Rohstoffmanagement im Anthropozän – Das Beispiel der Phosphate

1. Einleitung

Der Eingriff des Menschen in die Umwelt hat Ausmaße erreicht, die schwer vorstellbar sind – quantitative Abschätzungen dazu eröffnen die Dimension (Abb. 1): so hat der Mensch bislang mehr als drei Viertel der eisfreien festen Erde umgestaltet – eine “Urnatur” ist hier nicht mehr vorhanden [Ellis & Ramankutty 2008, Ellis et al. 2010, Ellis 2011]. Die Unterscheidungen zwischen Natur und Kultur funktioniert nicht mehr. Heutige Naturlandschaften sind überwiegend auch Kulturlandschaften. Ähnlich sieht es in den Meeren aus, in denen die Überfischung gewaltige Ausmaße erreicht und auch Meeres­erwärmung, Versauerung, Überdüngung sowie andere Schadstoffe Korallenriffe und Plankton gefährden.

Abb. 1: Das Ausmaß der Eingriffe des Menschen in das Erdsystem (Beispiele). Zusammengestellt nach verschiedenen Quellen (vgl. Text). Abb. rechts aus Hamann et al. [2013]

Eine ganz besondere Rolle spielt auch das Ausmaß der Nutzung nicht nachwachsender Ressourcen – so verwendet der Mensch nicht nur fossile Energieträger, deren Verbrennung den anthro­pogenen Klimawandel bedingen, sondern auch Unmengen anderer Rohstoffe, wie Sand, Kalk, Eisenerze oder seltene Erden, um daraus Gebäude, Infrastrukturen, Geräte und Maschinen zu produzieren, deren Erstellung und Betrieb dann wiederum Energie benötigt. Eine aktuelle wissen­schaftliche Abschätzung besagt, dass die Menschheit bislang die unvorstellbare Menge von 30 Billionen Tonnen an Technosphäre hergestellt hat, 40% dieser Technosphäre befinden sich in und unter den Städten dieser Welt [Zalasiewicz et al. 2017a]. Andere technische Produkte, wie insbesondere Kunststoffe verteilen sich über die ganze Erde. So hat der Mensch insgesamt etwa 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoffe erstellt [Geyer et al. 2017]. Während die Vorkriegsproduktion minimal war und 1950 erst etwa 1,5 Millionen Tonnen produziert wurden, stieg die jährliche Produktion auf nunmehr über 320 Millionen Tonnen, was schon fast der Biomasse aller lebenden Menschen entspricht [Zalasiewicz et al. 2016, Leinfelder & Ivar do Sul,  im Druck ]. 2,5 Milliarden Tonnen des insgesamt produzierten Plastiks sind immerhin derzeit noch in Gebrauch, weltweit betrachtet wird allerdings nur ein sehr kleiner Teil recycelt oder verbrannt, während etwa 4,9 Milliarden Tonnen, also ca. 60% allen bislang produzierten Plastiks in die Umwelt gelangt sind, sei es in geologisch nicht dauerhaften Deponien oder direkt in die Umwelt auf Land und im Meer [Geyer et al. 2017]. Bau und Betrieb technischer Maschinen aus Naturressourcen ermöglicht wiederum, andere Ressourcen, darunter Phosphate abzubauen und in Form von Kunstdüngern auf landwirtschaftliche Flächen zu bringen oder für die Nahrungsmittelproduktion in anderer Weise zu verwenden. Eine aktuelle Studie trug die verfügbaren Daten zusammen [Williams et al. 2016, auch für weitere Literatur]: Zwischen 1910 und 2005 verdoppelte sich hiernach der menschengemachte Anteil an der pflanzlichen Nettoprimärproduktion (NPP) von 13 auf 25% der globalen Vegetation, was auch eine Verdoppelung des Eintrags an reaktivem Stickstoff und Phosphor in die Umwelt bewirkte sowie gewaltige Anteile an fossiler Energie für die landwirtschaftliche Produktion erfordert. 2014 wurden 225 Millionen Tonnen fossiler Phosphate abgebaut, für 2018 werden 258 Millionen Tonnen prognostiziert. Die Szenarien für den Anteil des Menschen an der gesamten pflanzlichen Primär­produktion bis zum Jahr 2050 belaufen sich auf 27 bis 44% NPP.

Erdgeschichtlich enstanden Phosphate z.T. magmatisch (in Ganggesteinen oder Ringintrusionen), vor allem aber marin-sedimentär (als Anreicherung von Plankton, Fischkadavern etc. in Zonen hoher Produktivität und/oder in Sauerstoffmangelzonen, insb. zu erdgeschichtlichen Treibhauszeiten wie der Kreidezeit oder dem Alttertär. In historischen Zeiten entstand terrestrischer Guano durch Vogelexkremente, Federn, Knochen und Kadavern von Seevögel-Massenvorkommen, etwa an der Küste von Peru. Diese, prinzipiell in einer gewissen Geschwindigkeit grundsätzlich nachwachsenden Vorkommen sind überwiegend abgebaut, genauo wie  insulärer pazifischer Guano, der sich  über Zehntausende von Jahren ablagerte und sich mit Korallenkalk und Meerwasser in Diagenese/Metasomatose-Prozessen zu hochwertigem Phosphat umwandelte. Ganze Inseln wurden dazu umgestaltet und teilweise entvölkert [zur tragischen Geschichte des Phosphatabbaus auf den Pazifikinseln Banaba und Nauru siehe z.B. Ellis 1936, Folliet 2011, Jaramillo 2016, Teaiwa, 2015, 2017, siehe auch Abb. 2 und 3].

Abb. 2: Kulturwissenschaftlerin Prof. Katerina Teaiwa, mit Wurzeln in Banaba, hat die an den Phosphatabbau gekoppelte Geschichte Banabas in einem bemerkenswerten Buch dokumentiert [Teaiwa 2015]. Aus Gründen der “Welternährungssicherheit” siedelten die Briten in kolonialen Zeiten die gesamte Bevölkerung um, um das wertvolle Phosphat der pazifischen Insel komplett abbauen zu können. Abbildungen und nähere Details: Teaiwa 2015, 2017; siehe auch Abb. 3).
Abb. 3: Entstehung und Geschichte der Banaba-Phosphate sind im Kiribati/Banaba-Kapitel von Leinfelder et al. (2016) aufgezeichnet, Kapitelillustrationen von Samuel Jaramillo. Rechts unten: Genese des Phosphats: über Jahrtausende abgelagerter Seevogelguano reagiert mit Korallenkalk und Meerwasser zu hochwertigem Phosphat.

