Braune Nasentropfen mit Silbereiweißacetyltannat

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Gedanken, biologisch abgebaut
Detritus

Ich habe vor ein paar Monaten Nasentropfen für meinen verschnupften Sohn verschrieben bekommen, die den lustigen Namen „Rhinoguttae Argenti diacetylotannici proteinici 3% SR Nasentropfen“ tragen. Also kolloidales Silber, kombiniert mit Tannin (eine adstringierende Substanz).

Nase tropft
Schnupfen? Bild von lenifuzhead auf flickr. CC-BY-ND-2.0

Gibt es eine Wirkung und wie ist deren Mechanismus?
Die Wirkung beruht auf dem sog. oligodynamischen Effekt oder der Oligodynamie, womit die schädigende Wirkung kleinster Mengen an Metall-Kationen auf lebende Zellen beschrieben wird. Der Stoffwechsel vieler Bakterien ist hochempfindlich gegen Silberionen, die Gefahr für menschliche Zellen bleibt damit u.U. relativ gering. Dabei reagieren verschiedene Bakterienarten höchst unterschiedlich auf das Silber, es existieren auch silberresistente Arten. Den antiviralen Effekt kann man vergessen.[1]

Eignung und Risiken

Die Stiftung Warentest hat im Heft 4/2010 verschiedene verschreibungsfreie Schnupfenmittel untersucht, das o.g. Präparat fiel glatt durch, weil die therapeutische Wirkung klinisch nicht bestätigt ist. Dazu kommt, dass sich Silber im Körper anreichert. Deshalb soll man das o.g. Mittel nicht über längere Zeit anwenden, denn die Risiken sind erheblich.[2] Dieser Mann hier (YouTube-Video) hat blaue Haut durch die Einnahme von kolloidalem Silber. Daneben sind Geruchsempfindlichkeit, Geschmacksstörungen und zerebrale Krampfanfälle beschrieben. All das sollte aber bei einer kurzfristigen Anwendung der Nasentropfen nicht gegeben sein.

Fazit

Ich hatte selbst nie dass Gefühl, dass die tiefbraunen Tropfen etwas bewirken. Durch die adstringierende Wirkung hat man ein komisches Gefühl in der Nase, das wars dann auch schon. Der Nutzen ist unbelegt und es gibt immer ein gewisses Risiko, nicht nur direkt durch die Silbertoxizität, sondern auch über mikrobielle Kontamination und Überempfindlichkeitsreaktionen.

In meiner Nutzen-Risiko-Bewertung fällt das Zeug also durch.

Anmerkungen
[1]Rezepturformularium der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände: Rezepturhinweise: Silberverbindungen, kolloidal lösliche

[2] Fung, MC und Bowen, DL (1996): Silver products for medical indications: risk-benefit assessment. In J Toxicol Clin Toxicol 34(1), S. 119-26

Martin Ballaschk ist promovierter Biologe, aber an vielen anderen Naturwissenschaften interessiert. Das Blog dient ihm als Verdauungsorgan für seine Gedanken. Beruflich ist er als Wissenschaftskommunikator, hier rein privat unterwegs.

2 Kommentare

  1. Danke für die gut verständlichen Ausführungen. Ich habe diese Silber Nasentropfen erstmalig vom HNO bekommen. Meine Nasenmuscheln sind vergrößert, wodurch meine Nase dauernd dicht ist. Nun Seitenstrangangina, eigentlich mit eher freier Nase… Und siehe da: Seit ich die Tropfen nehme löst sich Schleim ohne Ende – dadurch entsteht durch Verkleinerung der Nasenmuscheln wieder eine bessere Durchlüftung. Ein durchaus positiver Effekt!

  2. Ich kann die positive Wirkung nur bestätigen, allerdings mit der Einschränkung auf Schnupfen mit starker Schleimbildung (typisch gelb-grüner Schleim wie er bei Kinder oft vorkommt) klingen die Beschwerden innerhalb von 1-2 Tagen rasch ab. Bei klaren Fliessschnupfen oder verstopfter Nase gibt es keine Wirkung.
    Daher nehmen wir das Präparat nur im oben beschriebenen Anwendungsfall.

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