstellung der Maxwellschen Gleichungen, die dieses Symbol “d” beinhaltet (und wer weiß was noch), erscheint dadurch insgesamt ganz und gar nicht “offensichtlich koordinatenfrei“.

  94. @Frank Wappler

    »Die oben angegebene Darstellung der Maxwellschen Gleichungen, die dieses Symbol “d” beinhaltet (und wer weiß was noch), erscheint dadurch insgesamt ganz und gar nicht “offensichtlich koordinatenfrei”.«

    Die äussere Ableitung ist durch die drei axiomatiscben Bedingungen (wie bei wikipedia) charakterisiert. Das ist dann koordinatenfrei.

    Aber machen wir es doch etwas einfacher. Im statischen Spezialfall bleibt von der Feldstärke nur das E-Feld übrig, und die Gleichungen kollabieren zum klasischen

    rot E = 0, div E = ρ.

    Das ist auch ein Naturgesetz, und garantiert nicht covariant. Gelten diese Gleichugen im “Wapplerversum” als koordinatenfrei? Wenn nein, wie könnte es koordinatenfrei aussehen? Und falls das gar nicht gehen sollte, warum nicht? Das hätte Einstein sicherlich doch mehr interessiert, als drei Punkte irgendwo im Nirvana zu studieren.

  95. Chrys schrieb (5. Dezember 2013 18:54):
    > Die äussere Ableitung ist durch die drei axiomatiscben Bedingungen (wie bei wikipedia) charakterisiert. Das ist dann koordinatenfrei.

    Das kommt ganz darauf an, ob denn die besagten Axiome unabhängig von irgendwelchen Koordinaten ausgedrückt bzw. zu verstehen sind, oder nicht; darin insbesondere der (im Wikipediaartikel leider unverlinkte) Begriff “smooth function“.

    > Aber machen wir es doch etwas einfacher. Im statischen Spezialfall bleibt von der Feldstärke nur das E-Feld übrig, und die Gleichungen kollabieren zum klassischen

    > rot E = 0, div E = ρ.

    Meinentwegen; ist ja dein Beispiel.

    > Das ist auch ein Naturgesetz

    Das ist deine Definition von “statischem Spezialfall“; von der wohl anzunehmen ist (auch wenn es mir nicht offensichtlich sein mag), dass sie mit einer nachvollzeihbaren Methode unterlegt ist, um in jedem vorliegenden bzw. (natur-)gegebenen Fall entscheiden zu können, ob dabei dieser “statische Spezialfall” vorlag, oder nicht.

    > und garantiert nicht covariant.

    Sicher schließen die angegebenen Formeln nicht unbedingt jegliche denkbaren anderen “nicht-statischen Fälle” ein.

    Aber was hätte das mit Koordinaten bzw. Koordinatenabhängigkeit zu tun, wie oben (3. Dezember 2013 13:37) behauptet?
    Wie wäre denn das wundersame Chryssche Zahlenspray auf gegebene Beteiligte eines “statischen Spezialfalls” zu sprühen, um daraus einen “nicht-statischen Fall” zu machen ??

    > […] mehr interessiert, als drei Punkte irgendwo im Nirvana zu studieren.

    Geometrische Beziehungen zwischen vorhandenen, wiedererkennbaren “substantiellen Punkten“, die aus deren Feststellungen betreffend Koinzidenz (oder Reihenfolge) von Beobachtungen untereinander ermittelt wurden, dürften nachvollziehbar und einvernehmlich sein, egal ob man das “irgendwo drumherum” “Bahndamm“, oder “Zug“, oder “Nirwana“, oder irgendwie anders, oder überhaupt nicht nennt.
    Genauso egal wie irgendwelche Koordinaten, mit denen man die gegebenen Beteiligten bepudern würde.

  96. @Frank Wappler

    »Aber was hätte das mit Koordinaten bzw. Koordinatenabhängigkeit zu tun, wie oben (3. Dezember 2013 13:37) behauptet?«

    Zu klären ist noch immer, ob Einstein bei seiner Forderung nach Covarianz von Naturgesetzen auf Koordinaten verzichten kann, wenn diese “von vornherein koordinatenfrei formuliert sind,” wie oben (3. Dezember 2013 14:58) behauptet.

    Die beiden koordinatenfreien Formeln für das E-Feld findet man incl. Herleitung auch im Jackson (Classical Electrodynamics, Ch. 1: Introduction to Electrostatics, Eqs. (1.13), (1.14)). Doch wie ist es nun um deren Covarianz “in bezug auf beliebige kontinuierliche Transformationen der Koordinaten” (Einstein) bestellt?

  97. Chrys schrieb (6. Dezember 2013 15:10):
    > Die beiden […] Formeln für das E-Feld findet man incl. Herleitung auch im Jackson (Classical Electrodynamics, Ch. 1: Introduction to Electrostatics, Eqs. (1.13), (1.14)).

    Fein.
    Sind die darin auftretenden Formelzeichen im Jackson auch benannt und definiert?

    Geht es um Koordinaten (die “wiedererkennbaren substantiellen Punkten” zugeordnet wurden) und möglicher Weise um (arithmetische) Differenzen zwischen solchen Koordinatenzahlen und die Berechnung von Grenzwerten bzgl. immer geringerer Koordinaten-Differenzen?

    Oder geht es um (geometrische) Distanzen (zwischen “wiedererkennbaren substantiellen Punkten“) und möglicher Weise um die Berechnung von Grenzwerten bzgl. immer geringerer Distanzen?

    > Zu klären ist noch immer, ob Einstein bei seiner Forderung nach Covarianz von Naturgesetzen auf Koordinaten verzichten kann

    Zu klären ist, ob und warum das Geforderte nach Einsteins Auffassung auch nur entfernt mit Physik zu tun hätte.

    Im Zusammenhang damit möchte ich erneut auf ein merkwürdiges Detail aufmerksam machen:

    > Doch wie ist es nun um deren Covarianz “in bezug auf beliebige kontinuierliche Transformationen der Koordinaten” (Einstein) bestellt?

    Wieso nur “kontinuierliche Transformationen“, und nicht alle denkbaren (“Identitätsbewahrenden”,”eins-zu-eins”-)Transformationen überhaupt?

  98. @Frank Wappler

    »Sind die darin auftretenden Formelzeichen im Jackson auch benannt und definiert?«

    Vermutlich. Auch bei Josef Honerkamp wird ja schliesslich alles hergeleitet, benannt und definiert (vgl. J. Honerkamp, H. Römer. Klassische Theoretische Physik. Springer, 3. Aufl., 1993, Sec. 11.1.2).

    Diese so aus speziellen Erfahrungen gewonnenen Gleichungen stellen die Grundgleichungen der Elektrostatik dar.

    Das Feld einer ruhenden Ladungsverteilung ist so koordinatenfrei wie Einsteins Gleichzeitigkeit von am Bahndamm ruhenden Uhren. Dessen ungeachtet ist beides in Abhängigkeit von einem Bezugssystem formuliert, insofern als dabei jeweils von “ruhend” die Rede ist.

    »Zu klären ist, ob und warum das Geforderte nach Einsteins Auffassung auch nur entfernt mit Physik zu tun hätte.«

    Wenn schon nicht Einsteins Büchlein, so hilft gewiss, den diesem Blogartikel nachfolgenden [Teil III] nochmals in Hinblick auf das von Einstein Geforderte zu lesen.

  99. Chrys schrieb (9. Dezember 2013 17:49):
    > Das Feld einer ruhenden Ladungsverteilung ist so koordinatenfrei wie Einsteins Gleichzeitigkeit von am Bahndamm ruhenden Uhren.

    Schön.
    Dass sich die oben (u.a. 5. Dezember 2013 18:54) vorgebrachten Formeln auf eine Ladungsverteilung bezieht, deren Bestandteile gegenüber geeigneten anderen (“wiedererkennbaren substantiellen Punkt-artigen”) Beteiligten ruhten (und ggf. deshalb auch gegenüber einander ruhten) ist insbesondere an der Verwendung des Symbols “ρ” (statt “ρ“) deutlich.
    Dass die Beteiligten A und B und M (aus Einsteins gedanken-experimenteller Gleichzeitigkeitsdefinition) gegenüber einander geruht haben sollen, mag man vermuten.

    > Dessen ungeachtet ist beides in Abhängigkeit von einem Bezugssystem formuliert, insofern als dabei jeweils von “ruhend” die Rede ist.

    Sofern von Systemen die Rede ist (deren Mitglieder wiedererkennbare substantielle Punkte sind), sollte man nicht vergessen, dass deren Beziehungen gegenseitig sind. Man sagt deshalb also, dass solche Beteiligte ggf. “gegenüber einander ruhten” (oder ansonsten “gegenüber einander starr waren”, oder sich andernfalls “gegenüber einander bewegten”).

    Jedenfalls kein Grund, irgendwelche Zahlen drüberzustreun und “Bezugsyststem” mit “Koordinatensystem” zu verwechseln, nicht wahr?