Insbesondere die Landwirtschaft benötigt heute enorme Mengen an Phosphaten, welche fast ausschließlich aus wenigen fossilen und endlichen Vorkommen der Kreide und Alttertiärzeit abgebaut werden, mit einer gewaltigen geopolitisch bedeutsamen Monopol­stellung in der heute an Marokko angegliederten Westsahara [USGS 2016].

Abb. 4: Die meisten Phosphate stammen aus fossilen Ablagerungen, insb. der Kreide- und Alttertiärzeit, sie sind sedimentären Ursprungs und in Zeiten hoher Meeresproduktivität und häufigem Umkippen der Meere (“Todeszonen”) entstanden. Die Hauptvorkommen sind nur auf wenige Länder verteilt, Marokko / Westsahara hat mit Abstand die größten Vorkommen (etwa 40% der Weltreserven, nach anderen Angaben noch weitaus mehr). Trotz deutlich kleinerer Reserven (vgl. Abb. links) bauen jedoch China und die USA besonders viel ab, so dass ein Ende der dortigen Vorräte in Bälde zu erwarten ist.  Marokko ist in Relation zu seinen Vorräten vorsichtiger, ist aber dennoch Exportweltmeister. Rechts: die Gesamtproduktion von Phosphat nimmt seit der Jahrtausendwende rasant zu. 2016 wurden  insgesamt 261 Millionen Tonnen Rohphosphat produziert (Quellen siehe Abbildung). Dies entspricht etwa 35 kg pro Mensch.

Die anderen großen Produzenten, insbesondere China, USA und Russland haben deutlich kleinere Vorkommen (Abb. 4). Marokko führt allerdings bei den Exporten und verarbeitet zwischenzeitlich das Phosphat auch zu Roh- und z.T. handelsfertigen Produkten auf (Abb. 5, 8).

Abb. 5: Links: Phosphatvorkommen von Marokko, die Hauptvorkommen liegen bei Bou Craa in der Westsahara. Von dort werden die Phosphatgesteine mit einem 98 km langen Förderband zur Hafenstadt Laayoune transportiert, wo sie weiterverarbeitet und verschifft  werden (Abb. links, Zineb Benjelloun, aus dem Marokko-Kapitel von Leinfelder et al.  2016). Das Förderband (sowie Phosphatverwehungen aus undichten Stellen) ist in Google Maps gut zu sehen. Dieses Förderband kann laut Angaben der Produktionsfirma 2000 Tonnen Gestein pro Stunde befördern (Angaben aus http://www.twitrer.com/long-distance-forderbander/ )

Die Angaben zu abbauwürdigen, nachgewiesenen und vermuteten Phosphatvorkommen schwanken enorm, so dass auch die Angaben zu Peak Phosphor enorm unterschiedlich sind (Abb. 6).

Abb. 6: Abschätzungen des US Geological Survey (USGS, incl. Update für 2016) und des Fertilizers Development Center (IFDC 2010) zu nachgewiesenen und abbauwürdigen(Reserves)  sowie wahrscheinlichen (Ressources) Phorphatvorkommen

Obwohl an fossilen Phosphaten also kein Mangel herrscht, plant Neuseeland derzeit die Förderung von ca. 10 Millionen Jahre alten Phosphatknollen, die aufgrund einer tektonischen Aufwölbung nun am Chatham Rise in etwa 450 Meter Wassertiefe am Meeresboden liegen. Sie sollen mit Riesenstaubsaugern gewonnen werden. Besonders verwundert die pseudoökologische Begründung des Vorhabens. So würde der CO2-Fussabdruck verringert (wegen des Wegfalls des Transports von Marokko; der energieaufwändige Abbau scheint jedoch unberücksichtigt zu sein), außerdem sei es eine lokale, organische Ressource (Hinweis: die Genese scheint denen der marokkanischen Vorkommen wohl ziemlich vergleichbar). Außerdem hätte das marokkanische Phosphat viel mehr Cadmium als Schadstoff. Dies scheint zwar korrekt zu sein, laut Angaben von Greenpeace weisen die Chatham Rise-Phosphate jedoch   viel höhere Urangehalte, als die bislang in Neuseeland verwendeten Phosphate  auf(siehe www.rockphosphate.co.nz/the-project/  sowie kasm.org.nz/latest/chatham-rise-seabed-mining-hearing-the-absence-of-evidence/, zusammengestellt in Abb. 7).

Abb. 7: Geplante Förderung und “ökologische Begründung” fossiler Phosphate aus ca 450 Meter Wassertiefe vor Neueseeland (vgl. Text). Daten und Abb. via rockphosphate.co.nz)

Der Abbau aller fossilen Phosphatvorkommen ist also technisch aufwendig und wegen der vielen assoziierten Schwermetalle enorm umweltkritisch [e.g. BGR 2013, PotashCorp 2014, Benjelloun 2016]

Abb. 8: Kurzdarstellung der Reinigungsmaßnahmen (links) und Weiterverarbeitungsprozesse am Beispiel des marokkanischen Phosphats (aus dem Marokko-Kapitel von Leinfelder et al. 2016, Illustrationen Zineb Benjelloun, links leicht verändert)

Obwohl also Phosphat eine sehr endliche geologische Ressource darstellt, bringt der Mensch zwischenzeitlich mehr in den Phosphatkreislauf ein, als die Natur an Phosphat aus Verwitterung und natürlichen Recycling­prozessen zur Verfügung stellt. Somit gelangt nun also mehr als das Doppelte des vorindustriellen Werts an reaktivem Phosphor in die Umwelt, womit die planetare Grenze für den Phosphor­kreislauf [sensu Rockström et al. 2009 und Steffen et al. 2015] bereits überschritten sind (Abb. 7). In Deutsch­land gingen zwar die Phosphatkonzentrationen in Fließgewässern durch den Stopp der Verwendung von Phosphaten für im Privathaushalt verwendete Waschmittel sowie verbesserte Kläranlagen deutlich zurück, allerdings nahmen die Ausflüsse aus der Landwirtschaft weiter zu. Insgesamt haben aber landwirtschaftliche Prozesse den größten Anteil an den Phosphateinträgen in die Umwelt [Meier 2017].  Da Phosphate, wie auch viele andere, bislang vor allem aus fossilen Ressourcen hergestellte technische Produkte für unsere heutigen Gesellschaften essenziell sind, erscheint ein näherer Blick auf die Gesamtproblematik der Eingriffe des Menschen in die Umwelt angebracht. Das Anthropozän-Konzept bietet hier eine neue Sicht sowohl auf die Vernetztheit und das Ausmaß von Umwelt­problematiken, als auch auf mögliche Lösungsansätze an.

