Muhammad vor der Berufung Teil I

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Der Prophet Muhammad war schon einige Male Gegenstand von Artikeln auf meinem Blog. So wurden insbesondere mit seinem Berufungserlebnis und seiner Auswanderung von Mekka nach Medina zwei wichtige Ereignisse aus seinem Leben vorgestellt.

Für die nächste Zeit habe ich mir vorgenommen, immer wieder einen Beitrag zu schreiben, der Auszüge aus Muhammads Leben oder Facetten seiner Persönlichkeit und seines Wirkens beleuchtet. Bei Gelegenheit werde ich auch auf Quellen eingehen und Sekundärliteratur empfehlen. Es sei hier angemerkt, dass man, was Informationen zur Person und zum Leben des Propheten und zur Frühzeit des Islam betrifft, auf die islamischen Quellen angewiesen ist, auch wenn die dort enthaltenen Berichte manchmal Legendencharakter besitzen.

 

Beginnen möchte ich mit seinem Leben vor seiner Prophetie.

 

Muhammad soll im Jahre 570 n. Chr., das in muslimischen Quellen gerne als das Jahr des Elefanten bezeichnet wird, in Mekka geboren worden sein. Wie Ibn Ishaq in seiner Biographie des Propheten, die im Übrigen das erste biographische Werk über Muhammad ist und etwa ein Jahrhundert nach seinem Ableben verfasst wurde, berichtet, soll seine Mutter Amina während der Geburt eine Eingebung bekommen haben. Demnach habe sie eine Stimme gehört, die ihr verkündete, dass sie „den Herrn dieses Volkes“ empfangen habe, dem sie den Namen Muhammad geben solle. Der Name Muhammad stammt aus der Wortwurzel h-m-d. Das dazugehörige Verb hamida lässt sich mit “loben, preisen“ übersetzen. So bedeutet Muhammad in deutscher Sprache „gepriesen, gelobt, löblich“ oder laut dem Islamwissenschaftler Hartmut Bobzin „der Hochgepriesene, bzw. „einer, der hoch gepriesen wird“. Man darf aber nicht annehmen, dass es sich dabei um einen expliziten Titel für den Propheten handelte, da der Name schon im vorislamischen Arabien bekannt war.

Seinen Vater Abdallah soll Muhammad nie gesehen haben, da dieser kurz nach der Empfängnis starb. Amina, die eine Adelstochter aus der Sippe Zuhra des Stammes Quraish war, dem die Bevölkerung Mekkas angehörte, starb ebenfalls sehr früh. Muhammad soll seit seinem sechsten Lebensjahr Vollwaise gewesen sein.

Die folgenden zwei Jahre sollte Muhammad bei Abdalmuttalib, seinem Großvater väterlicherseits, verbringen. Schließlich kam er nach dem Tod des Großvaters in die Obhut Abu Talibs, einem seiner insgesamt neun Oheime. Abu Talib stand, wie die Quellen uns berichten, bis zu seinem Tod im Jahre 619 stets auf der Seite seines Neffen. Zwei seiner Söhne Ali und Ga´far gehörten zu den ersten, die an Muhammads Mission geglaubt haben.

Eine der interessantesten Geschichten aus den jungen Jahren Muhammads ist seine Begegnung mit dem Mönch Bahira, als er die Karawane seines Onkels nach Syrien begleitete. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Mekkaner zwei Haupteinnahmequellen hatten: einerseits die Pilgerfahrtssaison, in der hauptsächlich aus der Arabischen Halbinsel kommende Pilger die Kaaba zu Ehren der über 300 Götter, deren Standbilder überwiegend dort aufgestellt waren, besuchten und andererseits der Karawanenhandel mit Syrien im Süden und dem Jemen im Norden. Die Handelsbeziehungen der Mekkaner reichten sogar bis nach Äthiopien.

Jener Mönch soll im syrischen Bosra in einer Klause gelebt haben und mit den heiligen Schriften der Christen gut vertraut gewesen sein. Bisher hatte er den Karawanen aus Mekka keine Beachtung geschenkt, doch dieses Mal hatte er ihnen ein Festmahl hergerichtet, denn er hatte beobachtet, dass eine Wolke der Karawane ständig angenehmen Schatten spendete. Auch als die Karawane in der Nähe eines Baumes gelagert hatte, soll diese Wolke sich über dem Baum ausgebreitet haben und die Zweige des Baumes sollen sich in derart über die dort Rastenden gebogen haben, dass sie sich unter ihnen abkühlen konnten. Aus diesen Zeichen schloss Bahira, dass unter ihnen ein Prophet sein müsse. Als der Mönch schließlich die Gäste zum Essen empfing, erschienen sie alle außer Muhammad, der das Gepäck beaufsichtigen sollte. Bahira bestand aber darauf, dass alle an dem Mahl teilnehmen sollten und so ließ man Muhammad kommen. Daraufhin begann er, Muhammad eindringlich zu beobachten und nach Merkmalen zu suchen, die auf seine Prophetie hinwiesen. Im Gespräch, das zwischen den beiden stattgefunden haben soll, seien Bahira alle prophetischen Merkmale aufgefallen, die er aus seinen heiligen Schriften kannte. Als abschließenden Beweis fand er zwischen den Schultern Muhammads das Siegel der Prophetie, bei dem es sich um eine Art kreisförmiges Muttermal gehandelt haben soll.