    > […] den diesem Blogartikel nachfolgenden [Teil III] nochmals in Hinblick auf das von Einstein Geforderte zu lesen.

    Jemandem, der nicht zwischen einer “Kapsel” (mit weiteren unterscheidbaren Beteiligten “darin“) und einem einzelnen “Punktteilchen” unterscheiden kann (oder will), ist kaum zuzutrauen, den Wortlaut von Einsteins Schriften davon unterscheiden zu können (oder zu wollen), was daran nachvollziehbar gemeint und verständlich wäre.

  100. Frank Wappler schrieb (10. Dezember 2013 10:01):
    > […] Dass sich die oben (u.a. 5. Dezember 2013 18:54) vorgebrachten Formeln auf eine Ladungsverteilung bezieht, deren Bestandteile gegenüber geeigneten anderen (“wiedererkennbaren substantiellen Punkt-artigen”) Beteiligten ruhten (und ggf. deshalb auch gegenüber einander ruhten) ist insbesondere an der Verwendung des Symbols “ρ” (statt “ρ“) deutlich.

    Sollte sein:
    Dass sich die oben (u.a. 5. Dezember 2013 18:54) vorgebrachten Formeln auf eine Ladungsverteilung beziehen, deren Bestandteile gegenüber geeigneten anderen (“wiedererkennbaren substantiellen Punkt-artigen”) Beteiligten ruhten (und ggf. deshalb auch gegenüber einander ruhten) ist insbesondere an der Verwendung des Symbols “ρ” (statt “j“) deutlich.

  101. @Frank Wappler

    In Einsteins Schriften sind die Begriffe Koordinatensystem und Bezugssystem praktisch austauschbar, und beides wird im Englischen üblicherweise auch mit [frame of reference] bezeichnet. Etwas präziser liesse sich ein Koordinatensystem auch als eine Darstellung eines Bezugssystems charakterisieren. Ein Koordinatensystem bestimmt dann ein Bezugssystem, während umgekehrt ein Bezugssystem durch unterschiedliche (äquivalente) Koordinatensysteme repräsentiert sein kann. Derlei sprachliche Feinheiten bekümmern Physiker aber eigentlich doch wenig, denn normalerweise wissen die alle, wie es gemeint ist.

    Und wenn Einstein in der SR von Gleichzeitigkeit und der Synchronisierung von Uhren spricht, dann ist das immer hinsichtlich irgendeines Bezugssystems zu verstehen. Dies lässt sich ohne explizite Verwendung von Koordinaten beschreiben, und so macht er das ja auch. Aber die durch die Lorentz Gruppe gegebenen Koordinaten-Transformationen machen das wesentliche an der SR aus, daran ist überhaupt nichts zu deuteln.

    Markus Pössel hat mein aufrichtiges Mitgefühl, wenn ich mir vorzustellen versuche, was da im Kommentarbereich von “Einstein verstehen” alles noch auf ihn zukommen kann.

  102. Chrys schrieb (10. Dezember 2013 23:00):
    > In Einsteins Schriften sind die Begriffe Koordinatensystem und Bezugssystem praktisch austauschbar

    Das ist sicherlich kaum zu bestreiten.
    Darf man trotzdem davon ausgehen, dass es einen nachvollziehbaren, substanziellen Unterschied zwischen diesen Begriffen gibt?

    Und vielleicht: dass Einstein selbst verstanden hätte (oder sogar verstanden hat), dass es sich um unterschiedliche Begriffe handelt, und dass (deshalb) eine Würdigung der Unterschiedlichkeit dieser beiden Begriffe dem Programm des “Einstein-verstehen”s eher dienlich als hinderlich sein mag?

    Denn immerhin lässt sich eine gewisse Unterscheidung offenbar folgendermaßen ausdrücken:

    > Etwas präziser liesse sich ein Koordinatensystem auch als eine Darstellung eines Bezugssystems charakterisieren.

    Das finde ich doch schon einen ganz ordentlichen Fortschritt gegenüber Aussagen in denen die beiden Worte scheinbar als Synonyme für ein-und-den-selben Begriff verwendet wurden; wie z.B.

    […] abhängig davon, welches Bezugssystem (Koordinatensystem) zur Beschreibung der Ereignisse verwendet wird“.

    > Ein Koordinatensystem bestimmt dann ein Bezugssystem

    Das geht bestimmt etwas präziser. (Und Experimentalphysiker sind mit dem Wort “bestimmen” sowieso eher sparsam. &)

    Wie wär’s mit der folgenden Charakterisierung:
    Ein bestimmtes Koordinatensystem ist nur dann (bzw. nur insofern) zur Darstellung von verschiedenen Bezugssystemen geeignet, falls diese verschiedenen Bezugssysteme geometrisch gleich sind.

    (Wobei zwei Bezugssysteme insbesondere dahingehend unterscheidbar und voneinander verschieden sind, welche “wiedererkennbaren substantiellen Punkte“) Mitglied jeweils des einen aber nicht des anderen betrachteten Bezugssystems sind. Z.B. gibt es sicherlich mindestens ein bestimmtes Koordinatensystem, das gleichermaßen geeignet ist, um sowohl das Bezugssystem
    “Oberfläche des gelben Snookerballs” als auch das Bezugssystem “Oberfläche des grünen Snookerballs” darzustellen.)

    > während umgekehrt ein Bezugssystem durch unterschiedliche (äquivalente) Koordinatensysteme repräsentiert sein kann.

    Ganz recht.

    > […] normalerweise wissen die [Physiker] alle, wie es gemeint ist.

    Wieso dann die (… belegbare …; vgl. 6. Dezember 2013 15:10) Einschränkung auf Darstellungen, die gegenüber einander “kontinuierlich (transformierbar)” wären ??

    (Wobei sich die http://de.wikipedia.org/wiki/Ordnungstopologie der reellen Zahlen und die http://de.wikipedia.org/wiki/Produkttopologie des R^n natürlich anbieten um allen nachvollziehbar zu machen, was dabei mit “kontinuierlich” gemeint sein könnte.)

    > Und wenn Einstein in der SR von Gleichzeitigkeit und der Synchronisierung von Uhren spricht, dann ist das immer hinsichtlich irgendeines Bezugssystems zu verstehen.

    Im §8 des wohlbekannten Büchleins geht es ja ausdrücklich um das Bezugssystem, dessen Mitglieder u.a. “A” und “B” (genannt) sind (und deren geometrischer Bezug offenbar darin bestehen soll, dass sie zueinander ruhen).

    Ob man davon ausgehen darf, dass alle wissen, wie es gemeint ist, obwohl im anschließenden §9 (oder irgendwo sonst) Symbole wie z.B. “A’” oder “B’” nicht auftauchen?

    > Dies lässt sich ohne explizite Verwendung von Koordinaten beschreiben, und so macht er das ja auch.

    Er gibt jedenfalls ein brauchbares Beispiel. (Um dem (seinem?) Anspruch gerecht zu werden, dass “alle unsere zeiträumlichen Konstatierungen stets auf die Bestimmung zeiträumlicher Koinzidenzen hinauslaufen“, hätte er sich allerdings gern noch etwas mehr Mühe geben können.)

    > Aber die durch die Lorentz Gruppe gegebenen Koordinaten-Transformationen machen das wesentliche an der SR aus, daran ist überhaupt nichts zu deuteln.

    Sofern es dabei um Koordinaten geht, wäre es doch offenbar (bestenfalls) nur eine Darstellung des wesentlichen der SR.

    p.s.
    > Markus Pössel hat mein aufrichtiges Mitgefühl
    Und hoffentlich auch: gewissenhafte Anteilnahme.

    p.p.s.
    > Koordinatensystem und Bezugssystem […] beides wird im Englischen üblicherweise auch
    mit [frame of reference] [ http://en.wikipedia.org/wiki/Frame_of_reference ] bezeichnet.

    Als Enzyklopädist kann man sich manchmal wirklich leid tun.

  103. [ Der Kommentar, den ich hier gerade eingereicht habe, erscheint bei mir im Browserfenster mit der Bemerkung “Der Kommentar wird moderiert.” vorangestellt. Ich erlaube mir die Vermutung, dass das (nur) der Anzahl (5) von http-Links in meinem Kommentar zuzuschreiben ist, und möchte deshalb hiermit versuchen, eine weitere Version meines Kommentars mit nur 2 ausdrücklichen Links einzureichen; ggf. provisorisch, sofern eine Moderation tatsächlich erfolgen sollte.

    Ich erlaube mir dabei auch, am hiermit erneut eingerechten Kommentar kleine Änderungen und Ergänzungen vorzunehmen, deren Notwendigkeit ich erst durch die Anschauung des Kommentars im Browser (als hier einzig vorhandener effektiver Kommentarvorschau) erkannt habe. — FW ]

    Chrys schrieb (10. Dezember 2013 23:00):
    > In Einsteins Schriften sind die Begriffe Koordinatensystem und Bezugssystem praktisch austauschbar

    Das ist sicherlich kaum zu bestreiten.
    Darf man trotzdem davon ausgehen, dass es einen nachvollziehbaren, substanziellen Unterschied zwischen diesen Begriffen gibt?