Abb. 9: Planetare Grenzen (Basisabbildung aus Steffen et al. 2015), mit Angaben zur Phosphorgrenze. Tatsächlich ist diese, genauso wie die Grenze für reaktiven Stickstoff bei weitem überschritten. Dargestellt sind Wechselwirkungen des Phosphat- und Nitrateintrags auf andere Sektoren (Süßwasser, Landnutzung, Biodiversität, hier am Beispiel von Todeszonen. Verschiedene Sektoren bzw. Teilsektoren (beim Biosphärensektor, den Aerosolen und den Novel Entities) sind noch nicht bekannt. zu den Novel Entities gehören chemische Schadstoffe, Plastik, Schwermetalle, Seltene Erden und ggf. weitere zu neuen Produkten zusammengesetze Naturstoffe. DOM (Dominanzverzerrungen der Biosphäre durch Nutztiere bzw. Schadstoffeinsatz) und Novel Entity-Ausmaße sind vom Autor nur tentativ eingesetzt. Illustrationen aus Leinfelder et al. 2016 (Ruohan Wang, Samuel Jaramillo, Maki Shimuzu).

2. Das Anthropozän-Konzept – Ein Mehrebenenansatz

Der Begriff Anthropozän – wörtlich übersetzt das „menschlich Neue“ oder auch „menschengemachte Neue“ – steht begrifflich in einer Linie mit der geochronologischen Unterteilung der jüngeren Erdgeschichte, reichend vom Paläozän (dem „alten Neuen“) über Eozän (dem „aufgehenden Neuen), Oligozän (dem „etwas Neuen“), Miozän (dem „kleineren Neuen“), Pliozän (dem „mehr Neuen“), Pleistozän (dem „am meisten Neuen“) bis zum Holozän (dem „völlig Neuen“) (Abb. 10). Der Begriff soll zum Ausdruck bringen, dass wir die erdgeschichtlich relativ stabile Epoche des Holozäns hinter uns gelassen haben und in eine neue Epoche eingetreten sind, in welcher der Mensch zu einer dominanten Kraft des Erdsystems geworden ist [Crutzen 2002, Steffen et al. 2007, Zalasiewicz et al. 2008, Leinfelder 2012].

Abb. 10: Die von der “Working Group on the ‘Anthropocene’ vorgeschlagene geochronologische Neugliederung des Quartärs. Die Anthropozän-Epoche beginnt danach in der Mitte des 20. Jahrhunderts [nach Zalasiewicz et al. 2017b, vereinfacht].

Als Geburtsstunde des Anthropozän-Begriffs und darauf aufbauend des Anthropozän-Konzepts wird allgemein eine Tagung der Erdsystemwissenschaftler im Jahr 2000 in Mexiko angesehen [Crutzen & Stoermer 2000]. Erdsystemwissenschaftler versuchen die Prozesse des Erdsystems und damit das Zusammenspiel von Lithosphäre, Pedosphäre, Hydrosphäre, Biosphäre und Atmosphäre zu ver­stehen, dabei wird auch der Einfluss des Menschen (Soziosphäre bzw. Anthroposphäre) auf diese Natursphären und damit auf die Stabilität des Erdsystems bewertet. Die Erdsystemanalyse bildet damit die erste konzeptionelle Ebene des Anthropozän-Konzepts (Abb. 11). Die von den Erdsystem­wissenschaftlern festgestellten menschlichen Eingriffe sind inzwischen geradezu von gigantischem Ausmaß: Der Mensch ist zu einem ganz wesentlichen Erdsystemfaktor geworden,  indem er die feste Erdoberfläche, die Ozeane und die Atmosphäre massiv verändert und regionale wie globale Wasser-, Sediment-, Klima- und Stoffkreisläufe dominiert sowie die biologische Vielfalt enorm dezimiert und die Organismen durch Dominanz der von ihm gezüchteten Nutzpflanzen und Nutztiere homogenisiert [e.g. Barnosky et al. 2012, Brown et al. 2013, Ellis 2011, Ellis et al. 2013, Leinfelder 2017, Leinfelder et al. 2012, Steffen et al. 2016, Waters et al. 2016, Williams et al. 2016].

Obwohl also die Umwelteingriffe durch den Menschen zwar grundsätzlich gut untersucht und allgemein bekannt sind, werden deren globale Auswirkungen und vor allem auch die Unumkehrbarkeit der meisten dieser Prozesse jedoch immer noch weitgehend verdrängt. Dabei ist es schlichtweg eine Tatsache, dass die umweltstabile Zeit des Holozäns bereits hinter uns liegt. Das Erdsystem verändert sich rasant, die Gefahr eines Kippens in einen völlig neuen Status ist groß, insbesondere wenn es nicht gelingt, die anthropogene Klimaerwärmung auf global höchstens 2°C zu begrenzen, wobei selbst eine Erwärmung um „nur“ 2°C bereits deutlich außerhalb der Spannbreite des Holozäns liegt [Leinfelder & Haum 2016a]. Die Hypothese des Anthropozän-Konzeptes besagt, dass die Menschheit das Erdsystem bereits in einer Weise verändert hat, welche diese Veränderungen unumkehrbar macht. Durch alle vorliegenden Daten scheint dies inzwischen leider bestätigt. Wie weit sich das neue Erdsystem von dem des Holozän entfernt, wird jedoch durchaus noch von unserem zukünftigen Handeln abhängen [Steffen et al. 2016].

Abb. 11: Das komplexe, viele Aspekte umfassende, integrative Anthopozän-Konzept lässt sich in verschiedene konzeptionelle Ebenen gliedern [in Anlehnung an Leinfelder 2016a, 2017].

