Pflaumenernte

BLOG: Denkmale

Es gibt etwas zu sehen
Denkmale

Wie wichtig es ist, nicht dem ersten Augenschein zu glauben, wenn man sich Fotos oder Filme betrachtet, zeigte vor einigen Tagen die von Scilogger Martin Ballaschk dokumentierte Affäre um einen gefälschten Tierversuch. Dabei entpuppte sich zum Beispiel eine erst mal professionell aussehende Laboreinrichtung als Konstrukt aus “Snille“ und „Pax“ von Ikea.

Das Komische ist, dass wir auch in Zeiten der digitalen Bildbearbeitung  noch dazu neigen, jedes Bild prinzipiell für wahr zu halten. So war es aber noch nie. Von Seiten des Fotografen ist schon die Wahl des Bildausschnitts – mehr Himmel, weniger Himmel, von unten in die Nasenlöcher oder von oben ins Dekolleté – ein entscheidender Schritt. Ebenso, bei einem  Porträtierten zum Beispiel, die Wahl zwischen Cheese-Lächeln und ernstem Blick in die Kamera. Dazwischen liegen allerlei Nuancen der Manipulation, von dem sorgfältigen Arrangement der Personen und Bildgegenstände (bevor der Auslöser gedrückt wird) bis zu der Nachbearbeitung des Bildmaterials.

Auch ohne Betrugsabsicht steckt hinter jedem Foto eine mehr oder weniger sorgfältige Inszenierung.

Hier zum Spaß ein willkürlich herausgesuchtes Beispiel, das von dem Dresdener Fotografen Carl Friedrich August Kotzsch um 1875 aufgenommene Motiv “Pflaumenernte” (Achtung, Untertitel einschalten):

 

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Ich bin Kunsthistorikerin und arbeite freiberuflich als Redakteurin/Lektorin/Autorin. Dieser Blog enthält Überlegungen und Informationen, die ich sonst nirgendwo unterbringe. Die aber rauswollen.

3 Kommentare

  1. Da bleibt einem nur der kritische Umgang mit den Medien. Schlimm wird es, wenn viele Medien ähnliches berichten, zeigen, dann hat man kaum Chance auf eine gute Meinungsbildung. Aber die Kontroverse wird auch nicht sonderlich gemocht.

  2. Komposition

    unsere Altvorderen wussten eben noch wie ein Bild aufgebaut wird. Ich gehe nicht davon aus dass 1875 das Konzept “spontanes Gruppenbild” schon existierte, schon wegen der technischen Limitierung, zuvor gab es ja auch keine spontanen Gruppenbilder in Öl.

    Und jedes ernstzunehmende Presseerzeugnis hat strengste Leitlinien was die Manipulation von Bildern betrifft, für den Fotografen ist es tabu auch nur einen Ast zurecht zu rücken. Die Möglichkeit der Manipulation beschränkt sich auf die Wahl des Bildausschnitts, was natürlich immer noch allen Unterschied macht.

    Ein problematischerer Fall von Manipulation an einem noch älteren Foto wurde sehr unterhaltsam untersucht von Dokumentarfilmer Errol Morris:
    http://opinionator.blogs.nytimes.com/…-part-one/

  3. @Dr. D – spannender Link

    Vielen Dank für den interessanten Hinweis. Die Recherchen von Errol Morris werfen nicht nur ein Licht auf die Arbeit des Krimkrieg-Fotografen Roger Fenton. Besonders spannend finde ich die Schlüsse der unterschiedlichen Betrachter.

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