    Und vielleicht: dass Einstein selbst verstanden hätte (oder sogar verstanden hat), dass es sich um unterschiedliche Begriffe handelt, und dass (deshalb) eine Würdigung der Unterschiedlichkeit dieser beiden Begriffe dem Programm des “Einstein-verstehen”s eher dienlich als hinderlich sein mag?

    Denn immerhin lässt sich eine gewisse Unterscheidung offenbar folgendermaßen ausdrücken:

    > Etwas präziser liesse sich ein Koordinatensystem auch als eine Darstellung eines Bezugssystems charakterisieren.

    Das finde ich doch schon einen ganz ordentlichen Fortschritt gegenüber Aussagen in denen die beiden Worte scheinbar als Synonyme für ein-und-den-selben Begriff verwendet wurden; wie z.B. “[…] abhängig davon, welches Bezugssystem (Koordinatensystem) zur Beschreibung der Ereignisse verwendet wird“.

    > Ein Koordinatensystem bestimmt dann ein Bezugssystem

    Das geht bestimmt etwas präziser. (Und Experimentalphysiker sind mit dem Wort “bestimmen” sowieso eher sparsam. &#003B;)

    Wie wär’s mit der folgenden Charakterisierung:
    Ein bestimmtes Koordinatensystem ist nur dann (bzw. nur insofern) zur Darstellung von verschiedenen Bezugssystemen geeignet, falls diese verschiedenen Bezugssysteme geometrisch gleich sind.

    (Wobei zwei Bezugssysteme insbesondere dahingehend unterscheidbar und voneinander verschieden sind, welche “wiedererkennbaren substantiellen Punkte“) Mitglied jeweils des einen aber nicht des anderen betrachteten Bezugssystems sind. Z.B. gibt es sicherlich mindestens ein bestimmtes Koordinatensystem, das gleichermaßen geeignet ist, um sowohl das Bezugssystem “Oberfläche des gelben Snookerballs” als auch das Bezugssystem “Oberfläche des grünen Snookerballs” darzustellen.)

    > während umgekehrt ein Bezugssystem durch unterschiedliche (äquivalente) Koordinatensysteme repräsentiert sein kann.

    Ganz recht.

    > […] normalerweise wissen die [Physiker] alle, wie es gemeint ist.

    Wieso dann die (… belegbare …; vgl. 6. Dezember 2013 15:10) Einschränkung auf Darstellungen, die gegenüber einander “kontinuierlich (transformierbar)” wären ??

    (Wobei sich die [[Wikipedia:Ordnungstopologie]] der reellen Zahlen und die [[Wikipedia:Produkttopologie]] des R^n natürlich anbieten um allen nachvollziehbar zu machen, was dabei mit “kontinuierlich” gemeint sein könnte.)

    > Und wenn Einstein in der SR von Gleichzeitigkeit und der Synchronisierung von Uhren spricht, dann ist das immer hinsichtlich irgendeines Bezugssystems zu verstehen.

    Im §8 des wohlbekannten Büchleins geht es ja ausdrücklich um das Bezugssystem, dessen Mitglieder u.a. “A” und “B” (genannt) sind (und deren geometrischer Bezug offenbar darin bestehen soll, dass sie zueinander ruhen).

    Ob man davon ausgehen darf, dass alle wissen, wie es gemeint ist, obwohl im anschließenden §9 (oder irgendwo sonst) Symbole wie z.B. “A’” (lies: “A-Strich”) oder “B’” (lies: “B-Strich”) nicht auftauchen?

    > Dies lässt sich ohne explizite Verwendung von Koordinaten beschreiben, und so macht er das ja auch.

    Er gibt jedenfalls ein brauchbares Beispiel. (Um dem (seinem?) Anspruch gerecht zu werden, dass “alle unsere zeiträumlichen Konstatierungen stets auf die Bestimmung zeiträumlicher Koinzidenzen hinauslaufen“, hätte er sich allerdings gern noch etwas mehr Mühe geben können.)

    > Aber die durch die Lorentz Gruppe gegebenen Koordinaten-Transformationen machen das wesentliche an der SR aus, daran ist überhaupt nichts zu deuteln.

    Sofern es dabei um Koordinaten geht, wäre es doch offenbar (bestenfalls) nur eine Darstellung des Wesentlichen der SR.

    p.s.
    > Markus Pössel hat mein aufrichtiges Mitgefühl
    Und hoffentlich auch: gewissenhafte Anteilnahme.

    p.p.s.
    > Koordinatensystem und Bezugssystem […] beides wird im Englischen üblicherweise auch mit [frame of reference] [[[Wikipedia:Frame_of_reference]]] bezeichnet.
    Als Enzyklopädist kann man sich eben manchmal wirklich leid tun.

  104. @Frank Wappler

    John Norton hat einiges zu den weniger trivialen Aspekten der Unterscheidung zwischen Koordinaten- und Bezugssystemen in
    Norton, J. D. (1993). General covariance and the foundations of general relativity: eight decades of dispute. Rep. Prog. Phys, 56(7), 791. [PDF], Sec. 6.3. Coordinate systems versus frames of reference.

    In traditional developments of special and general relativity it has been customary not to distinguish between two quite distinct ideas. The first is the notion of a coordinate system, understood simply as the smooth, invertible assignment of four numbers to events in spacetime neighbourhoods. The second, the frame of reference, refers to an idealized physical system used to assign such numbers. […]
    Within the context of special relativity and as long as we restrict ourselves to frames of reference in inertial motion, then little of importance depends on the difference between an inertial frame of reference and the inertial coordinate system it induces. This comfortable circumstance ceases immediately once we begin to consider frames of reference in non-uniform motion even within special relativity.

    Zur Rechtfertigung einer synonymen Verwendung der Begriffe in der GR will ich hier nichts gesagt haben.

  105. Chrys schrieb (12. Dezember 2013 22:02):
    > John Norton [… schrieb, http://www.pitt.edu/~jdnorton/papers/decades.pdf ]
    > > […] the notion of a coordinate system, understood simply as the smooth, invertible assignment of four numbers to events in spacetime neighbourhoods.

    Sieht ganz so aus als müsse und könne John Norton “spacetime neighbourhoods” in Betracht ziehen, also insbesondere entscheiden, welche Teilmengen aller gegebenen/betrachteten Menge von “events” als “spacetime neighbourhoods” gelten (sollen), und welche
    nicht,
    bevor feststellbar wäre, welche aller denkbaren “invertible assignment[s] of four numbers to events” dazu “smooth” (vmtl. im Sinne von http://de.wikipedia.org/wiki/Hom%C3%B6omorphismus ) wären, und welche nicht.

    Also offenbar ohne die gegebenen/betrachteten “events“, die darin enthaltenen “zeiträumlichen Koinzidenzen“, oder die daraus zu ermittelnden geometrischen bzw. topologischen Beziehungen selbst unter Einsatz irgendwelcher Koordinaten(-Systeme) darzustellen.

    > > […] the frame of reference […] refers to an idealized physical system used to assign such numbers.

    In Einstein Schriften findet sich in diesem Zusammenhang öfters auch das Wort “Bezugskörper“.
    Es ist sicherlich naheliegend, einen “(Bezugs-)Körper” als eine Menge von “wiedererkennbaren substantiellen Punkten” aufzufassen, die insofern ein System bilden, dass sie bestimmte bzw. bestimmbare geometrische und/oder topologische Beziehungen zueinander haben.In diesem Sinne versteht sich wohl (vielleicht?) auch, was Norton mit “physical system” meint.

    Jedenfalls ist zu beachten, dass an einem “event” nicht nur jeweils ein einzelner bestimmter “wiedererkennbarer substantieller Punkt” teilnimmt bzw. teilhat, sondern (zumindest im Allgemeinen und im gedanken-experimentellen Prinzip) zahlreiche verschiedene unterscheidbare “wiederkennbare substantieller Punkte“; nämlich in Koinzidenz.

    D.h. es besteht sicherlich auch ein wesentlicher Unterschied zwischen den geometrisch/topologischen Beziehungen zwischen “events in spacetime neighbourhoods” einerseits und andererseits den geometrisch/topologischen Beziehungen zwischen Mitgliedern eines “frame of reference“.

    Kenntnis des einen wäre gewiss nützlich zur Ermittlung der jeweils anderen.
    Aber wie/womit fängt man (das) an?

    Man mag es “simple” nennen zu beurteilen, welche Koordinaten-Zuordnungen als (die oben, 10. Dezember 2013 23:00, genannten) “Darstellungen” “gut” sind, und welche nicht.
    Wer aber nicht die Grundlage legt festzustellen, was überhaupt eigentlich dargestellt werden soll, macht es (das “Einstein-Verstehen”) (sich) zu einfach.