Daraus ergibt sich eine zweite konzeptionelle Ebene, die wiederum an einer Hypothese festzumachen ist. Diese besagt, dass sich die Veränderungen des Erdsystems auch dauerhaft niederschlagen, das heißt, geologisch überlieferungsfähige Signaturen in den heutigen und zukünftigen Sedimenten liefern werden (Abb. 11, 12). In der von der Internationalen Kommission für Stratigraphie eingesetzten Working Group on the ‘Anthropocene’ untersuchen derzeit Geologen gemeinsam mit Erdsystem­wissen­schaftlern sowie mit Unterstützung vieler weiterer Fachdisziplinen, inwieweit die Veränderungen des Erdsystems sich auch in veränderten und damit für das Anthropozän charakteristischen sedimentären Signaturen manifestieren. Dem Vorschlag von Nobelpreisträger Paul Crutzen folgend würde dann die bislang letzte erdgeschichtliche Epoche, das nacheiszeitliche, global so umweltstabile Holozän also auch formal von einem Anthropozän abgelöst werden. Der aktuelle Diskussionsvorschlag der Arbeits­gruppe (zu der auch der Autor gehört) zieht die Grenze zwischen beiden Erdzeitaltern in der Mitte des 20. Jahrhunderts und charakterisiert sie durch den radioaktiven Fallout der Atombombentests sowie der seit 1950 stark beschleunigten Zunahme von „Technofossilien“ wie Plastik, elementarem Alu­minium ( – welches in der Natur in dieser Form so gut wie nicht vorkommt – ), industriellen Asche­teilchen, Betonfragmenten sowie vielen weiteren geologisch überlieferungsfähigen Relikten unserer Wachstums- und Wegwerfgesellschaften, die dauerhaft in die Sedimente eingebettet werden [e.g.  Waters et al. 2014, 2016, Leinfelder & Haum 2016b, Williams et al. 2016, Zalasiewicz et al. 2014, 2015a, 2015b, 2016; vgl. Abb. 12]. Aber nicht nur Geowisssenschaftler, sondern auch Ökologen, Historiker, Soziologen, Kulturwissenschaftler und Künstler verwenden den Begriff des Anthropozäns immer häufiger und bezeichnen damit übergreifend sämtliche Aspekte der teils zerstörerischen Umwelt­veränderung durch den Menschen (anthropos) [e.g., Beiträge in Möllers et al. 2015 sowie in Renn & Scherer 2015, siehe auch Hamann et al. 2014, Leinfelder et al. 2016].

Abb. 12.: Geosignale zur stratigraphischen Definition der Untergrenze des Anthropozäns um die Mitte des 20. Jahrhunderts. Siehe Text für weitere Erläuterungen. Aus Waters et al. [2016], leicht verändert und zusätzlich beschriftet.

Dies führt zur dritten konzeptionelle Ebene des Anthropozäns, die wiederum an einer Hypothese festgemacht werden könnte (Abb. 11). Diese würde auf die Hoffnung hinauslaufen, dass die zur immensen geologischen Kraft gewordene Menschheit, die das Erdsystem an den Rand eines möglichen Kippens gebracht hat, auf der Basis ihres Wissens auch in der Lage sein sollte, die Erde gleichsam „wissensgärtnerisch“ und das Vorsorgeprinzip beachtend so zu gestalten, dass wir Menschen zu einem integrativen Teil eines funktionsfähigen anthropozänen Erdsystems werden. Im besten Falle wäre damit die Grundlage gerechter Entwicklungschancen für gegenwärtige und künftige Generationen geschaffen. Diese Hypothese beruht auf der Einsicht, dass die Menschheit sich zwingend als dem Erdsystem zugehörig begreifen muss. Wir können nicht vom Erdsystem, sondern nur mit dem Erdsystem leben. Als Metapher ausgedrückt: Erträge einer gut geführten Stiftung kann man dauerhaft nutzen; sobald man allerdings das eingelegte Stiftungskapital angreift, wird die Stiftung über kurz oder lang finanziell kollabieren. Auch das Erdsystem wirft genügend viel an verwendbaren Ressourcen ab, um damit auch ein gutes Leben für die Menschheit zu ermöglichen, allerdings nur, wenn die “Stiftung Erde” gut geführt und nicht übernutzt wird. Aus diesem Verständnis heraus ergibt sich ein Imperativ zu anthropozänem (Um-)Denken und Handeln: Politik oder Wirtschaft alleine können eine erdsystemische Integration der Menschheit nicht gewährleisten, da gerade auch individuelles Handeln in der Summe globale Auswirkungen hat. Daher sind alle zu einer verträglichen, nachhaltigen Nutzung der Erde verpflichtet. Der derzeitige »Parasitismus« des Menschen an der Natur müsste sich wandeln zu einer echten Symbiose von Mensch und Natur, im Sinne eines gegenseitigen Nutzens [Leinfelder 2013, 2015, 2016a, 2017].

3. Ressourcenschutz und Rohstoffeffizienz im Anthropozän

Zur Analyse und zur Etablierung des Anthropozäns sind aus geographischer Sicht globale Bestandsaufnahmen und Monitoring etwa zur Geschwindigkeit der Abholzung tropischer Regen­wälder, zu den Ausmaßen von Umweltschäden aus dem Bergbau, zum Flächenverbrauch der Landwirtschaft und der Städte notwendig. Aus geologischer Sicht tragen wir ganze Berge ab, schneiden neue Täler, erschaffen neue Seen, legen andere trocken, fangen das Sediment hinter Staudämmen ab, lassen damit auch Deltas schrumpfen, ändern das Klima und heben sogar den Meeresspiegel an. Dies alles entspricht nicht mehr den vorhersagbaren natürlichen Erosions-, Strömungs- und Sedimentationsprozessen, wie es Geologen in ihrer Ausbildung gelernt haben, so dass auch Erosions-, Sedimentations- und Gesteinsbildungsprozesse neu definiert werden müssen. Aus biologischer Sicht sind wir heute nicht mehr von Biomen umgeben, also von borealen oder tropischen Wäldern, Tundren, Savannen, Steppen, Buschland, Bergwälder oder Wüsten, sondern wir haben die Welt ganz überwiegend in Anthrome, also menschengemachte, von uns genutzte Kultur­landschaften umgewandelt. Dies alles ändert nicht nur unsere geographischen Landkarten, in denen klassischerweise natürliche Vegetationszonen eingezeichnet waren, sondern auch unser Denken. Der Dualismus zwischen Natur und Kultur hat sich aufgelöst, es macht nicht mehr Sinn, von einer – unsere kulturell veränderten Regionen – umgebenden Umwelt („environment“) zu sprechen, wir könnten stattdessen den Begriff „Unswelt“ [Leinfelder 2011, Leinfelder et al. 2012] verwenden, in die wir uns bestenfalls symbiotisch integrieren können (Abb. 13).