Bahira suchte daraufhin Abu Talib auf und ermahnte ihn, gut auf seinen Neffen aufzupassen und prophezeite ihm, dass dieser eines Tages von großer Bedeutung sein würde.

Die Kernaussage dieses Berichts ist sehr deutlich. Muhammads Erscheinen soll schon durch die heiligen Schriften der Christenheit verkündet worden sein. Auf diese Aussage stößt man in den islamischen Quellen und im Koran selbst immer wieder. Jesus selbst soll nach koranischer Darstellung das Kommen Muhammads vorausgesagt haben. Dieses Thema ist zu komplex, als dass es hier nur kurz angerissen werden könnte. Deshalb gerne mehr dazu bei Gelegenheit in einem eigenen Beitrag.

An dieser Stelle sollte aber noch ein Auszug aus Ibn Ishaqs Beschreibung des Charakters von Muhammad angeführt werden:

„Und Muhammad wuchs heran – wobei Gott ihn behütete und beschützte und ihn vor der Unreinheit des Heidentums bewahrte, da Er ihn ehren und mit der Prophetenschaft auszeichnen wollte -, bis er das Mannesalter erreichte und in seinem Volke der Tugendhafteste war, der Beste und Edelste, der Hilfsbereiteste und Sanftmütigste, der Aufrichtigste und Treuste und am weitesten entfernt von Zuchtlosigkeit und schlechtem Charakter. Bald nannte man ihn wegen all der guten Eigenschaften, die Gott in ihm vereinigt hatte, nur noch Amin, den ‚Treuen‘.“ (Rotter, S. 38)

Muhammad werden hier also schon für die Zeit vor seiner Berufung zum Propheten die edelsten Charaktereigenschaften zugeschrieben und es wird betont, dass er auch schon zu jener Zeit die Götzenverehrung ablehnte. Diese beiden Punkte bilden nach muslimischem Verständnis einen wichtigen Teil der Kernbotschaft Muhammads.

Im nächsten Beitrag soll es um die Eheschließung Muhammads mit Khadidja und seinen Beitrag zur Lösung des Konfliktes um den Wiederaufbau der Kaaba gehen.

 

Literatur:

–          Bobzin, Hartmut: Mohammed. München 2002. (2. Aufl.)

–          Rotter, Gernot (aus dem Arabischen übertragen und bearbeitet): Ibn Ishaq. Das Leben des Propheten. Kandern 1999.

 

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Hussein Hamdan M.A., geb. 1979 studierte Islam- und Religionswissenschaft sowie Irankunde in Tübingen und schloss sein Studium 2007 mit einem Magister ab. Anschließend folgte, ebenfalls an der Universität Tübingen, die Doktorarbeit über das Wirken der Azhar-Universität im christlichen-islamischen Dialog, die im März 2013 abgeschlossen wurde. Hussein Hamdan war die ersten beiden Jahre seiner Promotion Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, ehe er 2009 für zwei Jahre Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für interkulturelle Kommunikation in Heidelberg wurde. Dort verfasste er u.a. den Band „Muslime in Deutschland. Geschichte, Gegenwart und Chancen“. Aktuell ist er an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart angestellt und für das Projekt „Gesellschaft gemeinsam gestalten – Junge Muslime als Partner“ verantwortlich. Hussein Hamdan ist Autor und Sprecher der Kolumne „Islam in Deutschland“ (SWR) und Referent zu diversen Themen des Islam. Seine Schwerpunkte sind Muslime in Deutschland, Interreligiöser Dialog, Humor im Islam sowie Einführungen in die Grundlagen, Quellen und Geschichte des Islam. Zudem ist er Mitglied des Runden Tischs Islam von Integrationsministerin Bilkay Öney in Baden-Württemberg. Hamdan hat sich in den letzten Jahren in verschiedenen Bereichen des interreligiösen und interkulturellen Dialogs engagiert. Von 2004-2007 moderierte er in Tübingen den Arabisch-Amerikanischen Dialog. Aktuell ist er Vorstandsmitglied des Bendorfer Forums.

12 Kommentare

  1. Da die hier beschriebenen Sachverhalte nicht in einen äußeren Rahmen gestellt werden, handelt es es sich schlicht um religiöse Propaganda.

