Kulleraugen und Kindchenschema

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Abenteuer Auszeit
Das Sabbatical

Lasst uns über Lamas, Alpakas, Guanakos und Vikunjas sprechen! Sie alle gehören zu den so genannten Südamerikanischen Kamelen, genauer gesagt, stammen die ersten beiden von den letzten beiden ab. Während die Lamas auch richtig gute Lastenträger sind, werden die anderen drei in erster Linie wegen ihres feinen Fells geschätzt. Darüber hinaus sind sie wundervolle “Wappentiere” fürs Land. Nicht nur, weil sie auf eine so liebreizende Art schüchtern sind, sondern weil sie mit ihren Kulleraugen und dem Flauschfell auch noch dem kämpferischsten Inka das Herz zu öffnen verstanden. Außer Teddybären gibt es vermutlich kein Tier, das unser Kindchenschema so sehr zum Tragen bringt wie die Alpakas.

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Darüber hinaus haben sie ein liebreizendes Wesen. Sie lassen sich nicht nur knuddeln, zumindest von den Menschen, die sie mögen und denen sie vertrauen, sondern sind auf beeindruckende Art und Weise friedlich (deshalb eignen sie sich auch zur Tiertherapie). Und erzwingen kann man wohl auch nichts. Dann, so schreibt das zumindest Flora Tristán, legen sie sich lieber hin und sterben.

Die Wolle des fast rehartigen Vikunjas, die es eine Fahrtstunde außerhalb Arequipas an einem Salzsee in großer Zahl gibt, gilt als die allerfeinste Wolle der Welt. Der Preis für einen Pullover daraus kann sich leicht auf über 500 Euro belaufen.

Fast wären Vikunjas wie Guanakos ausgerottet worden, da griff glücklicherweise ein Schutzprogramm, so dass es von ersteren wieder etwa 250.000 Stück gibt (80 Prozent davon in Peru). Die Zahl der ebenfalls geschützten Guanakos beläuft sich wieder auf 600.000 Exemplare, davon allerdings die meisten in Patagonien.

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Doch zurück zu den Alpakas, der Zuchtform, die es zwischenzeitlich auch in Deutschland gibt; seit 2006 aber wohl nicht mehr als Import aus Peru – denn das ist verboten – sondern als europäische Nachzucht. Ordentlich, wie die Deutschen sind, existiert eine Zuchteignungsprüfung, ein Alpakapass und ein Faserhistogramm für die einzelnen Tiere.

Sich solche Rasenmäher zu halten, erfordert viel Fachwissen und ist auch nicht ganz billig. Ab 800 Euro gibt es Wallache zu kaufen, Stuten können sich auf locker 5000 Euro belaufen. Schon die Decktaxe – also, wenn man seine Alpakastute von einem viel versprechenden Hengst “decken” lassen möchte, um dann nach etwa 340 Tagen ein hübsches Alpakababy zu bekommen – kann mehr als 700 Euro betragen.

Bei den Alpakas, egal, ob sie in Südamerika oder Europa daheim sind, gibt es zwei verschieden Zuchtsorten, Suri und Huacayo. Letztere haben die Kräuselwolle und die Pudelkrone auf dem Kopf, während die Suris lange, seidenweiche Trodeln haben – die Farben gehen von schneeweiß bis tiefschwarz, über alle Varianten von beige, braun und sogar gescheckt.

Beide Alpakaarten können zwischen 65 und 80 Kilogramm schwer werden, haben oben statt Zähnen eine Kauplatte, dafür drei Mägen, werden um die 20 Jahre alt und sind sehr soziale Pflanzenpresser. Einmal jährlich wird geschoren, das sieht dann danach so aus, wie auf diesem Archivfoto:

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Da alle Kamele, auch die mit Höckern, Schwielensohler und Paarhufer sind, das heißt, unter ihren Hufen ein weiches Sohlenpolster haben, können sie selbst an steilsten Hängen fressen, ohne dort den Boden zu beschädigen.Vermutlich wurden die Alpakas in den Anden schon vor Jahrtausenden gezüchtet.

Mich faszinieren die Charakterköpfe der Südamerikakamele. Sie sind so verschieden wie Menschen, scheint es. Deshalb dazu zum Schluss noch zwei Beispiele. Die Bilder entstanden übrigens im Zentrum “Mundo Alpaca” mitten in Arequipa. Dort hat sich eine Art Kooperative der Bauern aus dem Colca-Tal ein Zentrum eingerichtet, um die Herkunft ihrer Produkte zu zeigen, aber sie auch herzustellen und zu verkaufen.

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Ich bin von Natur aus neugierig, will Menschen und ihre Beweggründe verstehen und ich liebe gute Geschichten über alles: Das macht mich zur Journalistin. Ich möchte aber den Dingen auch auf den Grund gehen und verstehen, was die Welt im Innersten zusammenhält: Das erklärt meine Faszination für Wissenschaft und Forschung. Nach dem Studium der Germanistik und Politikwissenschaft habe ich als Zeitungsredakteurin für viele Jahre das Schreiben zum Beruf gemacht. Später kamen dann noch Ausbildungen zur zertifizierten Mediatorin und zum Coach hinzu, die mich in meiner Auffassung bestärkt haben, dass das Menschliche und das Allzumenschliche ihre Faszination für mich wohl ein Leben lang nicht verlieren werden. Das Organisieren habe ich als Büroleiterin einer Europaabgeordneten gelernt, bevor ich im Juli 2012 als Referentin des Chefredakteurs bei Spektrum der Wissenschaft begonnen habe. Von dieser Tätigkeit bin ich nun erst einmal ab 1. Januar 2015 für ein Sabbatical beurlaubt. Und ganz gespannt, was das „Abenteuer Auszeit“ für mich bereithalten wird.

3 Kommentare

  1. Ich habe alpakas bisher nur im Odenwald getroffen… Und war sofort schwer verliebt. Und bin jetzt dank der Infos aus Peru auch noch schlau dazu. Fehlt also nur noch das eigene Alpaka im Garten. (im Moment versuche ich den Gatten von Ziegen zu überzeugen, das ist schon schwer genug.)

  2. Liebe Kirsten,

    das ist deine ganz besondere Gabe, lehrreiche Informationen in einem Artikel rüberbringen, der einem gleichzeitig das Herz aufgehen lässt und die Seele wärmt. Dank dir dafür.

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