Abb. 13: Überlegungen zum Nachhaltigkeitsbegriff und zur planetaren Neuverortung: a) Dreisäulen-Definition der Nachhaltigkeit nach Brundlandt-Kommission (1986), bestehend aus einer möglichst großen Schnittmenge aus ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit; b) defakto dominiert die Ökonomie, das System verkommt zu einer “Mickey-Mouse”-Nachhaltigkeit; c) teilweise dient die soziale Komponente nur noch dem ökonomischen System (ähnlich einem Mitochondrium der Gesamtzelle). d) die ökologische Komponente wird in eine separate, auch als entfernt wahrgenommene Umwelt verlagert. Die kann man besuchen und auch wertschätzen, wir kehren dann aber in unseren ökonomisch dominierten, abgegrenzten Bereich zurück. e) ein tragfähiges Nachhaltigkeitskonzept muss integrativ sein und alle Bereiche dauerhaft verbinden. Der ökonomische Kern muss von einer sozialen Hülle ummantelt und kontrolliert sein, dies wiederum muss in ein habitables, funktionsfähiges Erdsystem angepasst sein. (Abb a, b, e basierend auf http://www.ozpolitic.com/articles/environment-society-economy.html  /  https://computingforsustainability.com/2009/03/13/need-to-visualise-sustainability/, AG Niebert (mit Dank!) sowie Griggs et al. 2013)

Dazu müssten wir allerdings viel besser verstehen lernen, dass nicht nur der dieser Menschheit zur Verfügung stehende Platz begrenzt ist, sondern dass wir eben auch ausschließlich von den Ressourcen dieser Welt abhängen. Diese sind nur zum Teil nachwachsend (biologische Ressourcen für Kleidung, Nahrungsmittel, Holz, etc), sofern wir die Bedingungen für das Nachwachsen, also Bodenqualität, Wasserverfügbarkeit, Nährstoffverfügbarkeit, Klima nicht aushebeln, oder, wie eben bei der Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit, durch Bewässern und Düngen nachhelfen. In sehr weiten Teilen bestehen die von uns verwendeten Stoffe aber aus einmaligen (bzw. nicht in der nur unter erdgeschichtlichen Skalen erneuerbaren) Ressourcen, darunter eben auch Phosphaten [cf. Steffen et al. 2016].

4. Fazit und Ausblick

Das wissenschaftliche Anthropozän-Konzept zeigt neben der erdsystemisch-geologischen Analyse des derzeitigen Zustands des Planeten insbesondere auch die vielfältigen Wechselwirkungen auf, welche zwischen allen Lebensbereichen (bspw. Ernährung, Wohnen, Gesundheit, Energie, Arbeiten und Wirtschaften) bestehen. Darüber hinaus eröffnet es auf einer Metaebene eine neue Sicht auf die Welt, ohne selbst weltanschaulich zu sein. Das Konzept bedeutet keine Engführung in der Entwicklung von Zukunftsoptionen. Die Erdsystem- und Sozialwissenschaften geben lediglich gemeinsam den dringenden Hinweis darauf, dass wir zur Erreichung globaler Entwicklungsziele, wie Gerechtig­keit, Nahrungssicherheit, Gesundheit, Frieden und weiterer Ziele für nachhaltige Entwicklung [UN-SDGs 2015, Abb. 14] auch weiterhin „einschätzbare“ Bedingungen des Erdsystems benötigen [Steffen et al. 2016].

Abb. 14: Die Ziele für nachhaltige Entwicklung, UN-SDGs [2015]. Pink: Relevanz zu Phosphor

Um die relative Stabilität des Holozän nicht gegen unwägbare Risiken vollständig einzu­tauschen, sondern in ein dauerhaft habitables Anthropozän zu überführen, wird es notwendig im Sinne des Anthropozän-Konzepts planetare Grenzen [sensu Rockström et al. 2009, Steffen et al. 2015] nicht zu überschreiten. Dazu ist zum einen das kontinuierliche Monitoring des Zustands des anthropozänen Erdsystems unabdingbar. Nur dann können sowohl Schutz- als auch Gestaltungsspielräume für das Anthropozän gewährleistet bleiben.  Innerhalb dieses Rahmens kann dann je nach Region, je nach Kulturkreis sowie je nach gesellschaftlichen Erfordernissen und gesellschaftspolitischen Zielen sehr frei verhandelt werden, wohin die Zukunftsreise im Einzelnen gehen soll.

Business as Usual ist in der Regel keine Option, dies gilt auch beim Thema Phosphornutzung [cf. Scholz et al. 2014]. Lösungsansätze können jedoch in einem Optionsfeld möglicher “Zukünfte”, also verschiedener Zukunftspfade wie “reaktives Handeln”, “weniger ist mehr”, “bioadaptive Kreislaufwirtschaft” oder auch “innovative Hightech-Lösungen” prototypisiert und ausverhandelt werden, wobei daraus sicherlich gemischte Handlungsportfolios entstehen können [Leinfelder 2014, 2016b]; (Abb. 15-17).

Abb. 15: Idealtypische Zukunftspfade als Ansatz für gemischte Portfolios für Zukunftslösungen, hier am Beispiel der Ernährung. Business as Usual erscheint nicht als Option, die anderen können gleichberechtigt verfolgt werden (etwa reaktiv: robustere, an Klimawandel angepasste Nutzpflanzenzüchtungen; suffizient: weniger Nahrungsverschwendung, weniger Fleisch; bioadaptiv: Zuchtinsekten zur menschlichen Ernährung oder für Aquakulturen; hightech: teilautonome high-techlandwirtschaft, welche Lerchenfenster, Heckensysteme, Feuchtgebiete und Brutzeiten erlaubt. Basierend auf Leinfelder 2014, 2016b), Zeichnungen aus Hamann et al. (2016).

Auch für die Phosphorproblematik könnten ein derartiger Ansatz des Ausprobierens und der Verhandlung “idealtypischer” Lösungen Anregungen geben, denn auch hier gilt, dass technische Lösungsansätze auch mit sozialen Lösungsansätzen verschränkt sein sollten, um nachhaltig erfolgreich sein zu können (Abb. 16):