    Ich bin doch einigermaßen erstaunt auf dieser Seite solche Texte zu lesen und betrachte dies als Zeichen eines unseligen Zeitgeists.

    Besser Sie finden andere Wege, um mit Ihrer evolutionär angelegten Spiritualität zu recht zu kommen.

  2. Religiöse Geschichten

    Mich wundert immer wieder, wie religiöse Menschen alte Geschichten für wahr halten.

    Meiner Ansicht nach beruht der Erfolg der Religionen auf massiver Indoktrination von klein auf.

  3. “…Und man in Mährchen und Gedichten
    Erkennt die wahren Weltgeschichten,
    Dann fliegt vor Einem geheimen Wort
    Das ganze verkehrte Wesen fort.”
    (Novalis)

    kann ich den Vorkommentatoren nur sagen und Ihnen, Hussein Hamdan, herzlichen Dank sagen für die echten Weltgeschichten. Dazu bekomme ich langsam das Gefühl, das der Anti-Islamismus eine Krankheit ist, die neben der Aufklärung auch eine Behandlung nötig macht. Ihr Blog ist zumindest für die Aufklärung sehr nützlich.

    Mit großer Hochachtung
    Enrique

  4. So wie ich das verstanden habe, gibt der Autor nur wieder, was Ibn Ishaq damals über Muhammed geschrieben hat. Von daher wird hier ja nicht behauptet dass “es so geschehen ist” sondern dass “Ibn Ishaq sagt dass es so geschehen ist”.

    Ich finde die Einträge gut, obwohl ich persönlich kein Moslem mehr bin. Es ist einfach interessant zu wissen, woran sogar gebildete Menschen alles glauben können.

  5. Geschichte glauben? Geschichten glauben?

    Das ist der Unterschied zwischen religiösen Geschichten und historischen Geschichten: Religiöse Geschichten steht sofort unter dem Verdacht der “Propaganda”, wie es oben steht, dagegen gilt z.B. Cäsars Eigenpropaganda De Bello Gallico als seriöse Quelle, von vielen anderen Chronisten mit unterschiedlicher Interessenlage ganz zu schweigen. Nicht nur Religion neigt zur Legendenbildung, auhc ganze Wissenschaftszweige sind dagegen nicht immun, von Einzelpersonen ganz zu schweigen. Das ist wohl menschlich. Es ist nicht so geschehen, wir haben es konstruiert. Wahrheit gibt es also nie. Und nirgends stand in obigen Text übrigens, dass es geglaubt werden soll oder das es sich um Glaubenswahrheiten handelt. Es ist eine reine Darstellung zur Information und daher bitte ich um mehr Gelassenheit und Toleranz.

    Enrique

  6. @Cruzcampo: Verstandesverachtung

    Wahrheit gibt es also nie.

    Beansprucht dieser Ihr Satz,

    a) wahr,
    b) falsch oder
    c) ironisch

    zu sein? Ich versteh’s nicht.

  7. “Wahrheit…

    gibt es nie” (außerhalb tautologischer Systeme) war schon OK, allerdings gibt es eine in wissenschaftsnahen Blogs oft erwartete wissenschaftliche Herangehensweise, die hier “ein wenig” vermisst wird.

    MFG
    Dr. Webbaer (der hier also eher bspw. einen theologischen Ansatz erwarten würde anstatt Erzählkunst)

  8. @Webbaer

    “wissenschaftliche Herangehensweise, die hier “ein wenig” vermisst wird.”

    Gut, da kann ich mitgehen. Es sollte der Islam nicht nur mit Geschichten aus “TausendundeinenKoran” erklärt werden, da hast Du vollkommen recht. Es ist hier ja kein Geschichtenerzählerblog, das habe ich vollkommen übersehen.

    Schuldbewußt, Dein Enrique

  9. @Cruzcampo

    Na, nun übertreibe mal bitte nicht.

    Du hast es doch mit der Konstruiertheit menschlicher Anschauung auf den Punkt gebracht.

    Der oft, auch hier, beschworene Dialog benötigt genau diese Einstellung, die dann auch die nötige Distanz schafft um den Dialog erfolgreich werden zu lassen.

    Zum Glück gibt es zunehmend Leute, auch aus dem moslemischen Spektrum, die sich um diese Distanz bemühen.

    MFG
    Dr. Webbaer

  10. Warum all diese negativen Äußerungen ?

    Ich finde den Text sehr informativ und interessant. Ich verstehe nicht, warum einige hier mit Begriffe wie “Propaganda” um sich werfen. Ginge es hier z.B. um Platon, dann hätte niemand solche Bemerkungen gemacht, obwohl man auch eher zur Kategorie Geschichte/n zuweisen würde. Für einen nicht Muslim ist es interessant, so einen Beitrag zulesen zu bekommen.

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