  106. @Frank Wappler

    »D.h. es besteht sicherlich auch ein wesentlicher Unterschied zwischen den geometrisch/topologischen Beziehungen zwischen “events in spacetime neighbourhoods” einerseits und andererseits den geometrisch/topologischen Beziehungen zwischen Mitgliedern eines “frame of reference“.«

    Lokale Koordinaten lassen sich in einer Raumzeit (M,g) vermittels einer Karte freilich stets irgendwie einführen, denn M ist u.a. ja als eine (Lorentzsche) Mannigfaltigkeit vorausgesetzt. Das hat mit physikal. Bezugssystemen oder -körpern aber zunächst nichts zu tun, da muss also noch etwas dazukommen.

    Synge macht das recht ordentlich. Ein frame of reference bei einem Punkt P in M ist für ihn ein orthonormiertes 3-Bein {e_1, e_2, e_3}, welches orthogonal ist zum Einheits-Tangentenvektor e_0 an die (zeitartige) Weltlinie von P. Das so erhaltene 4-Bein {e_0, …, e_3} wird dann längs der Weltlinie von P herumgeschoben (i.a. durch Fermi Transport).

    In dem von einem solchen frame of reference aufgespannten Vektorraum V lässt sich “physikalische Geometrie” so betreiben, wie es Markus Pössel in Tei I von “Einstein verstehen” macht, indem man sich etwa die Basisvektoren e_i für i = 1,2,3 als identifiziert mit Meterstäben vorstellt. Der Raum V lässt sich mithin als ein “Bezugskörper” deuten, der mit Meterstäben physikal.-geometr. ausgemessen werden kann. Das V entpricht dann auch dem, was Einstein (1905) in §1 als “ruhendes System” bezeichnet hat, und wo er dann noch die Zeitkoordinate mit (in V) ruhenden Uhren ermittelt. Für die SR hätte man somit eine Beziehung zwischen physikal. messbaren Orts- bzw. Zeitangaben und geometr. Raumzeit-Koordinaten erreicht (für die GR wäre das aber erst einmal nur eine lineare Näherung).

  107. Chrys schrieb (14. Dezember 2013 14:02):
    > […] als ein “Bezugskörper” deuten, der mit Meterstäben physikal.-geometr. ausgemessen werden kann.

    Gut dass wir uns endlich auf’s physikalisch-geometrische Ausmessen konzentrieren können: Wie soll denn nun gemessen werden

    – (1) ob zwei gegebene/betrachtete “wiedererkennbare substantielle Punkte” Enden ein-und-desselben “Stabes” gewesen wären; und ggf.

    – (2) ob zwei gegebene/betrachtete “wiedererkennbare substantielle Punkte“, die Enden ein-und-desselben “Stabes” gewesen waren, einvernehmlich durch eine bestimmte “Länge” charakterisiert wäre (und nicht z.B. wie typische Fahrradspeichen während der Fahrt stattdessen durch ein paar ungleicher “Quasi-Länge”); und schließlich, ggf.

    – (3) ob ein bestimmtes Paar von “wiedererkennbaren substantiellen Punkten” Enden (z.B. “A” und “M”), die dabei einvernehmlich durch eine bestimmte “Länge” charakterisiert waren, und ein anderes bestimmtes Paar von “wiedererkennbaren substantiellen Punkten” Enden (z.B. “M” und “B”), die dabei ebenfalls einvernehmlich durch eine bestimmte “Länge” charakterisiert waren, durch die “gleiche Länge” charakterisiert gewesen wären
    ?

    Leider habe ich im Moment nicht einmal die paar wenigen Seiten auf Synges “Relativity. The general Theory” zur Hand, die ich mal bei Gelegenheit fotokopiert hatte; geschweige denn das Buch insgesamt. Du scheinst in dieser Hinsicht besser ausgestattet. Schau doch bitte mal nach, wie Synge (insbesondere dort) den Begriff “Länge” (bzw. “distance”) als physikal.-geometr. Messgröße aufgefasst hat; und beurteile, ob er diesbezüglich “Einstein verstanden” hat.

  108. @Frank Wappler

    Worauf es bei Synge schlussendlich hinausläuft, beschreibt er betont unmissverständlich so (GR Ch. III §2):

    For us time is the only basic measure. Length (or distance), in so far as it is necessary or desirable to introduce it, is strictly a derived concept, and will be dealt with later in that spirit.

    Doch fällt dies nicht vom Himmel und bedarf für Physiker einer gewissen Vorbereitung (SR Ch. I §13):

    But, to the physicist, distance and length are quantities to be measured by means of rigid measuring rods or by chains consisting of rigid links.

    Eine konzeptuelle Klärung erreicht er, indem er im Minkowski Raum den Abstandsbegriff paralleler zeitartiger Geraden definiert und anschliessend von Scharen solcher paralleler Weltlinien zu Einsteins Bezugssystemen (Galilean frames of reference) durch “Herauskürzen” der Zeit gelangt (SR Ch. II §6):

    When we speak of space in Newtonian physics, we think of a 3-dimensional manifold of points. When we speak of space-time in relativity, we think of a 4-dimensional manifold of events. The link between the two lies in the fact that the set of parallel world lines we have been considering form a 3-dimensional manifold of world lines, and it is these world lines that are to be identified with the points of familiar space.

    Der relativistische Abstand zweier paralleler zeitartiger Geraden stimmt dann überein mit dem Euklidischen Abstand der diesen Geraden entsprechenden Punkte im 3-dim. “Galileischen Bezugssystem”. Und letzterer kann im Sinne der physikal. Geometrie dann mit Meterstäben ermittelt werden.

    Es bleibt allerdings festzuhalten, dass John Synge bei seinen RT Büchern andere Zielsetzungen und eine völlig andere Leserschaft im Focus hatte, als Markus Pössel bei seinem “Einstein verstehen” Projekt. Nach ein paar einleitenden Bemerkungen allgemeiner Art kommt Synge so zur Sache:

    Let us now get to work. We start with a tabula rasa, a clean sheet, a mind in a state of intellectual nudity.
    Into this void we admit at once the whole body of pure mathematics, or at least those portions of pure mathematics which we may have occasion to use later.

    Derlei dürfte auf dasjenige Publikum, das Pössel ansprechen will, extrem abschreckend wirken. Und dazu muss er eben auch didaktisch und methodisch anders vorgehen als Synge.

  109. Chrys schrieb (16. Dezember 2013 12:50):
    > [J.L.Synge schrieb] (GR Ch. III §2):
    > > For us time is the only basic measure. Length (or distance), in so far as it is necessary or desirable to introduce it, is strictly a derived concept

    Ja, danke —
    wessentime“?, oder etwas präziser: wessen Dauer (duration) wäre in diesem Zusammenhang die relevante Messgröße?
    Und vor allem: zwischen welchen Paaren von Anzeigen (times) des betreffenden Beteiligten?

    (Von besonderem Interesse im Sinne des Einsteinschen Programms ist dabei natürlich, wie Feststellungen von Koinzidenz oder Reihenfolge auf Konstatierungen geometrischer Beziehungen zwischen den beteiligten “wiedererkennbaren substantiellen Punkten” hinauslaufen; z.B. dass

    – M für jede seiner (Signal-)Anzeigen M_p feststellen kann, ob Ms (Beobachtungs-)Anzeige, dass A Anzeige M_p beobachtet hatte, koinzident zu Ms (Beobachtungs-)Anzeige war, dass B Anzeige M_p beobachtet hatte, oder nicht;

    – A für jede seiner (Signal-)Anzeigen A_q feststellen kann, ob As (Beobachtungs-)Anzeige, dass B Anzeige A_q beobachtet hatte, koinzident zu As (Beobachtungs-)Anzeige war, dass M die Anzeige von A beobachtet hatte, dass M die Anzeige A_q beobachtet hatte; etc.)

    > Doch […] (SR Ch. I §13):
    > > But, to the physicist, distance and length are quantities to be measured by means of rigid measuring rods or by chains consisting of rigid links.

    Ob Synge auch den Zusammenhang dieser beiden Äußerungen kommentiert hat?
    Vielleicht ergibt sich daraus schlicht eine Messdefinition seines Begriffs “Starrheit” (“rigidity“).

    > Eine konzeptuelle Klärung erreicht er, indem er im Minkowski Raum den Abstandsbegriff paralleler zeitartiger Geraden definiert […]

    Geht’s da etwa schon wieder nur um Koordinaten?
    Wie hätte man sich denn die physikalisch-geometrische Methode vorzustellen, durch die Versuch für Versuch zu entscheiden wäre, ob ein gegebener/betrachteter “wiedererkennbarer substantieller Punkt” durch eine “zeitartige Gerade im Minkowski-Raum” darzustellen ist, oder nicht?
    (Oder wäre etwa jeder beliebige “wiedererkennbare substantielle Punkt” so darstellbar?)
    Und wie hätte man sich die physikalisch-geometrische Methode vorzustellen, durch die Versuch für Versuch zu entscheiden wäre, ob zwei (verschiedene) “wiedererkennbare substantielle Punkte“, die (einzeln) als “zeitartige Geraden im Minkowski-Raum” darstellbar wären, dabei auch “parallel“gewesen wären??
    (Oder wären etwa beliebige Paare von “zeitartige Geraden im Minkowski-Raum” “parallel” ?)