  • Als “reaktive Lösungen” wären viele “end of pipe”-Strategien zu sehen, die mit derzeit vor­handenen Technologien eine Verbesserung der Phosphatentfernung aus Abwässern und Fließ­gewässern erreichen (Filterlösungen) oder Abwässer direkt weiterverwenden (z.B. Biogasproduktion aus Gülle).
  • Unter “Suffizienzlösungen” könnten Effizienzsteigerungen, etwa durch Tröpfchenbewässerung mit Nährlösungen nach israelischem Vorbild, sowie starke Reduzierung oder gar Stopp der Verwendung fossiler Phosphate, etwa im Biolandbau erreicht werden.  Auch verringerter Fleischkonsum (ggf. auch Umstieg auf vegetarische oder vegane Ernährung, mit geringeren ökologischen Fußabdrücken auch hinsichtlich Phosphateinsatz), ggf. auch Verzicht auf Phosphatzusätze in der Nahrungsmittelindustrie sowie insbesondere auch bei industriellen Waschvorgängen wären hier einzugruppieren.
  • “Bioadaptive Lösungen” umfassen geschlossene Kreislaufsysteme, wie sie etwa bei Aquaponic-Techniken angewendet werden, bei denen Abwasser aus der Fischzucht wieder für die Düngung von Gemüse verwendet wird, wobei das Wasser wieder gereinigt wird [e.g. Kuhlemann 2017]. Aber auch Kreislaufsysteme, die aus dem Abwasser Phosphat in wieder verwendbarer Weise zurückgewinnen, wären hier aufzulisten [für eine Übersicht siehe Scholz et al. 2014, siehe auch Kabbe et al. 2014, DPP 2017]. Auch Umstieg auf insektenbasierte Ernährung als Fleischersatz innerhalb eines Recyclingssystems wäre hier einzugruppieren [e.g. van Huis 2017].
  • “Innovative HighTech-Lösungen” könnten zum Beispiel der zukünftige standardmäßige Einbau von Phosphatrecyclingystemen nicht nur in jedem Industriebetrieb, sondern auch in jedem Privathaushalt sein. So scheidet ein Mensch täglich etwa 1,7 g Phosphor aus, davon ca. 60% im Urin [Imhasly 2010], insgesamt könnte die Hälfte allen für Getreidefelddüngung benötigten Phosphors direkt aus Urin gewonnen werden [Cordell 2009]. Auch könnte die landwirtschaftliche Gemüse-, Getreide- und ggf. auch Insektenfleischproduktion dorthin verlagert werden, wo Leben und Arbeiten der Zukunft sowieso überwiegend stattfindet: in die Stadtareale. Durch “Farmscrapers” könnten hier komplett geschlossene Kreisläufe errichtet werden, die wegen ihres geschlossenen Charakters auch noch komplett ohne Insektizide auskommen. Auch Laborfleischlösungen, bei denen die für die Proteinproduktion und Fleischkonsistenz notwendigen Phosphorverbindungen direkt zugeführt würden, könnten hier aufgelistet werden [cf. Leinfelder 2016b].
Abb. 16: Das “Zukünfte”-Konzept, baiserend auf Leinfelder [2014, 2016b], hier versuchsweise angewandt auf Phosphor-Management, insbesondere am Beispiel der Landwirtschaft. Ein Weiter-wie-bisher erscheint nicht als Alternative. Die anderen idealtypischen Szenarien können aber helfen, ein räumlich und zeitlich differenziertes Lösungsportfolio (keine Kreise) zu erarbeiten und zur Anwendung zu bringen. Ergänzende Grafiken aus Leinfelder et al. [2016] und Hamann et al. [2017] durch Maki Shimizu (Reaktiv, Hightech), Ulrich Scheel (Hightech, re), Riikka Laakso (Suffizient), und Faezeh Shakoori Dizaji (Bioadaptiv).

Zwischen diesen “idealtypischen” Lösungsszenarien existieren vielfältige Übergange und Mischformen. Auch hat keiner dieser Lösungsansätze einen prinzipiellen Vorteil über den anderen, da sie auch in ihrer Zeitlichkeit unterschiedlich sind. Reaktive Lösungen sind rascher umsetzbar, während komplette Kreislaufwirtschafts- und andere innovative Hightech-Systeme nicht nur wegen technischer, sondern auch sozialen, juristischer und kultureller Herausforderungen nur langsam umsetzbar sind (so lehnen etwa Biobauern Phosphatdünger, die durch Recycling aus Kläranlagen gewonnen wurden, bislang6überwiegend ab). Andererseits dürfen heute rasch verfügbare reaktive Lösungen die weitere Entwicklung komplexer Kreislaufwirtschaftssystemen auch nicht verhindern. Sowohl aus Umwelt- und Naturschutz­erwägungen, als auch wegen der nur sehr begrenzten Verfügbarkeit fossiler Phosphatvorkommen zeigt der Kompass der zukünftigen Phosphornutzung insgesamt auf Minimierung des Phosphat­verbrauchs in Kombination mit kompletten Recyclingsystemen, wobei sowohl biologische als auch technische Kreislaufsysteme hohes Potential und ggf. auch Verknüpfbarkeit haben.

Abb. 17: Anstatt sich in unproduktiven Diskussionen über den angeblich einen richtigen Zukunftsweg aufzureiben, empfiehlt das  polyspektrische Zukünfte-Konzept sensu Leinfelder [2014, 2016b] , parallel mit verschiedenen Optionen zu beginnen. Gerade beim Thema Ressourcennutzung würde jedoch  ein “Kompass Kreislaufwirtschaft”  mittelfristig dazu führen, die verschiedenen Pfade zunehmend zu bündeln.

Das Anthropozän hebt also die Möglichkeit einer Zukunftsgestaltung entlang verhandelbarer gesellschaftlicher Wünschbarkeiten hervor, die allerdings hinsichtlich potentieller Nebenwirkungen durchdacht sein und regional wie global durch Monitoringsysteme überwacht werden müssen.

Essenziell gerade auch für die soziale und kulturelle Legitimierung von sozialen und technischen Zukunftslösungen ist allerdings auch eine umfassende Kommunikation mit der Öffentlichkeit, bei der Umweltproblematiken sowie kulturelle, soziale, politische und technische Herausforderungen diskutiert werden, aber auch Beteiligungsmöglichkeiten und Einsichten in die eigene Selbstwirksamkeit geschaffen werden. So hat jeder einzelne im Anthropozän in der Küche nicht nur den Kochlöffel, sondern auch den Schalthebel der Globalisierung in der Hand und entscheidet damit auch über den Phosphatverbrauch und die Art der Phosphatnutzung mit [cf. Leinfelder et al. 2017] (Abb. 18). Nur durch eine Diskussion nicht nur der Wahrscheinlichkeiten, sondern auch der Möglichkeiten und darauf basierend der Wünschbarkeiten [cf. Leinfelder 2016b] kann es gelingen, dass die neue Zeit des Anthropozäns tatsächlich zu einer langen erdgeschichtlichen Epoche wird, in der menschliche Gesellschaften in ein funktionsfähiges Erdsystem integriert sind.

Abb. 18: Der Phosphor ist Hauptprotagonist in einem partizipativen, interkulturellen Wissenschaftscomic zu Ressourcenfragen und Ernnährungsstilen im Anthropozän (Leinfelder et al. 2016). Er entstand im inter- und transdisziplinären Projekt ‘Die Anthropozän-Küche’ am Exzellenzcluster ‘Bild-Wissen-Gestaltung’ an der Humboldt-Universität zu Berlin, mit dem Ziel komplexe Wechselwirkungen und Verknüpfungen von Natur- Kultur- und Gesellschaftsaspekten beim Thema Ernährung in multimodaler Weise zu kommunizieren (vgl. Leinfelder et al. 2017). Viele der in diesem Scilog-Beitrag gezeigten cartoonartigen Illustrationen stammen aus diesem Buch. Durch das Thema führt der Charakter Phosphor, der in der Regel von seinen vier Sauerstoffk-Buddies begleitet wird, umgemeinsam Phosphat zu bilden. Phosphor hier gezeichnet von Sylvain Mazas, Buch-Cover von Ruohan Wang.

