Archaeopteryx XI

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Archaeopteryx ist wohl die bekannteste Übergangs- bzw. Mosaikform, die je auf unserem Planeten gelebt hat und gilt als der erste Vogel überhaupt. Vor kurzem wurde das elfte Fossil des Urvogels entdeckt und sogleich als Kulturgut angemeldet. Der Finder und die genaue Fundstelle des Fossils werden noch geheim gehalten, doch laut dem Konservator der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie Oliver Rauhut, handelt es sich bei dem Fund um ein äußerst gut erhaltenes Exemplar. Nur der Schädel und ein Flügel fehlen weitgehend, heißt es in der Pressemitteilung.
 
Rauhut vermutet, dass das elfte Archaeopteryx-Exemplar aus dem Altmühltal stammt und es sich bei seinem Entdecker um einen Steinbruchbesitzer handelt."Er hat uns angerufen und gesagt, er hätte etwas – aber wir sollten nicht nachfragen, von wem es kommt", erklärte Rauhut.
Ein Vermittler übergab den fossilen Fund den Wissenschaftlern mit der Bitte, ihn als nationales Kulturgut eintragen zu lassen, "sodass das Stück der Wissenschaft erhalten bleibt". Jetzt wird der "neue" Archaeopteryx untersucht und anschließend dem Finder zurückerstattet. "Wir müssen uns das Stück natürlich im Detail ansehen. Es wird unter dem Mikroskop angeguckt und unter ultraviolettem Licht. Da kann man eventuell erhaltene Weichteile erkennen. Eventuell macht man eine Computertomografie, um zu sehen, ob im Gestein noch Dinge verborgen sind", so Rauhut weiter.
 
Der Urvogel soll neben anderen berühmten europäischen Dinosaurierfunden auf den “Mineralientagen“ in München (vom 28. bis zum 30. Oktober) der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Das letzte Archaeopteryx-Fossil, das "Thermopolis-Exemplar" wurde ebenfalls in Bayern entdeckt und verbrachte viel Zeit in einer privaten Sammlung, bis es vom Besitzer des Wyoming Dinosaur Centers gekauft und unter anderem vom Ornithologen Gerald Mayr untersucht wurde.

 
Gemeinsam mit Burkhard Pohl und Stefan Peters veröffentlichte er die Studie "A Well-Preserved Archaeopteryx Specimen with Theropod Features" (erschienen in Science) und kam zum Schluss, dass Archaeopteryx doch mehr Dinosaurier (Therapoda) als Vogel war. Grund dafür war die nicht vollständig nach hinten gedrehte erste Zehe (Hallux). "Das Fehlen eines gänzlich nach hinten gedrehten großen Zehs zeigt, dass der Archaeopteryx keinen Fuß hatte, mit dem er Äste wie ein Vogel umgreifen konnte", erklären die Wissenschaftler. "Damit fehlt Archaeopteryx eigentlich das letzte typische Vogelmerkmal. Er ist einem Vogel wesentlich unähnlicher, als es in den Lehrbüchern dargestellt wird", urteilte Gerald Mayr damals. Die Funde gefiederter Dinosaurier veranschaulichen uns, dass Federn alleine noch nicht als Merkmal ausreichen, um zwischen Vögeln und Dinosauriern zu untescheiden.
 
Und auch die Frage, wie gut bzw. ob der Urvogel überhaupt fliegen konnte ist umstritten. In einer 2010 erschienen Studie (Science) berichteten Gareth Dyke vom University College Dublin und Robert Nudds von der Universität Manchester, dass seine Federn nicht wirklich für den Flug geeignet waren. Sie untersuchten dazu die Federschäfte von Archaeopteryx und Confuciusornis und kamen zum Schluss, dass diese um einiges dünner waren, als die heutiger Vögel. Ihren Erkenntnissen zufolge entwickelten die Vögel erst viel später die Fähigkeit zu fliegen. Sie gingen davon aus, dass der Urvogel gerade mal flattern konnte.
 
Aber genau das macht Übergangsformen aus. Sie sind der beste Beweis für die schrittweise Evolution, da sie die Merkmale stammesgeschichtlich älterer und stammesgeschichtlich jüngerer Taxa in sich vereinen. Vielleicht ergeben sich aus den Untersuchungen an "Archaeopteryx XI" ja wieder neue Erkenntnisse über den Urvogel und führen damit zu mehr Konsens unter den Paläontologen, was auf jeden Fall zu begrüßen wäre.
 
Wer mehr über Archaeopteryx wissen möchte, dem sei vor allem der englischsprachige Wikipedia-Artikel zu empfehlen (in dem momentan aber nur 10 Exemplare angeführt sind): http://en.wikipedia.org/wiki/Archaeopteryx

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Veröffentlicht von

Ich studiere Biologie in Wien und bin ein leidenschaftlicher Vogelbeobachter und Hobbyornithologe.

5 Kommentare

  1. Fundort geheim – warum?

    Warum sind Fundort und Finder von A XI. geheim? Wird man zumindest den Fundort irgendwann mal erfahren? Oder erfährt die Öffentlichkeit den Fundort nicht aus Angst vor Hobbygeologen bzw. -paläontologen?

  2. Fundort geheim – warum?

    Ich gehe davon aus, dass der exakte Fundort nicht bekanntgegeben wird, da sich aus ihm womöglich auf den Finder schließen lässt. Warum genau der Entdecker unbekannt bleiben will ist nur schwer zu eroieren. Gut möglich, dass er “Angst vor Hobbygeologen bzw. -paläontologen” hat.

    Sollte er seine Identität preisgeben, so würde er vermutlich auch unzählige Anfragen und Angebote von Wissenchaftlern, Sammlern und anderen Interessenten bekommen. Vielleicht möchte er seinen Fund um keinen Preis veräußern und sieht deshalb auch keinen Grund dafür. Über die genauen Hintergründe der Geheimhaltung lässt sich eigentlich nur spekulieren. Momentan müssen wir uns mit dem Altmühltal als möglichen Fundort zufrieden geben.

  3. Übergangsformen /Archaeopteryx XI

    Was ist der Mensch, Übergangs- oder Endform?

    (Schau’n mer mal, in 150 Mio Jahren… ;-))

  4. Genom/Übergangsform

    @Joe Dramiga
    Kann mir nicht vorstellen, dass die DNA aus Archaeopteryx-Fossilien isoliert werden konnte. Habe zumindest noch nichts davon gehört. Wäre dem so, müsste man sich vermutlich auch nicht mehr um seine Zugehörigkeit streiten. Jetzt gibt es übrigens eine Studie, die Archaeopterix wieder zum Vogel “erhebt”: Archaeopteryx regains its perch on the bird family tree

    @ Balanus
    Solange kann ich aber nicht warten. Weil ich so ungeduldig bin, verstehe ich den Menschen eindeutig nicht als eine Übergangsform. Die Evolution kennt ja schließlich auch ihre Grenzen 😉

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