    > Es bleibt allerdings festzuhalten, dass John Synge bei seinen RT Büchern andere Zielsetzungen und eine völlig andere Leserschaft im Focus hatte, als Markus Pössel bei seinem “Einstein verstehen” Projekt.

    Es bleibt allerdings festzuhalten, dass man Konstatierungen, die auf Feststellungen betreffend Koinzidenz (oder ansonsten: Reihenfolge) hinauslaufen, wohl als solche erkennen könnte, sofern sie denn vorgelegt würden.

  110. @Frank Wappler

    »wessentime“?, oder etwas präziser: wessen Dauer (duration) wäre in diesem Zusammenhang die relevante Messgröße?«

    Die von einer Uhr gemessene Zeit, “proper time”. (Wir erinnern uns, eine Uhr ist so eine zeitartige Weltlinienlängenmessvorrichtung.)

    Findet sich in Einsteins Schriften irgendwo eine Erwähnung von “wiedererkennbaren substantiellen Punkten“? Mit diesem Begriff lässt sich erst dann ein Sinn verbinden, wenn die Möglichkeit gegeben ist, im konkreten Falle herauszufinden, ob der Begriff zutrifft oder nicht.

    »… Konstatierungen, die auf Feststellungen betreffend Koinzidenz …«

    Das mit der Koinzidenz verstehen wir schon besser, das konstatiert Einstein (Ann. Phys. 1916) schliesslich so:

    Die Einführung eines Bezugssystems dient zu nichts anderem als zur leichteren Beschreibung der Gesamtheit solcher Koinzidenzen. […] Zwei koínzidierenden Punktereignissen entspricht dasselbe Wertesystem der Variablen x1 …. x4; d. h. die Koinzidenz ist durch die Übereinstimmung der Koordinaten charakterisiert.

    Das bedarf doch in seiner Klarheit keiner weiteren Kommentierung.

  111. Chrys schrieb (17. Dezember 2013 18:26):
    > Frank Wappler [schrieb 17. Dezember 2013 0:37]
    > > […] wessen Dauer (duration) wäre in diesem Zusammenhang die relevante Messgröße? [Und vor allem: zwischen welchen Paaren von Anzeigen (times) des betreffenden Beteiligten?]

    Um den erwähnten Zusammenhang nochmals mit gebotener Deutlichkeit zu spezifizieren:

    wenn zwei bestimmte (unterscheidbare) “wiedererkennbare substantielle Punkte” betrachtet werden (nennen wir die beiden “A” und “B”),
    und gefragt ist, ob diese beiden durch die Eigenschaft einer “Länge” (bzw. einer “Distanz voneinander”) in Synges Sinn charakterisiert sind, oder nicht —
    wessen Dauer wäre für diese Feststellung relevant; und zwischen welchen Anzeigen?

    Wäre dafür z.B. As Dauer relevant, von As Anzeige A_p bis As Anzeige der Wahrnehmung von Bs Anzeige der Wahrnehmung von Anzeige A_p?

    Oder wäre z.B. Bs Dauer relevant, von Bs Anzeige B_q bis Bs Anzeige der Wahrnehmung von As Anzeige der Wahrnehmung von Anzeige B_q?

    Oder wären beide relevant?
    Wäre eventuell sogar relevant, solche Dauern miteinander zu vergleichen?
    Oder welche Dauern As und/oder Bs stattdessen?

    Oder wären (auch) Dauern irgendwelcher anderer (noch nicht namentlich genannter) Beteiligter dabei relevant? (Und falls so, zwischen welchen Anzeigen?)

    Was, konkret, ist Synges Definition von “Length (or distance) [as] a derived concept“, auf der Grundlage des “basic measure“s ?

    > […] (Wir erinnern uns, eine Uhr ist so eine zeitartige Weltlinienlängenmessvorrichtung.)

    So nicht!
    Wir erinnern uns stattdessen:
    nur eine “gute” Uhr parametrisiert ihre Anzeigenfolge affin durch reelle (Koordinaten-)Zahlen; d.h. so dass die Koordinaten-Differenzen proportional zu den Dauern zwischen den entsprechenden Anzeigenpaaren dieser Uhr sind.

    Wenn man wissen will, ob eine gegebene Uhr in einem bestimmten Versuch “gut” war, oder in wie fern nicht, muss man die Dauern dieser Uhr zwischen Paaren ihrer Anzeigen messen.
    (Und falls man ohne ausdrücklich Messung annehmen will, dass eine gegebene Uhr in einem bestimmten Versuch “gut” gewesen wäre, oder zumindest “annährend gut”,
    dann gehört es sich unter Physikern und sogar Ingenieuren, den “systematischen Vertrauensbereich” dieser Annahme abzuschätzen;
    was ebenso erfordert, sich auf eine Definition festzulegen, die “Dauer” zumindest im Prinzip zu messen wäre.)

    > Findet sich in Einsteins Schriften irgendwo eine Erwähnung von “wiedererkennbaren substantiellen Punkten”?

    Diese Formulierung bezieht sich direkt auf das obige Zitat (28. November 2013 12:35) aus “Minkowski [Raum und Zeit] (1908)“, was du oben (27. November 2013 22:20) als Referenz (mit Link) angegeben hast.

    In “Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie” (1916), §3, (Link siehe 28. November 2013 12:35) schreibt Einstein von “materiellen Punkten” und eher indirekt von deren Beobachtbarkeit.

    MTW (Box 13.1) schreiben übrigens von “princial identifiable points”.

    > Mit diesem Begriff lässt sich erst dann ein Sinn verbinden, wenn die Möglichkeit gegeben ist, im konkreten Falle herauszufinden, ob der Begriff zutrifft oder nicht.

    Diese (wichtige!) Einsteinsche Forderung kann sich (natürlich! &#03B;) nur auf Begriffe beziehen, die nicht sowieso von vornherein verstanden und zugestanden werden müssten, um diese Forderung an sich überhaupt zu formulieren bzw. zu verstehen.
    (Vergleichbar dem bekannten “Russellschen Frisör”, der allen die Haare schneidet, die sich nicht selber die Haare schneiden, und zudem sich selbst; bzw. etwas präziser dem entsprechenden “Russellschen Totengräber”, der alle begräbt, die sich nicht selber begraben, außer sich selbst.)

    Begriffe wie “Identität/Integrität” und “Beobachtbarkeit/Identifizierbarkeit”, die in den genannten Formulierungen Ausdruck finden, sind meines Erachtens wohl eher als Selbstverständlichkeiten vorauszusetzen, die es überhaupt erst ermöglichen nach “Sinn” und “Definition” zu fragen, anstatt selbständig definierbar zu sein.

    > Koinzidenz […] konstatiert Einstein (Ann. Phys. 1916) schliesslich so:
    > > Die Einführung eines Bezugssystems dient zu nichts anderem als zur leichteren Beschreibung der Gesamtheit solcher Koinzidenzen. […] Zwei koínzidierenden Punktereignissen entspricht dasselbe Wertesystem der Variablen x1 …. x4; d. h. die Koinzidenz ist durch die Übereinstimmung der Koordinaten charakterisiert.

    > Das bedarf doch in seiner Klarheit keiner weiteren Kommentierung.

    Sofern nicht mehr ausgedrückt werden soll, als etwa:
    Die Darstellung einer (gegebenen) “Gesamtheit von Koinzidenzen” durch eine Menge von Koordinaten-Tupeln soll eindeutig (“eins-zu-eins”) sein.

    Zu kommentieren bliebe allerdings, dass damit einiges physikalisch-geometrisch Wesentliche hinsichtlich der Beschreibung einer “Gesamtheit von Koinzidenzen” (noch) nicht ausgedrückt ist, z.B.

    – die Identitäten derjenigen Beteiligten (bzw. “wiedererkennbaren substantiellen Punkte“), die jeweils an einer bestimmten Koinzidenz beteiligt waren,

    – die Reihenfolge, in der jeweils ein bestimmter identifizierbarer Beteiligter an (einer Teilmenge) der “Gesamtheit von Koinzidenzen” teilnahm,

    – für jede einzelne Koinzidenz, welche Koinzidenzen “dabei” wahrnehmbar waren.

  112. Erratum nach Ansicht des gerade (18. Dezember 2013 2:14) eingereichten Kommentars:

    (1) […] den “systematischen Vertrauensbereich” dieser Annahme abzuschätzen;
    was ebenso erfordert, sich auf eine Definition festzulegen, wie “Dauer” zumindest im Prinzip zu messen wäre.

    (2) MTW (Box 13.1) schreiben übrigens von “principal identifiable points”.

    p.s.
    Ich hätte beim ersten Einreichen meines obigen Kommentars wohl besser noch einige Links mehr darin lassen sollen, um (zumindest effektiv) eine Vorschau zu erhalten, der (erfahrungsgemäß) die Bemerkung “Der Kommentar wird moderiert.” vorangestellt worden wäre, und die (erfahrungsgemäß) anschließend spurlos verschwände.