Literatur

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Adresse:

Prof. Dr. Reinhold Leinfelder
Leiter der AG Geobiologie und Anthropozänforschung
Freie Universität Berlin
Institut für Geologische Wissenschaften
Malteserstraße 74 – 100, Haus D
12249 Berlin

reinhold.leinfelder@fu-berlin.de
www.reinhold-leinfelder.de

Hinweis: Dieser Artikel basiert auf einem Keynote-Vortrag des Autors auf dem  3. Kongress Phosphor – Ein kritischer Rohstoff mit Zukunft,  22./23. Nov. 2017, Kursaal Stuttgart-Bad Cannstatt. (Veranstalter Deutsche Veeinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA), Landesverband BW, in Kooperation mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg). Der Beitrag erschien zu Tagungsbeginn im Tagungsband als: Leinfelder, R. (2017): “Die Erde wie eine Stiftung behandeln” – Ressourcenschutz und Rohstoffeffizienz im Anthropozän.- In: DWA-BW (ed), Tagungsband 2017, Im Dialog: Phosphor-Rückgewinnung: 3. Kongress Phosphor – Ein kritischer Rohstoff mit Zukunft, pp. 11-25, Stuttgart (www.prueck-bw.de)

Auf Scilogs wird dieser Artikel  hiermit in einer durch weitere Textergänzungen, sowie 14 weitere Abbildungen erweiterten Version auch öffentlich zugänglich gemacht.  Zusätzlich haben die  Verstalter die Vortragsfolien (fast) aller dort gehaltenen Vorträge online gestellt.

Reinhold Leinfelder ist Geologe, Geobiologe und Paläontologe. Er ist Professor an der Freien Universität zu Berlin (Arbeitsgruppe Geobiologie und Anthropozänforschung) sowie (seit Okt 2018) zusätzlich Senior Lecturer am Institut Futur der FU. Seit April 2022 ist er formal im Ruhestand. Seit 2012 ist er Mitglied der Anthropocene Working Group der International Stratigraphic Commission. Von 2006-2010 war er Generaldirektor des Museums für Naturkunde Berlin, von 2008-2013 Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), von 2011-2014 Research Fellow und affiliate Carson Professor am Rachel Carson Center an der LMU, München, von 2012-2018 Principal Investigator am Exzellenzcluster "Bild-Wissen-Gestaltung" der Humboldt-Universität zu Berlin, von 1. Sept. 2014 bis 15. Sept. 2016 Gründungsdirektor der Futurium gGmbH in Berlin. Seine Forschungs- und Lehrschwerpunkte liegen beim Anthropozän, Korallenriffen, neuen Methoden und Herausforderungen des Wissenstransfers und Museologie | Homepage des Autors | blog in english, via google translate

9 Kommentare

  1. Selten eine so gute Zusammenfassung des Themas Zukunft gelesen. Der bioadaptive Ansatz scheint mir der vernünftigste.

    • Vielen Dank! Die Idee der polyspektrischen Zukünfte ist zum einen ein “Ausprobier-Aspekt”, zum anderen auch der Ansatz, ggf. auf mehreren verschiedenen Wegen in die Zukunft zu reisen, um daraus vielfältige Portfolios zu entwickeln. Bei vielen Themen wird dies dann zunehmend in Richtung Bioadaptiv / Kreislaufwirtschaft gehen (der “Kompass”). Weitere Beispiele zu polyspektrischen Ansätzen hab ich z.B. zu den Themen Gesundheit, Energie, Ernährung oder Wohnen in diesem Blog unter https://scilogs.spektrum.de/der-anthropozaeniker/haus-zukunft-berlin/ gepostet, weitere Themenbeispiele an anderer Stelle.

  2. Ich sehe die Lösung der meisten Umwelt- und Ressourcenprobleme in den Städten. Diese müssen zu Raumkapseln werden, die zu ihrer Umgebung nur noch wenig und klar bilanzierte und azsgeglichene Import-/Exportbeziehungen haben. Warum? Die Urbanisierung steigt seit mehr als 200 Jahren und die Geschwindigkeit der Urbanisierung nimmt zu. Am Schluss wohnen fast alle Menschen in Städten. Städte müssen zunehemend für sich selbst sorgen eventuell in einem Verbund von Partnerstädten und sie müssen auch alle Material- und Umweltprobleme selbst lösen, wobei sie damit auch die Problrme der ganzen Menschheit lösen.
    Die oben gemachte Auslegeordnung trifft natürlich auch in einer urbanisierten Welt zu. Hightech, Adaption und Substitution, aber auch Regulation (nur noch autonome E-Fahrzeuge) werden in städtischen Lösungen eine wichtige Rolle spielen.

    • Ja, das wäre dann die Hightech-Pfadoption: Farmscrapers, Nano-Carbon-verstärkte Ultrahochhäuser etc., alles dort produzieren (und in Kreislauf halten), wo eh zunehmend alle leben und arbeiten, so in etwa wie dies auch Micho Kaku beschreibt. Ist aber nur eine Möglichkeit, bzw. schließt andere (bioadaptiv, suffizient, reaktiv) nicht aus. (vgl. ggf. frühere Posts hier).

  3. MH,
    und anschließend nach Mallorca oder in den Regenwald zum Urlaub.
    Das ungelöste Problem ist nicht nur die fehlende Einsicht in die Zusammenhänge, sondern vermehrt die Dominanz der Ökonomie über die Politik. Der Spielraum der Politik ist mittlerweile sehr klein geworden. In den USA wird der Wahlkampf von der Wirtschaft finanziert. Was erwartet man dann anderes als Trumppolitik?
    In Stuttgart hat man Angst die Dieselautos zu verbieten oder deren Gebrauch einzuschränken. Daimler hat schon einmal indirekt mit einer Verlegung der Konzernzentrale gedroht.

    • MH, RW, an dieser kleinen Diskussion sieht man bereits, dass es vermutlich keine einzige Lösung gibt, die alle mittragen können oder wollen. Das macht es umso wichtiger, einfach mal anzufangen, sei es mit weniger Externalisierung, also deutlich mehr wieder dort produzieren, wo man es braucht (Vorschlag MH?), aber eben auch in Richtung Suffizienz und Überdenken von Werten arbeiten (Hinweis RH), und halt auch gleich dort beginnen, wo sofort etwas geht (reaktiv: z.B. stärkere Auflagen für Dieselgebrauch; Besteuerung von Verschmutzung bzw. bioadaptiv: gesetzlich geregelter oder anderweitig geförderter Umstieg auf Erneuerbare). Alles komplizierter als nur die eine Lösung zu haben, aber vermutlich das einzige, was uns voranbringt. Wichtig dazu wäre aber m.E. die Wertschätzung durchaus unterschiedlicher Ideen. Auch hier ist m.E. Vielfalt gefragt, sozusagen “Lösungsdiversität”.

