Anthropozän ausgerufen – Golden Spike im Berliner Regierungsviertel eingeschlagen.
Nachtrag: Spoiler-Alert, bitte auf das Publikationsdatum achten 😉
Eilmeldung: Heute wurde das Anthropozän endlich formal ausgerufen. Galileo-TV hätte das ganze schon fast vor einem Monat vorab verkündet, täuschte sich jedoch bei der Typuslokalität – der Sender vermutete fälschlicher den Teufelsberg als zukünftige Type Section, zumal die internationale Anthropocene Working Group bereits am 18. Okt. 2014 den Teufelsberg inspiziert hatte (> siehe hier)
Tatsächlich aber wurde die Typuslokalität nun, unter hoher Geheimhaltung und daher bislang vor den Augen der Weltöffentlichkeit unbemerkt, im Regierungsviertel Berlins global verbindlich festgelegt: Bei Bauarbeiten zum ‘Haus der Zukunft’1 konnte dort eine umfassende Litho- und Chronostratigraphie des sedimentären Übergang Holozän-Anthropozän dokumentiert werden, auch eine weitere feinstratigraphische Unterteilung des älteren Anthropozäns wurde möglich. Von besonderer Bedeutung war das Erkennen eines klassischen Boundary Clays, wie er an vielen Übergängen erdgeschichtlicher Abschnitte, etwa auch an der Kreide/Tertiär-Grenze auftritt. Hier konnte der Goldene Nagel (Golden Spike) der Chronostratigraphie eingeschlagen werden, der global verbindlich nun die Grenze des Anthropozän weltweit als Referenztyp markiert. Wir konnten exklusiv einige der für die Stratigraphie verwendeten Technofossilien abbilden:
Und hier nun die neuen Forschungsergebnisse im wissenschaftlichen Typus-Profil: Die Lithologie ist hier noch deutsch beschriftet, ab sofort sollten aber die internationalen Fachbezeichnungen verwendet werden. So sollte der boundary clay als “Dark Brown Coprolite Clay” (DBCC) bezeichnet werden.
Hier noch ein Detail aus dem Boundary-Clay (DBCC):
Einen Haken hat die bahnbrechende, grenzscharfe Definition des Anthropozäns allerdings noch. Die so charakteristische Grenzschicht, der “Dark Brown Coprolite Clay” könnte zukünftig mit sehr ähnlichen Neubildungen in verschiedenen Teilen Deutschlands, Europas und darüberhinaus verwechselt werden. An der Studie maßgeblich beteiligte Anthropozän-Wissenschaftler_innen warnen eindringlich vor dieser Gefahr der Konzeptverwässerung des Anthropozäns und riefen die Gesellschaft dazu auf, alles zu tun, damit sich eine derartige sedimentäre Braunschicht nicht wieder über weite Teile des Erdystems legt.
ANA (Anthropocene News Agency), 1. April 2016
Fußnote1 : Das ‘Haus der Zukunft’ wurde später in ‘Futurium’ umbenannt.
Nachtrag vom 3. April: Auch wenn wir tatsächlich den am 1. April eingeschlagenen Golden Spike wieder herausziehen mussten: Die internationalen stratigraphischen Regeln sehen das Einschlagen eines Golden Spikes am Typusprofil, dem GSSP (Global Stratigraphic Section and Point) tatsächlich vor, so wie hier am GSSP für die Thanetium-Untergrenze (oberes Paläozän) des nordspanischen Ortes Zumaya an der baskischen Atlantikküste.
Nachtrag vom 15. Januar 2018: In diesem Beitrag im Anthropozäniker sehen Sie wie, wie der derzeitige Stand der Suche nach dem Golden Spike steht.
Herzlichen Glückwunsch!
Konnte man in den Sedimenten auch Bestandteile von Reichsflugscheiben nachweisen?
Danke. Und bzgl. der Reichsflugscheiben wird nichts verraten, das könnte ja vielleicht ne weitere interessante Publikation ergeben. Die Forschung daran geht aber noch weiter. Könnte also noch ziemlich genau ein Jahr dauern, bis wir was dazu publizieren.
Pardon für zwei Dinge:
1) wegen eines Umlauts in einem Bilddateinamen wurde das Gesamtprofil gestern nicht in Safari-Browsern (MacOS und iOS) angezeigt. Ist inzwischen behoben.
2) hm, die gestrige Meldung vom 1. April war ihrer Zeit doch etwas voraus 😉 Ein bisschen dauert es noch, bis entschieden ist, ob das Anthropozän geologisch formalisiert wird. Die nächsten Schritte dazu werden wohl auf dem großen Weltkongress der Geologen Ende August / Anfang Sept. 2016 in Kapstadt erfolgen. Die gezeigten Fundstücke stammen aber tatsächlich von der Baustelle des Hauses der Zukunft in Berlin (näheres zum Projekt siehe auf unserem Haus-der-Zukunft-Blog. Das schöne Berlin-Untergrund-Profil von Wolfgang Philippi gibt es (ohne Anthropozän-Interpretation, dafür in aktualisierter Form mit weiteren sedimentären Details) hier: http://www.wolfgangphilippi.de/product/berlin-plakat