  113. @Frank Wappler

    »Was, konkret, ist Synges Definition von “Length (or distance) [as] a derived concept“, auf der Grundlage des “basic measure“s ?«

    Da legt Synge zunächst nur fest, dass jede relativitische Bestimmung raumartiger Abstände als das Resultat einer konvertierten Zeitmessung zu interpretieren ist. In dem Sinne, wie etwa der SI-Meter (1983) durch Zeitmessung definiert ist. Ein Beispiel dafür, wo eine solche Deutung nicht gelingt, wäre hingegen die bei Kosmologen so beliebte “proper distance”. Das ist für Synge ein Pseudo-Abstand, der ist nicht relativist. messbar.

    »… nur eine “gute” Uhr …«

    Ach, das ist doch nur wieder MTW Jargon. Den beherrsche ich nicht, und das muss ich auch gar nicht. Bei denen verstehe ich ohnehin nicht, ob die gerade vom theoretischen Modell oder vom experimentellen Phänomen reden, und ich zweifle auch, dass die dabei überhaupt konsequent unterscheiden.

    Vielmehr ist es doch so, dass aus der Theorie Vorgaben erhalten werden, die eine ideale Uhr für relativist. Experimente zu erfüllen hätte. Und es ist dann eine Aufgabe der Leute von der messenden Zunft, diese Vorgaben durch reale Uhren bestmöglich umzusetzen. Reale Uhren sind dann mehr oder weniger brauchbar, doch dies in konkreten Fällen zu beurteilen obliegt weder Einstein mit seiner Unruhuhr, noch Synge, der stattdessen bereits von Atomuhr spricht.

    »… “wiedererkennbare substantielle Punkte” …«

    In der Tat, Minkowski redet da von “substantiellen Punkten”, auch von “substantiellen Geschwindigkeiten”. Offenbar meint er damit ein punkthaft gedachtes Objekt, das eine zeitartige Weltlinie hat. Zwei solche “substantiellen Punkte” koinzidieren in Einsteins Sprechweise dann, wenn sie zur gleichen Zeit am gleichen Ort sind (bezüglich eines beliebigen und damit bezüglich eines jeden Koordinatensystems). Mehr erkenne ich dazu ansonsten nicht.

  114. Chrys schrieb (18. Dezember 2013 11:28):
    > In der Tat, Minkowski redet da von “substantiellen Punkten”,

    (Siehste.)

    > auch von “substantiellen Geschwindigkeiten”.

    (Au weia! …)

    > Offenbar meint er damit ein punkthaft gedachtes Objekt, das eine zeitartige Weltlinie hat.

    Sicher. Ist es legitim, sich darunter (auch) einzelne unterscheidbare Beteiligte (“Beobachter”) vorzustellen; zumindest im Rahmen von (Einsteinschen) Gedankenexperimenten?

    > Zwei solche “substantiellen Punkte” koinzidieren in Einsteins Sprechweise dann, wenn sie zur gleichen Zeit am gleichen Ort sind (bezüglich eines beliebigen und damit bezüglich eines jeden Koordinatensystems).

    Also auch ganz ohne irgendeine Besprenkelung — pardon! — Darstellung durch Koordinaten?

    > Mehr erkenne ich dazu ansonsten nicht.

    Na — an einer einzelnen Koinzidenz (auch einzelnes “Konizidenz-Ereignis” genannt, oder einzelnes “Ereignis”) ist wohl nicht mehr dran. (Obwohl: s.u.)

    Lediglich (im Wesentlichen):
    welche Beteiligten (zwei, oder i.A. beliebig viele mehr) trafen sich.

    Man kann damit eine gewisse Äquivalenz der Anzeigen der verschiedenen Beteiligten an der betrachteten Koinzidenz verbinden, denn

    – As Anzeige des Treffens (z.B.) mit P impliziert
    – Ps Anzeige des Treffens mit A,

    und

    – As Anzeige des Treffens mit P ist die Selbe wie
    – As Anzeige der Wahrnehmung von Ps Anzeige der Wahrnehmung von As Anzeige des Treffens mit P, usw.

    (Und wenn die Beteiligten an einer Koinzidenz genannt sind, ist es ohnehin nicht erforderlich, darüberhinaus noch irgendeinen abstrakten “Ort dafür” zu benennen.)

    Aber erkennst du denn nicht an, dass es mit diesen begrifflichen Mitteln möglich ist, eine (in den vorausgegangenen Kommentaren und Zitaten erwähnte) gegebene “Gesamtheit von Koinzidenzen” als System zu beschreiben?

    Insbesondere:
    – für jeden (wiedererkennbaren!) betrachteten Beteiligten zu unterscheiden, an welchen Koinzidenzen er (sie, es) teilhatte, und an welchen nicht; und

    – die Reihenfolge dieser Koinzidenzen festzustellen, an denen der betrachtete Beteiligte teilhatte.

    Ich habe allerdings das folgende Problem mit der (strikten, ausschließlichen) Auffassung von “Koinzidenz” als “zwei oder mehr Zeitartige, momentan zusammen”, die man aus “Die Grundlage der ART” (1916), §3, herauslesen kann.
    Denn: in Einsteins wohlbekanntem gedanken-experimentellem Beispiel aus (§8 seines wohlbekannten “Büchleins) steht

    […] Nimmt dieser [Beobachter, M] die beiden [von A bzw. B angezeigten] Blitzschläge gleichzeitig wahr, so […]

    Ist das nicht eigentlich ein (Parade-)Beispiel der “Bestimmung einer zeiträumlichen Koinzidenz“?
    (Hätte Einstein den zitierten Halbsatz nicht besser so formuliert:
    “Nimmt dieser Beobachter, M die beiden von A bzw. B angezeigten Blitzschläge koinzident (d.h. zusammen) wahr, so …”
    ?)

    Oder versteht sich die von “Beobachter M” zu machende Feststellung etwa als grundsätzlich verschieden von einer “Bestimmung einer zeiträumlichen Koinzidenz (oder Reihenfolge)”?

    (Da kannst dir wohl denken, dass ich deinen Kommentar (18. Dezember 2013 11:28) auch hinsichtlich anderer angeschnittener Themen in Frage stelle. Aber das würde sicher im Wesentlichen auch auf die hier bereits vorgelegten Fragen hinauslaufen.)

  115. @Frank Wappler

    »Ist es legitim, sich darunter (auch) einzelne unterscheidbare Beteiligte (“Beobachter”) vorzustellen; zumindest im Rahmen von (Einsteinschen) Gedankenexperimenten?«

    Nach meinem Eindruck kommt einem “Beobachter” eher der Status eines Unbeteiligten zu. Das heisst, ein “Beobachter” konstatiert etwas úber Ereignisse, an denen er selbst nicht beteiligt ist. Um diesen Ereignissen jeweils Orte und Zeitpunkte eindeutig zuordnen zu können, führt er Koordinaten als Mittel der Beschreibung ein. Und so wird im Sprachgebrauch der “Beobachter” mit seinen “Koordinaten” geradezu identifiziert, wie auch Joachim Schulz dazu schon einmal gebloggt hat: “Das Problem ist hier, dass Beobachter nur Metapher für Koordinatensysteme sind.

    Einstein kann ein (Punkt-)Ereignis insofern als raumzeitliche Koinzidenz auffassen, als ein Geschehen stets mit der Zeigerstellung einer am Ort dieses Geschehens aufgestellten Uhr koinzidiert. Wenn er also an jedem Punkt des Bahndamms eine Uhr postiert hat und sich deren Zeigerstellungen derart gerichtet denkt, dass sie gleichzeitig sind im Sinne seiner bekannten Festlegung, dann konstatiert ein Beobachter bei der Beschreibung eines Blitzeinschlages im Ort A irgendwo am Bahndamm eine Koinzidenz zwischen “Blitzeinschlag” und “Zeigerstellung der Uhr am Ort A”. Letzteres wäre dann praktisch eine Angabe von raumzeitlichen Koordinaten des Blitzeinschlages.

    »[…] Nimmt dieser [Beobachter, M] die beiden [von A bzw. B angezeigten] Blitzschläge gleichzeitig wahr, so […]«

    Entscheidend scheint ihm doch zu sein, dass er hier aufgrund dieser Wahrnehmung eine Gleichzeitigkeit der Blitzeinschläge konstatieren kann, da die mit den Blitzeinschlägen koinzidierenden Zeigerstellungen von Uhren bei A und B einander gleich waren. Der Beobachter kann auch Blitzeinschläge “im selben Augenblick” wahrnehmen, die an unterscheidlich weit von M entfernten Orten A’ und B’ stattgefunden haben, nur waren die dann nicht gleichzeitig im Sinne der gegebenen Definition.

  116. Chrys schrieb (19. Dezember 2013 16:14):
    > Nach meinem Eindruck kommt einem “Beobachter” eher der Status eines Unbeteiligten zu. Das heisst, ein “Beobachter” konstatiert etwas úber Ereignisse, an denen er selbst nicht beteiligt ist.