  4. Das Hauptproblem liegt für mich in der langen Perspektive. Fast unser gesamtes Denken kreist um Themen, die gerade medial aktiv bearbeitet werden, jetzt beispielsweise kreist es um den Dieselskandal. Doch das meiste von diesen Themen ist langfristig völlig irrelevant. Bezüglich langfristiger Entwicklung gehe ich davon aus, dass wir diese nur moderieren, nicht aber von Grund auf steuern können, denn alles neu gestalten können nur Diktatoren. Zuerst muss man also die „natürlichen“ langfristigen Trends identifizieren, welche das Schicksal der Menschheit in der Breite und langfristig bestimmen.
    Diese unumstösslichen Langfristtrends sind für mich 1) mehr Wohlstand vor allem für die mit Aufholbedarf 2) mehr Urbanisierung und räumliche Vernetzung (urbane Cluster), denn das erhöht die Produktivität, Innovation und erlaubt eine grössere Diversifizierung, weil selbst Nischenbranchen nun ihre Partner finden 3) mehr Suche nach Nachhaltigkeit vor allem bei denen, die materiell schon alles erreicht haben. Hierzu gehört auch die Tendenz von Wohlhabendenden weniger Kinder zu haben und das Streben nach einem langen, gesunden Leben.
    Was bedeuten diese 3 Punkte in der Gesamtschau? Wohl, dass die Menschheit ihre eigene künstliche Welt schafft, in der alles für sie stimmt. Das hat sie übrigens schon seit Jahrhunderten getan, nur kulminiert das jetzt. Es bedeutet, dass für die meisten Menschen städtische Umgebungen zum natürlichen Umfeld werden, sogar in der Freizeit und den Ferien. Das Umland um die Städte wird dadurch mehr und mehr zum Erbringer von Serviceleistungen. Vom Unland kommt das Getreide und Fleisch, von den Fabriken und Logistikzentern im Umland kommen die Liegerungen von Amazon oder die Güter, die dann von Walmart oder anderen Händlern angeboten werden. Dieses Arrangement bietet die Chance für eine starke Entlastung des Restplaneten, des Landes und Wassers also, das ausserhalb der Städte liegt: Wenn es keine grossflächige Landwirtschaft mehr bräuchte, weil Nahrung auf kleinerem Raum erzeugt werden könnte, würde sehr viel vom Menschen usurpierter Raum wieder frei, wenn Rohstoffe rezykliert oder aus dem Meerwasser gewonnen würden, könnte der Bergbau stark zurückgefahren werden. Ich denke sogar, dass der Mensch allein schon aus Eigeninteresse, aus Nachhaltigkeitsgründen und wegen der planetaren Zukunft grosse Teile des Planezen wieder freigeben wird müssen. Auch die Vision einer weltumspannenden organischen/biologischen Landwirtschaft ist problematisch, wenn sie bedeutet, dass noch mehr Fläche landwirtschaftlichen Zwecken dient. Vielmehr muss die Menschheit danach streben mit weniger Eingriffen in die Natur und mit weniger Raum auszukommen. Die zukünftige Technologie kann das ermöglichen, genauso wie die vergangene Technologie ermöglicht hat, immer mehr Landflächen dem Menschen dienstbar zu machen.

  5. Meine idealtypische Lösung für das Verhältnis Mensch Umwelt und Mensch Natur will grosse Land-/Meeresgebiete renaturieren, bezugsweise vor dem menschlichen Einfluss bewahren mit dem Ziel das Artensterben zu stoppen und einen Grossteil des Naturerbes zu bewahren. Menschen müssen deswegen nicht zurück zur Natur, sondern sie sollten noch stärker in noch mehr verdichteten Städten leben und die umgebende Natur allenfalls besuchen, nicht aber für ihre eigenen Zwecke „verbrauchen“. Deshalb mein Vergleich von zukünftigen Städten und Siedlungsräumen mit sich selbst versorgenden Raumstationen. Die Produktion muss in meinen Augen nicht in erster Linie lokal sein, sondern sie muss möglichst wenig invasiv, möglichst wenig Land-und Ressourcenverbrauchend sein. Das spricht in meinen Augen beispielsweise gegen eine weltweite Ökolandwirtschaft, die noch grössere Landflächen als heute schon verbraucht. Besser auf der Hälfte der Fläche den doppelten Ertrag erzielen als auf noch grösseren Flächen eine angeblich umweltschonende und gesunde Ernährung zu etablieren. Im Jahr 2050 oder 2100 sollte ein kleinerer Anteil der Erdoberfläche vom Menschen genutzt werden als heute, nicht ein grösserer, denn ich denke, dass die Menschheit die Verwandlung der gesamten Erdoberfläche in einen grossen Menschenpark später einmal bedauern wird, selbst wenn dieser Menschenpark als grosser blühender Garten erscheint – denn es sollte noch eine andere Welt als die nur vom Menschen kontrollierte geben und auch Tiere und Pflanzen ohne unmittelbaren Nutzen sollten auf Teilen des Planeten weiterexistieren.

    • Das war Ihre – und auch meine – idealtypische Lösung, und nun meine Erwartung: Meiner Erwartung nach setzt sich der Trend zur menschlichen Dominanz der Systemvorgänge der Erde weiter fort, bis die gesamte Welt ein einziger, nur unseren Bedürfnissen gewidmeter Agrarplanet (wobei Menschen in urbanen Zentren leben) ist. Die natürliche Artenvielfalt ist auf ein extrem geringes Maß reduziert bzw. nur noch eingefroren vorhanden. Die Meere sind weitgehend zu Algen- oder Nahrungsfischfarmen umstrukturiert, unterbrochen nur von Wasserstraßen zum Transport und (viel seltener) Erholungsgebieten. Ehemalige Wüsten sind nun Solarfabriken oder zur Landwirtschaft künstlich bewässert. Lediglich ein paar Zoo-ähnliche “natürliche” Areale vernachlässigbarer Fläche bleiben insgesamt zurück. Die Probleme mit Stoff-Flüssen wie Phosphor oder Treibhausgasen können auf einem nicht-natürlichen Agrarplaneten aber durchaus gelöst werden. Störungen können u.a. mit Genetic Engineering, Recycling, Abbau von anthropogenen Ablagerungen und anderen systemischen Antworten des Welt-Agrar-Sektors begegnet werden.

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