    Oh — dann kommt dieses Wort, “Beobachter”, offenbar nicht dafür in Frage, um die sogenannten “materiellen Punkte” genauer zu charakterisieren, die (eventuell) an Koinzidenzen beteiligt wären.

    Dann bleibe ich eben bei der Charakterisierung als “einzelnen Beteiligten,
    – der (i.A. alle) andere einzelne Beteiligte erkennen kann und
    – der wahrnahm, an welchen Koinzidenzen (d.h. mit welchen anderen Beteiligten) er teilhatte, und
    – der die Reihenfolge dieser Koinzidenzen (an welchen er teilhatte) feststellen kann, und
    – der zu jeder Koinzidenz, an der er teilnahm ,feststellen kann, welche Koinzidenzen, an denen er nicht teilnahm (also Koinzidenzen von welchen anderen Beteiligten), er dabei wahrnahm”;
    oder kurz beim “Beteiligten”.

    > Der […] kann auch Blitzeinschläge “im selben Augenblick” wahrnehmen

    Ich behaupte, dass die Formulierung
    “der […] kann auch Blitzeinschläge in Koinzidenz wahrnehmen”
    dazu im Sprachgebrauch equivalent ist;
    oder auch die Formulierung
    “der […] kann auch Blitzeinschläge koinzident wahrnehmen”.

    Aber: Was kümmert uns schon Sprachgebrauch?, wenn diejenigen, die Sprache gebrauchen, ihre Entscheidungen für das eine Wort und gegen das andere gar nicht selbständig, unabhängig, nachvollziehbar (… mündig! 😉 träfen.

    Versuchen wir uns doch noch enger daran zu halten, was Einstein nahelegt, nämlich:
    Konstatierungen aus den Begriffen “Koinzidenz” und “(materieller) Punkt” zu konstruieren.

    Gegeben sei demnach eine “Gesamtheit von Koinzidenzen“, darunter
    – eine Koinzidenz, “$”, an der A und A-Strich teilhatten (sowie beliebig weitere Ungenannte), und
    – eine andere Koinzidenz, “¥”, an der B und B-Strich usw. teilhatten,

    und es steht die Frage, ob darunter auch eine Koinzidenz “€” ist, die (insbesondere) dadurch charakterisiert ist, dass
    – M an € teilhatte,
    – kein Punkt sowohl Anteil an $ als auch an € hatte,
    – kein Punkt sowohl Anteil an ¥ als auch an € hatte, und
    – kein Punkt sowohl Anteil an $ als auch an ¥ hatte, und …

    – dass sich auch eine weitere Koinzidenz, “£”, finden lässt, so dass
    – kein Punkt sowohl Anteil an $ als auch an £ hatte,
    – kein Punkt sowohl Anteil an ¥ als auch an £ hatte, aber
    – es sich Punkte finden lassen, die sowohl Anteil an £ als auch an € hatten, und …

    – jeder “Umschlag” [1], der $ enthält, auch mindestens eine weitere Koinzidenz enthält, an der ein Punkt Anteil hatte, der auch sowohl an £ als auch an € Anteil hatten, und
    – jeder “Umschlag” [1], der ¥ enthält, auch mindestens eine weitere Koinzidenz enthält, an der ein Punkt Anteil hatte, der auch sowohl an £ als auch an € Anteil hatten;

    [1] wobei ich mir heute verkneife eine (die?) geeignete genaue Definition anzugeben, wie ein “Umschlag” als eine bestimmte Teilmenge der gegebenen “Gesamtheit von Koinzidenzen” unter Verwendung der Begriff “Koinzidenz” und “(materieller) Punkt” zu konstruieren ist. (Aber frag ruhig.)

  117. @Frank Wappler

    Aus Einsteins “Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie” von 1916 kann man eigentlich nur lernen, welche erheblichen Schwierigkeiten Einstein selbst noch mit dem “Einstein verstehen” hatte. Teils liegt das wohl daran, dass ein klares Konzept von geometrischer Raumzeit noch fehlte, das wurde erst später herausgearbeitet. Man vergleiche beispielsweise Einsteins Text einmal mit dem bereits früher hier verlinkten und wirklich guten Essay von David Malament [Classical Relativity Theory].

    Dass Einstein 1916 immer noch nicht zwischen Eigenzeit und Koordinatenzeit unterscheidet, kann man ihm aber schon zum Vorwurf machen. Einiges, was er da geschrieben hat, ist infolgedessen grob missverständlich. So heisst es in §3, den Gang von Uhren auf einer rotierenden Kreisscheibe betreffend:

    Nach einem bekannten Resultat der speziellen Relativitätstheorie geht — von K aus beurteilt — die auf der Kreisperipherie angeordnete Uhr langsamer als die im Anfangspunkt angeordnete Uhr, weil erstere Uhr bewegt ist, letztere aber nicht. Ein im gemeinsamen Koordinatenursprung befindlicher Beobachter […] wird also nicht umhin können, die Zeit so zu definieren, daß die Ganggeschwindigkeit einer Uhr vom Orte abhängt.

    Mit solchen Formulierungen hat er eine Verwirrung gestiftet, die bei einigen bis heute fortbesteht. Geht die Uhr auf der Kreisperipherie nun verlangsamt oder nicht? Aus dem dort Gesagten könnte ich das nicht begreifen. Die originalen Texte zur GR sollte man nach meiner Einschätzung besser nicht lesen, bevor man das Zeug schon irgendwie verdaut hat. Aber das wird dann hier doch ziemlich off-topic.

  118. Chrys schrieb (20. Dezember 2013 14:17):
    > Man vergleiche […] mit dem bereits früher hier verlinkten und wirklich guten Essay von David Malament [Classical Relativity Theory].

    Diese Dokument enthält lediglich zwei Worte mit dem Wortstamm “conicid…” (entsprechend “Koinzidenz”); beide offenbar in Randbemerkungen (in einer Fußnote, bzw. in einem Satz in Klammern).

    Das demonstriert zwar einerseits, dass sogar Malament mit diesem Wort(-Stamm) etwas anzufangen weiß; aber vor allem, dass er dessen Bedeutung insbesondere in der RT nicht so wichtig schätzt, wie es Einsteins schon mehrfach erwähnte Aussage (über “alle unsere zeiträumlichen Konstatierungen”) vermuten lässt.

    Ich behaupte ja nicht, dass ich Einstein vollständig verstanden hätte; oder dass Malament Einstein überhaupt nicht verstanden hätte; oder dass Einstein auch nur wenigstens sich selbst verstanden hätte, wenn er (verschiedentlich) von “Koinzidenz” schrieb, oder (MBMN allzu häufig) dieses Wort nicht benutzte, wo es mir angebracht schien.

    Aber indem ich dieses Wort betone, und den entsprechenden Begriff für nachvollziehbar halte, habe ich offenbar etwas verstanden, was Einstein nachweislich zumindest für verständlich und in der Präsentation der RT für relevant hielt, und was Malament zu entgehen scheint (und einigen andern wohl auch).

    > Die originalen Texte zur GR sollte man nach meiner Einschätzung besser nicht lesen, bevor man das Zeug schon irgendwie verdaut hat.

    Texte zur RT, oder zu Physik insgesamt, sollte man nicht verfassen, wenn man sich (noch) nicht vergewissert hat, dass man sie zumindest auf Nachfrage mit begrifflichen Mitteln ausdrücken wollte (und idealer Weise sogar könnte), die unmittelbar eingängig sind.
    Bevor du dir selber dies mit Überzeugung zugegeben hast, lieber Co-Kommentator, schreib nicht weiter.

    p.s.
    Frank Wappler schrieb (19. Dezember 2013 23:52):
    > [1] wobei ich mir heute verkneife eine (die?) geeignete genaue Definition anzugeben, wie ein “Umschlag” als eine bestimmte Teilmenge der gegebenen “Gesamtheit von Koinzidenzen” unter Verwendung der Begriff “Koinzidenz” und “(materieller) Punkt” zu konstruieren ist.

    Hier ist eine (nicht die einzige, aber wohl die kürzeste) geeignete Definition:

    Man nehme irgendeine Koinzidenz “Φ” aus der gegebenen Gesamtheit, und betrachte alle materiellen Punkte, die an Φ Anteil hatten. Man nenne “K” die Teilmenge der Gesamtheit aller Koinzidenzen, an denen (mindestens) einer dieser materiellen Punkte Anteil hatte.

    Aus Menge K nehme man irgendeine Koinzidenz “Ψ” (verschieden von Φ), und betrachte alle materiellen Punkte, die an Ψ Anteil hatten. Die Teilmenge von Koinzidenzen aus K, an denen keiner dieser materiellen Punkte Anteil hatte, ist, was oben “Umschlag” genannt wurde.

  119. @Frank Wappler

    Könnte man sich vielleicht darauf einigen, die Koordinaten von Punktereignissen zu akzeptieren als die mit diesen Ereignissen koinzidierenden Markierungen auf Massstäben bzw. Stellungen von Uhrzeigern, welche von einem Beobachter (aka “Koordinatensystem”) als Instrumente verwendet werden? Also in folgendem Sinne Einsteins:

    Auch die Ergebnisse unserer Messungen sind nichts anderes als die Konstatierung derartiger Begegnungen materieller Punkte unserer Maßstäbe mit anderen materiellen Punkten bzw. Koinzidenzen zwischen Uhrzeigern, Zifferblattpunkten und ins Auge gefaßten, am gleichen Orte und zur gleichen Zeit stattfindenden Punktereignissen.
    Die Einführung eines Bezugssystems dient zu nichts anderem als zur leichteren Beschreibung der Gesamtheit solcher Koinzidenzen.

    Koordinatentransformationen wären demnach schlicht wechselseitige Übertragungen von Messwerten, die verschiedene Beobachter mit den jeweils eigenen Instrumenten für dieselben Punktereignisse ermittelt hätten.

    Markus Pössel würde dem wohl nicht unbedingt widersprechen, auch wenn der von ihm bevorzugte Sprachgebrauch dabei ein geringfügig anderer sein sollte.

  120. Chrys schrieb (22. Dezember 2013 0:26):
    > Könnte man sich vielleicht darauf einigen, die Koordinaten von Punktereignissen zu akzeptieren als die mit diesen Ereignissen koinzidierenden Markierungen auf Massstäben bzw. Stellungen von Uhrzeigern

    Nein, gerade nicht!
    Koordinaten sind doch Tupel von reellen Zahlen.
    Markierungen, insbesondere “Enden”, verstehen sich dagegen sicherlich als wiedererkennbare Beteiligte.

    (Wobei noch offen ist, ob jedes Paar von verschiedenen wiedererkennbaren Beteiligten “Maßstab” genannt werden soll, oder worin ansonsten eine nachvollziehbare Methode bestünde festzustellen, welche dieser Paare nicht als “Maßstab” zu charakterisieren sind.)

    Und Zeigerstellungen, oder allgemein “Anzeigen” eines wiedererkennbaren Beteiligten, verstehen sich sicherlich als Anteile eines Zeigers (bzw. des Beteligten) an einem Ereignis, an dem i.A. auch viele andere Beteiligte Anteil hatten; nicht als reelle Zahlen.

    (Wobei ich erneut darauf hinweise, dass nicht jede reell-wertige Parametrisierung einer gegebenen Anzeigenfolge eines bestimmten wiedererkennbaren Beteiligten affin zu dessen Dauer zwischen diesen Anzeigen ist; dass also nicht jede Uhr eine “gute” Uhr sein kann. Es ist ja nicht einmal jede reell-wertige Parametrisierung einer solchen gegebenen Anzeigenfolge monoton zur Reihenfolge dieser Anzeigen.)

    Oben trat in diesem Zusammenhang schon öfter der Begriff “[[Darstellung]]” auf, der an sich wohl nicht spezifisch genug ist, um weiterzuhelfen, oder ansonsten dermaßen technisch und spezifisch, dass ich ihn leider (noch) nicht ganz verstehe/beherrsche, nämlich als http://de.wikipedia.org/wiki/Darstellungstheorie

    Aber anhand des Begriffs [[Abbildung]] oder sogar http://de.wikipedia.org/wiki/Funktion_%28Mathematik%29 kann ich begründen, warum ich den obigen Einigungsvorschlag ablehne:
    Ich kann nicht akzeptieren, die Definitionsmenge einer Funktion (“das, was dargestellt wird”) und die Zielmenge bzw. die Bildmenge dieser Funktion (… “der Ausdruck der Darstellung” …) miteinander zu verwechseln.

    Ereignisse/Koinzidenzen sind keine Zahlen(-Tupel);
    wiedererkennbare Beteiligte/Markierungen sind keine Zahlen(-Tupel);
    Ereignisanteile/Anzeigen/Zeigerstellungen sind keine Zahlen.

    Wir können uns also gern darauf einigen, dass Koordinaten Zahlen(-Tupel) sind, die der gegebenen Gesamtheit von Ereignissen/Koinzidenzen zugeordnet wurden.

    Anschließend könnten wir uns auf weitere Details einigen, wie solche Zuordnungen erfolgen sollen.
    Das mag Charakterisierungen der “Definitionsmenge an sich” erfordern (Stichwort: “Wiedererkennbarkeit”), oder Charakterisierungen der “Zielmenge an sich” (Stichwort: “R”), oder gewisse Zusammenhänge zwischen solchen Charakterisierungen (Stichwort: “R^{3 + 1}”).

    (Dabei interessiere ich mich zugegebenermaßen vor allem für die eventuellen Charakterisierungen der “Definitionsmenge an sich”; aber alle denkbaren Erleicherungen bei deren Beschreibung sind natürlich willkommen.)

    > Also in folgendem Sinne Einsteins:
    > » Auch die Ergebnisse unserer Messungen sind nichts anderes als die Konstatierung derartiger Begegnungen materieller Punkte […] Die Einführung eines Bezugssystems dient zu nichts anderem als zur leichteren Beschreibung der Gesamtheit solcher Koinzidenzen. «

    Ja, in diesem Sinne (sofern ich diesen recht verstehe).
    Man beachte übrigens, dass darin von “Bezugssystem” die Rede ist; und nicht etwa von dessen Darstellung/Abbildung als Koordinatensystem.

  121. @Frank Wappler

    »Nein, gerade nicht!«

    Das ist bedauerlich und lässt mich Schlimmes für “Einstein verstehen” befürchten.

    »Koordinaten sind doch Tupel von reellen Zahlen.«

    Für Einstein haben die aber auch eine physikal. Deutung, indem sich diese Zahlen, versehen mit entsprechenden physikal. Masseinheiten für Länge bzw. Zeit, interpretieren lassen als Messwerte, die einem in Betracht stehenden Beobachter zur zeiträumlichen Beschreibung von Punktereignissen dienen. Er hampelt da doch nicht aus Jux mit irgendwelchen Zahlentupeln herum, die in keinerlei Beziehung stünden zu messbaren Grössen der Physik. Und Einstein hat zudem weder die Wörter Massstab oder Uhr neu erfunden, noch in einer Weise verwendet, die einem Physiker nicht nachvollziehbar wäre. Auch in der SR werden in einem Inertialsystem Abstände zwischen fixierten Punkten mit ruhenden Massstäben und die “Zeit” mit ruhenden Uhren so gemessen, wie in der Newtonschen Physik üblich.

    Wir sollten es damit bewenden lassen, das bringt hier nichts mehr. Und die Zeigerstellung meiner Unruhuhr sagt mir auch, dass es “Zeit” ist, in die Weihnachtsferien zu gehen.

  122. Chrys schrieb (22. Dezember 2013 21:21):
    > Frank Wappler [schrieb (22. Dezember 2013 14:59)] »Koordinaten sind doch Tupel von reellen Zahlen.«

    > Für Einstein haben die aber auch eine physikal. Deutung, indem sich diese Zahlen, versehen mit entsprechenden physikal. Masseinheiten für Länge bzw. Zeit, interpretieren lassen als Messwerte

    Wenn das so ist (und Koordinaten nicht nur zur schlichten Benennung dienen sollten) dann können wir uns trotzdem mal wieder dem offenbar physikalisch Vorrangigen zuwenden: der Ermittlung von Messwerten, an sich.

    > Und Einstein hat zudem weder die Wörter Massstab oder Uhr neu erfunden, noch in einer Weise verwendet, die einem Physiker nicht nachvollziehbar wäre.

    MTW (bzw. auch Ehlers, Pirani und Schild) gaben sich ja einige Mühe nachzuvollziehen, was Einstein mit “Maßstab” und “(guter) Uhr” gemeint haben könnte: als “Ideal Rods and Clocks” (Box 16.4); und sicherlich mit dem Anspruch, Einstein insofern verstanden zu haben.
    Leider benötigten sie dafür den undefinierten Begriff “free“, der offenbar nicht unterschiedslos auf alle denkbaren Beteiligten zutrifft, und deshalb ohne eigene Definition nicht nachvollziehbar ist.

    > Auch in der SR werden in einem Inertialsystem […]

    Auch auf diesen Begriff trifft zu, dass man sich (insbesondere) als Physiker einer Täuschung hingäbe, einen Sinn damit verbinden zu wollen, ohne ihn zunächst durch eine nachvollziehbare Methode definiert zu haben, anhand derer im konkreten Versuch festzustellen wäre, ob … (gegebene Beteiligte zueinander ruhten, oder nicht). Dass und wie das gelingen kann, wird nicht zuletzt an Synges “Five point curvature detector” deutlich (GR Ch. XI, S. 408 ff. — die paar Blätter halte ich griffbereit).

    > Wir sollten es damit bewenden lassen

    Sofern das Vorurteil (vgl. 18. März 2013 9:53) weiterhin vertreten würde, dass alle Unruhen mit gleichen (Eigen-)Raten schwängen, oder dass jede Unruh überhaupt mit einer bestimmten (Eigen-)Rate schwänge, wäre dem nach wie vor an entsprechender Stelle zu widersprechen.

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